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Wiederverwerten statt wegwerfen
KREISLAUFWIRTSCHAFT | VON KATHARINA LEHMANN
Designed for Recycling – Produkte also von Anfang an so zu entwickeln und herzustellen, dass die Wiederverwertung der Materialien am Ende des Produktlebens ohne Aufwand möglich ist –das soll in der EU künftig Standard werden. Noch sind wir davon aber weit entfernt.
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Anfang Juli kritisierte der Europäische Rechnungshof denn auch, dass die Kommission und die Mitgliedsstaaten der EU das für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft vorgesehene Geld nicht effizient genug nutzen würden. Den
Nach Einschätzung der Prüfstelle wäre es besser, etwa in wiederverwertbares Design zu investieren.
Produkte bereits in der Entwicklung so zu gestalten, dass sie beziehungsweise ihre Komponenten und die dafür verwendeten Rohstoffe wiederverwertet werden können, das ist einer der zentralen Gedanken des Design-CircularKonzepts. „Unternehmen entwickeln neue Produkte, die den Kriterien der Kreislaufwirtschaft entsprechen und bestehende Produkte in neue Geschäftsmodelle überführen“, erklärt Alfred Münger, Professor an der Hochschule für Wirtschaft Freiburg (HEG-FR) und Unternehmensberater.
Mehrwegbecher sind nicht nur beim Coffee to go eine gute Alternative.
Rohstoffe ersetzt werden. „Reuse“ bezieht sich auf Produkte, die so konzipiert sind, dass sie oder zumindest ihre Komponenten wieder oder anders verwendet werden können.
Angaben zufolge sind von der EU für den Zeitraum 2016 bis 2020 mehr als zehn Milliarden Euro für den Übergang zur Kreislaufwirtschaft vorgesehen gewesen. „Die EU-Mittel wurden größtenteils für die Abfallbewirtschaftung verwendet. Dort besteht allerdings ein geringeres Potenzial zur Verringerung von Umweltauswirkungen“, so der Rechnungshof in Luxemburg.
Die sieben R Zentraler Bestandteil einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft ist für ihn das Konzept der sieben R: „Reduce“ bezeichnet das Reduzieren eingesetzter Rohstoffe, wo immer es möglich ist. So könnten Stanzabfälle in einem geschlossenen Kreislauf mit dem Herstellerwerk zirkulieren oder Angüsse aus der Kunststoffproduktion innerhalb der Fertigung wieder gemahlen und unmittelbar mit Neumaterial vermischt werden. Auch sollten Kunststoffe durch nachwachsende
„Refit“, also das regelmäßige Überholen und Fitmachen für die zukünftige Verwendung von Produkten, lohne sich vor allem bei hochpreisigen Dingen. Aber auch günstigen Produkten könnte ein solches Refitting nützen. „Schuhe, die einem ans Herz gewachsen sind, können gut ausgebildete Schuhmacher fast in ihren Ursprungszustand versetzen“, nennt Münger ein Beispiel. Unter „Rebuild“ versteht er das technologische Aufrüsten bestehender Produkte. So
Das Metall-Recycling-Unternehmen Nickelhütte Aue mit Firmensitz in Aue-Bad Schlema wurde im Dezember 2022 mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis (DNP) im Transformationsfeld Ressourcen prämiert – eine nationale Auszeichnung für Spitzenleistungen der Nachhaltigkeit in Wirtschaft, Kommunen und Forschung, welche jedoch auch international große Beachtung findet.
„Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung. Der Preis würdigt das Engagement unserer Mitarbeitenden, der Region und der gesamten RecyclingBranche, insbesondere auch unserer Mitstreiter in der JACOB METAL GROUP“, so Henry Sobieraj, Geschäftsführer der Nickelhütte Aue GmbH.
Das erzgebirgische Traditionsunternehmen ist ein weltweit agierender Spezialist für die Aufbereitung von nichteisenmetallhaltigen Abfällen und Rückständen und trägt seit Jahren entscheidend zur Nachhaltigkeit in der Metallbranche bei. Die Rückgewinnung schont Ressourcen und vermeidet Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid, die durch den Abbau von Erzen freigesetzt werden würden.

