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Mehr Nachhaltigkeit für Nutzvieh

Rund 20 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen werden in der industriellen Nutztierhaltung erzeugt. Einige Länder erwägen deshalb drastische Schritte, um ihre Klimaziele zu erreichen. So wird in Irland über die Tötung von bis zu 200.000 Kühen in den kommenden Jahren nachgedacht. Die Bundesregierung setzt hingegen auf andere Methoden, um für weniger CO2-Emissionen und mehr Tierschutz in der Landwirtschaft zu sorgen.

Kühe töten fürs Klima – für Irland eine Option, muss die Insel doch bis zum Jahr 2030 allein die Emissionen im Agrarsektor um bis zu 20 Prozent senken. Aber auch in Frankreich wird über eine deutliche Verringerung des Rinderbestands diskutiert, um die Klimaziele zu erreichen. Schließlich gelten Massentierhaltung und die Fleischproduktion als größte Klimatreiber. In Deutschland hingegen gebe es aktuell keine Pläne in dieser Richtung, erklärte das Bundesagrarministerium.

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Massentierhaltung reduzieren

Dass eine deutliche Minimierung der Massentierhaltung ein wichtiger Hebel ist, die Klimakrise zu bekämpfen und eine nachhaltigere Landwirtschaft zu etablieren, darin sind sich die meisten EU-Staaten einig. Immerhin sind Fleisch und tierische Lebensmittel für 58 Prozent der Treibhausgasemissionen unserer Ernährung verantwortlich. Laut einer Studie der Ernährungsund Landwirtschaftsorganisation der Vereinten

Nationen (FAO) kommen zudem insgesamt 14,5 Prozent der weltweiten durch Menschen verursachten Treibhausgasemissionen aus der Haltung und Verarbeitung von Tieren.

Pläne für eine „zukunftsfeste“ Landwirtschaft Das Bundeslandwirtschaftsministerium unter der Führung von Cem Özdemir (Grüne) will auch deshalb die landwirtschaftliche Tierhaltung stärker an Nachhaltigkeits- und Tierschutzkriterien ausrichten. Von einer „zukunftsfesten“ deutschen Landwirtschaft ist die Rede. Dafür soll es unter anderem ein staatliches Tierhaltungskennzeichen bei Schweinen geben. Tierschützende fordern darüber hinaus stärkere und regelmäßigere Kontrollen in der Tierhaltung sowie strengere Vorgaben in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung. Mehr Tierwohl wünschen sich laut einer Studie auch die Konsumentinnen und Konsumenten –immerhin 60 Prozent von ihnen sind hierzulande bereit, dafür beim Kauf von Fleisch auch tiefer in die Tasche zu greifen. 

Ausstoß von Treibhausgasen in der deutschen Landwirtschaft nach Kategorien in den Jahren 1990 bis 2022 (in Millionen Tonnen)

Massenware Tier:

Horrorzucht für den Handel

Es ist eine gewaltige Zahl: In deutschen Haushalten leben knapp 35 Millionen Kleinsäuger, Hunde, Katzen und Vögel. Und die riesige Nachfrage nach tierischen Gefährten, die zudem während der Corona-Pandemie zusätzlich in die Höhe geschossen ist, will noch immer bedient werden. So „produzieren“ Züchterinnen und Züchter auch weiterhin „Nachschub“ am laufenden Band. PETA e. V. deckt auf, welche Zustände dort herrschen.

Was deren Kundschaft jedoch nicht weiß: Enge, Dreck und Dauerstress sowie Parasitenbefall und tote Mitinsassen in den kleinen Käfigen prägten bis zum Kauf das erst kurze Leben der sogenannten Heimtiere. Gleichzeitig warten jedes Jahr etwa 350.000 nicht mehr gewollte Tiere in deutschen Tierheimen auf ein neues Zuhause. Häufig werden unüberlegt angeschaffte Tiere in den Heimen abgegeben. Das zwingt viele Einrichtungen dazu, einen Aufnahmestopp zu verhängen, um der mittlerweile enormen Überfüllung Einhalt zu gebieten. Die massenhafte Vermehrung und der kommerzielle Handel mit fühlenden Lebewesen tragen dazu in hohem Maße bei.

Tiere zu Massenware degradiert Eine im Dezember veröffentlichte PETA-Enthüllung zeigt, welch erschütternde Zustände in Zuchtbetrieben für Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster, Mäuse und Vögel herrschen. Videoaufnahmen aus den Betrieben belegen, wie die Tiere zu Tausenden zusammengepfercht dahinvegetieren: In meist völlig überfüllten Regalsystemen oder übereinandergestapelten Boxen und Käfigen kämpfen sie ohne ausreichendes Tageslicht um ihr Leben. Viele sind sichtlich gestresst, krank, verletzt oder bereits tot. Sogar eine mit Tierleichen gefüllte Gefriertruhe wurde dokumentiert. Das PETA zugespielte Material entstand zwischen Juni 2021 und Mai 2022. Es stammt aus sechs Zuchtbetrieben, davon vier in Deutschland sowie jeweils einem in den Niederlanden und in Tschechien. Reklamationsbelege der Einzelhandelsfilialen veranschaulichen die Praxis im Zoohandel: Werden tote oder verletzte

Tiere geliefert, wird der Kaufpreis zurückverlangt. Die Tierrechtsorganisation hat deswegen Mitte Dezember Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz erstattet.

