carpe diem Ausgabe 06/22

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ZEIT FÜR EIN GUTES LEBEN

EUR 5,80 06/ 22carpe diem
Dein Weg durch den Yoga-Dschungel MIT SCHOKO UND TOMATEN Ein Festmahl für dein Immunsystem FEHLER? JA, BITTE! Wie du deine Schwächen lieben lernst

Vor der carpe diem -Redaktion, geradeaus und ein Stückchen links, erstreckt sich die Prater-Hauptallee. Sie ist dafür berühmt, dass in ihr „wieder die ­Bäume blüh’n“. Das hat zumindest Robert Stolz in einem unsterblichen Lied ­vertont. Und auf seinem Denkmal steht es auch drauf (dieses Denkmal fndet sich praktischerweise auch ganz in der Nähe der carpe diem -Redaktion).

Eh nett, so ein blühender Alleebaum. Für mich entfaltet die Hauptallee ihren wahren Zauber aber erst im Herbst. Zugegeben, manchmal wünscht man sich einen Helm, um vor den herabprasselnden Kastaniengeschoßen geschützt zu sein. Trotzdem: Der Herbst macht die Hauptallee zu ganz großem Kino! Das Rascheln der Blätter unter den Regenstiefeln. Die frühe Dunkelheit, die sich anfühlt, als würde dich eine Braunbärenmama umarmen. Die Lichter der Fahrräder, die in den Pfützen schimmern.

Wie ein Schalldämpfer legt sich der Herbst über den Lärm der Großstadt. Er macht alles ruhiger, geheimnisvoller, vielleicht auch langsamer. Er ist –so dachten zumindest die alten Kelten* eine Zeit, in der wir uns von Über füssigem trennen und uns auf unseren Kern besinnen. Ein Kern, aus dem wieder Neues entstehen kann. Weil neues Leben immer in der Dunkelheit beginnt.

Wir haben dieses Heft vollgepackt mit Anregungen für deinen Herbst –von Rotkraut (Seite 16) bis Yoga (ab Seite 118), von Spikeball (Seite 38) bis Duftlampe (Seite 52). Wir freuen uns, wenn dich etwas davon inspiriert. Und wir freuen uns noch mehr, wenn du gemeinsam mit uns der Einladung der Jahreszeit folgst: Komm mit in die Stille, begrüße deinen Neubeginn!

* Und wer bin ich, den alten Kelten zu widersprechen? Eben.

„Es kommt der Herbst und damit die Frage: Was fällt ab?“
– Brigitte Fuchs (*1951), Schweizer Autorin und Lyrikerin
Editorial
4 carpe diem ILLUSTRATION: Oriana Fenwick
ZEIT FÜR EIN ABO Jetzt nur € 29,90 Jahres-Ab o 6 Ausgaben + Afro Tea oder Duftkerze Jetzt abonnieren: carpediem.life/abo

Inhalt

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Mein Freund, der Fehler

Bestsellerautorin Alexandra Reinwarth zeigt, wie wir die Schokoladenseiten unserer Fehler entdecken und für uns nützen können.

30

Wir wollen doch nur spielen!

Gummihüpfen, Slacklinen oder Frisbee schupfen im Park: Warum der Herbst die beste Zeit zum Rausgehen ist.

42

Schluss machen

Plötzlich Nichtraucherin. Geht das? Janina Lebiszczak fand, es wäre an der Zeit für ein neues Leben, und hat die Entwöhnung gewagt.

Ernährung

Gesund genießen.

52

Ätherische Öle für mein Zuhause

Heimkommen und sich wohlfühlen: Vanille, Krauseminze, Litsea cubeba und Zirbe entfalten Zimmer für Zimmer ihre ganz besondere Atmosphäre.

58

Das schmeckt deinem Immunsystem! Sechs köstliche Rezepte, die deine Abwehrkräfte bestmöglich unterstützen.

