The Red Bulletin_1205_DE

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Rufus Wainwright / Mariana Pajón / Daniel Unger / Herbert Nitsch / Christian Horner / Felix Baumgartner

mai 2012

Das Magazin abseits des Alltäglichen

EUR 3,50

PLUS

Gottes

Faszination

Downhill

kleinste Teilchen

Technik, Speed, Sprünge: Die Formel 1 des Radsports

Im CERN jagen 10.000 Physiker das Geheimnis des Universums

Sex

auf Deutsch Kraftklub bringt die Mädchen zum Tanzen

Captain America is back EASY RIDER Peter Fonda

Sein Film über das gröSSte Trauma der USA

★ Mai 2012

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©2012 Oakley, Icon | DE.OAKLEY.COM

DIE NEUE CROSSLINK ™ WORK HARD AND PLAY HARDER.

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DIE WELT VON RED BULL

Mai

58

16

JETZT GEHT’S BERGAB! Auftakt zur Wettkampfjahreszeit in Südafrika: Vergessen Sie alles, was Sie über MountainbikeDownhill gehört haben. Willkommen zum Beginn einer Saison, die alle bisherigen in den Schatten stellen wird.

KLÄNGE DER REVOLUTION: Santigold ist die Künstlerin der Stunde. Mit einem Faible für New York und Pferde, für radikalen Chic und transzendentale Meditation. Und einem neuen Album, das jede Sirene übertönt.

COVERBILD: PATRICK HOELCK. BILDER: GIAN PAUL LOZZA, DDP, CP IMAGES/ZIPTREK ECOTOURS, LUKAS MAXIMILIAN HUELLER

Willkommen! Nirgendwo auf der Welt wird so genau hingesehen wie hier. Im CERN nahe Genf arbeiten 10.000 Wissenschaftler daran, die letzten offenen Fragen des Universums zu beantworten, und sie sind in den letzten Jahren ziemlich gut vorangekommen beim Sortieren der Atombausteine: Im Bild der Welt fehlt nur noch ein einziges Puzzlestück. Es trägt schon einen Namen, Higgs-Boson, und einen Spitznamen, „Gottesteilchen“; man hofft, noch dieses Jahres zu erfahren, wie es genau aussieht. Die Suche nach dem Higgs-Boson erfolgt 100 Meter unter der Erdoberfläche auf einem rund 60 Quadratkilometer großen Areal mit Hilfe riesenhafter, viele tausend Tonnen schwerer Apparate. Vom Red Bulletin ließ sich CERN über die Schulter schauen, „Der Weltbaukasten“ von Andreas Rottenschlager und Lukas Maximilian Hüller, ab Seite 28. Gute Unterhaltung mit dieser Ausgabe! Die Redaktion

80 REISETIPP DES MONATS: EXTREM-FERIEN IN NEUSEELAND

Offroad-Rennen, Kajaktouren, Feuerwaffen: Zu Besuch in Queenstown, der Abenteuerhauptstadt der südlichen Hemisphäre. Plus: die besten Action-Tipps.

28 DER WELT-BAUKASTEN

Urknall, Antimaterie, Gottesteilchen: Am Kernforschungsinstitut CERN nahe Genf widmen sich 10.000 Physiker der Aufgabe, die letzten Geheimnisse des Universums zu lösen. Uns verraten sie, wie.


DIE WELT VON RED BULL

Mai

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HABIBA GHRIBIS KÖRPER Die 28-jährige Tunesierin ist die große Hoffnung ihres Heimatlandes auf eine Olympiamedaille im 3000-Meter-Hindernislauf. Uns verrät sie die Geheimnisse ihres Bodys.

46

HERR HORNER GEHT GASSI Wo Red Bull RacingTeamchef Christian Horner Kraft tankt. Ein Besuch in der englischen Provinz.

20

IM KOPF VON WILL SMITH Der „Prinz von Bel Air“ ist ein Multitalent: Rapper, Filmstar, ein Arbeitstier vor dem Herrn. Wir nehmen seine Karriere unter die Lupe.

84 DIE AUSRÜSTUNG DER STARS

Mariana Pajón, absolute BMX-Ausnahmekönnerin aus Kolumbien, zeigt und erklärt uns ihre Ausrüstung.

88 „WIR WAREN BUSINESS-HIPPIES“

Ein Kinofilm erweckt den Kult-Club Bar25 wieder zum Leben. Danny Faber, B25-Kreativdirektor, über wilde Jahre an der Spree.

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COVERSTORY: CAPTAIN AMERICA SEN. Peter Fonda wird nie von „Easy Rider“ loskommen, aber was sollte daran schlecht sein? Er ist inzwischen ein halbwegs erwachsener Junge, wie er uns im exklusiven Red Bulletin-Interview erzählt.

06 Fotos des Monats 12 Kurzmeldungen: Mutige Surfer, am Weg zu Red Bull BC One, Tenacious D im Interview 18 Mikroskope einst & jetzt 24 Formelsammlung: Rudern 26 Glückszahlen: EXPO


DIE WELT VON RED BULL

70 RED BULL STRATOS: DER RAUMANZUG Seit über fünfzig Jahren schneidert die David Clark Company Inc. Raumanzüge für Astronauten. Ein Besuch beim Herrenausstatter für besondere Gelegenheiten.

87 FACES FOR CHARITY

Die Erfolgskampagne kehrt zurück in die Formel 1: Für nur 15 Euro flitzen Sie beim Grand Prix in Silverstone mit – auf den Boliden von Sebastian Vettel und Mark Webber. Hier erfahren Sie, wie’s funktioniert.

Felix Baumgartner:

Der wichtigste Tipp: Mach den Anzug zu deiner zweiten Haut.

86 TRAINIEREN WIE DIE PROFIS

Couch, Ergometer, Wasser: So bereitet sich der österreichische Apnoe-Taucher Herbert Nitsch auf die Verbesserung seines eigenen UnterwasserWeltrekords vor.

BILDER: ANTOINE DOYEN, REUTERS, GETTY IMAGES, RED BULL CONTENT POOL (2), CAROLIN SAAGE, BALAZS GARDI/RED BULL STRATOS NEWSROOM, BREITLING, JEAN REVILLARD/REZO

more

Body & Mind 82

ESSEN

Der italienische Spitzenkoch Pino Lavarra zu Gast im Hangar-7

90

OUT NOW

Rufus Wainwrights neues Album

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48 UM DIE WELT FLIEGEN – OHNE SPRIT

Ein Abenteurer, ein Kampfpilot, ein Solarflugzeug, das auch nachts fliegt. Bertrand Piccard, André Borschberg und eine Energierevolution, die längst begonnen hat.

TAKE 5

Die fünf Lieblingssongs von Shabazz Palaces

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TOP SPOTS

Die wichtigsten Events im Mai

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SAVE THE DATE

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TV-PROGRAMM

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KOLUMNE

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IMPRESSUM

Die Top-Termine vor deiner Haustür

Das Red Bull TV-Fenster bei ServusTV Lebenshilfe mit Christian Ankowitsch


M OAB -WÜ STE , U SA

SPRUNGTURM

120 Meter ragt der Castleton Tower im US-Bundesstaat Utah in den Himmel empor. Ein wuchtiger Koloss aus Sandstein, wie gemacht für atemberaubende Auftritte. Der Mann in der Luft heißt Michael Tomchek, hatte als BASE-Jumper selbstverständlich einen Fallschirm dabei und landete so sicher am Boden. Ebenfalls ziemlich furchtlos die Fotografin. Sie knipste Tomchek von einem motorisierten Paragleiter aus. Die Foto-Reportage: www.wrightfoto.com.au Bild: Krystle Wright

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DES MONATS



D U BAI , VAE

HOCH HINAUS

Wie man einen Golfschläger hält, wusste der Nordire Rory McIlroy, bevor er richtig gehen konnte (da war er zwei Jahre alt). Mit neun krähte er U10-Weltmeister in Florida ins BBC-Mikrofon: „Ich will der beste Golfer der Welt werden.“ Mit 22 führte er, zunächst zwei Wochen lang, die Weltrangliste an, als zweitjüngste Nummer 1. Den passenden Sponsor hat der US-Open-Sieger von 2011 ebenfalls: die Jumeirah-Gruppe in Dubai, unter anderem Besitzer des spektakulären Hotels Burj Al Arab. Sie baute als PR-Gag den Helikopterlandeplatz in 200 Meter Höhe zum Übungsgrün für ihren Star um. Keine Frage: Wo McIlroy ist, da ist oben. www.rorymcilroy.com BIld: David Cannon/Getty Images

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DES MONATS



S N Æ FE LL S N E S , I S L AN D

WIE IM HIMMEL

Schriftsteller Jules Verne (1828–1905) vermutete hinter der Schönheit des Snæfellsjökull-Vulkans im äußeren Westen Islands ein Geheimnis und machte dessen Krater kurzerhand zum Ausgangspunkt der „Reise zum Mittelpunkt der Erde“. Aber wer würde schon ernsthaft dort hinwollen, wenn es an der Oberfläche so aussieht wie auf diesem Foto von Will Copestake? „Das Bild zeigt meinen Kletterpartner Remi“, klingt der der Schotte fast ein wenig neidisch. „Man könnte denken, er steht an der Tür zum Paradies.“ Das Island-Video: www.vimeo.com/willcopestake BIld: Will Copestake/Caters News

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DES MONATS


pepejeans.com


Bullevard Beflügelndes in kleinen Dosen

Jäger der Stürme Drei Stürme, 100 km/h Windgeschwindigkeit, zehn Surfer: Red Bull Storm Chase ist zurück. Dieses Mal weltweit. Bewirb dich jetzt als Teilnehmer oder empfiehl uns deine Lieblings-Surfspots. Hier drei Anregungen:

MAGHEROARTY (IRL) Im Nordwesten Irlands schlagen die Wogen, vom Atlantik kommend, mit voller Wucht gegen die Küste. Also ideale Bedingungen für Sprünge und Wellenritte.

MARRAWAH (AUS) Der tasmanische Spot liegt in den 40er-Breitengraden, auch „Roaring 40s“ genannt: wegen starker Strömungen und hoher Wellen.

Künstler Callahan hat seine Schreibmaschine aufgemotzt.

WORTMALEREI Diese Schreibmaschine verwandelt selbst langweilige Texte in Kunst – sagt ihr Entwickler, Tyree Callahan. Ein Hemingway-Roman als Gemälde? Die Bibel als Bild? Mit der Farbschreibmaschine des Washingtoner Künstlers Tyree Callahan könnten diese Phantasien bald Wirklichkeit werden: „Der Chromatic Typewriter arbeitet zwischen visueller Kunst und Literatur“, beschreibt Callahan, der die Typen einer 1937er-Underwood-

Schreibmaschine durch Farbschwämme ersetzte. Einziges Problem: „Nach jedem Tastendruck muss Farbe nachgefüllt werden. Das wird mir für lange Texte zu mühsam.“ Fans des Künstlers wussten einen Ausweg. Callahan: „Die schickten mir Liebesgedichte zum Übersetzen.“ Tyrees Atelier: www.tyreecallahan.com

BILDER DES MONATS

TARANAKI (NZL) Günstige Windverhältnisse schaffen an diesem Spot optimale Bedingungen für spektakuläre Sprünge.

Anmeldungen und allgemeine Info auf: www.redbullstormchase.com

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MOMENT MAL!

Szenen aus dem abenteuerlichen Alltag unserer Leser. Einfach per Mail an: phototicker@redbulletin.com Unter den Einsendern der veröffentlichten Fotos wird eine Trinkflasche des Schweizer Herstellers SIGG im speziellen Red Bulletin-Design verlost.

Stockholm Nach der Lecture bei der Red Bull Music Academy übernimmt Techno-Pionier Robert Hood das DJ-Ruder. Anders Neumann


Champstyle Die neue Red Bull RacingKollektion:

Die große B-Boy-Chance: Red Bull BC One Cypher

OFFICIAL TEAMLINE SOFTSHELL/MEN € 134,95

TEXT: FLORIAN OBKIRCHER, ULRICH CORAZZA, ANDREAS ROTTENSCHLAGER. BILDER: MIKEY CLANCY, IMAGO (2), TYREE CALLAHAN, EMRE ERMIN/RED BULL CONTENT POOL, CORBIS, DDP

Die Tanzschritte zum WM-Titel Es ist die Weltmeisterschaft der B-Boys, die wichtigste Schlacht im BreakdanceUniversum: Red Bull BC One. Auge um Auge, Schritt um Schritt stehen sich die besten Tänzer alljährlich im Zweikampf gegenüber, bis am Ende einer übrig bleibt – der als Sieger stolz den goldenen Champion-Gürtel in die Höhe reißt. Im letzten November war es der US-B-Boy Roxrite, der sich beim Showdown in Moskau mit akrobatischen Toprocks, Freezes und Powermoves den Titel holte. Ende 2012 reisen nun die sechzehn weltbesten Breakdancer nach Rio de Janeiro, um sich zu duellieren. Zehn davon wählt eine hochkarätige Jury, sechs Teilnehmer können sich ein Ticket fürs Finale ertanzen! Ab Mai finden weltweit sechzig Red Bull BC One Cypher-Events statt, bei denen jeder junge B-Boy sein Talent beweisen kann. Es ist die Chance für Kopfdreher und Beinakrobaten auf einen Startplatz im Weltmeister-Ring, die Chance, um beim Red Bull BC One-Finale gegen Stars wie Lil G oder Neguin um den Titel zu batteln. Alle Red Bull BC One Cypher-Termine auf: www.redbullbcone.com

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ROCKGÖTTER Abseits der Leinwand würgt Jack Black die Gitarre – als Teil der Band Tenacious D. Spätestens seit seiner Komödie „School of Rock“ ist klar: Jack Black ist ein Musikbesessener. Ein Fan alter HeavyMetal-Meister wie Meat Loaf und Ronnie James Dio, ein Virtuose der Luft- und Stromgitarre. Deshalb unterhält der 42-jährige Komiker neben seiner Schauspielkarriere das Duo Tenacious D. Zwischen Rockoper und Größenwahn oszillieren die satirischen Songs, vollendet mit Gitarrensoli und Falsettgesang – nachzuhören auf dem neuen Album „Rize of the Fenix“. Was steckt hinter dem Titel? Jack Black: Unser letztes Album war nicht so erfolgreich. Deshalb mussten wir in uns gehen, unseren Dämonen gegenübertreten. Wir mussten

von den Toten auferstehen. Nicht für uns selbst, sondern um den Rock’ n’ Roll zu retten. Was macht einen guten Luftgitarristen aus? Kyle Gass: Hingabe. Wenn du schon keine Gitarre hast, brauchst du Hingabe. Jack: Außerdem darfst du nie die Macht der Gesichtsmuskeln unterschätzen. Du musst schmerzverzerrt schauen, Leidenschaft und Qual müssen in der Mimik verschmelzen. Was ist das beste Gitarrensolo der Rockgeschichte? Jack: „Eruption“ von Van Halen! Was für eine Frage?! Kyle: Ich mag das Solo in „Just What I Needed“ von The Cars. Jack: Auch nicht schlecht. Wah wah, waaah! Aber ich bleibe bei „Eruption“. Punkt. www.tenaciousd.com Kyle Gass und Jack Black sind Tenacious D.

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DAS GEWINNERBILD

Fujisawa Die Siegerpose hat sich Sebastian Vettels jüngster Fan bereits von seinem Idol abgeschaut. Chikako Yuasa

Rio de Janeiro Wo, wenn nicht in Brasilien, findet man außergewöhnliche Ballkünstlerinnen? Marcelo Maragni, Red Bull Roda de Bola

Lincoln City

Freekayaker Tao Berman zeigt es vor: Man braucht nicht immer ein Surfbrett, um in großen Wellen Spaß zu haben. Richard Hallman

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B U L L E VA R D

„Habt Spaß, sonst läuft was falsch im Spiel“ Basketball-Pro Robin Benzing, 23, hat einige Tipps für die Teilnehmer des Red Bull King of the Rock.

 : Wann hast du mit Basketball angefangen?  : In der fünften Klasse. Basketball wurde bei uns in der Schule angeboten. Ich hab angefangen – und nicht mehr aufgehört.

Welche Tipps hast du für die Teilnehmer von Red Bull King of the Rock? Habt vor allem Spaß! Sobald man über mögliche Resultate nachdenkt, läuft etwas falsch. Immer locker bleiben und einfach spielen. Deine Chancen, falls du teilnehmen würdest? Ich denke, dass ich schon ganz gut mithalten könnte. Gerade bei solchen Events sind aber oft unorthodoxe Spieler dabei, die man nur schwer einschätzen kann.

Red Bull King of the Rock: 11. Mai 2012, Köln redbullkingoftherock.de

London Toms Alsbergs ist der Sieger des Miniatur-Bahnrad-Spektakels Red Bull Mini Drome in Großbritannien. Roman Skyva 14

Ordentlich gestapelt: die Donots beim Planking.

WECKT DIE HUNDE!

Die Donots sind zurück: mit neuem Album und einem „halbwegs nüchternen“ Frank Turner. „Wake the Dogs“ heißt die aktuelle Platte der Alternative-Rocker Donots, die ab 11. Mai in Musikläden und Online-Shops erhältlich sein wird. Dementsprechend euphorisch ist die momentane Gefühlslage der Musiker: „Wir sind stolz wie Papa und Mama eines Babys, das gerade zur Welt kommt.“ Als Inspirationsquellen dienten laut Band „alte Helden“ wie The Clash oder The Police. Das Resultat: ein „aufrechtes Donots-Mixtape mit viel Bandbreite und Abwechslungsreichtum“. Für den Titel „So Long“ holten sich Ingo Knollmann und Co den britischen Singer/Songwriter Frank Turner ins Studio: „Sein Tourmanager bat uns nur, ihn halbwegs nüchtern wieder abzuliefern.“ Wer die sympathischen Punk-Rocker live erleben will, hat bei einem ihrer zahlreichen Termine in der Festivalsaison (u. a. Rock am Ring oder Area4-Festival) und der anschließenden Herbsttournee die Gelegenheit dazu. Auch danach gönnen sich die Donots keine Pause: „Unsere Maxime: Nach dem Album ist vor dem Album. Aber erst mal wollen wir dieses Jahr die Hunde aufwecken!“ www.donots.de

Sydney Es müssen nicht immer Flugobjekte sein. Auch Flöße eignen sich hervorragend zum Ausleben kreativer Bastelkunst. Red Bull Rapids

Seoul

Der nicaraguanische Turntable-Künstler DJ Craza performt bei der koreanischen Red Bull Thre3Style Show. Incheol Na

BILDER: DAN VOJTECH/RED BULL CONTENT POOL, PATRICK RUNTE

Wie wichtig sind Mann-gegen-Mann-Skills? Basketball ist ein Teamsport. Trotzdem fallen viele Entscheidungen im direkten Zweikampf. Du musst dich durchsetzen, sonst hast du es schwer, auch als mustergültiger Teamplayer.


B U L L E VA R D

MEIN KÖRPER UND ICH

HABIBA GHRIBI

3 SIEG IM KOPF

Sobald jemand an mir zweifelt, laufe ich schneller. Vor Jahren gab mir mein Vater Folgendes mit auf den Weg: „Habiba, du bist genauso stark wie ein Mann. Wenn du etwas wirklich willst, wirst du es erreichen.“

Die 28-jährige Tunesierin ist die große Hoffnung ihres Heimatlandes auf eine Olympia-Medaille im 3000-Meter-Hindernislauf.

1 BALANCEAKT

Beim Hindernislauf brauchst du nicht nur Power in den Beinen, extrem wichtig ist auch viel Kraft im Oberkörper. Eine gut trainierte Rumpfmuskulatur hat Einfluss auf den gesamten Körper und sorgt dafür, dass ich beim Überwinden der Hindernisse die Balance halten kann.

4 SCHOKOLADENSEITE Ich folge einem strikten Ernährungsplan und weiß immer, was ich wann essen soll. Mein Gewicht versuche ich stets konstant zu halten. Gute Ernährung bedeutet gutes Training – hin und wieder gönne ich mir aber ein Stück Zartbitterschokolade.

5 LAUF DER ZEIT

TEXT: RUTH MORGAN. BILD: ANTOINE DOYEN

2 SCHIEFLAGE

Ich litt an beiden Füßen an einem Hallux valgus, einer sogenannten Schiefzehe. Das war nicht nur schmerzhaft, sondern hat meinen Schritten auch die E∞zienz genommen. Im Mai 2010 wurden mir in einer Operation Knochenstücke entfernt. Der Arzt konnte nicht garantieren, dass ich wieder auf höchstem Niveau würde laufen können. Nach der OP verbrachte ich einen ganzen Monat im Bett. Vier Monate später kehrte ich auf die Laufbahn zurück.

Ich wuchs rund 15 Kilometer von meiner Schule entfernt auf. Wenn der Bus nicht kam, lief ich eben. Mein Vater fragte. „Bibi, wieso gehst du nicht einfach?“ Meine Antwort: „Ich möchte schneller am Ziel sein.“

Ghribis Lauf zur WMSilbermedaille auf: www.youtube.com

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B U L L E VA R D

Sängerin Santigold: heikle Themen, intelligenter Witz.

SANTIGOLD

Sie ist die coolste Künstlerin der Stunde. Punkt. Mit einem Faible für New Wave und Pferde, für radikalen Chic und transzendentale Meditation. Und mit einem neuen Album, das jede Sirene übertönt. Die elektronischen Beats dreschen schnell, der Bass grollt, der Refrain wirkt wie ein Schlachtruf. Der Eröffnungssong „Go!“ von Santigolds neuem Album „Master of My Make-Believe“ ist ein raues Energiebündel, ein Feuerwerk. Ihr Manager und Kollege JayZ meint gar, es sei Musik für die Revolution. „Viele der neuen Songs sind vor dem ‚Arabischen Frühling‘ und der ‚Occupy Wall Street‘-Bewegung entstanden“, sagt die Fünfunddreißigjährige. „Aber sie tragen diese Grundstimmung in sich. Dieses Brodeln, diese Unruhe, die wir überall auf der Welt spüren. Die Menschen wollen die Wahrheit hören. Und diese Forderung, diese Energie spiegelt sich in meiner Musik wider.“ Starker Tobak. Von einer Frau, etwas zu sagen hat. Allerdings tut Santigold das mit einem bezaubernden Lächeln. Aufgeweckt, charmant und klug. Wenn sie spricht, dann gestikuliert sie, ihre Augen leuchten, es sprudelt aus ihr heraus. Vermutlich ist es genau diese Balance, die Santigold zur wichtigsten Musikerin der Stunde macht. Sie vermittelt schwierige Inhalte mit eleganter Leichtigkeit, behandelt heikle Themen mit intelligentem Witz. 16

Geburtsort/-datum Santi White wurde am 25. September 1976 in Philadelphia, Pennsylvania, geboren. Vorgeschichte Vor ihrer Solokarriere jobbte sie unter anderem als Talentscout bei einer Plattenfirma. Namensänderung 2009 drohte ein gewisser Santo Victor Rigatuso, die Sängerin zu verklagen, sollte sie ihren Künstlernamen Santogold nicht ablegen – der Mann hatte nämlich 1985 einen Wrestling-Film namens „Santo Gold’s Blood Circus“ gedreht. So wurde aus Santogold schließlich Santigold.

