Servus in Stadt & Land 11/2025

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Hinter den Kulissen

Conny Bürgler über die Gaudi nach der Show

Def tiges Gulasch von der Fane Alm

Paula Bründl schmeckt’s in den Südtiroler Bergen

Willkommen bei den Schnürlkasperln

Die Holzfiguren werden in Oberammergau geschnitzt

Bittersüße Pomeranzen

Bevor der erste Frost kommt, ist Erntezeit

Wenn die Karpfen ins Kloster kommen

Jedes Jahr am Samstag nach Allerheiligen gibt’s im oberösterreichischen Stift Kremsmünster ein großes Geplätscher. Die Fische aus dem Klosterteich werden dann in die pracht volle barocke Säulenhalle der Abtei übersiedelt, wo sie bis zum Weihnachtsverkauf munter ihre Kreise ziehen.

TEXT: HARALD NACHFÖRG FOTOS: ROBERT MAYBACH

In vier kleinen und einem großen Wasserbecken werden die Fische frisch gehalten. Pater Siegfried Eder freut sich schon auf die schmackhafte Fastenspeise –als Kellermeister der Abtei empfiehlt er, einen Riesling dazu zu trinken.

Bittersüße Pomeranzen

Sie sind klein, frostfest und duften fantastisch: Bitterorangen. In Passau, einer Stadt mit alter Gartentradition, werden sie seit Jahrhunderten kultiviert. Wie man die Zitrusfrüchte hegt und pflegt.

TEXT:

Edith Lang, Chefin der Stadtgärtnerei Passau, mit einer Handvoll

Pomeranzen. Sie freut sich über die kleinen Bitterorangen, die von den Bäumchen des Gärtnereigeländes stammen.

Man glaubt es kaum, aber auch nördlich der Alpen gedeihen Zitrusfrüchte im Freien. Keine Mandarinen oder Zitronen zwar, aber eine Sorte von Orange, die bereits lange Zeit vor den süßen Orangen in Mitteleuropa wuchs: die Bitterorange.

Weniger saftig, kaum süß, dafür mit intensiv frisch-fruchtigem, aromatischem Duft – so lassen sich die herb-würzigen Früchte der Bitterorange, auch Pomeranzen genannt, im Vergleich zur süßen Verwandtschaft beschreiben. Der größte Unterschied zwischen den beiden Zitruspflanzen aber ist ihre Wetterfühligkeit, sprich ihre Kältetoleranz. Die Süßorange (Citrus × sinensis) mag es nur vollsonnig und warm, die Bitterorange (Citrus × aurantium) dagegen verträgt auch Minusgrade. Denn die ursprüngliche Heimat der Pomeranzen liegt im Himalayagebiet. Orienthändler sollen die wohlriechenden Früchte im 11. Jahrhundert auf dem Seeweg nach Italien gebracht haben. Noch sollte es aber eine Weile dauern, bis Bitterorangen auch in Österreich und Deutschland heimisch wurden. Erst ab dem 17. Jahrhundert, als Orangerien und Gewächshäuser groß in Mode kamen, mutierte die Bitterorange auch hierzulande zu einer beliebten Zierpflanze. Bei

Adel und hohen kirchlichen Würdenträgern, wohlgemerkt. Und damit kommen wir zu Passau. In dieser Stadt, seit dem 13. Jahrhundert Fürstbistum und Wohnsitz mächtiger Kirchenmänner, sollen die ersten Pomeranzen nördlich der Alpen gewachsen sein. Nachweislich bereits 1554 listeten Hofgärtner neben Feigen-, Lorbeer- und Granatäpfelbäumen auch sieben Pomeranzen in ihrem Bestand auf. Denn in den Parkanlagen der Schlösser und Residenzen der Fürstbischöfe wuchsen und gediehen die exotischsten Pflanzen. Die Stadt galt jahrhundertelang als ein Zentrum europäischer Gartenkultur.