74

Wie ich lernte, mehr Geld zu haben

Gisbert absolviert einen Fitnessparcours für Konto und Geist in sechs Stationen.

80

Aktivierender Weinauszug

Müde? Abgeschlagen? Da hilft dieser Auszug mit Zimt, Zitrone und Beifuß.

FOTO: Sophie Kirchner, Melina Kutelas; ILLUSTRATION: Luisa Rivera, Vanessa Lovegrove
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Bewegung

Den Körper spüren.

118

BEWEGUNG

Warum Yoga seit 5.000 Jahren Menschen dazu bringt, sich komisch zu verrenken? Weil’s um mehr geht, als bloß die Gelenke geschmeidig zu halten.

Ein carpe diem-Dossier über die Kraft der indischen Bewegungslehre: wie sie heilt, wie sie beruhigt, wie sie uns hilft, innere Balance zu fnden –auch wenn uns gerade alles um die Ohren zu fiegen scheint.

Erholung Durchatmen, loslassen.

Bewusstsein

Dir selbst vertrauen.

82

Zuhören mit den Augen

Jeder Ort und jeder Stein trägt seine Geschichte in sich. Das zu erkennen schenkt Zuversicht, Ruhe und eine kleine Lektion in Sachen Zen-Buddhismus.

96

Von Zeit zu Zeit

Leben wie anno 1900. Waltraud Hable begibt sich im Bayerischen Wald auf Zeitreise und fndet sich als Magd auf einem Bauernhof wieder.

108

Zum Dahinschmelzen

Wir machen unsere eigene feste Body lotion! Die spendet Feuchtigkeit, schont die Umwelt und duftet einfach herrlich.

110

Betriebsanleitung für einen Narzissten

Ein therapeutisches Interview mit Pablo Hagemeyer, Psychiater, Bestsellerautor und bekennender Narzisst.

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92

146

Editorial Fragen, die das Leben stellt Niki Löwenstein: Wie triffst du schwierige Entscheidungen? Ode an den Waden krampf Der optimierte Wagner Maria Dorner: Geht’s noch? Leserbriefe Letzte Dinge Impressum Cartoon

Cover-Illustration: Vanessa Lovegrove

74 „Lebensveränderungen gelingen dann dauerhaft, wenn es nicht um Verzicht oder Verbot geht, sondern um eine bewusste, freie Entscheidung.“
Standards
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DIE MEDIZIN DER
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Wir wollen doch nur spielen!

Familienpackung Fitness: carpe diemRedakteurin Maria Dorner (li.) mit Sohn Leo, Schwester Hanna und Bruder Paul in Bewegung.

STYLING: Eva Mühlbauer; HAIR & MAKE UP: Karla Goldoni
Bewegung
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Dein (inneres) Kind will nichts als raus, es möchte balancieren, springen, schmettern, rennen, werfen oder einfach nur toben? Worauf warten? Der beste Zeitpunkt dafür ist genau jetzt! Pack die Spielsachen ein, nimm dein kleines Schwesterlein – oder wie in unserer Fotostrecke gleich die halbe Sippe –und ab in den Park zum Slacklinen, Gummihüpfen und Bälleschupfen. Übrigens: So viel Spaß in der frischen Herbstluft kann ganz schön ft für den Winter machen

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Das schmeckt deinem Immunsystem!

Unser Immunsystem ist wie ein Schutzengel. Es setzt alles daran, uns gesund zu halten und vor Eindringlingen zu bewahren. Das ist ein anstrengender Job, der viel Kraft und auch die richtige Ernährung erfordert. Wir klären, worauf es ankommt und welche Lebensmittel unseren Abwehrzellen guttun. Plus: sechs köstliche Rezepte, die deine Immunkräfte bestmöglich unterstützen.

Ernährung
Weitere Rezeptvideos unter: carpediem.life/ kochen 58 carpe diem
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Geschmorter Karfol mit Kurkuma, Ingwer und Pekannuss-Relish
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Hirse-Topfen-Laibchen mit Apfel, Oliven und Blattsalat
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Wie ich lernte, mehr Geld zu haben

Wie dich deine Geldsorgen bewusster und selbstbewusster machen, gesünder, entschlossener und klüger: ein Fitnessparcours für Konto und Geist in sechs Stationen.