2007 hat sie die Popwelt erstmals auf den Kopf gestellt. Mit einem Song namens „L.E.S. Artistes“ – das war New Wave, Punk, irgendwie auch Pop, vor allem aber frischer als alles andere. Im Video saß die Musikerin auf einem schwarzen Pferd, flankiert von zwei martialischen Tänzerinnen mit runden Sonnenbrillen. Der Sound, die Ästhetik, der Stil, die Lässigkeit – alles traf den Zeitgeist perfekt. Santigold inszenierte sich auf ihrem Debütalbum als Gesamtkunstwerk, als autonome Künstlerin, die vom Songwriting bis zum Outfit alles selbst in die Hand nimmt. Und deshalb in der öden Musiklandschaft der nuller Jahre als Heilsbringerin verehrt wurde. Die nächsten zwei Jahre war Santigold auf Tour. Eingeladen von Kollegen aus verschiedensten Genres – von Björk bis zu den Beastie Boys, von Coldplay bis Jay-Z. Sie schrieb Hits für Lily Allen oder Christina Aguilera und griff für Mark Ronson und Kanye West als Gastsängerin zum Mikrofon. Santigold – der Liebling aller, jeder wollte ein Stück vom Kuchen ihrer Coolness. Bei all dem Rummel um ihre Person blieb der Wahl-New-Yorkerin allerdings wenig Zeit, sich

TEXT: FLORIAN OBKIRCHER. BILDER: WARNER MUSIC (2), DDP IMAGES, JAANUS REE/RED BULL ESTONIA, JÖRG MITTER/RED BULL CONTENT POOL, HOPPENWORLD.COM/RED BULL CONTENT POOL. ILLUSTRATION: DIETMAR KEINRATH.

KLÄNGE DER REVOLUTION


um das eigene Album zu kümmern. „Mir wird das allerdings erst jetzt bewusst, wenn Leute mich fragen, warum ich so lange dafür gebraucht habe“, sagt sie und muss lachen. „Ich hab mich zurückgezogen und so lange an dem Ding gearbeitet, bis ich – als meine schärfste Kritikern – damit zufrieden war.“ Es fiel ihr anfangs nicht leicht, die neue Richtung für das Album zu finden. Sie hatte mit Zornschüben zu kämpfen, die der Tod ihres Vaters in ihr auslöste. Kurzzeitig hatte sie weder Manager noch Plattenfirma. Das Textschreiben fiel ihr plötzlich schwer. Just zu diesem Zeitpunkt gab ihr Produzent Dave Sitek von der Band TV on the Radio einen Tipp. „Dave, du bist immer so ausgeglichen, wie machst du das?, fragte ich ihn. Und er meinte: transzendentale „Master of My MakeMeditation“, sagt Santigold und Believe“ (Atlantic/ lacht. „Ich bin also nach KaliforWarner) ist soeben erschienen. nien, um diese 89-jährige Frau zu treffen, die in den sechziger Jahren mit den Beatles nach Indien gereist ist. Mit ihrer Hilfe wurde ich ruhig und gelöst. Sie hat mir geraten, Songs zu schreiben. Mit dem Thema ‚Du bist die Beste‘. Und das hab ich getan. Allerdings heißen sie bei mir ‚Look at These Hoes‘ oder ‚Big Mouth‘.“ Der Plan ist jedenfalls aufgegangen: Mit diesem simplen Mantra hat Santigold ein Album aus energetischen Hymnen zwischen New Wave, Dub und Electro erschaffen. Dass sie die Beste ist, hätte aber wohl ohnehin nie jemand bezweifelt.

„Viele der neuen Songs sind vor dem ‚Arabischen Frühling‘ und der ‚Occupy Wall Street‘Bewegung entstanden. Aber sie tragen diese Grundstimmung in sich.“

KURZ & DENNOCH EINZIGARTIG

Diese drei jungen Herren auf zwei Rädern bzw. zwei Kufen verfügen über das Siegergen.

Der 18-jährige deutsche Motocross-Weltmeister Ken Roczen feierte bei der AMA East Supercross Lites Series in Houston, Texas, seinen ersten Saisonerfolg.

www.santigold.com Heimsieg: Vor 100.000 Fans krönte sich Kyle Croxall (CAN) beim Red Bull Crashed Ice-Bewerb in Québec mit Platz 2 zum Weltmeister.

Santigold auf der Bühne: „Meditation hilft beim Songschreiben.“

Ein, zwei, drei: BMXer Drew Bezanson (CAN) holte sich bei der Skate- und BMX-Contest-Simple-Session im estnischen Tallinn seine dritte Goldmedaille.


B U L L E VA R D

EINST UND JETZT

Mikroskope

Moderne Rastertunnelmikroskope brauchen zum Vergrößern weder Licht noch Linsen. Dafür spüren sie im eiskalten Vakuum Atome auf.

VERGRÖSSERUNG

OKULAR

zum Betrachten des Gegenstandes. Damals noch für ein Auge konzipiert und senkrecht montiert – ein wenig unkomfortabel für den Forscher.

GEHÄUSE

Hergestellt in mühevoller Handarbeit. Das Material: Messing.

Luxus anno 1890: Drei optionale Objektivlinsen direkt über dem zu untersuchenden Gegenstand. In Kombination mit der Okularlinse liefert dieses Mikroskop ein 270fach vergrößertes Bild.

BELEUCHTUNG

Der Konkavspiegel dient der Lichtbündelung von unten auf den Gegenstand. Licht damals? Tageslicht oder Öllampe.

1890 DURCHLICHTMIKROSKOP, FA. C. REICHERT, WIEN Mit diesem Lichtmikroskop forschte Karl Landsteiner, Entdecker der Blutgruppen und Nobelpreisträger. Das so geniale wie einfache Prinzip? Zwei miteinander kombinierte, einander in ihrer Wirkung verstärkende Linsen, die einen Gegenstand optisch vergrößern. Das Exemplar kann schon Hundertstel-Millimeter-Abstände auflösen. Eine Linse beim Auge, eine am Objekt, dazu ein Konkavspiegel als Lichtlieferant.

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So sieht ein Kristall (Indiumoxid) aus, betrachtet durch das Mikroskop der Wiener Firma C. Reichert.


Sehen oder fühlen? Optische Geräte im Wandel der Zeit.

VERGLEICH KÜHLUNG

Über diese Anschlüsse wird das Innere der Kammer mittels flüssigem Stickstoff auf –200 °C abgekühlt.

So klein ist das Lichtmikroskop neben dem Rastertunnelmikroskop.

GEHÄUSE

Robuster Edelstahl. Schließlich herrscht in der Kammer auch Vakuum – um Verunreinigungen aus der Luft zu vermeiden.

VERGRÖSSERUNG

Hinter dieser Scheibe liegt das Herz des Rastertunnelmikroskops. Hier tastet die Nadel rasterförmig die Probe ab. Die resultierende Vergrößerung: 50-Millionen-fach.

OKULAR

TEXT: ARKADIUSZ PIĄTEK. BILDER: KURT KEINRATH

Kleines binokulares Mikroskop – zur Positionsüberprüfung des Objekts und der tastenden Nadel.

2012

RASTERTUNNELMIKROSKOP, TECHN. UNIVERSITÄT WIEN

Dieser einen Meter hohe Stahlkoloss würde heute das Herz von Dr. Landsteiner höher schlagen lassen: In der Stahlkammer ertastet eine unter Strom stehende Nadel das Objekt, erkennt Atome anhand des Elektronenstroms und bildet sie als Schwarzweißbild ab. Auflösung? 500 millionstel Millimeter. Wichtig: eine Probentemperatur von minus 200 Grad Celsius. Das friert die beweglichen Atome ein und macht sie fotogen.

So sieht das Kristall auf einem Rastertunnelmikroskop-Foto aus: Die Atome sind hier als graue Kügelchen mühelos erkennbar.

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b u l l e va r d

Meine Welt

Will Smith

Der „Prinz von Bel Air“ ist ein Multitalent: Rapper, TV- und Filmstar, einst arm wie eine Kirchenmaus, inzwischen superreich und ein Arbeitstier vor dem Herrn.

willie aus Philly

Di e Ca sh -M as Ch in

e „Independence Day“ und „Men in Black“ verwandelten Smith in eine n veritablen Blockbuster-Star. Von „Mi B II“ (2002) bis „Hancock“ (20 08) hatte er in den USA acht Nummer-eins-Filme in Folge, die jeweils über 100 Millionen Dollar an den Kassen einspielten – eine einzigartige Serie.

„In West Philadelphia, born and raised“, wie es in der ersten Zeile des Titellieds von „The Fresh Prince of Bel-Air“ heißt, trifft exakt auf Willard Christopher Smith Jr. zu, der hier, in der fünftgrößten Stadt der USA, am 25. September 1968 das Licht der Welt erblickte. „Lil’ Will“ war zehn, als ihn die Sugarhill Gang mit „Rapper’s Delight“ zum Rapper machte. Und elf, als er Kurzgeschichten über Superhelden schrieb.

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Mit zwölf rappte Smith auf der Straße und bekam gleich einen Spitznamen verpasst: Ein Lehrer nannte ihn wegen seiner smarten Art „The Prince“. Er selbst fügte das damals unvermeidliche Rapper-Adjektiv „fresh“ hinzu, und als er in seinem letzten Highschool-Jahr die Single „Girls Ain’t Nothing But Trouble“ mit seinem Freund Jeffrey Townes veröffentlichte, waren DJ Jazzy Jeff & The Fresh Prince geboren.

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Smith arbeitet hart für seinen Erfolg. Damit er zum Beispiel an ein und demselben Tag an drei Filmpremieren von „Hitch, der Date Doktor“ teilnehmen konnte, flog er mit dem Jet an einem Abend von Manchester nach Birmingham und dann nach London.

w ie M uh aM M

Es waren jedoch nicht Mädchen, die Smith in Schwierigkeiten brachten. Er war noch keine zwanzig, als eine Steuernachforderung über 2,8 Millionen Dollar ins Haus flatterte. „Die Bundessteuerbehörde kam und nahm mir alles“, erinnert sich Smith. „Ich war ein gebrochener, armer Mann.“ Er übersiedelte nach Los Angeles, wo er den Musiker Benny Medina kennenlernte, der eine Idee für eine TV-Show hatte.

Medinas Idee: eine Show auf Basis seiner Erfahrungen mit der Gordy-Familie, den Gründern des Plattenlabels Motown. 1990 stellte er das Konzept auf einer Party von Quincy Jones ein paar TV-Produzenten vor. Jones mochte die Idee, zog ein paar Fäden, fünf Wochen später stand Will Smith für den „Prinz von Bel-Air“Pilotfilm vor der Kamera. Sechs Staffeln folgten, bei den ersten drei kassierte die Steuerbehörde noch 70 Prozent von Smith’ Gage.

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BaC k in BlaCk

sPeziell eFFektiv Nach dem Serienhit rief das Filmgeschäft. Sein Debüt feierte Smith 1992 in „Straßenkinder“, in dem er einen obdachlosen Jugendlichen im Rollstuhl spielte. Ein Jahr später sah man ihn als charmanten Hochstapler in „Das Leben – ein Sechserpack“. „Bad Boys“ folgte 1995. Smith und sein Manager studierten die Box-Office-Listen, und ihnen fiel auf, dass an der Spitze (romantische) Spezialeffekte-Filme standen – ein Fingerzeig.

„After 2013 wird Smith (mit Sohn Jaden) in er für pft schlü r Davo sein. Earth“ zu sehen „Men in Black 3“ erneut in den schwarzen n Anzug. In Teil drei des „Menschen gege t J in Aliens“-Actionfeuerwerks muss Agen inen das Jahr 1969 zurückreisen. Zeitmasch n würden sich wohl auch Filmproduzente Dreh zu doch war , chen gelegentlich wüns . beginn erst ein Drittel des Skripts fertig „Men in Black 3“ startet Ende Mai in den Kinos: www.meninblack.com

text: Paul wilson. illustration: lie-ins and tigers

arM er Ma nn

Die MOtOwn-Fa Mily-iDee

aD

ali „Big Will“, der Kämp fer gegen Aliens, Roboter oder Zomb ies, stellte in „Ali“ sein Schauspieltalen t unter Beweis. Er benötigte ein Ja hr zur Vorbereitung. Ein typischer Tag: 5-K ilometer-Lauf um 6 Uhr, Essen, Video studium von Ali-Figh ts, Training im Boxring , Mittagessen, Sprec htraining, Islamkund e, Kraftkammer, Ab endessen. „Als die Dreh arbeiten begannen , war ich Muhammad Ali “, sagt Smith.


b u l l e va r d

Beim größten FingerboardEvent der Welt werden Teilnehmer aus über 20 Ländern  erwartet, die im „Game of  Skate“ um den Weltmeistertitel tricksen werden.

FingerFertig

Der KicKflip

Bilder: Martin ehrenBerger/Blackriver (12)

Die besten Fingerboard-Cracks der Welt treten am 26. Mai im bayrischen Schwarzenbach an und küren ihren Champ. Stilgerecht gibt’s hier die Anleitung zum „Kickflip“. klebstoff? Magnete? voodoo? nichts dergleichen, unsere Fotoreihe entstand ganz ohne faule tricks. alles, was es für einen waschechten „kickflip“ braucht, ist (finger)technisches können (und Übung, sehr viel Übung). Und so geht’s – vom „Ollie“ zum kickflip im detail: 1. das hintere ende des Fingerboards mit dem Mittelfinger ruckartig nach unten zur Fahrfläche drücken. 2. Mit dem Zeigefinger eine halbkreisförmige Bewegung nach oben und in Fahrtrichtung ausführen. 3. gleichzeitig blitzschnell den druck vom Mittelfinger nehmen, damit auch der hintere teil des

Fingerboards der halbkreisförmigen Bewegung folgen kann. heftig? nein, nein, das war nur der Ollie – erst jetzt wird’s richtig heikel: 4. Mit dem Zeigefinger während der Sprungbewegung zusätzlich das Board an der Seite antippen. im idealfall dreht es sich dadurch um seine längsachse, es „flippt“, wie der Fachmann sagt – und voilà, fast fertig ist der kickflip. Jetzt nur noch: 5. Mit beiden Fingern auf dem Board landen und mit stolzgeschwelltem daumen weiterfahren. Mehr davon? gerne. hier: 5. O∞zielle Fingerboard-WM: 26. Mai, Black  River Skate-Shop, Schwarzenbach/Saale  www.fast-fingers.com

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Die Welt des Sports im Worldwideweb:

LAOLA1 zeigt groĂ&#x;e Spiele! www.laola1.tv



FORMELSAMMLUNG

ZUG UM ZUG

Beim Rudern absolviert unser Körper ein Kraft-AusdauerTraining am Wasser. Wie man am schnellsten vorwärtskommt, erklärt unser Physiker*. Der Ruder-Profi bloggt: www.marcelhacker.com

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FORMEL-WISSEN Ruderer beschleunigen ihr Boot um einen Nullpunkt. Das Ruderblatt setzt an einem Punkt (Nullpunkt) ins Wasser ein. Man bewegt das Ruder also nicht durchs Wasser, sondern das Boot gewissermaßen am Nullpunkt vorbei. Die Physik erklärt dies elegant mit Erhaltungssätzen. Der Ruderer schiebt mit dem Ruder eine kleine Menge Wasser nach hinten. Aufgrund der Impulserhaltung beschleunigt das Boot in die andere Richtung. Obwohl das Ruder im Wasser scheinbar stillsteht, muss es Wasser entgegen der Bewegungsrichtung des Bootes nach hinten drücken, damit der

Gesamtimpuls erhalten bleibt. Durch Lösung der Bewegungsgleichung lässt sich das Tempo eines Ruderbootes berechnen (dabei werden der Ort und die Geschwindigkeit des Bootes, des Ruderers und der Ruder berechnet): Die Gesamtmasse m (Boot plus Ruderer) mal die Änderung der Bootsgeschwindigkeit ist die Summe aller Kräfte, die in Bewegungsrichtung auf das Boot wirken. Das sind die Antriebskraft durch das Ruder, die Luftwiderstandskraft und die Widerstandskraft des Bootes im Wasser. Die Bewegungsgleichung verdeutlicht, wie sich die Effizienz verbessern lässt: Durch Erhöhung

MIT FREUNDLICHER UNTERSTÜTZUNG VON STÄMPFLI RACING BOATS

B U L L E VA R D


BILD: DDP IMAGES. ILLUSTRATION: MANDY FISCHER

Rakete im Wasser: Der deutsche Ex-Weltmeister Marcel Hacker kämpft in London um eine Olympiamedaille.

der Antriebskraft und Verminderung der Widerstandskräfte. Die Antriebskraft entsteht durch die Wechselwirkung des Ruderblattes mit dem Wasser. Die maximale Antriebskraft wird erreicht, wenn das Ruder normal zur Bootsrichtung steht, also der Winkel zwischen der Bootsnormalen und dem Ruder verschwindet. Die Kraft steigt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit des Ruderblattes gegenüber dem Wasser. Die Relativgeschwindigkeit zwischen Ruderblatt und Wasser ist die Differenz der Tangentialgeschwindigkeit, L∆Ф/∆ t, und der Geschwindigkeit des Bootes, v. Hier sind L die äußere

Länge des Ruderarms und ∆ Ф/∆ t die Rotationsgeschwindigkeit des Ruders, das durch die Kraft am Ruderarm in Bewegung gesetzt wird. Die Widerstandskraft sinkt mit der Querschnittsfläche des Bootes. Lange und schmale Boote sind also im Vorteil. WELTMEISTER-WEISHEIT „Rudern beansprucht die Beinmuskulatur zu 70, die Rückenmuskulatur zu 25 und die Armmuskulatur zu 5 Prozent“, sagt Marcel Hacker – Weltmeister im Einer (2002) und Medaillenanwärter bei den bevorstehenden Olympischen Spielen in

London 2012. Was Rennboote so schnell macht? „Der sogenannte Arbeitsweg ist deutlich länger, und der Druck kann über die gesamte Länge des Schlages gleichmäßig abgegeben werden. Dazu kommen Faktoren wie Gewicht, Form und Verdrängung.“ Hackers Ruder-Tipp: „Spaß haben: vorne rein, hinten raus, dazwischen wird kontrolliert gezogen – und den Freilauf genießen.“

* Prof. Thomas Schrefl unterrichtet und forscht an der Fachhochschule St. Pölten, Niederösterreich, und an der Universität Sheffield, Großbritannien.

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B U L L E VA R D

ZAHLEN DES MONATS

WELTAUSSTELLUNG

Ab 12. Mai blickt die ganze Welt nach Yeosu, Südkorea – auf die Expo 2012. Dieses Disneyland für Erwachsene präsentiert von jeher menschliche Errungenschaften, Hoffnungen und Träume.

Die erste internationale Ausstellung war 1851 die „Londoner Industrieausstellung“ in einem von Joseph Paxton entworfenen Glaspavillon im Hyde Park. Die Attraktionen: der damals weltgrößte Diamant „Koh-iNoor“ (knapp 110 Karat), Frederick C. Bakewells Entwurf der ersten Faxmaschine, Samuel Colts Revolver und die ersten öffentlichen Toilettenanlagen von George Jennings, für deren Benützung ein Penny fällig wurde. Während der fünfeinhalb Monate dauernden Ausstellung wurden exakt 3447 Pfund eingenommen (was 827.280 Benutzer ergibt).

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Anlässlich der Weltausstellung 1893 in Chicago, der World’s Columbian Exposition, errichtete Herman Webster Mudgett alias Dr. Henry Howard Holmes ein Hotel. 1895 brannte es ab – wahrscheinlich vom Besitzer in Brand gesteckt –, und die Ruinen gaben Gespenstisches frei: Das Gebäude war mit Falltüren und Folterkammern gespickt, Überreste von über hundert Leichen wurden entdeckt. Holmes wurde verdächtigt, über 200 Menschen umgebracht zu haben. 27 Morde gestand er und wurde 1896 hingerichtet.

Die Expo 67 war die wohl bedeutendste Weltausstellung des 20. Jahrhunderts: mit 50 Millionen Besuchern ein Triumph für Montréal und ein Musterbeispiel für Nachhaltigkeit. Die damals errichteten Pavillons stehen noch heute. Der US-Pavillon, ein 62 Meter hoher geodätischer Kuppelbau, brannte 1976 teilweise ab, wurde rekonstruiert und ist heute das BiosphèreUmweltmuseum. Nur der sowjetische Pavillon fehlt: Er wurde zurück nach Moskau gebracht, wo er das Herzstück des Allrussischen Ausstellungszentrums ist.

Expo 2010 in Shanghai

1.032.700 Vor zwei Jahren kehrte die Expo in Schanghai zu ihrer Grundidee eines weltumspannenden Fests der Industrie zurück. Fast versteht es sich von selbst, dass die chinesische Weltausstellung mit 73 Millionen Besuchern auf 5,28 km² Ausstellungsfläche, 246 Teilnehmerländern, Kosten von 12 Milliarden Yuan (1,4 Mrd. Euro) und Einnahmen von 13 Milliarden Yuan die größte Ausstellung der Geschichte war. Am 16. Oktober 2010 wurde zudem mit 1.032.700 (Tages-)Besuchern ein verblüffender Rekord erzielt.

Expo 67 in Montreal

Dr. Henry Howard Holmes

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Die Idee der Weltausstellung von 1939 in New York lautete „Die Welt von morgen – Optimismus und Zukunft“. Vier Monate später brach der Zweite Weltkrieg aus. Für die Zukunft hinterlassen wurde eine auf dem Gelände von Flushing Meadows (in Queens) vergrabene „Zeitkapsel“, die erst 5000 Jahre nach der Ausstellung geöffnet werden soll. In dem Zylinder (2,39 m lang, 362 kg schwer) finden sich etwa ein 22.000-seitiger Essay auf Mikrofilm und Alltagsgegenstände wie Zigaretten, Einwegrasierer, Stoffmuster und Pokerchips.

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Blick in die Zukunft

Expo 2012: ab 12. Mai

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Am 12. Mai wird in Yeosu, Südkorea, die Expo 2012 eröffnet. Trotz der global angespannten Wirtschaftssituation schlugen nur zwei Länder die Einladung aus: Griechenland und … Kanada. Warum Kanada, das Land mit dem zehnthöchsten Pro-Kopf-BIP? Eine im Auftrag der kanadischen Regierung erstellte Studie hatte herausgefunden, dass sich bei der Expo 2010 in Schanghai niemand für den kanadischen Pavillon interessierte, solange nicht der „Cirque du Soleil“ für Unterhaltung sorgte. www.worldexpo2012.com

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TEXT: PAUL WILSON. BILDER: GETTY IMAGES (2), CORBIS (3), PICTUREDESK.COM

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„The Great Exhibition“


DORT KRIEGT MAN GARANTIERT NOCH EINE. DENN WWW.URLAUBURLAUB.AT IST DIE INTERNETSUCHMASCHINE, DIE WIRKLICH JEDES FREIE BETT IN ÖSTERREICH FINDET. VON DER FAMILIENPENSION BIS ZUR NOBELHERBERGE.


Action

DER WELtBAUKAStEn Urknall, Antimaterie, Gottesteilchen: Am Kernforschungsinstitut CERN nahe Genf wollen 10.000 Physiker die größten Geheimnisse des Universums lösen. Uns verraten sie, wie. Text: Andreas Rottenschlager Text: Andreas Rottenschlager Bilder: Photograph Bilder: Lukas Maximilian Hüller 28


Urknall-Maschine: Im ALICE-Detektor am Teilchenbeschleuniger LHC wird der Zustand der Materie unmittelbar nach dem „Big Bang“ untersucht. Mit „unmittelbar“ meinen die Physiker: nach einer millionstel Sekunde.

Zum Start: Ein Crashkurs in Teilchenphysik Hundert Meter unter der Erde, im Grenzgebiet zwischen der Schweiz und Frankreich, betreibt die Europäische Organisation für Kernforschung (Centre Européen pour la Recherche Nucléaire – CERN) den leistungsstärksten Teilchenbeschleuniger der Welt. Am Large Hadron Collider (LHC) werden, je nach Betriebsart, Protonen oder Blei-Ionen in einem ringförmigen Tunnel mit annähernd Lichtgeschwindigkeit auf­

einandergeschossen. Dabei entstehen neue Teilchen, die von vier gigantischen Detektoren (CMS, ATLAS, ALICE, LHCb) analysiert werden. Wichtigstes Ziel der LHC-Physiker: die Suche nach dem Higgs-Boson (manche nennen es „Gottesteilchen“), das laut theoretischer Vorhersage aller Materie im Universum Masse verleiht – den Planeten, uns Menschen und auch dem Heft, das Sie gerade in der Hand halten.