Weil aber die Winter in Niederbayern eisig kalt sein können, pflanzten die Passauer Gärtner gut 250 Jahre später nicht mehr nur Citrus × aurantium, also die immergrüne Bitterorange, die ein paar Minusgrade verträgt, aber trotzdem in einem frostfesten Quartier überwintern muss – sondern sie importierten einen komplett winterharten Strauch, der locker bis zu minus zehn Grad wegsteckt: die Pomeranze namens Poncirus trifoliata. Der deutsche Forschungsreisende Engelbert Kaempfer, der sie in Japan entdeckt hat und 1712 zum ersten Mal beschrieb, nannte sie Japanische Bitterorange oder auch Citrus triptera. Mittlerweile heißt

Zitronengelb, mit dicker schrumpeliger Schale: die Passauer Goldpomeranzen. Jetzt ist Erntezeit der Zitrusfrüchte, die selbst mit Minusgraden zurechtkommen. →

Wie in Gold getaucht

Es duftet herrlich, seine honiggelbe Farbe wirkt wohlig warm, und es lässt sich wunderbar verarbeiten: Bienenwachs, ein wahrer Tausendsassa.

TEXT & STYLING: ALICE

Für die Kerzen aus Wachs-Bauklötzen braucht man gereinigtes Bienenwachs, am besten als Pastillen, eine lange Stopfnadel und Kerzendocht. Und so einfach geht’s: Das Wachs im Wasserbad schmelzen, in Silikonformen gießen, fest werden lassen und mit der Nadel auf den Docht fädeln.

FERNAU FOTOS: KATHARINA GOSSOW

FEINES WACHSTUCH

Locker verknotete Leinenstreifen werden im Nu zur Tischdekoration, wenn man sie in flüssiges Bienenwachs taucht und zum Festwerden über einen Flaschenhals legt. Wichtig: Das Wachs immer im Wasserbad erhitzen und niemals direkt im Topf auf der Herdplatte. Bienenwachs ist nämlich brennbar und kann sich bei hohen Temperaturen selbst entzünden.

Ein Hoch auf das süße Leben!

Kaiser Franz Joseph liebte Gugelhupf und Kaiserschmarrn und machte die Hofzuckerbäcker zu Botschaftern für k. u. k. Genuss. Ein Gütesiegel, das bis heute wirkt.

TEXT: WOLFGANG WIESER

REZEPTE: ALEXANDER RIEDER FOTOS: INGO EISENHUT

Kaiser Franz Joseph am Tisch mit seiner Frau Sisi. Der Monarch liebte die Regelmäßigkeit – sein Gugelhupf war ihm so wichtig, dass die Regierung es nicht wagte, ihm die Mehlspeise zu streichen.

Er war, wie man in Wien noch heute sagt, ein „Süßer“ – und Kaiser Franz Joseph schätzte Gugelhupf über alles. Was der Monarch nicht wusste: Seine Lieblingsmehlspeis’ stand eines Tages sogar auf der Streichliste. In Regierungskreisen wurden Sparpläne gewälzt, und so mancher hohe Herr dachte ernsthaft darüber nach, Seiner Majestät das nachmittägliche Vergnügen zu nehmen.

Dazu kam es jedoch nie. Franz Joseph war dem Gugelhupf derart zugetan, dass sich kein Hofbeamter traute, mit einem solchen Ansinnen vor den Kaiser zu treten. Jause gerettet, die Laune des Monarchen sowieso – ein Hoch auf das süße Leben und die k. u. k. Hofzuckerbäcker, die dafür sorgten.

Wer heute über den Kohlmarkt spaziert –jene Flaniermeile im ersten Wiener Gemeindebezirk, die den Graben mit dem Michaelerplatz verbindet –, schnuppert vielleicht den Duft der großen weiten Welt, ganz sicher aber die süße Vergangenheit. Dort wo sich Tag für Tag eine lange Menschenschlange bildet, befindet sich der Demel. Hier gibt es den Kaiserschmarrn –im Verkauf über die Gasse.

Zur Entstehung dieser Mehlspeise kursieren mehrere Geschichten. Josef Zauner von der gleichnamigen k. u. k. Hofzuckerbäckerei in Bad Ischl erzählt die Variante, die in seiner Heimat spielt. Demnach habe eine Sennerin dem Kaiser, der ihre Almhütte besuchte, ein Omelett zubereiten wollen. „Sie war aber so nervös, dass es ihr misslungen ist. Und um zu retten, was noch zu retten war, hat sie es kurzerhand mit Rosinen verfeinert – so soll der Kaiserschmarrn entstanden sein.“

Über die Zuckerbäckerstiege zum Kaiser Wenige Gehminuten vom Demel entfernt –immer Richtung Heldenplatz – befindet sich der Innere Burghof. Von dort gelangte man über die sogenannte Zuckerbäckerstiege in die kaiserlichen Gemächer. Am Fuß dieser Stiege schufen die Meisterbäcker ihre süßen Kreationen – getrennt von der Hofküche, die rund 5.000 Menschen versorgte. Den Grund dafür kennt Michael Stuller, Urenkel des legendären Ludwig Heiner: „Die Zutaten, die wir Zuckerbäcker verwenden, waren damals sehr teuer.

