Nie zuvor schickten die USA so viele Top-Talente in die Welt: Trainer Jesse Marsch, Akademie-Leiter Sean McCafferty und Jungspieler Tyler Adams über das Ausbildungswunder ihres Landes, das seinen Erfolg wie einen Börsengang plant.
DIE USA HOLEN DEN WM-TITEL
DAS FUSSBALL-START-UP Text: Jürgen Schmieder
Die USA können die Weltmeisterschaft 2026 gewinnen.
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Dest (20, FC Barcelona), Yunus Musah (18, Valencia CF), Brenden Aaronson (20, Red Bull Salzburg), und natürlich spricht er von Tyler Adams. Der 22 Jahre alte Mittelfeldspieler von RB Leipzig ist das beste Beispiel dafür, wie es diesem Fussball-Start-up gerade geht. «Ich habe mich erst richtig auf Fussball konzentriert, als ich im Alter von zwölf Jahren an der Red Bulls Academy aufgenommen worden bin», sagt Adams, Das US-Fussball-Nationalteam beim Training in Bradenton, Florida
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Das klingt verrückt, klar. Vor allem, wenn so eine Ansage aus einem Land kommt, das noch nie übers Viertelfinale einer Weltmeisterschaft hinausgekommen ist, dessen Nationalelf die Qualifikation fürs letzte WM-Turnier auf blamable Weise verpasst hat und dessen U23 in der Olympia-Quali gerade an Honduras gescheitert ist. Dazu kommt, dass die Profiliga Major League Soccer (MLS) im Vergleich zu europäischen Topligen noch immer als zweitklassig gilt. Obwohl: Sind nicht Leute, die verrückt genug sind zu glauben, sie könnten die Welt aus den Angeln heben, genau die, denen es am Ende gelingt? Das war im Übrigen auch die Botschaft der Apple-Werbung aus dem Jahr 1997, der Slogan dazu lautete Think different – denke anders. Und genau das tun sie nun endlich in den USA. Deshalb, nur so ein Gedanke: Wie wäre es, würde man den amerikanischen Fussball einmal nicht als Verband betrachten, die MLS nicht als Liga und einen Klub wie die New York Red Bulls nicht bloss als Verein; sondern als riesiges Start-up? Und die Weltmeisterschaft in fünf Jahren als Börsengang? Welchen Prospekt würde dieses Fussball-Start-up derzeit den Investoren vorlegen? «Wir hatten noch nie so viele talentierte Spieler wie jetzt», sagt Nationaltrainer Gregg Berhalter. «Der Kader ist extrem jung, viele werden bei der HeimWM auf dem Höhepunkt ihrer Karriere sein.» Berhalter redet von Christian Pulisic (22 Jahre, Chelsea FC), Giovanni Reyna (18, Borussia Dortmund), Weston McKennie (22, Juventus Turin), Sergiño
und diese Beobachtung ist bedeutsamer, als es zunächst scheint. Er stammt aus der Kleinstadt Wappinger, etwa eineinhalb Autostunden nördlich von New York City; hätte er 15 Jahre früher das Licht der Welt erblickt, dann wäre er heute vielleicht Basketballprofi (seine zweitliebste Sportart als Kind), weil so jemand damals ganz einfach nicht für den Fussball entdeckt worden wäre. Die MLS füllte die Kader der Vereine damals mit alternden Stars aus Europa statt mit heimischen Talenten. Das lag daran, dass die Ausbildung junger Sportler in den Vereinigen Staaten völlig anders funktioniert als in Europa.
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