Action

Joe Incandela (USA)

kam über die bildende Kunst zur Physik und leitet seit 2012 das Forscherteam am CMS-Detektor.

Wie ‚fängt‘ man das Gottesteilchen? Den Begriff „Gottesteilchen“ benutzen wir am CERN ei­ gentlich nicht. Wir Physiker sagen lieber Higgs­Boson – auch wenn das nicht so span­ nend klingt. Das Higgs ist das einzige Elementarteilchen, das noch nicht experimentell nachgewiesen wurde, der letzte fehlende Baustein im Standardmodell der Physik. Vereinfacht gesagt, wollen wir es durch die Kollision von Protonen erzeugen. Wir könnten dadurch etwas Fun­ damentales und Zeitloses entdecken. Das Higgs verleiht Masse. Jeder Mensch will wissen, woraus er „gebaut“ ist, das sind auch philosophi­ sche Fragen. Die Teilchen­ physik liefert einen Beitrag zu unserer Kultur. Als Leiter der CMS­Kollaboration spüre ich natürlich die Verantwortung. Der Detektor, eine Art Digital­ kamera, besteht aus fast einer Million Messkanälen, die alle funktionieren müssen, wenn’s darauf ankommt. Der CERN­Spirit hilft dabei, denn Teilchenphysiker tendieren zu egalitärer Zusammen­ arbeit. Am CMS­Detektor for­ schen 3000 Wissenschaftler. Aber jeder hat eine Stimme. Wenn meine Amtszeit endet, bin ich wieder Wissenschaft­ ler – genauso wie sie. 30

So erzeugt man ein Higgs-Boson Professor Incandela zeichnet uns ein mögliches Szenario für die Produktion eines Higgs-Bosons am CMS-Detektor. Die Skizze zeigt zwei Protonen auf Kollisionskurs (oben links und rechts). In den Protonen befinden sich Elementarteilchen – Gluonen (hier als Sprungfedern gezeichnet) und Quarks. Incandela: „Wenn ein Gluon mit einem anderen Gluon ein Top-Quark ausstrahlt, könnte dieses zusammen mit einem Anti-Top-Quark das Higgs formen.“ Große Unbekannte bleibt die genaue Masse des Higgs-Bosons (M?).

Im CMS-Kontrollraum im französischen Cessy werden die Daten der Teilchenkollisionen ausgewertet. Auch Physiker aus Österreich, der Schweiz und Deutschland sind an den Experimenten beteiligt.


CMS Der kompakte Alleskönner Der Compact-Muon-Solenoid-Detektor untersucht wie sein Konkurrenz-Experiment ATLAS Kollisionen verschiedener Teilchen (Protonen oder Blei-Ionen) und wiegt so viel wie 30 Jumbo-Jets. Der Solenoidmagnet in seinem Inneren ist 100.000-mal stärker als das Magnetfeld der Erde.

Gewicht: 12.500 Tonnen Länge: 21 Meter Durchmesser: 12 Meter Magnetstärke: 4 Tesla


Action

ATLAS Der Gigant im Untergrund Der größte Teilchen-Detektor der Welt arbeitet in einer 40 Meter hohen unterirdischen Kaverne und würde die halbe Kathedrale von Notre Dame in Paris ausfüllen. ATLAS forscht im selben Spektrum wie CMS – die Experimente kontrollieren sich gegenseitig. Sein Name, A Toroidal LHC Apparatus, weist auf die Rettungsring- oder Doughnut-Form (Torus, demnach toroidal) des äußeren Magneten hin.

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GEWICHT: 7000 Tonnen DURCHMESSER: 25 Meter LäNGE: 46 Meter


Fabiola Gianotti (Italien) studierte vor ihrer Physikerlaufbahn Musik (Klavier) und leitet seit 2008 das ATLAS-Experiment.

Frau Gianottis Teilchen-Falle Alle LHC-Detektoren besitzen verschiedene Subsysteme, um Teilchenkollisionen aufzuzeichnen. Fabiola Gianotti skizziert für uns das Flüssig-Argon-Kalorimeter, das sich im Inneren des ATLAS-Detektors befindet. „Argon ist ein Gas, das erst bei minus 200 Grad flüssig wird, deshalb speichern wir es in einem Kühlgerät. Das Higgs (H) kann in zwei Photonen (yy) zerfallen. Diese interagieren mit dem Detektor und erzeugen einen Schauer an Sekundarteilchen, der von uns gemessen wird. Das ist eine mögliche Art, das Higgs-Teilchen zu ‚fangen‘.“

Was wissen wir vom Universum? Astronomische Untersuchun­ gen haben gezeigt, dass 25 Prozent unseres Universums aus sogenannter Dunkler Materie bestehen. Aus Mate­ rie, die wir noch nicht erklä­ ren können, da sie weder aus Molekülen noch aus Atomen besteht. Neben dem Higgs jagen wir am ATLAS­Detektor auch diese Teilchen. Ich denke, dass 2012 ein beson­ deres Jahr für die Forschung werden wird. Wir kennen nun ungefähr den Masse­ bereich, in dem sich das Higgs versteckt, und wollen diesen in den kommenden Monaten attackieren, um bis Dezember das Wort „Ende“ hinter eine der größten Fra­ gen der Physik zu setzen. In den kommenden Jahren werden wir außerdem die Energie des Teilchenstrahls verdoppeln, um noch mehr schwere Teilchen zu produ­ zieren und noch mehr Daten zu sammeln. Es gibt immer ein Problem zu lösen oder ein Mysterium anzupacken. Deswegen bin ich Physikerin geworden, weil das eine Wis­ senschaft ist, die Antworten gibt. Am ATLAS­Experiment forschen Physiker aus Israel mit Kollegen aus muslimi­ schen Ländern, Festland­ chinesen arbeiten mit Wissen­ schaftlern aus Taiwan. Das funktioniert, weil alle von denselben wissenschaftlichen Fragestellungen angetrieben werden. Am CERN gilt: Wer die besten Ideen hat, gewinnt – egal ob diese von einem renommierten Forscher kommen oder von Studenten.


Action

Doser mit einem Duplikat der Antimateriebombe aus dem Film „Illuminati“: „Die Fakten waren falsch, aber die Leute wurden neugierig.“

AEgIS Galileos Anti-Teilchen Die Antimaterie-Experimente am CERN-Gelände betreiben einen eigenen kleinen Beschleuniger zur Teilchenproduktion. Die Forscher wollen unter anderem zeigen, wie sich Antimaterie zur Erdanziehungskraft verhält – angelehnt an Galileo Galileis berühmte Fallexperimente am Schiefen Turm von Pisa (siehe Skizze rechts).

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CERN ist der einzige Ort der Welt, an dem AntiWasserstoff hergestellt werden kann.


Michael Doser (Österreich) Chef des AEgIS-Experiments zur Herstellung von Anti-Wasserstoff

Frühe Neuzeit trifft Hightech Vor 400 Jahren soll Galileo Galilei in Pisa eine Holz- und eine Bleikugel vom Schiefen Turm geworfen haben, um zu beweisen, dass beide gleich schnell fallen. 2014 will Dosers Team herausfinden, ob ein Anti-WasserstoffTeilchen (H) genauso fällt wie ein Wasserstoffteilchen (H), ob also gilt: Falldistanz (X) = ½ Erdanziehungskraft (g) mal dem Quadrat der Zeit (t²).

Wie ‚macht‘ man Antimaterie? Antimaterie ist wie Materie aufgebaut, nur mit umge­ kehrten Ladungen. Im Fall von Anti­Wasserstoff braucht man also ein Anti­Proton und ein Anti­Elektron. Wenn man die sanft aufeinanderprallen lässt, können sie ein Atom formen. Antimaterie wird heute in PET­Scannern zur Krebsdiagnostik eingesetzt. Bei den CERN­Experimenten arbeiten deshalb auch Medi­ ziner mit. Wir schießen zum Beispiel Antimaterie in Hamsterzellen, um zu sehen, ob man dadurch Tumore besser behandeln kann. Generell geht es aber darum, Antimaterie zu verstehen. In unserem Experiment wollen wir untersuchen, wie sich Anti­Wasserstoff zur Gravita­ tion verhält. Die Herstellung funktioniert allerdings noch sehr ineffizient. Ein WARP­ Antrieb wie bei „Raumschiff Enterprise“ oder eine Anti­ materiebombe wie in „Illu­ minati“ sind Fiktion. Um ein Gramm Antimaterie zu produzieren, bräuchten wir mit der derzeitigen Methode eine Milliarde Jahre. Aber populäre Irrtümer sind gut für uns. Wir Physiker müssen den Leuten dann noch besser erklären, warum die Wirk­ lichkeit viel interessanter ist als Science­Fiction.


Action

John Ellis (Großbritannien) Theoretischer Physiker, überzeugter Anhänger des PapierstapelSystems

Kennen Sie die Weltformel? Theoretische Physiker erarbeiten Experimente und Modelle, die am Teilchenbeschleuniger praktisch überprüft werden. Eine „Theorie of Everything“ – also eine Formel, die alle physikalischen Phäno­ mene erklärt – ist der Heilige Gral der theoretischen Physik. Ich weiß nicht, ob eine solche noch zu mei­ nen Lebzeiten gefunden wird. Ich arbeite seit 1973 für CERN und habe zweimal die Abteilung für theo­ retische Physik geleitet: hochintelligente Menschen, die sich mit den schwierigsten Problemen des Uni­ versums beschäftigen. Man muss sich das so vorstel­ len, als würde man eine Horde Katzen hüten: Jede will in eine andere Richtung. Aber das ist gut so. Ich habe darauf geachtet, dass die Rahmenbedingungen passen und alle in Ruhe arbeiten können. Mein Motto war immer: Ein guter Boss ist unsichtbar. Ich arbeite nach wie vor gerne mit Bleistift, Papier und Notizheft. Gleich nach dem Aufstehen ackere ich mich durch neue wissenschaftliche Veröffentlichun­ gen – heute etwa kam ein Papier aus China über superluminale Neutrinos. Während der morgend­ lichen Dusche denke ich dann über das Gelesene nach. Ein Thema, das mich derzeit sehr beschäftigt, ist Supersymmetrie – eine Theorie, welche die Dunkle Materie im All erklären könnte. 36


Baustellen im Kosmos Wir baten Professor Ellis, 4000 Jahre theoretische Physik in einer kleinen Zeichnung zusammenzufassen. Nach zwei Minuten war er fertig. Standardmodell (SM) und Relativitätstheorie (GR = General Relativity) funktionieren demnach gut. Neutrinos (v) hingegen bereiten Physikern Kopfzerbrechen, da sie sich nur bedingt durch die Quantenmechanik (QM) beschreiben lassen. Fragezeichen stehen außerdem hinter String-Theorie (String?) und Dunkler Materie (DM). Eine Weltformel (Theory of Everything = TOE) müsste sämtliche Probleme lösen können.


Rolf-Dieter Heuer (Deutschland) CERN-Generaldirektor, leitet seit 2009 den größten Teilchenbeschleuniger der Welt.

„Die Kantine ist ein ganz wichtiger Ort“ Der CERN-Boss über den Urknall, die Wirtschaftskrise und warum der Papst mit seinen Physikern zufrieden ist. Fürchten Sie angesichts der Wirtschaftskrise, dass CERN Mitgliedsländer verliert? Im Moment sehe ich keine Anzeichen dafür. Ohne Grund­ lagenforschung gibt es keine Basis für weitere Forschung. Wir entwickeln neue Techno­ logien: in der Kältetechnik, der Elektronik – nehmen Sie nur das WWW oder Grid­ Computing. Die Länder bekommen Wissen zurück.

Der Begriff stammt von Leon M. Lederman (US-PhysikNobelpreisträger 1988, Anm.), der ihn in seinem Buch ver­ wendet hat. Es ist ein grund­ legendes Teilchen, hat aber mit Gott nichts zu tun. Sind CERN-Experimente Philosophie? Die Experimente nicht, aber deren Interpretation. Wenn man so nahe am Urknall ist wie wir, erheben sich automa­ tisch Fragen. Aber das ist ein gefährliches Gebiet für einen Physiker (lacht). Als uns der Papst 2011 besucht hat, war er jedenfalls sehr interessiert an unserer Forschung. Im Kinofilm „Illuminati“ explodiert eine CERNBombe über dem Vatikan. Durch „Illuminati“ wurden wir für viele Leute interessant. Ein Taxifahrer meinte kürz­ lich: „Ich wusste nie, was ihr am CERN treibt. Seit dem Film guck ich alles auf eurer Webpage nach.“

Kreisrennbahn im Untergrund ATLAS-Detektor Higgs-Boson, Supersymmetrie, schwarze Löcher

LHCb-Detektor sucht nach verschwundener Antimaterie im Kosmos.

Der LHC-Tunnel (Umfang: 27 Kilometer, Durchmesser: 8,8 Kilometer) liegt in einer Tiefe von 60 bis 100 Metern im Grenzgebiet der Schweiz und Frankreichs. Vier Detektoren messen die Teilchenkollisionen (siehe Grafik).

CMS-Detektor selbes Programm wie ATLAS bei anderer Bauweise

GENF

ALICE-Detektor untersucht den Zustand der Materie nach dem Urknall.

Teilchenjagd von Genf bis Kuba Heute tragen Wissenschaftler aus mehr als 110 Ländern Technik und Know-how zur Teilchenforschung am CERN bei, das 1954 als Europäisches Institut für Kernforschung gegründet wurde. Abgesehen von den 20 europäischen Mitgliedstaaten, gibt es Kooperationsvereinbarungen mit wissenschaftlichen Instituten aus Asien, Afrika, Nord- und Südamerika. Das CERN-Jahresbudget belief sich 2011 auf etwa 850 Millionen Euro. Vertiefende Informationen zu allen aktuellen Experimenten unter www.cern.ch und www.weltmaschine.de

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ZUSATZBILD: GETTY IMAGES. ILLUSTRATION: SASCHA BIERL

 : Wie leitet man einen Betrieb mit 10.000 Wissenschaftlern? - : Durch Autorität, die man in seinem Fach erworben hat. Mit Glaub­ würdigkeit und der konstruk­ tiven Art, mit der die Forscher hier arbeiten. Unsere Experi­ mente sind so komplex, da kommt keiner allein weiter. Was könnten andere Organisationen von der Zusammenarbeit am CERN lernen? Dass sehr viel nicht nur von oben nach unten funktioniert, sondern auch umgekehrt. In unserer Kantine sitzen Studenten neben Nobelpreis­ trägern. Da gibt’s keine Unterschiede.

Bis Ende 2012 wollen Sie feststellen, ob das HiggsTeilchen existiert oder nicht. Verspüren Sie Druck? Wir testen das Standardmodell der Physik nun seit vierzig Jahren. Das Einzige, was noch fehlt, ist dieses Higgs­Boson, das fundamentalen Teilchen Masse gibt. Finden wir es nicht, hätten wir zum ersten Mal ein großes Loch im Stan­ dardmodell. Aber das wäre auch eine Entdeckung. Was würde das Higgs für den Durchschnittsbürger ändern? Relativitätstheorie oder Quan­ tenmechanik haben den Alltag auch nicht sofort verändert. Aber wenn Sie das GPS­System nehmen und die Relativitäts­ theorie nicht berücksichtigen, landen Sie nicht da, wo Sie hinwollten. Ist der Begriff „Gottesteilchen“ in Wirklichkeit nicht das beste Marketing, das CERN je hatte?


Die Mission. Der Sender.

© Jay Nemeth/Red Bull Content Pool

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Felix Baumgartner plant den Sprung vom Rande des Weltalls aus über 36.000 Metern. Sein Ziel: Er will als erster Mensch im freien Fall die Schallmauer durchbrechen. ServusTV begleitet Red Bull Stratos ab sofort hautnah – mit Wissenschafts-Magazinen, Dokumentationen, Hintergrundberichten und Talk-Sendungen. Als absoluten Höhepunkt sehen Sie den Sprung im Sommer live bei ServusTV. Alle Informationen zu Red Bull Stratos bei ServusTV unter www.servustv.com/stratos

Wir wünschen Ihnen bessere Unterhaltung.


Peter Fonda am Set von „The Lazarus Protocol“: Premiere des Films zum Thema 9/11 soll Ende Mai bei den Filmfestspielen in Cannes sein.


action

Captain America sen. Peter Fonda wird nie von „Easy Rider“ loskommen, aber was sollte daran schlecht sein? Er ist inzwischen ein halbwegs ausgewachsener Junge.

zusaTzBild: ddP images

Text: Herbert Völker Bilder: Philipp Horak

Wir treffen Peter Fonda nach den Dreharbeiten zu „The Lazarus Protocol“ in Wien. Sehr entspannt, eine Wasserflasche schlenkernd. Die Flasche ist leicht, also aus Plastik, aber doch speziell, ohne fragwürdiges Zeugs wie BPA, wie Fonda sofort erklärt, ohne allzu missionarisch zu wirken. Er hat das Gebinde aus Amerika mitgebracht, befüllt es mit Wasser aus Wien, so wie es aus der Leitung kommt. Er hat schon gehört, dass Wien das beste Wasser irgendeiner Großstadt auf der Welt hat, und sagt, ja, das kann er schmecken. Über Wasser könnte er stundenlang reden, weil es das zweitwichtigste auf der Welt sei, gleich nach Sauerstoff. Übers gesunde Leben kommt man also leicht ins Reden. 41


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will nicht böse sein, aber wenn etwas gestoppt werden muss, dann werde ich mich dem entgegenstellen. Diese Autorität kommt von Herzen. Es ist okay. Ich bin ein sehr glücklicher Junge. Ich bin 72 Jahre alt, aber in Wahrheit bin ich acht. zu dieser märchenhaftigkeit passt ja ganz gut, dass der auf einer Harley so explosiv ausgelöschte „Captain america“ gut vierzig Jahre später auf dem schnellsten und extremsten Bike dieser Tage zu finden ist. ist das nicht gemeingefährlich, wenn Opa auf einer mV agusta F4CC durch Kalifornien strömt? Alle machen sich große Sorgen um mich (lacht). Mir gefällt die Idee, dass man im Film „Easy Rider“ meine Leiche nicht sieht – als wäre ich nur ein Traum gewesen, ein Mythos. So komme ich jetzt eben mit einer F4 auf die Welt. Das ist ein wirklich cooles Motorrad. Für mich ist es wie ein italienisches Meisterwerk, mein Modigliani. Es steht deshalb auch meist im Wohnzimmer – zum Leidwesen meiner Frau. Kann man mit einer F4 überhaupt normal fahren, ohne dass der sheriff auszuckt? 42

Schauspieler oder Berühmtheiten. Und wenn John Wayne und Randolph Scott mit meinem Vater im Wohnzimmer „Pitch“ spielten, eine Art von CowboyKartenspiel, konnte es passieren, dass John Wayne zu mir herüberkam und mir meine Spielzeugpistole klaute, um sie in Westernmanier auf den Kartentisch zu legen – das war natürlich lustig, aber völlig normal unter Freunden der Familie. Keine Spur von Glamour. Ich habe die längste Zeit nicht kapiert, dass der Beruf meines Vaters etwas Besonderes sein sollte. Da meine Mutter früh gestorben ist, war er eine sehr zentrale Figur für mich – als Vater, nicht als Schauspieler. Viele glauben, dass es für mich als Henry Fondas Sohn einfach war. Aber er hat mit mir kein einziges Mal über die Schauspielerei gesprochen. Er hat mir nie erklärt, wie er arbeitet. Ich habe mir alles von ihm ab-

„ Ich habe die Chance, mein ganzes Leben lang zu lernen, und wenn ich lernen kann, bin ich ein freier Mensch.“ würde. Auch nicht mit meiner BMW R 100 RS von 1978 – übrigens eine großartige Maschine. Meine ist gelb. Hier spricht der authentische Fan, ganz offensichtlich. Jeder mensch erinnert sich an sein erstes Fahrzeug. sie bekamen von ihrem Vater, dem unvergleichlichen Henry Fonda, einen sehr gebrauchten VW Käfer. War das eine erzieherische maßnahme als ablenkung vom Hollywood-glamour? Es gab keinen Hollywood-Glamour bei uns, null. Meine Taufpaten waren Gary Cooper und James Stewart, aber für mich waren das unsere Freunde, keine

schauen müssen. Manchmal hat er mich zur Arbeit ins Theater mitgenommen, weil jemand auf mich aufpassen musste. Natürlich hat mich das Ambiente trotzdem beeinflusst. Daheim hörte ich diese Männer untereinander reden, und einmal, als ich etwa vierzehn war, habe ich aufgeschnappt, wie Gary Cooper sagte: „Wenn ich weiß, was ich tue, dann muss ich nicht schauspielern.“ Als ich später über meinen Beruf als Schauspieler nachgedacht habe, ist mir sein Satz wieder eingefallen. Wenn du weißt, was du tust, dann musst du nicht schauspielern. Wenn man nicht die Räder in mei-

ZUSATZBILDER: CORBIS (2), DDP IMAGES

ed bulletin: sie sehen cool und jung und fit aus, die Figur ist noch die gleiche wie in „easy Rider“. Being Peter Fonda ist offensichtlich ein guter Job. peter fonda: Ich trinke viel Wasser. Ich habe einen guten Kopf und ein gutes Herz. Ich bin gerne nett zu Leuten. Ich

Wenn keine Polizei da ist, keine anderen Leute auf der Straße sind, dann gebe ich Gas. Ich weiß, worauf ich achten muss. Ich weiß, dass ich mich nicht auf Ampeln und andere Signale verlassen darf. Ich vertraue da auf gar nichts, denn jemand könnte daherkommen und mich einfach auslöschen. so wie James dean? Ja, so etwas in der Art. Aber James ist damals wirklich schnell gefahren. Wenn ich schnell fahre, dann weiß ich, dass niemand anderer auf der Straße ist. Aber das Problem ist, dass ich sehr groß bin, mit langen Beinen und Armen. Das Motorrad ist für jemanden gebaut, der ziemlich klein ist. Wenn ich drauf sitze, sehe ich aus wie eine Gottesanbeterin. Aber das macht nichts, vor einem Hindernis schaffe ich sogar scharfes Einlenken, wie ich es mit einer Harley oder Triumph nie packen


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nem Kopf rotieren sieht, dann habe ich euch überzeugt. Das ist der Sex unserer Arbeit, weil wir plötzlich mit dem Publikum so intim sind. „easy Rider“ war 1969. sie hatten wohl keine Chance, diese landmarke der Filmgeschichte zu überbieten. daran könnte man leicht zerbrechen. sie aber haben ihr Profil jenseits des bekifften grenzgängers gefunden – als schauspieler und ernsthafter mensch, der stellung bezieht und der gehört wird.

ein freier Mensch. Also, ich glaube, ich habe aus der Familiengeschichte schon einiges mitbekommen, das mich in der Spur hielt. Ob das wirklich hilft in einem gewissen milieu? „easy Rider“ war ja nicht gerade der aufruf zu einem bekömmlichen, zukunftsorientierten lebenswandel. Mit dem Geld von „Easy Rider“ kaufte ich ein 25-Meter-Segelboot, das schönste und beste, das es je gab und je geben wird. Das war mein Haus. Ich liebe es, auf

„ Man kann nicht bekifft sein und mit einem Sextanten arbeiten. Man muss völlig nüchtern sein.“

Was hat sie in der spur gehalten? Die Gene meines Vaters … das, wofür mein Name und Vorname stehen … Peter? Peter? ist ja nicht gerade supercool, oder? Genau. Als kleiner Junge ist mir Peter ordentlich auf die Nerven gegangen, ich wollte von meinen Freunden anders gerufen werden. Ich habe mich nicht gemocht. Ich war sehr dünn. Meine Hände sahen zu weiblich aus. Dazu noch die Bedeutung von „peter out“ („ausdünnen“, „zerrinnen“, Anm.), das hat mir gerade noch gefehlt. Aber dann kam ich drauf, dass Peter, Petrus, ein Begriff für „Fels“ ist und dass „Fonda“ so viel wie „Basis“ heißt und dass sich unsere italienischen Vorfahren bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Als ich kapierte, dass ich „der Fels am tiefen Grund“ bin, rock bottom, hat mir mein Name sehr gefallen und gefällt mir heute noch sehr. Er bedeutet ja, dass es für mich nur in eine Richtung gehen kann – nach oben. Hey, ich bin rock bottom! Ich habe die Chance, mein ganzes Leben lang zu lernen, und wenn ich lernen kann, bin ich

Peter Fonda Familie Geboren am 23. Februar 1940 als Peter Henry Fonda in New York City. Einziger Sohn von Schauspieler Henry Fonda. Schwester Jane (geboren 1937) ist ebenfalls Schauspielerin. Peter Fonda ist zum vierten Mal verheiratet (zwei Kinder) und lebt in Paradise Valley, Montana. Karriere Erste Auftritte im Omaha Community Playhouse, Nebraska (dort begann auch die Karriere von Marlon Brando). Kam über den Broadway nach Hollywood (1963 Debüt in „Tammy and the Doctor“).