→ Fortsetzung auf Seite 78

Gut geschmort

Erst lebten nur die Hochlandrinder von Daniel Erlacher oben im Südtiroler Bergdörfchen Fane Alm. Jetzt verbringt auch er das ganze Jahr auf der Zingerle Hütte und serviert Gulasch – köstlich anders.

TEXT: PAULA BRÜNDL REDAKTION: JOHANNA BRODTRÄGER FOTOS: JULIA ROTTER

Auf 1.739 Meter Höhe und inmitten der Pfunderer Berge liegt die Südtiroler Fane Alm, sie besteht aus gut zwanzig Hütten.

Begonnen hat sein Dasein als Hüttenwirt mit drei Schweinen, die Daniel Erlacher zum dreißigsten Geburtstag geschenkt bekommen hat. „ Schnell wurden aus drei Schweinen siebzig. Und dann sind die Hochlandrinder dazugekommen“, sagt der gelernte Landwirt, der erst seine Kühe hier heraufgeschickt hat und im Dezember 2024 selbst nachgekommen ist.

Seitdem bewirtschaftet er die Zingerle Hütte, die größte und wohl älteste Hütte in dem Almdörfchen, das am Talschluss des Valsertals, einem Seitental des Pustertals, auf 1.739 Meter Höhe liegt. Ich besuche die Alm, die aus uralten kleinen Häusern, aus Ställen und einer winzigen Kirche besteht und die eigentlich zu schön ist, als dass man nicht so viel Zeit wie möglich hier verbringt. So in etwa muss sich das Daniel gedacht haben, glaube ich. Heraufgelockt, sagt er, haben ihn aber schließlich seine Ideen.

„Ich habe mindestens fünf neue Einfälle am Tag, die ich am liebsten sofort umsetzen möchte“, sagt er und schmunzelt. Seine Partnerin

Ines hilft ihm dann nicht nur an den Wochenenden auf der Zingerle Hütte, sondern auch, sein Gedankengut zu sortieren, zu selektieren.

Die Idee mit den zotteligen Hochlandrindern, die Idee mit der Zingerle Hütte – beide sind ganz gut aufgegangen, auch wenn Daniel, der hier oben kocht, erst nur aus Personalmangel in die Küche gestolpert ist.

Schnell gelernt, langsam gewachsen

Gelernter Koch ist Daniel Erlacher nämlich nicht, aber er ist in der Gastronomie aufgewachsen, im elterlichen Hotel Valserhof. Er erzählt: „Wenn das Küchenpersonal Pause hatte, haben wir Kinder – zu ihrem Leid – die Küche verwüstet. Am liebsten habe ich Kuchen gebacken.“ Als er dann auf der Zingerle Hütte plötzlich am Herd stehen (musste), hat er die Oma angerufen, die ihm dann über Nacht alles Wesentliche erklärt hat. Daniels kulinarische Philosophie gilt dem Produkt: Er verkocht nur, was er selbst mit bestem Gewissen essen kann, und das sind

Vom Flachs beseelt

Ringsherum karge Böden, oft hängt der Nebel bis Mittag im Tal: Wer in und um Haslach an der Mühl gut leben will, muss erfinderisch und fleißig sein. Von einer fliegenden Wirtin, der Ölmüllerin, die im Eis badet, und anderen furchtlosen Mühlviertlern.

TEXT: CAROLIN GIERMINDL FOTOS: ROBERT MAYBACH

Haslach an der Mühl, umringt von Hügelland. Der einstige Textilort im Oberen Mühlviertel liegt auf 530 Metern. Vom Kirchturm der Pfarrkirche St. Nikolaus aus lässt sich bis zum Böhmerwald schauen.

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