Gisbert Knüphauser beschäftigt sich als carpe diem -Autor mit medizinischen Themen und deren Grenzbereichen.

TEXT

Stephanie Wunderlich

eEs ist übrigens völlig okay, dass wir im carpe diem-Magazin auch einmal über Geld reden, weil Geld ja ein Gesund heitsthema ist. Erstens leben wir desto länger und gesünder, je mehr Geld wir haben. Zweitens kann es uns ordentlich die Gesundheit verhageln, wenn wir uns Sorgen ums Geld machen.

Das Erste ist statistisch erwiesen. Das Zweite erlebe ich seit ein paar Monaten.

Ich wälze mich ab halb drei kreuz und quer durchs Bett. Ich grüble den ganzen Tag herum, wie ich weniger Geld aus

geben und mehr einnehmen könnte. Ich bin unkonzentriert, fahrig und hab eine Laune wie ein nordkoreanischer Gefängniswärter, dem sie WochenendÜberstunden aufgebrummt haben.

Jeder Einkauf ist Stress, ich kaufe we niger von den guten Biosachen und mehr vom billigen Massenzeugs (und habe des wegen ein noch schlechteres Gewissen).

Wenn ich den Postkasten aufmache und es ist was von der Bank drin, vom Finanzamt, der Versicherung oder den Stadtwerken, dann verbeißt sich ein

GISBER T F ORSCH T
Bewusstsein carpe diem 75
118 carpe diem

DIE MEDIZIN

DER BEWEGUNG

Warum Yoga seit 5.000 Jahren Menschen dazu bringt, sich komisch zu verrenken? Weil’s eben um mehr als nur darum geht, die Gelenke geschmeidig zu halten. Wir zeigen dir einen Weg durch den Yoga-Dschungel und die geheime Kraft der indischen Bewegungslehre. Wie sie heilt, wie sie beruhigt und uns hilft, innere Balance zu fnden –auch wenn uns gerade alles um die Ohren zu fiegen scheint.

Dossier carpe diem 119

Erklär mir Yoga!

Dass Yoga als Frauendomäne gilt, würde die alten Yoga- Meister überraschen. Denn lange war die fernöstliche Philosophie ausschließlich Männern zugänglich. Erst 1937 durfte Indra Devi als erste westliche Frau offziell Yoga in einem Ashram lernen. Was man noch zu Yoga wissen sollte: neun Fragen, neun Antworten.

aWas bedeutet das Wort „Yoga“ eigentlich?

Auch wenn man vielleicht selbst noch nie in einer Yoga-Stunde war: Begri ffe wie „Sonnengruß“, „Herabschauender Hund“, „Namaste“, „Om“ und „Lotussitz“ hat jeder schon einmal irgendwo gehört.

Doch was ist Yoga eigentlich? Woher kommt es? Was ist das Ziel der jahrtau sendealten Lehre?

Bei der Suche nach Antworten kann man sich schnell in einem Dschungel aus Sanskrit verirren; und wenn man der alt indischen Sprache nicht mächtig ist, ver steht man am Ende gar nichts mehr. Wir klären die wichtigsten Fragen und warum Yoga nichts mit Religion zu tun hat, obwohl seine Wurzeln im Hinduismus liegen.

„Yoga“ bedeutet so viel wie „Verbindung“, „Vereinigung“, „Harmonie“. Das Ganze leitet sich vom Sanskrit-Wort yuj ab, das das Anbinden von Zug tieren vor einen Wagen bezeichnet. Im übertragenen Sinn wird damit zum Ausdruck gebracht, dass man den Körper an die Seele „an spannt“, sich konzentriert und sammelt, um eins mit dem Bewusstsein zu werden.