Wichtigste Filme „The Victors“ (1963, Golden-GlobeNominierung als vielversprechendster Schauspieler); „Easy Rider“ (1969, Oscar-Nominierung in der Kategorie Bestes Originaldrehbuch), „Ulee’s Gold“ (1997, Golden Globe als bester Schauspieler, Oscar-Nominierung), „Passion of Ayn Rand“ (1999, Golden Globe als bester Nebendarsteller); „3:10 to Yuma“ (2007). Sonstiges Befreundet mit den Beatles; nahm 1968 selbst eine Platte auf. Bezieht als Nonkonformist gerne zu tagespolitischen Themen Stellung.

dem Meer zu sein, dort große Distanzen zurückzulegen – nur weil ich das möchte und nicht, um neue Länder für die Königin in Besitz zu nehmen. Ich bin schon öfter mehr als 4000 Meilen gesegelt. Ich beherrsche noch die Navigation mit dem Sextanten – okay, GPS ist jetzt genauer. Hawaii ist mein spirituelles Zentrum, was die Seefahrt betrifft. Es ist das isolierteste Land der Welt – die Endstation der polynesischen Migration und eigentlich auch der Sprache. Die Sprache beginnt bei den Buschmännern in Afrika und endet bei den Hawaiianern. Ja, ich werde bald wieder nach Maui segeln, in den Bergen wandern, Rad fahren, wieder segeln – ich führe ein gesundes Leben. Mit der Seefahrt haben sich auch die Drogen aufgehört. Die Leute haben gedacht, dass ich die ganze Zeit voll zugekifft mit meinem Boot herumfahre.

Aber mit einem Boot kann man nicht stehen bleiben und in der Nacht parken. Man segelt immer weiter. Man kann nicht bekifft sein und mit einem Sextanten arbeiten. Man muss völlig nüchtern sein. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass man für alle auf dem Boot die Verantwortung trägt. dann muss aber auch noch das erlebnis von Kunst eine große Rolle gespielt haben … … das habe ich Dennis Hopper zu verdanken. Ich konnte mit ihm all diese berühmten Künstler treffen, er hat mir alles gezeigt, was ich zu Pop Art wissen sollte. Ich konnte Claes Oldenburg und Roy Lichtenstein und Robert Rauschenberg kennenlernen. Und weil ich Peter, Sohn des großen Henry Fonda, war, kam ich auch ins Studio von Picasso. Seine Kinder kamen hereingelaufen. Er hat zu mir gesagt: „Ich mach hier etwas Kleines für dich.“ Er hat auf seine Farbpalette geschaut und auf Spanisch mit der Farbe gesprochen. Er sagte: „Du bist scheiße. Du bist nichts. Es sieht aus, als wäre ein Vogel über dich geflogen und hätte seine 43


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war so zornig auf mich. „Sag dieses Wort nie wieder.“ Aber er hat nicht gesagt, warum. Er wurde einfach zornig. Der erste Schwarze, den ich getroffen habe, war Nat King Cole. Er war so schwarz, er war schon fast violett. Aber er war so nett, dass ich geglaubt habe, die violetten Leute sind die nettesten Leute auf der Welt. An dieser Unbefangenheit, oder Naivität, wenn Sie so wollen, hat sich nie etwas geändert. sie melden sich bei amerikas Politikern recht offensiv zu Wort. durch ihren status werden diese ansagen auch beachtet. sie haben den iQ von george W. Bush, hm, plakativ bewertet und auch Barack Obama im Fall des Öl-desasters im golf von mexiko direkt attackiert. Was ist die kürzeste Fassung ihres langen Ärgers? Die unglaubliche Ignoranz der Politiker im Umgang mit Wasser und Sauerstoff auf der Welt. Daraus ergeben sich auch die Themen Gesundheit, Hunger. Ich unterstütze Ärzte ohne Grenzen, eine Organisation, die ich sehr mag. In den USA haben wir eine Organisation namens 44

„Waterkeeper Alliance“. Robert Kennedy jun. leitet sie. Er ist brillant. Es steht in unserer Verfassung, dass das Wasser den Menschen gehört und dass wir es nicht verschmutzen dürfen. Dennoch verschmutzen wir es mit der Arroganz von Cheney, Bush und Menschen wie ihnen. Diese Arroganz ist unglaublich. Das ist für mich Dekadenz. Und die Menschen sehen gar nicht, was sie zerstören, weil sie an diese „Führer“ glauben. zum schluss noch einmal „easy Rider“. dennis Hopper starb 2010. Haben sie noch Kontakt mit Jack Nicholson? Ich sehe ihn nicht oft, aber wir telefonieren häufig miteinander. Er ist ein sehr lustiger Kerl. Ich mag Jack. Er hat mir in „Easy Rider“ einen tollen Dienst erwiesen. Das Publikum war sich nicht sicher mit zwei Typen, die ganz offensichtlich Marihuana rauchen … obwohl wir nie gesagt haben:

nicht geplant. Jack beugt sich zu mir, und ich zünde den Joint an. Er macht einen Zug und sagt: „Nun, ich denke, das schmeckt ganz gut. Bist du sicher, dass es okay ist?“ Ich sage nichts. Dann: „Du musst es ein bisschen länger in deiner Lunge lassen.“ Er hält den Atem an. Wir schneiden zu Dennis, der über fliegende Untertassen und die ganze Scheiße über Leute, die von der Venus kommen, redet. Im Hintergrund sieht man immer noch Jack die Luft anhalten. Ich sage: „Hey Mann, du bist stoned.“ – „Ich weiß, dass ich stoned bin, aber ich habe diese drei Dinger gesehen. Die sind so geflogen, und dann sind sie stehen geblieben und in die andere Richtung davongezischt.“ Jack sagt: „Das war ein Ufo, das dich angeleuchtet hat.“ Dennis redet weiter darüber, dass Menschen von der Venus bei uns landen werden,

„ Fährst du mit einem SpeedFreak, der ein Messer hat, oder fährst du mit diesem rätselhaften, aber total coolen Typen?“ „Das ist mein Pot“ – bis ich zu Jack sage: „Da ist etwas Gras.“ – „Du … du … meinst Marihuana?“ Das ist Jack. Im echten Leben hatte Jack schon längst Pot geraucht, aber im Film ist er total überzeugend: „Ich weiß nicht, ich habe schon genug Probleme mit dem Alkohol und dem ganzen Zeug. Wisst ihr, ich will davon nicht süchtig werden.“ – „Du wirst davon nicht süchtig.“ – „Ich weiß nicht, du meinst, es ist okay?“ Die Kamera schneidet zu mir, und ich sage nichts. Ich lächle nur. „Lass … lass … lass … lass mich das sehen. Es riecht gut.“ – „Hier, ich gebe dir Feuer.“ Das erste Streichholz bricht ab, das war

dass sie bereits unter uns sind und dass sie uns bereits lehren, ein gutes Leben zu führen. In diesem brillanten Moment seiner Performance, den beiden Lagerfeuerszenen, zieht Jack die Zuseher mitten in unser Leben hinein. Bang! – sie sind im Film. Jetzt können sie nicht mehr entkommen. Vielen Dank, Jack! Als ich das Drehbuch 1967 in Kanada geschrieben habe, habe ich mir gesagt: Der Anwalt wird getötet. Er ist der Unschuldigste. In all den griechischen Dramen und Tragödien, die ich studiert habe, wird immer die Unschuld zuerst

ZUSATZBILD: DDP IMAGES

Scheiße auf dich fallen lassen.“ Und er hat die Farben gemischt und das Bild mit dem Pinsel berührt. Er hat auf Französisch gesagt: „Du bist so schön. Du bist so wunderbar. Alles an dir ist ausgeglichen und perfekt. Ich sehe es.“ Und dann: „Du Stück Scheiße.“ – Das war unglaublich. Das war Performance Art. der erfolg, der Ruhm, die Kunst, das meer, mehr als genug von allem – tauchte da nie die Versuchung auf, in die spiritualität des Buddhismus abzutauchen? es gäbe ja genug Vorbilder. Nein. Aber ich respektiere die Meditation, denn die bringt tatsächlich etwas. Ich respektiere andere Leute, die dies oder jenes wollen. Und ich habe absolut keine Vorurteile. Als ich neun Jahre alt war, kam ich von der Schule nach Hause und fragte: „Dad, was heißt Nigger?“ Er ist ausgeflippt. Er


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angegriffen. Es gibt keinen Grund, Jack umzubringen, aber er wird getötet, nur weil er mit uns unterwegs ist. Das ist ein dramatischer Effekt, der das Publikum entscheiden lässt, mit wem sie im Film weitermachen. Die zwei, die übrigbleiben, sind Dennis und ich. Es ist also eine einfache Antwort. Fährst du mit einem Speed-Freak, der ein Messer hat, oder fährst du mit diesem rätselhaften, aber total coolen Typen? Du willst fahren, locker drauf sein, mit deinem Leben im Reinen, den Tag nehmen, wie er kommt. Also entscheidest du dich für Captain America, nicht Billy, also Dennis. Als Dennis stürzt, ist es ein Schock für das Publikum. Captain America dreht um und fährt zurück, um Billy zu helfen. Man sieht auch die Leute im Auto, die sagen: „Wir müssen zurück.“ Als ich diese Szene am 27. September

1967 geschrieben habe, habe ich mir gesagt, ich möchte, dass das Publikum glaubt, diese Leute fahren zurück, um zu helfen – dass ihnen bewusst geworden ist, etwas Schreckliches getan zu haben. Aber so wie ich es sehe, so wie ich es gespielt habe und wie man es auch auf der Leinwand sieht, ist, dass sie zurückfahren, um den Zeugen zu beseitigen. Und so wird die mythische Gestalt Captain America getötet, und sein Motorrad explodiert – ich habe selbst auf den Knopf gedrückt. Von oben sehen wir das brennende Motorrad und Billys Leiche. Man kann meine Leiche nicht sehen, aber wenn man das Bild einfriert, dann erkennt man sie ganz am Rand. Aber mir gefällt die Idee, dass man meine Leiche nicht sieht – so als wäre ich nur ein Traum gewesen, ein Mythos. Die Menschen lieben „Easy Rider“ immer noch. Ich höre das ständig. Leute nennen mich „Easy Rider“. Das bin ich nicht. Ich bin Peter Fonda. Ich bin Rock Bottom. Aber die Leute vergessen das. 65. Internationale Filmfestspiele Cannes: 16. bis 27. Mai 2012. www.festival-cannes.fr

„The Lazarus Protocol“: der Film

red bulletin: glauben sie, dass letztlich die usa selbst hinter 9/11 stehen könnten? peter fonda: Ich kenne die Theorie, aber ich denke nicht, dass es so ist.

oder auf der Seite der Terroristen.“ Ich sage im Film: „Was hat diese Witzfigur“ – gemeint ist Bush – „gesagt, wie kann ich euch nennen? Übeltäter?“ Kann man sich das vorstellen? Übeltäter! Das habe ich zum Drehbuch hinzugefügt, es stand nicht drinnen. Aber das macht den ganzen politischen Vorgang real, weil es so dumm ist. Übeltäter! Das ist, wie wenn man einem Drittklässler etwas vorliest. Wer sich dieses Wort für die Terroristen ausgedacht hat, entlarvt sich als Witzfigur. der Terrorist musste attentäter für die anschläge gegen die usa rekrutieren und ihnen dafür motive geben. er nannte euren lebensstil,

Aber es war interessant, diesen Typen zu spielen. Und ich denke auch, dass wir die Wahrheit nicht kennen. Dasselbe denke ich über das Attentat auf Präsident Kennedy. In „The Lazarus Protocol“ spiele ich einen Mann, der im Grunde genommen kaputt ist, und da gibt es diese Szene, in der ich wieder zurückkomme und mit meinem Sohn spreche, der geglaubt hat, dass ich tot bin. Und nun erfährt er, was wirklich passiert ist. Das bedeutet, dass ich die Geschichte erzählen muss. Dinge, die er zuvor schon von einem Terroristen erfahren hatte, dem er das aber nicht geglaubt hat. Dann komme ich daher, und ihm wird klar, dass ich das Mastermind hinter dem 11. September war. Während wir reden, sage ich: „Was, glaubst du, erwartet dich? Jungfrauen haben wir keine mehr – aber vielleicht sind es ja 70 gutaussehende Ziegen.“ Und später erkläre ich ihm die Sache mit den Terroristen und benutze die gleichen Worte wie George Bush: „Entweder ihr seid auf unserer Seite

eure dekadente einstellung und die Respektlosigkeit eures Humors. Das mit der Respektlosigkeit kann ich verstehen, denn ich mag die Marx Brothers. Die waren völlig respektlos, total lustig. Ich denke, dass unsere Regierung wirklich dekadent ist, aber das ist meine persönliche Meinung. Der amerikanische Lebensstil mag verrückt sein, ja, okay. im Film wird die angst als die treibende Kraft der Welt gezeigt. Manchmal glaube ich, dass die Regierung behauptet, gewisse Informationen zu haben, damit wir nur weiterhin in Angst leben. Ich weiß, dass wir Feinde haben. Ich möchte mich weder mit ihnen an einen Tisch setzen noch mit ihnen zu Mittag essen, aber Angst habe ich vor ihnen keine. Aber ich bin nicht die Norm, denn ich habe schon lange gelebt und viel erlebt. Wir werden schon mit Ängsten geboren. Babys haben zwei Ängste. Angst vor dem Fallen und Angst vor lauten Geräuschen. Jede andere Angst haben wir später erlernt. Man bringt uns bei, Dinge zu fürchten.

Premiere soll der Film bei den Festspielen in Cannes haben. Regisseur ist Paul Finelli, Produzenten sind Terra Mater Factual Studios, Tomcat Productions und Finger Films. Gedreht wurde in Niederösterreich. Der fiktive Plot, der Archivaufnahmen und schauspielerische Höchstleistungen auf völlig neue Weise mischt, lässt die Ereignisse um 9/11 in neuem Licht erscheinen.

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Herr Horner geht Gassi Wo Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner Kraft tankt: Ein Besuch in der englischen Provinz. Und eine Begegnung mit Hugo, Bernie und Flav. Text: Anthony Rowlinson, Bild: Desmond Muckian Grafschaft Northamptonshire, nordwestlich von London: Dicker Morgennebel hängt über den Feldern und Bauernhöfen und zwingt der Landschaft sein fahles Grau auf. Schwer vorzustellen, dass hier, in der tiefsten englischen Provinz, ein Mann lebt, der sein Geld im glamourösen Formel-1-Zirkus verdient. Wir treffen Christian Horner, Teamchef von Red Bull Racing, auf seinem Landsitz – einem ehemaligen Pfarrhof, erbaut im georgianischen Stil. Seit 2005 steht der Engländer auf der Kommandobrücke des österreichischbritischen Formel-1-Rennstalls. Innerhalb von sieben Saisonen formte Horner sein Team vom Mitläufer zum zweifachen Doppelweltmeister (2010 und 2011 gewann RBR die Konstrukteursweltmeisterschaft, Sebastian Vettel holte jeweils den Fahrertitel). Geht es in diesem Tempo weiter, winkt als nächster Meilenstein der Titel-Hattrick; ein Kunststück, das bisher allein Michael Schumacher und Ferrari in den nuller Jahren geschafft haben. Heute aber ist kein Formel-1-Tag und Christian Horner sitzt über einem verspäteten Frühstück und schlürft Tee. Adrian Newey sei gestern zum Grillen da gewesen, erzählt Horner, die Kohlen sind quasi noch warm. Der perfektionistische Chef-Designer von Red Bull Racing habe auch bei der Zubereitung der Steaks alles gegeben, vermerkt Horner anerkennend. Merke: Der ausgeprägte Wettbewerbsgedanke, von jeher Markenzeichen des Teams, setzt sich bis an den Grillrost fort. Horner pfeift seinen Hunden, die im Garten herumtollen. Man kann sich ein Grinsen nicht verkneifen: Der braune Airedale Terrier hört, vergleichsweise konventionell, auf Hugo, doch die beiden West Highland White Terrier heißen Bernie und Flav – benannt nach Formel-1-Boss 46

Bernie Ecclestone und Flavio Briatore, einst Teamchef des Benetton-Rennstalls. Bernie und Flav reiben ihre Schnauzen an den Beinen der Gäste und prüfen, ob es sich um Freunde oder Eindringlinge handelt. Nach bestandener Kontrolle führt uns Horner durch das Erdgeschoss seines Hauses, in dem einige Accessoires darauf hinweisen, dass hier kein Pfarrer wohnt, sondern ein Weltmeistermacher. Eine kleine Statue etwa stellt den Hausherrn mit Sebastian Vettel dar, ein Geschenk des deutschen Doppelweltmeisters. „Es ist wichtig, auch mal Abstand zu gewinnen“, sagt Horner, als wir nach draußen Richtung Scheune schlendern, vorbei an einem kirschroten MasseyFerguson-Traktor. Horner genießt die Stunden, die er hier am Land verbringen darf: „Die Arbeit in der Formel 1 kann dein Leben völlig aufsaugen. Wenn du dir keine Freiräume und Ruhephasen schaffst, bist du nicht fähig, hundert Prozent zu geben, wenn es darauf ankommt.“ Wir beobachten Horners Freundin Beverley beim Füttern der Hühner, und es besteht kein Zweifel: Hier findet gerade ein solcher Moment des Loslassens statt. Horner zeigt uns seine beiden jungen Hähne, die er auch nach zwei Formel-1Fahrern benannt hat (kleiner Hinweis: beide kommen aus England und sind noch aktiv) und erzählt vom 500 Jahre alten Taubenhaus, das auf seinem Grundstück steht und nun als Holzlager dient: „Früher wurden dort Taubenfedern gesammelt, um damit die Kissen zu stopfen.“ Über uns spannen zwei gigantische Zedern ihre Äste in den Himmel. Die Bäume sind mehr als 200 Jahre alt, weiß

Horner. Er selber ist erst 38, und trotz seines Lebens im Epizentrum eines ruhelosen Sports und der Verantwortung für einen Formel-1-Rennstall, der sich im permanenten Titelkampf befindet: Das Anwesen in Northamptonshire ist sein Stück England, das Horner überallhin mitnimmt, egal wo er sich gerade aufhält. Australien, Malaysia, China, Abu Dhabi, Brasilien, die USA – nie reiste der Formel1-Zirkus intensiver kreuz und quer über den Globus. Am Ende des Jahres 2012 werden die Teams 20 Grands Prix, so viele wie noch nie, absolviert haben. Selbstverständlich wird Horner immer dabei sein, doch bisweilen gibt es willkommene Ablenkung. „Manchmal, wenn ich mich irgendwo im Ausland aufhalte und mir tausend Sachen durch den Kopf gehen, ruft Beverley an und erzählt, dass Küken geschlüpft sind oder die Hunde etwas angestellt haben“, freut sich Horner, „solche Dinge geben dir eine Perspektive. Formel 1 ist eine surreale Welt. Es wichtig, sich nicht komplett darin zu verlieren.“ Wir brechen zu einem abschließenden Spaziergang auf, mit Flav, Bernie und Hugo. Der Weg führt an einem alten Friedhof vorbei und einen See entlang, der um 1500 von Mönchen eines Klosters angelegt wurde, das heute nicht mehr existiert. Ganz ohne Racing geht es doch nicht, auch wenn nichts darauf hindeutet, dass die Rennstrecke von Silverstone nur knapp acht Kilometer von hier entfernt liegt: An windstillen Tagen könne man die Motoren der Rennwagen hören, erzählt Horner. Und nach Milton Keynes, dem Hauptquartier von RBR, sind es im Auto bloß 25 Minuten. „Wenn man alle Tempolimits einhält“, fügt Horner mit einem Augenzwinkern hinzu. Die Nähe zu Milton Keynes ermöglicht zumindest ab und zu ein ganz normales Leben, was Horner wichtig ist: „Du kommst abends heim, schaltest ab und kannst dich mit völlig alltäglichen Dingen beschäftigen. Am nächsten Tag wachst du auf und fühlst dich erfrischt. So hole ich mir meine Kraft zurück.“ Dann hämmert irgendwo ein Specht los. Horner bleibt stehen und hört zu. Auch die Hunde gönnen sich eine Verschnaufpause, und der Airedale Terrier platziert sein Hinterteil auf etwas, was zunächst aussieht wie Gras. „Hugo, du setzt dich in die Disteln“, tadelt Horner. Aber Hugo ist das egal.

„Die Formel 1 kann dein ganzes Leben aufsaugen, wenn du nicht aufpasst.“

www.redbullracing.com


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Kontrastprogramm zur Formel 1: Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner mit seinen Terriern Bernie, Flav und Hugo (von li.).


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Abenteurer Bertrand Piccard im Cockpit der HB-SIA: „Wir wollen ein Zeichen gegen den Energiewahnsinn setzen.“

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Ich fliege ohne Sprit um die Welt.