Weltweit führend in der Verwertung von Nickel-, Kupfer- und Kobalt-Katalysatoren aus der Erdöl-, Erdgassowie der Chemieindustrie, zählen zum Portfolio außerdem die Energieerzeugung, das Edelmetallrecycling und die Hydrometallurgie. Zudem sticht die Nickelhütte Aue im Verbund der JACOB METAL GROUP mit der Verarbeitung von Lithium-Ionen-Akkus aus der Elektromobilität hervor. Die fast 400-jährige Tradition als Hüttenund Recycling-Betrieb, der 1635 als Blaufarbenwerk gegründet wurde, ist Verpflichtung und Ansporn zugleich.

Nahezu 500 Mitarbeitende teilen die Vision einer Zukunft, in der Rohstoffe nicht verschwendet, sondern wiederverwertet werden. So leistet die Nickelhütte Aue einen wertvollen Beitrag für mehr Klimaschutz.
Unsere Mission
Für uns gibt es keine Abfälle, nur Rohstoffe. Wir stehen für eine sichere und umweltgerechte Verwertung von NE-Metallen aus Industrie und Handel. Durch fachgerechte Aufbereitung produzieren wir daraus wertvolle Recycling-Rohstoffe und führen diese in den Wirtschaftskreislauf zurück. Wir machen Recycling möglich. Immer und überall.
Unsere Vision Durch konsequente Optimierung der Recycling-Tiefe begegnen wir dem globalen Abbau von begrenzten natürlichen Ressourcen mit Nachhaltigkeit. Alle unsere Konzepte basieren auf der nahezu unbegrenzten Recycling-Fähigkeit von NE-Metallen. So sichern wir den kommenden Generationen die Verfügbarkeit wertvoller Rohstoffe. Ressourcen sind endlich. Unsere Ideen nicht. könne ein Lastwagen, dessen Chassis noch in einem guten Zustand ist, mit einem neuen, saubereren und ressourcensparenden Motor überholt werden. Der Lastwagen könnte ohne größere Probleme einen weiteren Lebenszyklus überstehen; der Ressourcenbedarf würde massiv sinken.
Wichtig sei zudem, Produkte reparierbar zu machen. Im Sinne des „Repair“ sollten zum Beispiel Handy-Akkus einfach auswechselbar sein. „Eine große Anzahl an Produkten kann heute nur unter (zu) großem Aufwand repariert werden“, so Münger. Vernünftiger sei es, bereits in der Designphase eines Produktes neben End-of-Life-Szenarien gleichermaßen Reparaturmöglichkeiten einzuplanen. Aber auch Produkte, die am Ende ihres Produktlebenszyklus angelangt sind, können neu aufgebaut oder einer anderen Nutzung zugeführt werden. Als Beispiel für ein solches „Refurbish“ nennt Münger Handtaschen, die aus ausgedienten Lastwagenplanen gefertigt werden.
Und nur wenn gar nichts mehr geht, heißt es „Recycle“, also Produkte in ihre Einzelkomponenten zerlegen und diese dem Wertstoffkreislauf wieder zuführen. Doch auch hier können Unternehmen viel tun, um den Recycling-Prozess zu vereinfachen oder überhaupt erst möglich zu machen. Beispiel Kunststoff: Werden Shampooflaschen oder Kosmetiktuben aus komplexen Kunststoffverbindungen gefertigt, lassen sie sich nach Gebrauch meist nicht wieder in die einzelnen Kunststoffe zerlegen. Es bleibt dann nur die Verbrennung. Besser ist es, solche Produkte aus Monokunststoffen herzustellen.
Recycling-Quote verdoppeln
So hat denn auch die EU schon 2020 vor dem Hintergrund des Green Deal einen Aktionsplan mit dem Ziel vorgelegt, den Anteil der Materialien, die in der EU recycelt und der Wirtschaft wieder zugeführt werden, bis 2030 zu verdoppeln. Der Plan sollte dabei helfen, dass die Länder Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft ergreifen. „Materialien zu erhalten und möglichst wenig Abfall zu erzeugen ist unerlässlich, wenn die EU ressourceneffizient werden und die Umweltziele ihres Grünen Deals erreichen will“, sagt Annemie Turtelboom vom Europäischen Rechnungshof. „Doch die EU-Politik hat bisher ihr Ziel verfehlt, da der Übergang zur Kreislaufwirtschaft in den europäischen Ländern leider kaum noch vorankommt.“
In Deutschland lag der Anteil der Materialien, die kreislauforientiert verwendet werden können, im Jahr 2020 nach Angaben des Statistischen Amtes der EU bei 12,9 Prozent. Spitzenreiter waren demnach die Niederlande mit 30 Prozent, Schlusslicht war Rumänien mit 1,5 Prozent. Der durchschnittliche Anteil in der EU betrug 11,7 Prozent.