Kurz: Yoga ist eine Lebensphilosophie und beinhaltet weit mehr als nur Körper übungen, die uns dehnen und gelenkiger machen.

Wann ist Yoga entstanden? Wer hat’s erfunden?

Als Ursprungsland gilt Indien, darin sind sich alle einig. Schwieriger wird es schon, die Geburtsstunde des Yoga festzulegen. Ausgrabungen im Industal – einem Ge biet im heutigen Pakistan und im Nord

Das Dreieck dehnt die Innenseite der Beine und den Rumpf.

Teil 1: Anfängerstunde
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westen Indiens – haben Figuren im Lo tussitz zutage gebracht, die rund 5.000 Jahre alt sein sollen. Schriftlich erwähnt wurde Yoga dann erstmals vor rund 3.500 Jahren in den Veden (den weisen indi schen Schriften). Darin ist von heiligen Männern die Rede, die meditieren, ihren Atem kontrollieren und sich in Askese üben. Auf Körperübungen schien damals kaum Wert gelegt worden zu sein: Die wenigen Asanas, die beschrieben sind, dienten eher dazu, den Körper auf die langen Meditationen vorzubereiten.

Hinduismus, Buddhismus:

Wie viel Religion steckt im Yoga? Auch wenn Hinduismus und Buddhis mus die Yoga-Philosophie geprägt haben bzw. selbst vom Yoga beeinflusst wurden – Yoga ist keine Religion. Das Ganze enthält zwar spirituelle Elemente, aber diese sind stets konfessionsübergreifend. Das heißt: Alle sind willkommen. Man muss sich keiner Gemeinschaft anschlie ßen und keinen speziellen Glaubenssät zen folgen. Es gibt keine Priester, Tempel und auch keine fixen Rituale. Viele der frühen Hatha-Texte enthalten bewusst

1.

Geh nicht mit vollem Magen auf die Matte. Zwischen deiner letzten Mahlzeit und Yoga sollten zwei Stunden liegen.

keine Mantras oder Gebete, um Glau bensdiskussionen vorzubeugen. In Indien selbst spricht man oft vom „säkularen Yoga“, das rein der Gesundheit und dem Wohlbefinden dient. Das „spirituelle Yoga“ wiederum soll dabei unterstützen, mehr in die Tiefe der eigenen Seele ein zutauchen – aber niemals dazu, ein bes serer Buddhist oder Hindu zu werden.

Was ist das große Ziel der Yoga-Lehre?

Spannende Frage. Jedenfalls geht’s nicht darum, die Gelenkigkeit eines Zirkus akrobaten zu erreichen. Das ist allenfalls ein netter Nebeneffekt.

YOGA VON A BIS Z

Manchmal verstehst du beim Yoga nur „Bahn hof“ bzw. Sanskrit, die altindische Sprache? Dann hilft dieses Yoga-Lexikon, das nebenbei auch erklärt, was es mit „Namaste“ und „Om Shanti“ auf sich hat.

ASANA Sanskrit-Wort für „Stellung“ oder auch „Haltung“. Wird für überwiegend ruhende Yoga-Positionen verwendet, die mindestens zehn Atem züge lang gehalten werden.

BANDHA bedeutet in Sanskrit „fest ziehen“, „festhalten“. Bandha ist eine Praxis, bei der durch Zusammenziehen bestimmter Muskeln die Energie im Körper festgehal ten werden soll, oft gemein sam mit Atemübungen.

BHAGAVAD GITA Zentrale Schrift im Hindu ismus, angelegt als Lehr gespräch zwischen Krishna und seinem Schüler Arjuna. Wird im ganzheitlichen Yoga oft zitiert.

CHAKRA Ein (Haupt-)Energiezentrum im Körper. Sieben Chakren werden entlang der Wirbelsäule, vom Steißbein über den Scheitel hinaus, lokalisiert und sollen durch spezielle Übungen aktiviert werden

Der Tänzer fördert unter anderem die Balance.
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