Nur mit der Kraft der Sonne. Ein Abenteurer, ein Kampfpilot und ein Solarflugzeug, das auch nachts fliegt. Bertrand Piccard, AndrÊ Borschberg und eine Energie-Revolution, die längst begonnen hat. Text: Andreas Rottenschlager, Bilder: Jean Revillard


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B Das Solarflugzeug HB-SIA über den Feldern von Payerne (im Schweizer Kanton Waadt): Flügelspanne eines Airbus, Gewicht eines Mittelklassewagens, Emissionen: keine.

ertrand Piccard quetscht sich in das schmale Cockpit seines Solarflugzeugs und fühlt sich wie ein Gefangener. Es ist eng hier drin. Man kann sich kaum bewegen. Ein Techniker muss zu ihm hinaufklettern. Er verkabelt den Piloten mit dem Bordcomputer. Piccard, 54, trägt einen gegen Kälte isolierenden Overall, darüber eine Schwimmweste und am Rücken den Sack mit dem Fallschirm. Auf der Tragfläche über ihm saugen 10.748 Solarzellen das Licht der Abendsonne auf. Piccards Flugzeug, Kennnummer HBSIA, hat die Spannweite eines Airbus A340 – 63 Meter von Flügelspitze zu Flügelspitze. Er selbst kauert in einem Cockpit, halb so groß wie eine Telefonzelle. „Die Tragflächen siehst du gar nicht“, wird er später sagen. „Du sitzt da drin wie ein Pferd mit Scheuklappen.“ Mit bloßen Händen schieben fünf Helfer die HB-SIA in Position. Das leistungsstärkste Solarflugzeug der Welt wiegt mit 1600 Kilo gerade einmal so viel wie ein Mittelklassewagen. Wenn der Pilot ins Cockpit steigt, zittern die Karbonfaserflügel bis in die Spitzen. Die Wetterzentrale in Payerne im Schweizer Kanton Waadt meldet vier Knoten (7,4 km/h) Wind. Eine leichte Brise, die hier, gut 50 Kilometer südwestlich von Bern, über den Militärstützpunkt weht. Piccard blickt Richtung Horizont. Er hat seine rahmenlose Brille aufgesetzt. Das hier ist erst sein dritter Testflug in diesem Jahr. Am Rand der Startpiste bringen die Feuerwehrleute ihre Löschfahrzeuge in Stellung. 51


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zenenwechsel. Am Tag vor dem Testflug sitzt Bertrand Piccard im Hangar in Payerne auf einem weißen Sofa. Er ist glatt rasiert. Auffälligstes Merkmal in seinem Gesicht sind die stahlblauen Augen, mit denen er jeden Gesprächspartner fixiert. Bertrand Piccard stammt aus einer Weltvermesser-Dynastie. Sein Großvater Auguste stieg 1931 im Ballon als erster Mensch in die Stratosphäre auf, Vater Jacques tauchte 1960 11.000 Meter in den Marianengraben. „Ich wurde zu einem neugierigen Menschen erzogen“, sagt Piccard. 1999 umrundete er als erster Mensch in einem Heißluftballon im Nonstop-Flug die Erde. Er benötigte drei Versuche, ehe er nach 42.810 Kilometern in der Sahara landete. Zuvor war er einmal ins Mittelmeer gestürzt, beim zweiten Versuch musste er in Burma runter. „Ich habe damals gemerkt, wie abhängig wir vom Propangas waren“, sagt Piccard. Mit seinem Projekt Solar Impulse will der Schweizer ein Zeichen gegen den Energiewahnsinn setzen – mit Grips, nicht mit dem Zeigefinger: „Keiner will seinen Lebenskomfort aufgeben. Aber warum sollten wir das tun? Saubere Technologien existieren bereits und bergen enormes Potential. Wenn wir ohne einen

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Rechts: Ex-Jetpilot André Borschberg im Flugsimulator von Solar Impulse im schweizerischen Dübendorf: „32 Mal jeweils 20 Minuten geschlafen.“ Unten: Piccard (re.) und Borschberg diskutieren Testergebnisse. Rechte Seite: Borschberg im Cockpit der HB-SIA: „Eine völlig neue Art des Fliegens.“


„Als ich in Belgien landete, hatte ich mehr Energie in der Batterie als beim Start in der Schweiz. Einfach irre.“ André Borschberg


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Tropfen Kerosin um die Welt fliegen, können wir auch auf den Straßen auf fossile Brennstoffe verzichten.“ In fünf Etappen soll die Weltumrundung im Solarflugzeug 2014 klappen. In Dübendorf, in der Nähe von Zürich, tüfteln Solar-Impulse-Ingenieure gerade am Nachfolgemodell der HB-SIA. Die Elektronik muss besser vor Regen geschützt werden. Acht Meter Flügelspannweite werden hinzukommen, um Platz für noch mehr Solarzellen zu bieten. Schon jetzt hält sich der Prototyp HBSIA dank ausgeklügelter Speichertechnik Tag und Nacht in der Luft. Lithium-Polymer-Batterien sammeln während der Sonnenstunden Energie, die später für den Nachtflug verwendet wird. Wenn es dunkel wird, beginnt die Uhr zu ticken. Es gilt bis zum Sonnenaufgang durchzuhalten, bevor die Akkus leer sind. Herausforderung an den Piloten: energieeffizient fliegen. Das bedeutet: mehr Gleitphasen und so wenig Propellereinsatz wie möglich. Solar Impulse kann nur einen Piloten befördern. Die Flugzeit um die Welt wird zwischen 25 und 30 Tage betragen. Da kein Mensch so lange durchhält, wird sich Piccard im Cockpit mit dem Schweizer André Borschberg abwechseln. Der drahtige Neunundfünfzigjährige sitzt neben ihm auf der Couch. Borschberg, Kurzhaarschnitt, wache Augen, sieht zehn Jahre jünger aus, als er tatsächlich ist. Man kann ihn sich gut als Ausbildner in einem Flieger-Film wie „Top Gun“ vorstellen, wo er mit Pilotenbrille in der Klasse Möchtegern-Draufgängern Manöver erklärt. Borschberg machte seine Fluglizenz mit siebzehn, noch bevor er zum ersten Mal ein Autolenkrad angefasst hatte. Danach flog er zwanzig Jahre lang Kampfjets für die Schweizer Armee und gründete ein Technikunternehmen. Piccard sagt über Borschberg, er sei ein Arbeitstier, das nie lockerlässt. Borschberg sagt über Piccard, er sei ein Visionär, der Dinge anders sehe als die meisten Menschen um ihn herum. Was reizt einen einstigen Kampfpiloten, der jahrzehntelang Mach 1 flog, an einer Weltumrundung mit 70 km/h? „Es ist eine völlig neue Art des Fliegens“, sagt Borschberg. „In einem modernen Kampfjet fliegst du der Maschine zwei Kilometer hinterher. Die Steuerung reagiert so schnell, dass du die Distanz im Kopf wieder aufholen musst. Im Solar-ImpulseCockpit hingegen heißt es Geduld haben. Du drehst nach rechts, und es passiert erst mal nichts, bevor du die Kurve fliegst.“ Borschberg sagt, er wolle mit der Weltumrundung auch die Solartechnik vorantreiben: „Als ich im Vorjahr von Payerne 54

Solarflugzeug HB-SIA über Genf: Tag- und Nachtflug dank e∞zienter Speichertechnologie.

nach Brüssel geflogen bin, hatte ich bei der Landung mehr Energie in der Batterie als beim Start. Ich hätte den Leuten am Flughafen etwas davon abgeben können. Das war irre.“ Drei Rekorde für Solarflugzeuge hat Borschberg 2010 an Bord der HB-SIA aufgestellt: den längsten Flug (26 Stunden, 10 Minuten) mit größter absoluter Flughöhe (9235 Meter) und größtem Höhengewinn (8744 Meter). Die schwierigste Herausforderung, das wissen beide Piloten, wartet aber in ihren Köpfen. Bis zu 150 Stunden müssen Piccard und Borschberg nonstop in der Luft bleiben können, um die Ozeane zu überqueren. In derselben Zeitspanne könnte man mit einem Passagierflugzeug sechzehnmal von Paris nach New York fliegen. Die Piloten von Solar Impulse müssen die Marathon-Etappe über den Atlantik ohne Pause durchstehen. Im Mini-Cockpit. Mit einem Flugzeug, das sich steuert wie ein überdimensionierter Paragleiter. Ein Plan

SAUBER UM DIE WELT Erdumrundung mit Sonnenkraft: Der Zeitplan der Mission Solar Impulse. 2003: Machbarkeitsstudie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (Kanton Waadt). Ankündigung des Projekts Solar Impulse durch Bertrand Piccard und André Borschberg.

Borschberg mit der HB-SIA der erste TagNacht-Flug (26 Stunden) eines Solarflugzeugs. 2011: Beginn der Konstruktion des Nachfolgemodells HB-SIB in Dübendorf nahe Zürich.

2007–2009: Planung und Konstruktion des SolarflugzeugPrototyps HB-SIA.

2012: Erster interkontinentaler Testflug der HB-SIA.

2010: Der deutsche Berufspilot Markus Scherdel führt erste Testflüge durch. Vom 7. auf den 8. Juli 2010 gelingt André

2014: Versuch der Weltumrundung in fünf Etappen in östlicher Reiserichtung.


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für Notwasserungen fehlt im Konzept. Das Leichtbau-Flugzeug würde an der Wasseroberfläche zerschellen. „Wir haben Fallschirme“, sagt Piccard. Sollte das Flugzeug über dem Ozean runtergehen, heißt es: abspringen und auf die Rettungsboote warten. Piccard sagt, Panik sei oft viel gefährlicher als die Gefahr selbst: „Zu viele Emotionen prasseln dann auf dein Bewusstsein ein und blockieren die Entscheidungsfindung.“ Aber Panik zu überwinden könne man trainieren. Borschberg, der Profipilot, erzählt, er fliege jede Mission zu Hause vor dem Einschlafen in seinem Kopf. Dabei versuche er, jeden Handgriff im Flugzeug zu visualisieren. Seine Ausdauer bewies er im Februar in Dübendorf, als er einen Langzeittest im Flugsimulator absolvierte. Die Aufgabe: 72 Stunden virtueller Testflug. Allein im künstlichen Cockpit. Ärzte und Techniker kommunizierten nur über Funk. Borschberg twitterte während des Experiments an die Außenwelt. Seine Kurznachrichten lesen sich wie Bausteine eines Psychogramms: 21. Februar, 17:27 Uhr: „Zehn Stunden Flug. Gewöhne mich langsam an die Einsamkeit.“ 22. Februar, 15:08 Uhr: „Habe zum ersten Mal die Bordtoilette benutzt. Braucht vorsichtige Handhabung.“ (Wer sich bis jetzt gefragt hat: Die Piloten benutzen eine in den Sitz eingebaute Toilette beziehungsweise eine Plastikflasche.)

Piccard nach seinem ersten Testflug an Bord der HB-SIA: „Wie ein großer Paragleiter.“

23. Februar, 12:12 Uhr: „Bekomme die Schlafzeiten immer besser in den Griff.“ 23. Februar, 13:56 Uhr: „Keine Energie mehr, um das Wasser zu erhitzen, werde heute trocken essen.“ Nach 72 Stunden wackelt Borschberg aus dem Simulator. Piccard: „Es gab Leute im Team, die Angst hatten, er würde umfallen, sobald wir ihn fotografieren. Aber ich habe keine Sekunde an André gezweifelt.“ Borschberg hielt sich während des 72-Stunden-Fluges mit Bewegungsübungen fit, um Thrombosen in den Beinen vorzubeugen. Er schlief exakt 32 Mal jeweils 20 Minuten. Über unbewohntem Gebiet dürfen die Piloten sogenannte „MicroNaps“ einlegen. Während dieser Kurzschlafphasen übernimmt der Autopilot. 20 Minuten später klingelt der Wecker. „Yoga und Atemübungen helfen beim punktgenauen Einschlafen“, sagt Borschberg. Piccard bevorzugt Selbsthypnose. Wenn es 2014 ernst wird, werden die zwei Piloten Richtung Osten um die Welt aufbrechen. Einer im Flugzeug, der andere am Boden, beide verbunden über Funk. Piccard wird Borschberg Mut zusprechen, wenn sein Partner in 8000 Meter Höhe im Cockpit sitzt – bei minus 40 Grad, nur von Isolierung und Heizkissen beschützt. Borschberg wird Piccard unterstützen, wenn der Wind die Tragflächen seines Flugzeugs erfasst und der Pilot mit Muskelkraft dagegenhalten muss, weil die Steuerung aus Energiespargründen auf Hydraulik verzichtet. Von Mai bis Juni 2012 stehen die ersten Interkontinentalflüge am Terminplan. Dabei soll Solar Impulse von Payerne aus das Mittelmeer überqueren und in Marokko landen.

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urück am Flugfeld von Payerne: Bertrand Piccard wirft die Motoren der HB-SIA an. Dutzende Schaulustige starren auf das filigrane Fluggerät. Es ist 17.30 Uhr, die Sonne steht tief. Normalerweise donnern auf dieser Piste Kampfjets der Schweizer Armee über die Startbahn. Als das Solarflugzeug abhebt, surren bloß vier 10-PS-Propeller. Auf den ersten Metern gewinnt Piccard rasch an Höhe, dank der Leichtbauweise seines Flugzeugs. Danach scheint es, als bliebe der Riesenvogel in der Luft stehen. In einer Welt, die sich vor lauter Schnelllebigkeit gerade selbst verpestet, erscheint diese Art der Fortbewegung fast schon als Provokation: Solar Impulse fliegt gemächlich, leise, sauber. Nach zehn Minuten ist Piccards Maschine nur noch ein dünner Pinselstrich am Horizont.

Im Cockpit von Solar Impulse: Live-Streaming des Flugs nach Marokko unter www.solarimpulse.com

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Kraulen, Strampeln, Rennen Den Schmerz spürt nur, wer überholt wird. Deshalb will sich Triathlet Daniel Unger bis zu den Olympischen Spielen nicht mehr überholen lassen. Text: Beat Seemann & Katharina Thomas, Bilder: Julian Baumann

Noch drei Monate bis zu den Olympischen Spielen in London. Die allein sind Daniel Ungers Ziel. Dafür trainiert der Deutsche dreimal täglich, auch „bei fünf Grad und strömendem Regen“, um in London beim olympischen Triathlon – 1500 Meter Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren, 10 Kilometer Laufen – dabei zu sein. Was Unger antreibt, ist zum einen Spaß. Damit hat 1990 alles begonnen. Daniel, damals zwölf, sieht ein Ankündi­ gungsplakat, und sechs Wochen später steht er am Start, irgendwo in Ober­ schwaben, mit Badehose, Turnschuhen und einem Fahrrad mit Klappständer. Platz 284 unter 290 Startern reicht völlig: Der heißgeliebte Fußball ist damit von Stund an unwichtig. Sechs Monate später tritt Unger einem Verein bei, drei Jahre später kommt er in die Nationalmannschaft. 1996 schafft er den Durchbruch: Vizeeuropameister und Vizeweltmeister mit der Mannschaft. Gro­ ßer Sprung ins Jahr 2007, zur Weltmeis­ terschaft in Hamburg. Unger gelingt das Rennen seines Lebens, er sprintet den Spanier Javier Gómez auf den letzten 400 Metern nieder, wird Weltmeister über die olympische Distanz. Noch heute kriegt er eine Gänsehaut, wenn er sich an diesen Tag erinnert: „Menschenreihen schreien deinen Namen, dann kommt das Ziel, und du weißt: Du bist in einer Sache der Beste, und die halbe Welt hat es gesehen.“ Doch Erfolg und Misserfolg wohnen bekanntlich Tür an Tür. Das ist der zweite Grund für Ungers London­Abenteuer: Es gilt noch eine offene olympische Rech­ nung zu begleichen. 2004 ist Unger 56

„Du bist in einer Sache der Beste, und die halbe Welt hat es gesehen.“ bereits für Athen qualifiziert, doch Pfeiffer­ sches Drüsenfieber verhindert seine Teil­ nahme. Bei den Spielen in Peking 2008 gewinnt sein Landsmann und Trainings­ partner Jan Frodeno Gold, Unger wird als Favorit Sechster und trennt sich ein Jahr später von Frodeno und dem bis dahin gemeinsamen Trainer. Peking verursacht einen Knacks. Jahre des Kampfs und Krampfs folgen, der mäßi­ gen Resultate und technischen Defekte. Verletzungen und Pech verunsichern, das

Wollen war weit weg, die nächsten Spiele auch, und Unger stellte sich die eine Frage: Ist es die Schinderei überhaupt wert? Doch Sport ist immer gerecht, davon ist Unger überzeugt, und Menschen wie er denken schon beim Hinfallen wieder ans Aufstehen. Also erinnert sich Unger an die Glücksgefühle von Hamburg, wenn er bis zu 30 Stunden pro Woche trainiert. Und er organisiert weiter penibel sein Leben als Triathlon­Profi: bucht Hotels, putzt seine Schuhe, checkt das Material, schreibt Trai­ ningswochenpläne, zahlt Rechnungen. Daneben ist das Familienleben wich­ tiger geworden, vor allem seit der Geburt seines inzwischen zweijährigen Sohnes. Und die Zukunft nach dem Sport: Sein Studium hat Unger mittlerweile fast been­ det. Und in seinem Heimatort Bad Saulgau in Oberschwaben hat er ein Geschäft für Triathlonartikel und Triathlonreisen auf­ gebaut, denn Ungers Disziplin hat sich in den vergangenen Jahren von der Rand­ zur absoluten Trendsportart gewandelt. Unger ist jetzt 34, ein gutes Alter, um ein letztes Mal Olympia zu rocken – aber mit dem nötigen Quäntchen Gelassenheit. „Der Olympiasieger von 2004 war 33“, erklärt Unger, und das sei nichts Außer­ gewöhnliches. „Die entscheidende Fähig­ keit, die Ausdauerbelastung zu steigern, verbessert sich bis Mitte dreißig.“ 55 Athleten werden am 7. August am Ufer des Serpentine­Teichs im Hyde Park auf den Startschuss warten, vor sich knapp zwei Stunden härtester Arbeit, und der Schnellste ist Olympiasieger. Zuallererst will Unger dafür sorgen, dass er einer dieser 55 ist: Am 27. Mai be­ streitet er die entscheidende Qualifikation beim Weltcup­Bewerb der International Triathlon Union in Madrid. Gewillt, sich auf Augenhöhe noch einmal mit den Stärksten der Welt zu messen. Aber nicht übermotiviert, denn obwohl Daniel Unger fest an eine olympische Medaille glaubt, weiß er: „Man muss auch akzeptieren, dass es Bessere gibt.“ www.daniel-unger.de


Selbst wenn die Welt durchs Fenster kalt und nass erscheint und der Nebel ums Haus schleicht, hat Daniel Unger Lust aufs Training: „Sobald du erst draußen bist und den inneren Schweinehund besiegt hast, kommt der Spaß.“


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CREDIT: BILD: VICTOR LUCAS

Text: Steve

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CREDIT:

voRSiChT, FeLSen!

Der Schweizer Downhiller Nick Beer lebt sein Motto auch beim Weltcupauftakt in Pietermaritzburg, Südafrika: „Bei 100 Prozent Speed wird’s spannend.“ Und das heißt hier: mit bis zu 70 km/h.

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m 18. März 2012 starteten zwei Renn­ serien auf zwei verschiedenen Kontinenten in ihre neue Saison, die beide den An­ spruch haben, die Spitze ihrer Disziplin zu markieren: Im australischen Melbourne ging die Formel 1 ins neue Jahr, im süd­ afrikanischen Pietermaritzburg der UCI Mountainbike Downhill­Weltcup. Die terminliche Koinzidenz mag noch Zufall sein, doch in der Tat haben diese beiden Sportarten mehr gemein, als es auf den ersten Blick scheint. Bei beiden geht’s um Speed, klar. Hier wie dort versenken 24­jährige Champions ihr blondes Haar in den Helm und haben High­Tech­Kohle­ faser­Rennmaschinen unterm Hintern. Und genau wie Sebastian Vettel hat Aaron Gwin in der Saison 2011 die Konkurrenz pulverisiert. Gwin hat fünf von sieben Weltcuprennen gewonnen und sieg­ 60

gewohnte Champions wie den Südafrika­ ner Greg Minnaar, den Engländer Gee Atherton oder den Australier Sam Hill regelrecht gedemütigt. Gwin, ein zurückhaltender, ruhiger Typ, dem Glaube und Familie viel bedeu­ ten, hatte 2011 die Downhill­Standards neu definiert: zum einen durch das wäh­ rend seiner vorangegangenen Motocross­ Karriere angesammelte Know­how, zum andern durch die konsequenteste Fitness­ Arbeit im gesamten Starterfeld. Pietermaritzburg, in der Provinz Kwa­ Zulu­Natal, sollte nun nach der Winter­ pause die Frage beantworten, ob und wie die anderen Fahrer die schallende Ohr­ feige des Vorjahres wegstecken konnten, etwa Steve Peat. Der schlaksige Engländer hat alles ge­ wonnen, was es in seinem Sport zu ge­

winnen gibt. Er ist der große Veteran im Feld (so veteranig ein aktiver World­Cup­ Downhiller halt sein kann.) Mit knapp 38 Jahren mögen seine allerbesten Tage viel­ leicht schon hinter ihm liegen, aber an den guten reicht es noch immer für einen Spitzenplatz – wie zum Beispiel für Platz zwei beim World Cup in Windham, US­ Staat New York, im vergangenen Jahr. Pietermaritzburg bedeutet einen wei­ teren Meilenstein in Peats Karriere: Es ist sein hundertster Weltcup­Start in unglaub­ lichen neunzehn Saisonen. Peat hat alle Veränderungen mitgemacht, und es waren dramatische Veränderungen. Als er be­ gann, fuhr man Stahl­ oder Alurahmen, die Vorderradfederung begnügte sich mit ein paar Zentimetern, verzögert wurde mit Felgenbremsen. Heute sind – wie bei Peats Santa Cruz V­10 – die Rahmen aus Carbon


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Der Sieger: ein ruhiger Typ, dem Religion und Familie wichtig sind.

Vorjahres-Dominator: US-Boy Aaron Gwin (Trek World Racing) hat die Titelverteidigung im UCI-Mountainbike-DownhillWeltcup fest im Blick.

gefertigt, hydraulische Scheibenbremsen und Vollfederung längst Standard. Die letzte Innovationsstufe im Down­ hill ist allerdings aus Fleisch und Blut und heißt Aaron Holmes Gwin. „Nach der letz­ ten Saison muss jeder analysieren, was Gwinny anders macht, und sein eigenes Training hinterfragen“, sagt Peat. „Wer mit der Spitze mithalten will, muss sich immer verbessern. So ist das eben. „Gwin hat letzte Saison dominiert, weil er seine Technik, Psyche und Fitness auf einem immens hohen level gehalten hat“, sagt auch der Downhill­Europameister 2009, die Schweizer Nummer eins Nick Beer. „Mich und die anderen spornt so etwas zu noch härterem Training an. Das tut dem Sport gut. 2012 könnte schon viel knap­ per werden.“ Nur ein paar Meter im Fahrerlager ent­ fernt steht jener Mann, der Gwin seine letzte Niederlage zugefügt hat, nämlich der junge, kleingewachsene Engländer Danny Hart. Beim Höhepunkt der letzten Saison, der WM im schweizerischen Champéry, raste Hart den heimtückisch nassen, schmierigen, rutschigen und unfassbar steilen Kurs zu Tal, als wäre der knochentrocken. Der Youngster gewann mit dem galaktischen Vorsprung von 11,7 Sekunden – in einem Sport, in dem sonst Hundertstelsekunden entscheiden. (Diese lektion in Sachen Cojones ist auf YouTube nachzuschlagen, dringende Empfehlung!) Harts Husarenritt gab den anderen Hoff­ nung: Gwin ist nicht unschlagbar. „Seit der Weltmeisterschaft weiß ich, dass ich die großen Dinger gewinnen kann“, sagt Hart in breitem nordenglischem Akzent.