19 Bis 23
Millionen Tonnen Plastikmüll landen etwa jährlich in unseren Meeren, Seen und Flüssen.
Quelle: www.wwf.de/themen-projekte/plastik/ plastikmuell-im-meer/fragen-und-antworten-zuplastikmuell; Zugriff: 05.07.2023
Unser Ziel muss es sein, Ressourcen zu schonen, Abfälle zu vermeiden und die Wertstoffkreisläufe zu schließen – das ist die Vision von Thomas Kyriakis, Vorstand des Umweltdienstleisters PreZero. Dass das auch im großen Stil funktioniert, zeigt die Kooperation mit der TSG Hoffenheim. Deren Spielstätte ist das erste Stadion in der Bundesliga, das sein Abfall- und Wertstoffmanagement auf die Vision Zero Waste ausrichtet.

Fällt im Stadion der TSG Hoffenheim in Zukunft kein Abfall mehr an? Ein Stadion ganz ohne Abfall – das wäre natürlich der Idealzustand. Und klar: Zero Waste bedeutet grundsätzlich die Vermeidung von Abfällen. Aber Verpackungen oder Produkte, derer sich Menschen entledigen wollen, wird es immer geben; gerade in so einer großen Spielstätte. Abfall ist aber nicht gleich Abfall. Viele Stoffe, die im Müll landen, können recycelt und weiterverwendet werden. Wir müssen Abfall als wertvollen Rohstoff für neue Produkte erkennen und, wo immer es geht, der Kreislaufwirtschaft zuführen. Nur so können wir der Ressourcenknappheit begegnen und die Umwelt schonen.
Was genau ist im Zero-Waste-Stadion nun anders? Wir haben uns zusammen mit der TSG Hoffenheim zunächst einmal angeschaut, wo überall Abfall entsteht, welche Arten von Abfällen anfallen, wo er sich vermeiden lässt und wie wir ihn bestmöglich wiederverwerten können. Heute nutzen wir zum Beispiel Mehrwegbecher statt der ursprünglichen Einwegbecher, die im Stadion die ökologisch sinnvollere Lösung darstellen. Die Becher können bis zu 400-mal gespült und erneut benutzt werden.
Autogrammkarten stellen wir aus Stadionrasenschnitt her. Außerdem haben wir im gesamten Stadionbereich Behälter für getrennte Abfallentsorgung aufgestellt. Der Abfall, der im Stadion anfällt, wird dann in zwölf verschiedene Fraktionen getrennt. Das sind beispielsweise Bioabfälle, Glas, Metalle, Papier sowie Kunststoffe, die separat entsorgt und als Wertstoffe wiederverwendet, kompostiert sowie recycelt werden. Darüber hinaus schulen wir auch die internen und externen Mitarbeitenden sowie Dienstleister und sensibilisieren Fans im Umgang mit der Ressource Abfälle und dass diese auch Wertstoffe sind. Damit sind die ersten Schritte auf der „Road to Zero Waste“ getan, und viel weitere sollen künftig folgen. www.prezero.de
Lässt sich dieses Konzept auch auf andere Institutionen übertragen? Auf jeden Fall. Ob Sportvereine, Unternehmen oder Kommunen – alle können Abfälle reduzieren und Kreisläufe schließen. Die PreZero Arena der TSG Hoffenheim ist hierfür ein hervorragendes Beispiel. Die Maßnahmen müssen sicher individuell ausgearbeitet werden, die Ziele sind aber immer die gleichen: Abfälle, wo immer es geht, zu vermeiden und so weit wie möglich zu reduzieren, indem Produkte wiederverwendet werden. Dinge, wie beispielsweise Verpackungen und Produkte, die nicht wiederverwendet werden können, sollen im Kreislauf gehalten und gezielt als Ressource oder Rohstoff genutzt werden. Die Menge an Restabfällen, die nicht recycelt werden kann, sollte möglichst gegen null reduziert werden.