Für den deutschen Heimtiermarkt werden die Tiere in Massen vermehrt und möglichst billig für den Weiterverkauf aufgezogen. Namhafte Abnehmer sind Einzelhandelsketten, Gartencenter, Baumärkte und Zoohandlungen. Auch die größten Namen sind darunter: Fressnapf, Futterhaus, Kölle Zoo, Dehner, Pflanzen Kölle und Hellweg haben alle in der Vergangenheit nachweislich von den betreffenden Zuchtbetrieben Tiere bezogen.

Leere

Unternehmensversprechungen

Schon 2015 hat PETA die Zustände in Massenzuchtbetrieben, die deutsche Zoohandelsketten und Baumärkte mit Tieren belieferten, publik gemacht: Jene umfassten belegen. Denn noch immer gibt offensichtlich einzig der höchstmögliche Profit vor, was das Überleben derjenigen Tiere, die später über die Ladentheke gehen sollen, den Unternehmen wert ist.

Doch selbst wenn die Unternehmen sich an die vereinbarten höheren Standards halten würden, wären diese allein nicht ausreichend: Hier ist in erster Linie die Politik gefragt. Der Handel mit gezüchteten, fühlenden Lebewesen muss umgehend beendet und gleichzeitig muss mit den vielerorts völlig überfüllten Tierheimen kooperiert werden.

Veränderung durch Dialog und Protest

Seit der Erstveröffentlichung der Missstände in den fabrikähnlichen Zuchtanlagen 2015 hat sich bislang kaum etwas verbessert. Umso beharrlicher demonstrieren Tierschützerinnen und Tierschützer vor den Filialen betroffener Unternehmen wie Dehner und Fressnapf, um potenzielle Kundschaft vom Tierkauf abzuhalten und weiteren

Kleine Tiere, große Ansprüche

Ein weiteres Problem besteht darin, dass in Zoohandlungen, Gartencentern und Baumärkten immer noch ausschließlich Käfige, Nahrung und Zubehör verkauft werden, die den Ansprüchen der Kleintiere nicht gerecht werden. Tiere wie Meerschweinchen, Kaninchen, Hamster & Co. haben einen großen Bewegungsdrang und lieben es, diesen auszuleben. In handelsüblichen Käfigen ist dies jedoch von vornherein ausgeschlossen. So leben beispielsweise Hamster in der freien Wildbahn meist in unterirdischen, ausgeklügelten Höhlensystemen. Naheliegenderweise wollen sie auch in der Heimtierhaltung ihren Bedürfnissen nach Platz und unterirdischem Höhlenbau nachkommen. Zudem benötigen sie unterschiedliche Bereiche zum Schlafen, Spielen und zur Nahrungsaufnahme. Auch Kaninchen haben einen großen Bewegungs- zentimeterhohe Fäkalien in den Käfigen, verwesende Tierleichen sowie Kannibalismus unter den Insassen. Stark vernachlässigt, erkrankten und starben viele Tiere schon in den Zuchtanlagen. Nach zahlreichen Gesprächen mit der Tierrechtsorganisation in den Folgejahren hatten die Unternehmen eigentlich zugesichert, neue Standards einzuführen und konkrete Schritte einzuleiten, um die Unterbringungs- und Lebensbedingungen der Tiere zu verbessern. Leere Worte, wie die Ergebnisse der jüngsten Nachforschungen drang zusammen mit ihren Artgenossen; nur wenn beides garantiert ist, können sie artgerecht gehalten werden. Auch hierfür bietet jedoch kein handelsüblicher Käfig genügend Platz. Werden Kleintiere nicht artgerecht gehalten, entwickeln sie häufig Verhaltensstörungen. Meist benagen sie dann Ställe, knabbern an den Gitterstäben oder lecken sich Hautstellen wund. Käfighaltungen führen bei den sensiblen Tieren außerdem oftmals zu Verdauungsstörungen, die durchaus lebensgefährlich werden können. Zusätzlich leiden sie oft unter Wirbelsäulenverkrümmungen und Gelenkschäden.

Druck auf die Unternehmen auszuüben. PETA befindet sich mit etlichen Unternehmen im Gespräch und appelliert an sie, den Handel mit fühlenden Lebewesen endlich einzustellen. Auch im Kleinen kann etwas bewegt werden: Wer nach reiflicher Überlegung sein Leben mit einem tierischen Begleiter verbringen möchte, kann sich im Tierheim beraten lassen, statt in den Zoohandel zu gehen. In einem der vielen Heime wartet sicher schon ein zukünftiger tierischer bester Freund sehnsüchtig auf ein neues Zuhause.