BIlDER: SVEN MARTIN

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er große Name beim Saisonauf­ takt in Südafrika ist Greg Minnaar. Der lokalheros war während des letzten Jahrzehnts der beständigste Rider im Weltcup. Sein ökonomischer Fahrstil mag zwar nicht so spektakulär aussehen wie jener von Danny Hart, aber drei Welt­ cup­Gesamtsiege (2001, 2005, 2008) und der WM­Titel 2003 zeigen: Man kann schnell sein, ohne vordergründig schnell auszusehen. Greg Minnaar geht als Herausforderer in die Saison 2012. Und mit Pietermaritz­ 61


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burg hat er eine Rechnung offen: Vor genau einem Jahr musste er vor eigenem Publikum auf seiner Heimstrecke eine schmerzhafte Niederlage gegen Gwin einstecken. Neben gravierenden Ände­ rungen an seinem Bike – statt einer Rock Shox Boxxer federt nun eine Fox­40­ Federgabel, der Hinterbau seines Santa Cruz V­10 besteht aus Carbon statt aus Alu – startet auch Minnaar selbst verän­ dert ins neue Jahr: Er hat an Gewicht ver­ loren, aber an Kraft zugelegt. Mit seinen dreißig Jahren bringt er heute weniger auf die Waage als mit neunzehn. „Ich habe 2011 zwei World Cups gewonnen und war der einzige Saisonsieger neben Gwin, insofern war es nicht so schlecht. Aber Gwin hat uns über den Winter einige Fitness­Hausaufgaben mitgegeben.“ Trotz Harts WM­Titel und Minnaars Athletik­Vorstoß ist Gwin nach wie vor der 62

Mann, vor dem alle im Feld den meisten Respekt haben. „Ich werde dieses Jahr genauso anlegen wie das vergangene“, er­ klärt der Amerikaner mit dem entspann­ ten Selbstvertrauen der Sieger. „Man darf nicht zu sehr auf andere schielen und sich davon verrückt machen lassen. Vielleicht habe ich ein paar meiner Gegner dazu ge­ bracht, etwas Neues zu probieren … Auf jeden Fall wird es dazu beitragen, dass sich der Sport weiterentwickelt. Ich glau­ be, es wird dieses Jahr an der Spitze noch enger zugehen als im letzten. Von den jungen Fahrern sind einige schon richtig, richtig schnell – und das ist gut so!“

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ountainbike­Downhill ist hoch­ kompetitiver Sport. Alle Top­ Marken unterhalten eigene Werksteams – Trek, Giant, Santa Cruz, Specialized, GT. Es steht viel auf dem

Spiel, auch wirtschaftlich. Erfolge im Rennen schlagen sich in Verkaufszahlen nieder. Der Spruch „Win on Sunday, Sell on Monday“ gilt in der Formel 1 des Rad­ sports ebenso wie im Motorsport. Prototypen neu entwickelter Teile wie die Carbonfelgen an den Bikes der Team­ kollegen Minnaar und Peat werden dem denkbar härtesten Praxistest unterzogen. Stecken sie die Belastungen der Profis in ihren gnadenlosen Rennläufen weg, dann wird sie kein Amateur an ihre Grenzen bringen. Es ist exakt dieselbe Philosophie wie in der Formel 1: Was sich hier bewährt hat, sickert in die Serienproduktion ein. Neben all der Carbon­Aluminium­ Hightech­Ähnlichkeit gibt es dennoch einen entscheidenden Unterschied zur Formel 1: Während F1­Piloten oft nicht einmal mit ihrem Teamkollegen reden, geschweige denn mit Konkurrenten,


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BIlDER: SVEN MARTIN

Es rumort im Wald: Tausende, mancherorts auch zehntausende Zuschauer säumen den Streckenrand.

herrscht unter Downhillern eine freund­ schaftlich­entspannte Atmosphäre. Das Fahrerlager ist jedermann zugäng­ lich, die Rennmaschinen hängen unver­ hüllt an den Ständern, und die Racer haben ihren Spaß an einem Schwatz mit anderen Ridern und den Fans. „Hier ist jeder freundlich“, bestätigt auch Nick Beer, „wie in einer großen Fami­ lie. Du kannst mit deinen Freunden abhän­ gen, egal wo auf der Welt du gerade bist und dein Rennen fährst.“ Auch unter den Mechanikern ist die Stimmung kumpel­ haft; nur die Ingenieure halten sich beim Fachsimpeln im Kollegenkreis zurück. Der Belgier Mark Maurisson ist seit 1997 im Weltcup als Mechaniker dabei, derzeit kümmert er sich um das GT Fury des Weltcup­Gesamtsiegers von 2010, Gee Atherton. Maurisson hat miterlebt, wie sich der Downhill­Weltcup zur superpro­

fessionellen Serie entwickelte, aber das Zusammengehörigkeitsgefühl im Tross erhalten blieb. „Wir werden zwar von verschiedenen Firmen bezahlt, aber wenn ich irgendwas brauche, einen Teil für eine Bremse oder sonst etwas, kann ich jederzeit zu einem Kollegen eines anderen Teams gehen, und er wird mir helfen. Diese Atmo­ sphäre ist einer der Gründe, warum ich das schon so lange mache.“ Am einen Ende des Sports findet man Aaron Gwins Trek World Cup Racing Team und dessen Prototypen­ Equipment, die Mechaniker und Privat­ betreuer, inklusive Team­Bereich. Das andere Ende logiert am Parkplatz nebenan: Privatfahrer, die unter der Heckklappe ihres Miet­Vans an ihren Bikes schrauben. Diese Jungs, die alle Ausgaben aus eigener Tasche bezahlen, machen ein Drittel des 157­Mann­Fel­ des in Pietermaritzburg aus. Und sie sind das Herzblut des Weltcup­Zirkus. „Wir alle hier haben Brotjobs“, er­ zählt der Engländer Rich Thomas, ein Ingenieur, während er an der offenen Heckklappe seines gemieteten kleinen Nissans sitzt. „Wir bekommen zwar Bikes und Material umsonst, aber es bleibt trotzdem noch eine Menge zu bezahlen: Flüge, Unterkunft, Essen. Ich glaube nicht, dass viele unter den Top­Fahrern wissen, welches Glück sie haben.“ Trotzdem könnte sich auch Thomas kein besseres leben vorstellen, „selbst wenn wir alle unser Erspartes dafür einsetzen“. „Ich lebe einfach meinen Traum“, beschreibt der Amerikaner Curtis Keene, und tatsächlich ist „The Dream“ sein Spitzname. „Im Winter arbeite ich und spare mir das Geld zu­ sammen, mit dem ich dann im Som­ mer zu so vielen Rennen wie möglich fahre. Der Trip von Kalifornien nach Südafrika hat mich 2000 Dollar ge­ kostet … aber hey, ich und mein Bike fahren ein Rennen in Afrika!“

Die FavoRiTen unD …

Crashkurs fürs Daumendrücken bei der nächsten Übertragung des UCI Mountainbike World Cup live auf www.redbull.com/bike: Gee Atherton (GBR) ist Weltcup-Sieger des Jahres 2010 und steht heuer mit neuem Material (GT) am Start. Greg Minnaar (RSA) gilt als Mister Zuverlässig und hat in den letzten Jahren stets um den Gesamtsieg mitgekämpft. Weltmeister Danny Hart (GBR), der seit seinem spektakulären Ritt zu WM-Gold 2011 in Champéry beträchtlichen Nimbus erwarb, ist Vertreter der New School: Spektakulär, quer, whippt jeden Sprung. Aaron Gwin (USA) war der Dominator der letzten Saison: Der blonde Schweiger holt sich Ezzes von der Mountainbike-Legende John Tomac.

Gee Atherton

Greg Minnaar

Danny Hart

u

nd was für ein fabelhaftes Rennen es werden sollte! Nach der Quali am Freitag stehen Greg Minnaar und Aaron Gwin ganz oben auf der Zeitenliste, Min­ naar mit einer Zeit von 3:59,62 bloß acht Hundertstelsekunden vor seinem Erzrivalen. Auch die Privatfahrer Rich Thomas und Curtis Keene haben es ins Feld jener schnellsten achtzig Bi­ ker geschafft, die fürs Finale am Sonntag qualifiziert sind. lokalmatador Minnaar wird am Sonntag als letzter ins Rennen ge­

Aaron Gwin

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… Die GeheiMTippS

Vier Racer, denen wir 2012 Podiumsplatzierungen – und mehr – zutrauen: Stevie Smith (CAN) hat sich in den letzten Jahren beständig an die Weltspitze herangearbeitet – fahrtechnisch brillant, bislang leichte Defizite in der Fitness. Brook MacDonald (NZL): furchtloses 20-jähriges Kraftpaket im österreichischen MS-Team, das mit Mondraker erstmals ein siegerprobtes Bike unterm Hintern hat. Steve Peat (GBR) ist mit fast 38 Jahren der Veteran im Feld: Trotz Easy-going-Image ein Vollprofi, der gezielt Saisonhöhepunkte setzt. Sam Hill (AUS) hat in seinen besten Jahren dominiert wie Gwin 2011, doch haben ihn Verletzungen zurückgeworfen: 2012 fährt er erstmals die CarbonVersion des legendären Specialized Demo.

Stevie Smith Brook MacDonald

Steve Peat

hen … der Traum jedes Organisators wird an diesem Tag wahr, und das vor live­Pu­ blikum in aller Welt, denn auf www.red­ bull.com/bike wird jedes Event des UCI Mountainbike World Cup live im Web übertragen. In den späten 1990ern unterstützten große Sponsoren wie Grundig oder Volvo den Mountainbike­Weltcup, was aufwen­ dige TV­Produktionen ermöglichte. Eine Million Dollar konnte pro Jahr investiert werden, das Material war entsprechend professionell und wurde von Stationen in aller Welt gerne live übernommen. Aber nach dem Ende der großen Sponsorships ließ auch die Qualität der Übertragungen nach, die großen Networks wandten sich ab. Fehlende TV­Coverage war in den ver­ gangenen zehn Jahren sicher eines der größten Probleme des Sports – das aber nun endlich gelöst scheint. „Dank redbull.tv an können wir zehn HD­Kameras an der Strecke postieren“, erzählt Melanie leveau, UCI Weltcup­ Eventkoordinatorin. „Sie ermöglichen uns live­TV in perfekter Qualität. Außer­ dem hilft uns die Erfahrung von Red Bull, Extremsport aus spannenden Perspekti­ ven zu zeigen. Das wird uns und dem Sport gewaltigen Auftrieb geben.“ 3,06 Kilometer ist die Strecke in Pieter­ maritzburg lang, mit 435 Meter Gefälle ist sie bei weitem nicht die steilste im Weltcup­Kalender. Wegen ihres flachen, anstrengenden Mittelteils – „Khathala“ genannt, was auf Zulu „müde“ heißt – ist sie nicht gerade die lieblingsstrecke der meisten Fahrer. Der Begeisterung der Fans in Südafrika tut das keinen Abbruch. Am Streckenrand hat sich eine gewaltige Menge versammelt, die vom sensationellen zweiten Platz des Südafrikaners Burry Stander im voran­ gehenden Cross­Country­Rennen ordent­ lich in Stimmung gebracht wurde.

D Sam Hill

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ie Strecken in Europa mögen stei­ ler sein, gefährlicher, technisch noch anspruchsvoller – Pieter­ maritzburg aber fordert den perfekten All­ rounder. Es ist die schnellste Strecke im Weltcup – mehr als 70 km/h werden ge­ messen – mit den weitesten Sprüngen. Als wäre das nicht genug, saugt „Khathala“ Kraft und Willen aus den Fahrern. Wer sich verschätzt, den wirft es grau­ sam ab. Brook MacDonald erwischt es in der Quali ziemlich heftig bei einem Sprung; dass er sein Rennen fortsetzen kann, ist fast ein Wunder. Als er im Finale am Start steht, hat er eine tiefe Schürf­ wunde am Jochbein, das rechte Bein ist dick bandagiert. „Ich bin okay“, versichert er, auch wenn es nicht so aussieht.

Am späten Nachmittag steigen die Finalläufe: Zuerst die zwanzig schnellsten Damen, sie fahren selbstverständlich auf derselben Strecke wie die Männer. Die Aus­ tralierin Tracey Hannah, nach vierjähriger Pause wieder zurück am Bike, feiert einen sensationellen Comeback­Sieg. Dann die Männer: Oldie Steve Peat schafft es letztlich auf Platz 15, Ergebnis eines soliden laufs des Veteranen aus Sheffield. Noch stärker: Nick Beer auf Rang 12. Weltmeister Danny Hart stürzt und landet unter „ferner liefen“. Traceys Bruder „Sick“ Mick Hannah knallt eine Bestzeit von 3:58,97 hin, die bis zu den beiden Trainingsschnellsten ungeschlagen bleibt. Nur noch Gwin und Minnaar können einen Doppelsieg der Geschwister verhindern. Und das machen sie auch: Zuerst knallt der Amerikaner eine neue Bestzeit hin, 36 Hundertstelsekunden Vorsprung, jetzt liegt es am Südafrikaner, Revanche für die Niederlage im Vorjahr zu nehmen – und vor allem dem Rest des Feldes zu zeigen, dass Gwins Dominanz der vergan­ genen Saison gebrochen ist. Zu Beginn sieht es alles andere als gut aus. Bei der ersten Zwischenzeit liegt Min­ naar zwei Sekunden zurück – eine Welt. Es ist mucksmäuschenstill im Zielstadion, bis der lokalmatador aus dem Wald auf­ taucht, hoch über dem „Air­O­Drome“­ Sprung. Zur Verblüffung aller hat er es mit seinem schnellen, flüssigen Fahrstil ge­ schafft, den Rückstand abzutragen, liegt bei der letzten Zwischenzeit gar eine halbe Sekunde voran … ein Orkan an Geschrei, Pfeifen und Vuvuzelas trägt ihn über die letzten beiden Sprünge, Zielsprint, Best­ zeit! Wilder Jubel bei ihm und den Fans, sie durchbrechen die Absperrung und neh­ men ihren Helden auf die Schultern, bei der Siegerehrung wird Champagner ver­ spritzt wie in der Formel 1. Wie in den Tagen zuvor geht am spä­ ten Nachmittag ein Platzregen über Pieter­ maritzburg nieder, der die Feiern abrupt beendet. Für die Teams beginnt nun der mühsamste Teil des Wochenendes, die Boxen müssen abgebaut, alles muss ver­ packt werden für die weite Heimreise nach dem Trip in den Süden Afrikas. Für eine Reise, auf der genug Zeit ist, um über die begonnene Saison nachzudenken, zu analysieren, Erwartungen nachzujustie­ ren … Weniger als eine Sekunde haben die ersten drei in Pietermaritzburg von­ einander getrennt: Die Saison 2012 hat gerade erst begonnen und scheint das Zeug zu haben, noch besser zu werden als damals in den Heydays der Neunziger. UCI Mountainbike World Cup bei ServusTV: 18. und 25. Mai, 23:15 Uhr; www.uci.ch

BIlDER: SVEN MARTIN

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„ICH BIN EIN RACER“

Nick Beer im Sprung talwärts bei seinem World-Cup-Start in Pietermaritzburg.

RED BULLETIN: Nick, nach deinem schweren Sturz in Les Deux Alpes 2004 gingst du ein Jahr auf Krücken. Ein Jahr! Um 2006 wieder im Weltcup zu attackieren. Wie verrückt bist du eigentlich? NICK BEER: Gar nicht so verrückt. Nach dem Sturz habe ich mit dem Biken vorerst abgeschlossen. Ich wurde viermal operiert, mein Oberschenkelknochen war zertrümmert. Aber wenn du schon als kleinerJunge die Leidenschaft zum Downhill-Sport entdeckst, geht diese Leidenschaft nicht einfach verloren. Ich machte mir damals keinen Druck. Aber Irgendwann setzt du dich doch wieder aufs Rad. Zuerst fährst du zaghaft, dann merkst du, wie es allmählich besser wird ... und plötzlich kommt dieser Augenblick, wo es dich packt, und du willst wieder Topleistungen bringen. Mit ansehnlichem Ergebnis: Europameister 2009, Platz 5 im Weltcupfinale 2010. Wie sieht es 2012 aus? Ich habe mich gut vorbereitet. Allerdings war’s verdammt kalt in der Schweiz, das hieß: Indoor-Training – Ergometer, Kraftkammer –, dann ging es kurz in Italien auf Asphalt und mit Cross Country weiter. Downhill war nicht viel dabei – Fitness konnte ich dafür ordentlich aufbauen. Nick Beers Stärken heuer? „Stärken“ gibt es in der Weltklasse fast nicht mehr. Du brauchst in allen Bereichen ein sehr gutes Niveau. Sonst kannst du an der Weltspitze nicht mithalten. Ich weiß selbst nicht, wo ich zurzeit am meisten draufhabe. Ob in der Technik, Fitness oder Psyche … Apropos Psyche. Wie gehst du ein Rennen mental an? Die letzten fünf Minuten vor dem Start sind unangenehm. Da bin ich aufgeregt, aber auch konzentriert. Wenn es aber losgeht, falle ich in einen Flow und denke nur: „Fahr, so schnell du kannst.“ Und

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dann, bei 100 Prozent Speed, wird’s noch einmal spannend: Da schießt mir Gedanke Nummer zwei durch den Kopf: „Okay, Maximalspeed erreicht? Egal. Leg vom Tempo noch etwas drauf.“ In Pietermaritzburg wurdest du Zwölfter, aber nur anderthalb Sekunden vom Podium (der ersten fünf, eine Downhill-Besonderheit; Anm.) entfernt. Zufrieden? Fürs erste Weltcuprennen bin ich sehr zufrieden. Auf die langen flachen Passagen hatte ich mich mit einem Sprinttraining gezielt vorbereitet. Hat sich ausgezahlt. Ich habe alles, was ich geben konnte, auf der flachen Mittelpassage gelassen und hatte im letzten Streckenteil nicht mehr ganz so viel Power. Sonst wäre ich in den Top Ten gelandet. Auf Platz fünf landete dein neuer Stallkollege – und Topstar – Steve Smith. Wie hat man dich bei Devinci Global Racing aufgenommen? Ich fühlte mich von Anfang an sehr wohl. Ich hatte bei Scott 11 (Beers Team 2009 bis 2011; Anm.) sehr viele wichtige Erfahrungen gesammelt. Jetzt bedeutet dieser Wechsel für mich eine neue Motivation. Ich freue mich sehr, Teil eines so coolen Teams zu sein. Wie professionell ist dieser Sport? Er entwickelt sich Jahr zu Jahr rasanter, das Niveau steigt stetig. Früher hat man

Name: Nick Beer Geburtsdatum: 17. September 1987 Wohnort: Interlaken (Bern), Schweiz Gewicht: 75 kg Größe: 183 cm Team: Devinci Global Racing Hobbys: Skifahren, Motocross Erfolge: Downhill-Europameister 2009; IXS European Cup Champion 2009; Platz 5 im Weltcup-Finale in Windham, USA, 2010; 12. World-Cup-Gesamtrang 2009 und 2010; fünffacher Schweizer Meister

das aus Vergnügen gemacht. Jetzt hast du ein Team mit eigenem Mechaniker, der dein Bike nach jedem Rennen in seine Einzelteile zerlegt, um es für den nächsten Bewerb herzurichten. Klar ist das angenehm. Aber man erwartet auch Leistung von dir. Ein paar Worte zum neuen Bike? Das Devinci Wilson ist das perfekte Downhillbike für mich. Die Geometrie und das Fahrverhalten funktionieren einfach super. Die neue Rock-ShoxBoxxer-Luftfedergabel ist wie für mich gemacht. Ich kann jetzt noch aggressiver fahren. Deine Ziele 2012? Im World Cup Overall möchte ich eine Top-10-Platzierung und, wenn es super läuft, auch Podiumsplätze. 2011 dominierte Aaron Gwin den Weltcup fast nach Belieben … Er hat ein phantastisches Jahr hinter sich. Jetzt versucht jeder Fahrer, ihn vom Thron zu stürzen. Das hebt den Level. Bin gespannt, ob Aaron dem Druck 2012 standhalten kann. Stichwort Red Bull Rampage. Reizt dich so etwas? Als Zuschauer absolut. Als Aktiver weniger. Freeriden, nur um Punkterichter zu beeindrucken, ist nicht ganz mein Ding. Ich bin nun mal ein Racer und brauche zwei Dinge, um Spaß zu haben: Fahren auf Zeit und kompetitive Gegner.

BILDER: SVEN MARTIN, GIAN PAUL LOZZA

Nick Beer, fünffacher Schweizer DownhillMeister, über die Lust an der Konkurrenz, mentale Tricks und warum die weltbesten Fahrer keine Stärken mehr haben.


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Sex auf Deutsch

Kraftklub erfanden ein neues Musikgenre, um den Mädchen das Tanzen beizubringen. Text: Manuel Kurzmann, Bild: Norman Konrad

Eine Sporthalle, irgendwo in Berlin. Fünf Jungs in knall­ farbigen Trainingsanzügen imitieren einen WrestlingKampf, es wird gelacht und geschrien. Das sind also Kraftklub, die Anfang des Jahres „Mit K“ Platz eins der deutschen Charts stürmten. Mit ­ihren energetischen Live-Gigs wurde die Band aber schon lange davor populär. red bulletin: Wer ist der Kraftprotz bei Kraftklub? felix brummer: Eindeutig Steffen. Egal ob mental, geistig oder körperlich: Steffen ist quasi ein Übermensch. steffen israel: Als Zivi schob ich immer Betten. Und einmal im U ­ rlaub habe ich beim Arm­drücken gegen ­meine Freunde gewonnen. Wie alt waren die denn? felix: Vermutlich elf oder zwölf (lacht). Was muss man über eure Musik wissen? felix: Für uns war immer klar, dass wir Jungs-Musik für Mädchen machen wollen, Schrägstrich: Sex auf Deutsch. Ihr wurdet also Musiker, um den Frauen zu gefallen. karl schumann: Unser Wunsch ist es, die Mädchen zum Tanzen zu bringen – zu einer Art von Musik, die wir mögen und nicht nur zu Black Music oder R ’n’ B. 68

Ihr vermischt mit Indie-Pop und Hip-Hop zwei Genres, die auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam haben. Wurdet ihr deshalb schon oft angepöbelt? karl: Einige Hip-Hop-Hard­ liner finden das nicht so gut. till brummer: Als unser Gig am Splash-Festival bekannt­ gegeben wurde, standen auf deren Facebook-Seite Kommentare wie „Das ist doch kein Hip-Hop“ oder „Ich verkaufe meine Karte wieder“. felix: Man darf eines nicht vergessen: Leute, die solche Kommentare schreiben, ­finden sowieso immer alles scheiße. Man darf sich von solcher Negativität nicht ­runterziehen lassen. Wer ist euer Vorbild? felix: Frank Zander (Schlager- und Deutschpop-Musiker, Anm.). Wir haben ihn schon mal live gesehen und waren beeindruckt. Vor allem, weil das Playback immer punkt­ genau ein- und wieder aus­ gesetzt hat (lacht). steffen: Einmal haben wir sogar mit ihm zusammen ­gespielt. Da war so ein kleines Festival, und er war auf der anderen Bühne. karl: Kleines Festival? Das war ’ne Firmenfeier von einem Krankenhaus. Hat euch der große Frank

Zander Lebensweisheiten mit auf den Weg gegeben? felix: Leider nicht. Wir wollten mit ihm reden, wurden aber von den Securitys abgefangen. Was erwartet Leute, die euch noch nie live gesehen haben? felix: Wir sind eine Rockband und nicht Deichkind. Bei uns gibt es nicht irgendwelche krassen Pyramiden auf der Bühne. Till springt herum wie ein angestochenes Ferkel, und Max drischt auf seine Drums ein – so entsteht bei uns die Energie. karl: Wir wollen, wann ­immer es geht, live spielen. Es war nie unser Ziel, Platten zu verkaufen. Steigt bei all den Erfolgen der Druck, es noch besser machen zu müssen? felix: Es ist nicht clever, sich von seinem Erfolg dirigieren zu lassen, wie es weitergehen soll. Wir machen, wie in den Anfangszeiten, Musik für unsere Kumpels. Wenn man zu viele Gedanken über Erfolg verliert, vergeht der Spaß. Falls es irgendwann keinen Spaß mehr macht, hören wir auf. Inwieweit hat euch eure ­Heimatstadt Chemnitz zu dem gemacht, was ihr seid? till: Wir sind alle aus dem

„ Es ist nicht clever, sich von seinem Erfolg dirigieren zu lassen.“ Ghetto. Aus ostdeutschen Hochhaussiedlungen. felix: Uns hat in der Kindheit das Kulturprogramm gefehlt. Wir waren also zum Selbermachen gezwungen. Das ist eine Energie, die Großstädten möglicherweise abgeht. karl: Es gibt in Chemnitz ­weniger dieses Phänomen von Clubs, die in einer Woche ­populär und in der nächsten out sind. Man identifiziert sich dauerhafter mit Leuten, die etwas auf die Beine stellen. Seht ihr eine realistische

Chance, dass man euch mal den goldenen Schlüssel der Stadt übergibt? steffen: Klar. Kann man den irgendwo beantragen? felix: Wir haben zumindest schon einmal ein Dankesschreiben von unserer Bürgermeisterin bekommen. Ihr lebt in Chemnitz in Wohn­ gemeinschaften. Habt ihr mit der verdienten Kohle euer Zuhause aufgemöbelt? felix: Die Sache mit dem Geld ist ein totaler Trugschluss. In Wirklichkeit zahlen wir uns nur einen besseren Hartz-IVSatz aus. Zum Leben brauchen wir nicht mehr. Unsere Aus­ gaben beschränken sich auf Tabak und Bier. max marschk: Darum sind wir auch so gern auf Tour. ­Jeder Tag, den wir zu Hause verbringen, kostet Geld. Wir sparen gerne, so wurden wir erzogen. Was würdet ihr machen, wärt ihr keine Musiker? felix: Steffen Kampfsport. Till würde mit Arbeiterhelm und Akustikgitarre vorm Aldi stehen. till: Karl wäre Zuhälter. felix: Ich würde einfach so „rum-Hartz-IV’n“ und erfolglos Sachen schreiben. Und Max würde am Bau malochen. Darum heißen wir Kraftklub: Wir stehen auf Montage und Ackern. Und ihr würdet – weil ihr ja so sportlich seid – in der Kraftkammer abhängen. karl: Wir haben zumindest immer einen Fußball und ein Frisbee auf Tour dabei. felix: Eigentlich warten wir ja nur darauf, dass wir irgendwann berühmt genug sind, um bei einem Celebrity-Match mitspielen zu können – egal ob Fußball oder Basketball. Wunschgegner? till: Am besten eine MetalBand. Die leben noch ­ungesünder als wir. felix: Oder Revolverheld (deutsche Rockband, Anm.). Weil die so langsam sind? felix: Nö, einfach um ihnen weh zu tun. Alle Tourdaten und der Tour-Blog auf: kraftklub.to & kraftklub.tumblr.com


Kraftklub beim Workout: Till Brummer (Medizinball), Karl Schumann (Expander), Felix Brummer (Theraband), Max Marschk (Lat-Maschine), Steffen Israel („Gewicht“).


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Der Stratos­anzug von Felix Baumgartner steckt voll praktischer Details: So etwa gibt es integrierte rückspiegel, die das durch den Helm ein­ geschränkte Sichtfeld kompensieren.

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Der Traditionsanzug

Seit über fünfzig Jahren ist die David Clark Company inc. ein Herrenausstatter für besondere anlässe. Das Unternehmen hat die raumanzüge für Generationen von astronauten und Piloten geschneidert. Für das Projekt red Bull Stratos liefert es nun die entscheidende Schutzschicht zwischen Felix Baumgartner und dem eisigen Weltraum. text: Werner Jessner & robert sperl 70


Bilder: sven Hoffmann/red Bull stratos

Das ist Red Bull Stratos red Bull Stratos ist eine mission an den rand des Weltraums, bei der Felix Baumgartner in einem Heliumballon auf 36.576 meter aufsteigen und im freien Fall zur erde zurückkehren wird. er wird dabei wertvolle Daten für die Wissenschaft sammeln und vier Weltrekorde aufstellen:

1. überschall ohne Fremdantrieb 2. höchster Freifall 3. längster Freifall 4. höchste bemannte Ballonfahrt

Das red Bulletin begleitet red Bull Stratos hautnah und widmet sich jeden monat einem Spezialgebiet, nachzulesen auch am iPad.

im FeBrUar wurden Felix Baumgartner (1.1) und Joe Kittinger (1.2) interviewt. im mÄrZ haben wir uns Felix Baumgartners Kapsel angesehen (2.1), sein Cockpit (2.2) und die Kameras an Bord (2.3). im aPril drehte sich alles um den Heliumballon, der Felix in die Stratosphäre bringen wird – es wird gezeigt, wie der riese sich in die luft erhebt (3.1), und Felix Baumgartner erzählt vom steinigen Weg zur Ballonfahrerlizenz (3.2).

DieSen monaT geht’s um Baumgartners Garderobe – seinen raumanzug (4.1) und um die Geschichte des raumanzugs insgesamt (4.2).


im ePiZenTrUm Der DaViD ClarK ComPanY inC. Die Ziele der reisenden liegen außerhalb dieser Welt, bisweilen auf anderen Planeten. Die dafür erforderliche Garderobe – hier der anzug von Felix Baumgartner – wird im Testraum ganz bewusst nach traditionellen methoden aller­ letzten Checks unterzogen.

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Die Angebotspalette fällt vorbehaltlos in die Kategorie Hightech, doch von außen wirkt DCCI so unscheinbar wie eine Fabrik, die Holzspielzeug herstellt. Der Eindruck hält sich auch noch hinter der schmalen Eingangstür. Einzige Sicherheitsschleuse ist der Portier, der offensichtlich alle 300 Mitarbeiter persönlich kennt. Doch mit jedem weiteren Moment wird spürbar, dass sich diese Company mit etwas Speziellem befasst. Besucher kriegen einen Assistenten zur Seite gestellt, in dessen Schlepptau es in einem kahlen Stiegenhaus nach oben geht. Es ist so still wie in einer Schule während der Ferien, man erschrickt vor den eigenen Schritten. Man folgt dem Lotsen durch Büros mit von halbhohen Holzwänden

David Clark wies den Weg bei der Herstellung von Anti-g-Anzügen: Jeder Astronaut im Space Shuttle trug ein Modell von DCCI.

getrennten Kojen für die Techniker und Aquarien für die höheren Chargen, vorbei an schlichten Metallschränken und Schreibtischen, hinter denen freundlich grüßende Menschen sitzen. tür um tür öffnet sich, dann steht man im Allerheiligsten, einem zehn mal zehn Meter großen, fensterlosen Raum, mit dunklem Holz getäfelt, Linoleumboden. Wer jetzt ein Aha-Erlebnis erwartet, das einen in grellem Neonlicht in die Zukunft stößt, der ist überrascht. Das Herzstück der David Clark Company Inc., welche die Anzüge für Shuttle-Astronauten geschneidert hat, einer Firma, die alle Spezialpiloten eingekleidet hat, die als Aufklärer und Testpiloten in ultraschnellen, geheimen Jets unterwegs waren, dieses innerste Universum ist ein Zimmer, in dem das einzig Digitale das Mobiltelefon in der Hosentasche unseres Reiseführers ist. Doch der Besucher lässt sich längst nicht mehr täuschen. Auch wenn die schrankgroßen Gerätschaften, gewandet in olivgrünes Blech, allesamt analog mit chromglänzenden Zeigern, Skalen, Manometern und Messgläsern bestückt sind. Auch wenn ein simpler Flaschenzug von

BILDER: SVEN HOFFMANN/RED BULL STRATOS

W

orcester, 50 Meilen westlich von Boston, ist mit Sicherheit jene US-Stadt, die am häufigsten falsch ausgesprochen wird. (Das liegt an Worcester in den englischen Midlands, der Heimat der gleichnamigen Sauce.) Verwirrend auch, obwohl Worcester nur 200.000 Einwohner hat: Egal aus welcher Richtung der Reisende ankommt, er verheddert sich im Weichbild aus Parkplätzen, Supermärkten, Wohnblocks und Fabriken. Letztgenannte verstecken sich gerne hinter anonymen Ziegelfassaden, auch die David Clark Company Inc. in der Franklin Street. Das Hauptgeschäft von DCCI ist der Bau von Kopfhörern und Sprechanlagen für Fliegerei und Raumfahrt – etwa für Apollo 11, das 1969 die ersten Amerikaner auf den Mond transportierte. Clarks Einstieg in dieses Business ergab sich 1941, als Firmengründer David M. Clark, ein Strickwarenfabrikant, sich auf AntiSchwerkraft-Anzüge (anti-g suits) für Piloten spezialisierte. Daraus wurden die erwähnten Kopfhörer sowie Druckanzüge und Helme für Piloten und Astronauten der U.S. Air Force bzw. der NASA.


ACTION

der Decke baumelt – zum Simulieren eines Fallschirmabsprungs – und auf einer Ablage eine Küchenwaage steht, Inventarnummer DC1452. Man spürt, dass hier Genie und Geschick, Erfahrung und Aufbruchsstimmung koexistieren – wie in traditionsreichen Uhrenmanufakturen, nur dass es in Worcester nicht um das Zerhacken von Minuten in Sekunden geht, sondern um die Reise in den Weltraum. Eine kleine Galerie dokumentiert die Kompetenz der DCCI-Mannschaft: An den Wänden hängen zwei Dutzend gerahmte Fotografien – Piloten an der Gangway ihrer Jets, Astronautenteams vor Raumschiffen, oft mit Widmung, als Dankeschön der Crews für klagloses Funktionieren. Dominiert wird der Raum von einem Podest mit darauf montiertem Pilotensitz. Dieser ähnelt „Old Sparky“, wie die Amerikaner den elektrischen Stuhl nennen: Hier sitzen die künftigen Aeronauten, werden vermessen oder unterziehen ihre frisch gelieferten Anzügen letzten Funktionschecks und Dichtheitsprüfungen. Erst danach geben die DCCI-Ingenieure ihr finales Placet, und die Anzüge dürfen außer Haus gebracht werden. (Manche

FreUnD miKe Suit Handler mike Todd sorgt dafür, dass Felix Baumgartners anzug perfekt sitzt und alle Sicher­ heits­ und Kommunikations­ systeme funktionieren. in diesem Job ist Todd der letz­ te, den Felix sieht, ehe der die Kapsel besteigt, und der erste, der ihn nach der lan­ dung empfängt. Diese nähe macht die zwei zu Freunden.

kehren nach den Missionen zurück; sie hängen in einem Archiv, in Nylonsäcken verpackte Trophäen samt Namensschildern, wie im Kostümverleih. Taucheranzüge sind auch dabei, die von DCCI als eine Art Fingerübung entwickelt wurden.) felix Baumgartner saß im Januar 2008 das erste Mal in diesem „Test Room“, um sich drei Stunden lang vermessen zu lassen. Die erste, kritische Kennenlernphase hatte er damals bereits hinter sich. Den Kontakt zu DCCI hatte Art Thompson hergestellt, der technische Gesamtleiter des Projekts Red Bull Stratos und in der Branche wohlbekannt. Es war kühl gewesen am Verhandlungstisch, als Baumgartner das erste Mal dem DCCI-Management gegenübersaß, gespannte Erwartungen auf beiden Seiten. Die Bereiche Aviation und Space bestimmen präzise ausformulierte Projekte und Verträge, abgeschlossen auf einer für Außenstehende irritierend unemotionalen Ebene. Doch in diesem Business wird bloß absolute Fehlerlosigkeit toleriert, und Gefühle haben hier nichts verloren. Für Baumgartner eine neue Erfahrung:

In einem Abstellraum hängen, in Nylon verpackt, einige gebrauchte Anzüge, wie im Kostümverleih. „Red Bull ist einfach eine wärmere Welt, es rennt der Schmäh, lachende Gesichter, keine Krawatten, alles ist leger.“ Auf der anderen Seite des Tischs saß John W. Bassick, zu dieser Zeit Executive Vice President von DCCI, und beschrieb die Vorbehalte seiner Firma gegenüber zivilen Projekten. Mitte der 1960er Jahre hatte DCCI das letzte Mal mit Zivilisten kooperiert: Damals wollte der Lastwagenfahrer Nick Piantanida aus New Jersey Joe Kittingers Rekordsprung übertrumpfen. Doch bei seinem Versuch im Mai 1966 gab es in 19 Kilometer Höhe einen Zwischenfall. Wegen Sauerstoffmangel fiel Piantanida ins Koma, vier Monate später war er tot. Bassick klingt immer noch ernst, wenn er sagt: „Ich habe ihn hier in diesem Zimmer kennengelernt.“


Der Helm

Gefertigt aus Verbund­ werkstoffen, ist auch er eine David-Clark-Entwick­ lung. Im Helm sind ein Mik­ rofon und zwei Kopfhörer integriert. Das Visier ist be­ heizbar, um Beschlagen und Vereisen zu vermeiden, und besitzt eine verstell­ bare Sonnenblende. Über den Helm wird Baum­ gartner auch während des Sprungs mit ­Sauerstoff versorgt; dieser kommt aus zwei in den Fallschirm ­eingearbeiteten Transportzylindern. Vom Schnitt her unter­ scheidet sich Baum­ gartners Anzug von ­denen für Piloten und Astronauten; bei diesen ist Beweglichkeit eher zweitrangig. Baumgart­ ner jedoch befindet sich im freien Fall wie ein Skispringer in einer „tracking position“, bloß mit dem Kopf nach unten. Der Gurt vor der Brust hält den Helm in seiner korrekten Posi­ tion, sobald sich der Druckanzug aufbläst. Ohne diese Sicherung bestünde die Gefahr, dass der Druck den Helm von den Schultern abhebt.

Die Façon

4.1

Die zweite Anzugschicht (Netting) kann man sich als gehäkeltes Netz aus Spezialgarn vorstellen. Dieses verhindert, dass sich die aufgeblasene Membran zu stark ausdehnt.

Die zweite Schicht Ein Kettenhemd aus Spezialgarn

Die innerste Schicht des Anzugs besteht aus einer gummiähnlichen Membran mit per Ultraschall verschweißten Nähten – da kommt nichts rein und nichts raus. (Löcher bis zur Größe einer kleinen Münze ver­ kraftet das System im Notfall.) Diese „Blase“ wird, sobald Baumgart­ ner die Kapseltür öffnet, so weit mit Luft aufgeblasen, bis der ­Innendruck dem in einer Seehöhe von 10.670 Metern entspricht. Diese künstliche Atmosphäre unterbindet Ebullismus, das Entstehen von Gasblasen im Blut. Während der Freifallphase regelt ein Kontrollventil, das „Gehirn“ des Anzugs, den Druck und passt ihn kontinuierlich der jeweils neuen Höhe an. Apropos „nichts rein/raus“: Nach dem Anlegen des Anzugs erfolgt das „Pre-Breathing“ (zwei Stunden Atmen von reinem Sauerstoff, um das Blut von störendem Stickstoff zu befreien, der in ­großen Höhen zu Bläschenbildung im Blut führen könnte), womit bis zum tatsächlichen Erreichen der Absprunghöhe bis zu fünf Stunden vergehen können. Dem stoffwechselnden Menschen stellen sich an dieser Stelle zwei ­Fragen. Die erste ist einfach beantwortet: Am Helm gibt es eine „Essens­ pforte“, durch die per Schlauch Flüssigkeit aufgenommen werden kann. Viel Trinken ist Pflicht, weil das Atmen reinen Sauerstoffs den Körper austrocknet. Zur zweiten ­Frage: Baumgartner hat sich gegen die wenig heldenhafte Windel­variante entschieden und für eine Art ­Kondom. Der Behälter bleibt in der Kapsel, „weil man ihn im freien Fall nicht braucht “ (Baumgartner).

Die erste Schicht Eine Atmosphäre für Felix

In 36,5 Kilometer Höhe verlässt Felix Baumgartner seine Druckkapsel, um sich in Richtung Erde zu stürzen: Ein Druckanzug ist dafür über­ lebenswichtig. Temperaturen von minus 60 Grad (und kälter) auf dem Weg nach unten und der geringe Luftdruck (er bringt das Wasser im Blut oberhalb der sogenannten „Armstrong-Linie“ ab etwa 19 Kilo­ meter Höhe quasi zum „Kochen“) ­würden sonst zum Tod führen.

Felix Baumgartners Anzug ist der erste, den David Clark Inc. derart speziell für einen Privatmann ent­ wickelt hat. Insgesamt wurden drei Stück produziert.

Anzug im Detail


Die Handschuhe ­werden aus Komfort­ gründen so spät wie möglich angezogen. Zwei auf ihnen mon­ tierte ­Spiegel, einer links und einer rechts, verbessern das durch den sperrigen Helm eingeschränkte ­periphäre Sehen. Die Schuhe sind größer, als es Felix’ Fußgröße entspräche. Der Grund: Darunter trägt Felix die unter Druck stehenden Schuhe, die Teil des Anzugs sind. Das weiße ­Außengewebe der Überschuhe ist feuerfest.

Hand & fuss

Auf & ZU

Die Handschuhe sind ebenso wie der Helm mit einer Drehmanschette luftdicht mit dem Anzug verbunden.

… verspürt auch Bedürf­ nisse: Dafür gibt es ­einen Auffangbehälter mit drei Liter Fassungs­ vermögen unter dem Sitz. Ein Kondom im An­ zug ist über Schläuche damit verbunden. Vor dem Ausstieg kappt Felix diese Schläuche und schließt am Anzug den Urinal-Reißverschluss.

wer trinkt …

Durch diese Öffnung strömt in der Aufstiegsphase warme (damit Felix nicht friert) oder kalte Luft (verhindert Schwitzen und somit ein Beschlagen des Visiers).

Belüftung

Ein Blick ins Unterfutter: Hier ist schön zu sehen, wie aufwendig das aus Kunstfasern gehäkelte Netting angelegt ist. Die Drähte führen zu den beheizbaren Schuhen.

Hält den Druck im Anzug auto­ matisch stets auf dem gleichen Niveau; egal in welcher Höhe sich Felix gerade befindet.

Anzug-Regler

Von Baumgartners Anzug wurden übrigens nur drei Stück produziert: ein Prototyp, der während der ersten Testphasen laufend adaptiert wurde, ein Nachfolgemodell für alle weiteren Tests und schließlich Nummer 3, mit der aus Sicherheitsgründen nur einige wenige Test­ sprünge und der tatsächliche Rekordsprung bestritten werden.

Die dritte, äußerste Schicht des Anzugs besteht aus einer Lage ­textilem Material. Sie wirkt feuerhemmend und isolierend. Zusätzlich trägt Baumgartner Thermounterwäsche, um während des Aufstiegs (Dauer: rund zweieinhalb Stunden) und Abstiegs (rund fünfeinhalb ­Minuten Freifall, ab 1500 Meter über Grund Fallschirmphase) geschützt zu sein.

Die dritte Schicht Die Außenschicht gegen Wind und Feuer

Bilder: Balazs Gardi/Red Bull Stratos (2), Sven Hoffmann/Red Bull Stratos


4.2 Die Geschichte

des Raumanzugs

Die ersten raumanzüge gehen auf die 1930er Jahre zurück und basierten auf Taucheranzügen. Der Zweite Weltkrieg beschleunigte die entwicklung von raum­ und anti­Schwerkraft­anzügen, der nächste Katalysator war das sogenannte „Space race“ der USa und der UdSSr ab den 1950ern. Von diesen erfahrungen profitiert man noch heute. all die Jahre an vorderster Front dabei: die David Clark Company.

1965 Dieser Anzug wurde im raketenbetriebenen, bis zu Mach 6,72 schnellen Experimentalflugzeug X-15 getragen. Er ist der erste, dessen Druckschicht komplett aus Link-Net besteht. David Clark hat dieses Material entwickelt, das sich seither vom ersten Spacewalk (US-Astronaut Ed White, 1965) bis heute bewährt hat: Auch Felix Baumgartners Druckanzug besteht aus Link-Net.

rUSSiSCHer SoKol­raUmanZUG, wie er für Reisen zur Internationalen Raumstation ISS verwendet wird. Wird für seinen Träger maßgeschneidert und im Gegenzug zu den wiederverwendbaren NASA-Space-ShuttleAnzügen von David Clark nur einmal getragen.

1965 Dieser „Capstan“-Anzug für einen Hund stammt aus sowjetischer Produktion und wurde in frühen Raumfahrts-Entwicklungsprogrammen verwendet. Bei Capstan-Anzügen wird der Druck auf das menschliche Gewebe direkt über Seilzüge erzeugt. Das Prinzip wurde von Dr. Jim Henry (University of Southern California, um 1940) entwickelt, die David Clark Company baute später die Anzüge für Piloten des X-1-Testflugzeugs nach diesem Muster. Die Technologie gelangte 1960 durch den Abschuss von Francis G. Powers’ U-2 über sowjetischem Territorium in die UdSSR, wo sie noch sehr lange eingesetzt wurde. 1965 Diesen Gemini-G-4CAnzug trug Ed White beim ersten US-Spacewalk 1965. Zu sehen ist die zusätzliche äußere Schutzschicht aus TMG und ein goldgetöntes Visier gegen die Sonnenstrahlung. Eine Evolutionsstufe trugen Frank Borman und Jim Lovell während ihres 14-tägigen Rekordflugs mit Gemini VII. 1950er In den Fünfzigern experimentierte eine Vielzahl von Firmen mit Raumanzügen, darunter BF Goodrich, General Electric, US Rubber, Arrowhead, ILC und natürlich David Clark. Der Hersteller dieses Anzugs ist unbekannt, vermutlich wurde mit diesem Anzug auch nie geflogen.

VermUTliCH Der ProToTYP eines Hard Upper Torso für die Space Shuttle Extravehicular Mobility Unit (EMU) von Hamilton Standard. Diese „Ritterrüstung“ trug bei Ausflügen ins All den Tornister mit Überlebensund Kontrollsystemen und bot außerdem eine Möglichkeit, das Werkzeug für Außenarbeiten zu befestigen.

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ein anZUG aus jener Zeit, in der der U.S. Air Force die Verantwortung für alle Druckanzüge übertragen wurde (das gilt übrigens bis heute). Die Basis dieses Anzugs stammt von der Mark-Serie von BF Goodrich, hat allerdings statt eines diagonalen Front-Zipp schon den U-Zipp, wie ihn David Clark für die X-15 gebaut hat. Vermutlich zeigt das Foto einen Prototyp, den David Clark noch für die Navy gebaut hat.

DieSer anZUG löste gegen Ende der 1970er den ersten Pilotenanzug für die Lockheed SR-71 „Blackbird“ ab und diente der NASA für High-SpeedFlugtests. Dazu wurde ein Anti-g-Anzug ins Innere eingearbeitet. Interessant auch: Eine Vielzahl von Mikrofonen und MicroswitchDrucksensoren sollte die Atemgeräusche in der Kommunikation eliminieren.

aPollo­raUmanZUG mit thermischem Mikrometeoriten-Schutz (TMG), gebaut von der International Latex Corporation. Besonders interessant ist der Polycarbonat-Helm mit Kommunikationseinheit, entwickelt und gebaut von Air-Lock Inc., gegründet von David Clark und heute Teil der David Clark Company.

ein merCUrY­ anZUG, hier getragen von Alan Shepard (1961). Basiert auf dem Modell Mark IV, das BF Goodrich für die U.S. Navy erdacht hat. Im Zuge dieser Entwicklung wechselte ein Stab hochqualifizierten Personals von der U.S. Navy zur NASA.

SeiT einem halben Jahrhundert experimentiert die Menschheit mit „weichen“ Anzügen für Spaziergänge auf fremden Planeten. Könnte man diese Anzüge am Äußeren des Landefahrzeugs (Rover) transportieren und über eine Schleuse direkt an- und wieder ausziehen, würde das die Problematik der Kontaminierung des Rovers minimieren. Mehrere solcher Konzepte liegen der NASA im Moment zur Evaluierung vor.

aPollo­anZUG mit PolycarbonatBlasenhelm. Das Helmdesign stammt aus den 1960ern und wird noch heute auf der ISS bei Außenarbeiten verwendet.


ACTION

BILDER: PICTUREDESK.COM (2), GETTY IMAGES (7), CORBIS (3), FRANÇOIS PORTMANN/RED BULL CONTENT POOL, GIAN PAUL LOZZA

limiTeD eDiTion Bei David Clark entste­ hen raumfahrtanzüge in Handarbeit. Das braucht Zeit: Für ein exemplar, wie Baum­ gartner es trägt, braucht es einen monat.

Doch Baumgartner und Thompson hatten gute Argumente: Die Idee, mit Hilfe des Teams von Red Bull Stratos einen Prototyp für die nächste Generation von Full Pressure Suits entwickeln zu können, Raumanzügen, die künftigen Astronauten das Leben retten können, überzeugte DCCI, und am Abend saß die Runde schon zum Dinner im Golfclub, im Brookline Country Club. Das war nicht unkomisch, herrscht in diesem klassischen Country Club doch ein strenger Dresscode, und wie jeder weiß, trägt Felix meist (zerrissene) Jeans. Auch hier half Thompson. Demzufolge waren die geborgten Hosen Felix deutlich zu groß, „ich bin da gesessen wie ein bulgarischer Autoverkäufer“ (Baumgartner). die ersten anzugtests bestritt Felix mit einem Modell ähnlich jenen, wie sie Piloten von Aufklärungsflugzeugen tragen, erzählt Mike Todd, der Felix seit damals begleitet. Der Amerikaner ist Life Support Engineer und als solcher für alle Sicherheits- und Kommunikationssysteme verantwortlich. Dass er Felix als Suit Handler vor den Sprüngen in den Anzug hilft – vor allem, um Felix’ Energie zu sparen und den optimalen Sitz aller Flappen, Verschlüsse und Manschetten zu garantieren –, ist nur ein Teil seines Jobs. Baumgartners Erfahrung mit Anzügen ist groß: Fallschirmspringen, BASE-Jumping, Ärmelkanalüberquerung, und: „ich war auch schon auf Hochzeiten“, aber hier ist alles diffiziler. Von komfortabler Beweglichkeit keine Spur, das Sichtfeld eingeschränkt. Dann das Gefühl von Klaustrophobie, eingeschraubt in eine Enge, die Atmen erschwert. Felix: „Du atmest immer gegen einen Widerstand. Es ist, als würde man sich ein luftdurchlässiges Tuch vor den Mund halten und schnell gehen – du kriegst noch genug

Stich für Stich Handarbeit: Hightech ordnet sich bei DCCI bewusst der Tradition unter. Sauerstoff, aber du hast das Gefühl, dass das zu wenig ist.“ Wie lautet dazu Joe Kittingers simpler Rat? „Verbringe so viel Zeit wie möglich in diesem Anzug, er muss zu deiner zweiten Haut werden.“ (Felix benötigte dazu psychologische Hilfe, nachzulesen in der Februarausgabe des Red Bulletin und am iPad.) abschließende führung durch jene Abteilung, wo ein Dutzend Spezialistinnen die Anzüge endfertigen. Auch in den niedrigen Hallen der Schneiderei ordnet DCCI Fortschritt, Hightech und Sicherheit

sehenden Auges der Tradition unter, weil Letztere über die Jahrzehnte ihre Perfektion bewiesen hat. Die Zeit scheint hier bewusst ein wenig angehalten zu werden, und in dieser wunderbaren Atmosphäre entsteht auch das Netting, die Schicht zwischen luftdichter Unterschicht und Außenstoff, auf Maschinen, die seit vierzig, fünfzig Jahren klaglos klappernd ihren Dienst verrichten. Das Netting verhindert, dass sich die Unterhaut unkoordiniert aufbläst, und sie schafft es als komplizierte Häkelarbeit, deren Ergebnis aussieht wie das Kettenhemd eines Samurai. Firmengründer David M. Clark kam ja aus dem Knitting Business, er hat die mechanischen Wunderwerke persönlich mitentwickelt, die das Netting noch immer weben, Zeile für Zeile, zu komplexen Spinnennetzen. Die Anzugstoffe sind hochmodern, atmungsaktiv und feuerbeständig, doch zurechtgeschnitten werden sie nach abgegriffenen Schablonen auf großen Holztischen: Die Frauen, die hier arbeiten, regieren virtuos mit Schere, Maßband und Schneiderkreide. Zusammengenäht werden die zig Einzelteile mit mechanischen Singer-Nähmaschinen, Stich für Stich wird gesetzt, jede Naht mehrfach überprüft, jede Kontrolle per Formular dokumentiert. Es braucht viele hundert Stunden, ehe ein Anzug fertig ist, wie Felix Baumgartner einen trägt. Und DCCI garantiert, dass es sogar bei Stromausfall zu keiner Produktionsverzögerung kommt. Die Damen zünden Kerzen an und sticheln auf ihren SingerMaschinen einfach weiter. red Bull Stratos bei ServusTV: 2. mai, 21.15 Uhr www.redbullstratos.com

5 Nächsten Monat lesen Sie:

So bringt Felix Baum­ gartner Körper und Geist auf Strato­ sphären­niveau. Plus: ein kleiner ausflug in die Science­Fiction.

FiT WerDen, FiT BleiBen auch wenn die Schwerkraft ihn dabei unterstützt: Felix Baumgartners Sprung aus dem Weltall verlangt nach einem bestens trainierten Körper.

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Inhalt 80 REISE-TIPP Queenstown, Neuseeland 82 KULINARIK Pino Lavarra 84 GET THE GEAR Mariana Pajรณn 86 TRAINING Herbert Nitsch 87 FACES FOR CHARITY 88 BAR25 90 CLUB & CD 91 TAKE 5 Shabazz Palaces 92 TOP-SPOTS

Bild: Frits van Eldik

94 SAVE THE DATE

Warum Ihr persรถnliches Foto schon bald einen Formel-1-Boliden von Red Bull Racing zieren kรถnnte, lesen Sie auf Seite 87.

96 RED BULL TV-FENSTER bei ServusTV 98 KOLUMNE mit Christian Ankowitsch


Ferien extrem

AUF UND DAVON DER REISE-TIPP DES MONATS

QUEENSTOWN. Offroad-Rennen,

Kajak-Touren, Feuerwaffen: Zu Besuch in Neuseelands Abenteuerhauptstadt.

Ein Goldfund im Shotover River machte Queenstown im Jahr 1862 zum ersten Mal berühmt. Aus allen Teilen der Welt strömten Glücksritter auf Neuseelands Südinsel – angetrieben von der Gier nach schnellem Reichtum. Der Goldrausch währte freilich nicht lange, und heute lässt sich der Fluss nur noch selten ein Nugget abringen. Wer aber nach ein wenig Nervenkitzel sucht, ist in Queenstown nach wie vor goldrichtig. Der OutdoorTourismus hat den 10.000-Einwohner-Ort in den vergangenen Jahren in ein vibrierendes Zentrum verwandelt: Zwei Millionen Besucher kommen jährlich, Lonely Planet wählte die Southern-Lakes-Region um Queenstown, Wanaka und Fiordland in die „Top 10 places to visit 2012“. Was Queenstown so speziell macht, ist der Mix aus atemberaubender Landschaft (Tipp: beim Fliegen Fensterplätze reservieren), brodelndem Nachtleben und einem Überangebot an Action. Egal ob beim Runterbrettern einer Mountainbike-Strecke, den Speedbootrennen am Shotover River oder einer Quad-Tour durch die matschigen Bergpfade. Das Motto der Stadt Queenstown lautet: Adrenalin für alle. www.queenstownnz.co.nz

Action mit Ausblick: Am „Flying Fox“ sausen Besucher über den Wakatipu-See (kopfüber muss aber nicht sein).

REISE-INOFS

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NEUSEELAND Wellington Queenstown

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Abenteuer Anreise: Die Flugzeit nach Neuseeland beträgt 25 bis 30 Stunden. Doch die Strapazen werden belohnt.

Neuseelands MountainbikeStrecken fördern Anfänger und fordern die Profis.

Urlaubszeit: Besuche lohnen sich 365 Tage im Jahr. Ursprünglich bekannt als Wintersport-Mekka, sorgen heute die Sommergäste für steigende Nächtigungszahlen in Queenstown. Unterkunft: Das Rees Hotel (benannt nach Stadtgründer William Gilbert Rees) liegt direkt am Wakatipu-See. Die Zimmer bieten einen atemberaubenden Ausblick auf die Berge, und gegessen wird im prämierten Restaurant „True South“. Essen: Das Vudu Cafe & Larder ist schwer zu übertreffen, wenn es um kräftiges Frühstück geht. Leckere Tapas und kaltes Bier werden im Atlas Beer Cafe serviert (unbedingt ausprobieren: den „Fergburger“). Das beste Eis gibt’s bei Patagonia Chocolates.


MORE BODY & MIND

FREIZEIT-TIPPS

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TEXT: ROBERT TIGHE. BILDER: DEREK MORRISON/SKLYINE, QUEENSTOWN RAFTING, SHOTOVER CANYON SWING, CP IMAGES/ZIPTREK ECOTOURS, MILES HOLDEN/OFFROAD ADVENTURES

Staub fressen am Ende der Welt Sieben Outdoor-Aktivitäten, die jeder Queenstown-Besucher einmal ausprobieren sollte (Tipp: Kleidung zum Wechseln einpacken). ACTION.

5 Fliegender Fuchs Warum zu Fuß gehen, wenn man ein Stahlseil runtersausen kann? Die Firma Ziptrek Ecotours hat sich auf Flying-Fox-Touren spezialisiert, bei der auch Familien und Jugendliche auf ihre Kosten kommen. Die „Kea 6-Line“-Tour führt vom höchsten Punkt der Skyline-Gondel über sechs Flying-Fox-Seile talwärts, darunter die steilste Baum-zu-Baum-Verbindung der Welt. Als Absprung- und Landeplattformen dienen großzügig designte Baumhäuser. www.ziptrek.com

1 Queenstowns Bergstraßen geben hervorragende Rennstrecken ab. 1 Quad für Entdecker „Wenn du dich nicht wie ein Idiot anstellst, wirst du auch nicht wie einer behandelt“, sagt Lachie Columb, Mitarbeiter der Firma Off Road Adventures. Seit 1989 organisiert der Familienbetrieb Quad- und Motorradtouren rund um Queenstown. Lachie saß bereits mit drei zum ersten Mal am Quad. Bruder Scott verdient sein Geld als Motocross-Profi. Unbedingt ausprobieren: die Dreistundentour durch die Hügel rund um Queenstown oder den Dreitagetrip durch die Otago-Region im Süden der Insel. Bei allen Angeboten gratis dabei: eine Garantie fürs Dreckigwerden. www.offroad.co.nz 2 Downhill-Thriller Der Queenstown Bike Park eröffnete erst im vergangenen Jahr, konnte sich 3

Der QueenstownKlassiker: Jetbootfahren am Shotover River.

in kurzer Zeit aber bereits den Ruf als Neuseelands bestes MountainbikeRevier sichern. Nach dem Aufstieg in der Skyline-Gondel können Downhiller aus 30 Kilometern Strecke wählen. Hammy’s Track ist eine lange, flüssige Abfahrt für Anfänger, die blauen Kurse verlaufen etwas steiler. Wer sich gar mit den Profis messen möchte, probiert eine der sieben schwarzen Strecken. www.skyline.co.nz/queenstown/MTB 3 Jetboot-Rennen Eine der ältesten Queenstown-Attraktionen ist gleichzeitig die spektakulärste: Seit 1970 düst der Shotover Jet am gleichnamigen Fluss übers Wasser. Mehr als drei Millionen Passagiere genossen seither das Vergnügen, sich zwischen Stromschnellen und Canyonwänden die Dusche ihres Lebens zu holen. Das Jetboot selbst wurde übrigens 1954 erfunden – von einem Farmer aus Neuseeland. www.shotoverjet.com 4 Wildwasser-Rafting Ein Raftingausflug in Queenstown beginnt mit der Autofahrt zum Skippers Canyon. Nach der Vorstellung beim Bootsführer hat man Gelegenheit, die Landschaft zu genießen, während man durch Stromschnellen paddelt, die Rock Garden, After Shock, Toilet, Pinball oder Jaws heißen. Der 170 Meter lange Oxenbridge-Tunnel bildet den Höhepunkt der Strecke. Hardcore-Rafter werfen sich ab September in die Fluten, wenn die Stromschnellen Stärke fünf erreichen. www.queenstownrafting.co.nz

6 Canyon Swing Queenstown mag eine Hochburg des Bungee-Jumpings sein, doch beim Canyon Swing über den Shotover River kann zwischen 70 verschiedenen Absprungarten gewählt werden. Schon die klassische Variante lässt die Adrenalin-Ausschüttung in zwei Sekunden von null auf hundert hochschnellen. Nach dem Absprung von der 109-Meter-Plattform folgen 60 Meter im freien Fall, bevor sich beim Auspendeln über der Schlucht ein Gefühl totaler Erlösung einstellt. www.canyonswing.co.nz 7 Feuer frei! Glaubt man der Website „Trip Advisor“, ist Tontaubenschießen die beliebteste Art, in Queenstown ein paar Stunden totzuschlagen. Die Break One Shooting Range liegt zehn Minuten außerhalb der Stadt. Feuerwaffen sind zur Genüge vorhanden, und von den Ausbildern gibt’s fachkundige Tipps für alle, die nicht wissen, wie man eine Beretta, Kaliber 12, abfeuert. www.breakone.co.nz 6

Canyon Swing: Runter kommen sie alle.

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MORE BODY & MIND

DIE BESTEN KÖCHE DER WELT

Einfach, perfekt

ZU GAST IM HANGAR-7

PINO LAVARRA. Große italienische Küchentradition auf der Höhe der Zeit, unübertrefflich präzise und kreativ interpretiert.

Es gibt eine Frage, die Spitzenköche gern dafür nützen, Volksnähe zu zeigen – jene nach ihrer Lieblingsspeise. „Frisches Brot mit frischer Butter“, hört man da oder „Großmutters Schweinebraten“, und mitunter schwingt ein wenig Koketterie mit. Bei Pino Lavarra ist das anders. Der Italiener sagt zwar „Pizza“, aber niemand zweifelt daran, dass ihm mit dieser Antwort ernst ist. Und niemand zweifelt daran, dass damit unausgesprochen die ideale Pizza gemeint ist. Denn Pino Lavarra ist ein großer, ein grandioser Traditionalist der italienischen Küche. Man erkennt das beispielhaft an seinen Variationen vom Mozzarella – roh, gegart, flüssig, gefroren –, einer „Ode des Meisters an das Produkt“, wie „Ikarus“-Executive-Chef Roland Trettl sagt. Oder den Basilikum-Spaghetti mit Schwertfisch und Calamaretti-Tomaten-Ragout, für Trettl „italienische Wohlgeschmack-Hightech-Küche‚ alla perfezione“. Man würde Pino Lavarra nicht gerecht, reduzierte man seine Arbeit auf tief in den Traditionen verwurzeltes Handwerk: Er ließ sich unter anderem in Malaysia und England inspirieren, perfektionierte Techniken … bis er 2001 nach Hause zurückkehrte und seither italienische Küche der Weltklasse zelebriert: Seit 2004 ist Lavarra Träger von zwei Michelin-Sternen. Schwertfisch, Basilikum-Spaghetti, Calamaretti

MEIN RESTAURANT Rossellinis Hotel Palazzo Sasso Via San Giovanni del Toro 28 84010 Ravello, Amalfiküste, Italien Telefon: +39 089 818181 www.palazzosasso.com Die Konzentration auf kulinarische Genüsse fällt hier nicht leicht: Der (erst 1997 als Hotel eröffnete) Palazzo Sasso ist ein Gebäude aus dem 12. Jahrhundert, liegt 350 Meter über der Amalfiküste, Blick auf offenes Meer, Fischerdörfer … und, ja, es gibt eine Terrasse.

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Von klein auf … Pino Lavarra verbrachte seine Kindheit am Herd – denn seine Mutter war Köchin in einer Schule. „Dort hat alles begonnen; durch meine Mutter wurde ich zu einem Teil der Welt der Kulinarik.“ … mit italienischen Spezialitäten aufgewachsen … „Zu den prägenden Erinnerungen meiner Kindheit gehören selbstgebackenes Brot, Tomatensauce, frische selbstgemachte Pasta und eine unendliche Vielzahl an verschiedenen Gemüsesorten.“ … und in die Kunst der Kulinarik verliebt. „Mein wichtigster Lehrer war ein Professor der Hotelschule, die ich als Jugendlicher besuchte: Sein Wissen und seine Leidenschaft haben mich begeistert. Durch ihn habe ich mich in die Kunst der Kulinarik verliebt.“

Die Gastköche im Hangar-7 Monat für Monat gastiert ein anderer internationaler Spitzenkoch im „Restaurant Ikarus“ des Salzburger Hangar-7 und kreiert dort gemeinsam mit dem Küchenteam ein einzigartiges Menü. Gastkoch im Mai 2012 ist Pino Lavarra, Chef des Restaurants „Rossellinis“ in Ravello. Weitere Informationen finden Sie unter www.hangar-7.com sowie auf www.facebook.com/hangar7, Reservierungen sind telefonisch (unter +43 662 2197-77) und via E-Mail möglich: ikarus@hangar-7.com „Spitzenköche im Ikarus“: Pino Lavarra, 8. und 15. Mai jeweils 22.05 Uhr bei ServusTV

BILDER: HELGE KIRCHBERGER, OLAF PIGNATARO/RED BULL HANGAR-7 (2)

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Foto: Bildagentur Huber/R. Schmid

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Beauty & Speed

GET THE GEAR DIE AUSRÜSTUNG DER PROFIS

MARIANA PAJÓN. Seit die Kolumbianerin 2000 mit neun (!) erstmals BMX-Weltmeisterin wurde, hat sie diese Übung ein Dutzend Mal wiederholt. Hier das Material, mit dem sie unterwegs ist.

2 Leatt Brace Schützt die Halswirbelsäule bei Stürzen und kann im Extremfall sogar lebensrettend sein. Wer heute noch ohne Nackenschutz fährt, ist unverantwortlich. 3 MX O-Frame Goggle von Oakley Ich habe ein ganzes Sortiment von Oakley-Brillen. 4 Carbon-Helm Fly F2 Gibt mir ein sicheres Gefühl. 5 DX-SPD-Schuhe von Shimano Klicksystem-Pedal-SchuhKombi für die Blitzstarts aus dem Gate: Als Erste in die Kurve zu gehen bewahrt dich vor Problemen im Pulk. 6 Maxxis-Reifen Ein kleiner Querschnitt, was sich in meinem Reifenlager findet: Je nach Strecke und Zustand fahren wir unterschiedliche Profile, Breiten und Gummihärten. 7 Alienation-Ersatzlaufrad Nicht gerade ein typisches Verschleißteil, aber ohne Ersatzgarnitur unterwegs zu sein wäre fahrlässig. 8 Werkzeug, Standpumpe Die notwendigen Kleinigkeiten, um mein Bike während des Wochenendes fit und am Laufen zu halten. 84

9 Fly-F-16-Pants Die lange Hose ist Pflicht im BMX-Sport. 10 the-Radständer Dieser Radständer aus stabilem Kunststoff lässt sich an jedes Bike anpassen, ist leicht und sieht gut aus. 11 Shimano-PRO-Griffe Stets ein gutes Gefühl fürs Bike zu haben beginnt bei den optimalen Griffen.

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12 UCI-Nummer Meine Startnummer habe ich ganz bewusst gewählt: Ich gebe in jedem Rennen 100 Prozent!

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13 Oakley Factory Pilot Ich trage stets Handschuhe in zwei unterschiedlichen Farben. Das fühlt sich an, als ob ich gegen mich selbst racen würde, und treibt mich zusätzlich an. 14 Weltmeister-Trikot Selbst wenn ich mit knapp eins sechzig in der Regel die Kleinste am Start bin: Die Regenbogenstreifen der Weltmeisterin machen mich für die anderen groß. Ich bin sehr stolz auf die Streifen, sie bedeuten mir wirklich viel. 15 Rahmen GW Pro XS Normale Pro-Rahmen sind mir zu groß, Kinderrahmen zu klein. Darum hat mein Dad, der gleichzeitig mein Coach ist, gemeinsam mit dem Hersteller GW diesen Pro-XS-Rahmen für mich maßgeschneidert. Der passt mir einfach perfekt! marianapajon.com.co

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5 TEXT: WERNER JESSNER. BILD: MAURICIO GRANADOS

1 Knie- und Ellbogenschützer BMX-Supercross-Kurse sind schnell und gefährlich. Gut geschützt zu sein gibt mir zusätzliches Selbstvertrauen.

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13 Weltmeistertitel, 10fache panamerikanische Meisterin: N채chstes Ziel der 20-J채hrigen ist olympisches Gold in London.


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Ausatmen – und los!

Couch, Ergometer, Wasser: wie sich Herbert Nitsch, genannt „der tiefste Mann der Welt“, auf die Verbesserung des eigenen Weltrekords vorbereitet. Woche 1–6 (täglich):

Woche 3–6 (täglich):

CO²-Resistenz (Couch) Ich mach es mir auf der Couch gemütlich, schalte auf eine Sitcom. 2-mal ein- und ausatmen. Nach dem letzten Ausatmen 50 Sekunden Luft anhalten. Diese Übung eine Stunde lang wiederholen.

Druckanpassung (Wasser): 8–10 Tauchgänge auf 20 Meter (ausgeatmet, um große Tiefen zu simulieren), dann 1 Tauchgang auf 200 Meter (eingeatmet).

CO²-Resistenz (Couch) Couch, Sitcom: 1 Maximalversuch: ausatmen, danach ca. 4½ Minuten Luft anhalten, 60 Sekunden atmen, 1 Maximalversuch, 30 Sekunden atmen, 1 Maximalversuch, 15 Sekunden atmen.

WORK OUT

CO²-Resistenz (Ergometer) Ergometerwiderstand: 80 Watt, Puls: 100. Ein- und ausatmen, danach 20 Sekunden Luft anhalten. Gesamtdauer der Übung: 45 Minuten.

Stressmanagement Risikofaktoren minimieren. Viele Handgriffe, die ich unter Wasser brauche, übe ich am Trockenen mit geschlossenen Augen. So was muss sitzen, wenn dich der Stickstoff unter Wasser „berauscht“. Tests mit dem Schlitten, der mich in die Tiefe zieht, gehören auch zum Training. Ich überlasse möglichst nichts dem Zufall. Für sämtliche Systeme gibt es Backups. Alles, was automatisch funktioniert, kann ich im Notfall auch händisch betätigen. In der Tiefe brauche ich drei Gehirnzellen: eine für Plan A, eine für Plan B und eine für die Entscheidung zwischen A und B.

TRAINIEREN WIE DIE PROFIS

Tiefgang 31 Weltrekorde hat Herbert Nitsch im Apnoe-Tauchen aufgestellt. Mehr als jeder andere. In der Tieftauchkategorie „No Limits“, der härtesten aller Tauchdisziplinen, will der 42-Jährige im Juni seinen eigenen Weltrekord verbessern: von 214 auf 244 Meter. Rund viereinhalb Minuten wird der Österreicher unter Wasser sein – ohne zu atmen. Am tiefsten Punkt wird ein Druck von 22 bar auf seinen Körper wirken. (Zum Vergleich: Der Autoreifendruck beträgt 3 bar.) „Dabei musst du so wenig Energie wie möglich verbrauchen“, sagt Nitsch, „dein Körper muss druckangepasst und möglichst CO²resistent sein. Und du brauchst innere Ruhe, denn Stress verbraucht Sauerstoff. Alle drei Faktoren sind trainierbar. Meine Vorbereitung beginnt sechs Wochen vor dem Weltrekordversuch.“ Wo? „Auf der Couch bei einer Sitcom.“ www.herbertnitsch.com

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Herbert Nitsch hält derzeit drei Weltrekorde.

Die Tauchmaschine

Herberts Schlitten auf dem Weg zum Weltrekord ist ein Prototyp: smart, schnell und „haifest“. Die Kategorie „No Limits“ erlaubt Tauchern jegliches Equipment, um schnell in große Tiefen vorzudringen. Nitschs eigens für den Weltrekord konzipierter Hightech-Schlitten besteht aus zwei Teilen, zwischen denen sich der Taucher positioniert und mit 3 m/s nach unten gezogen wird. Der obere Teil enthält zunächst Wasser, der untere zwei volle Pressluftflaschen. In 244 Metern erfolgen Vollbremsung und Öffnung der Pressluftflaschen. Die Luft wird in den oberen Schlittenteil gepresst und verdrängt dort das Wasser – Effekt: starker Auftrieb. Der Schlitten ist 7 Meter hoch und besteht aus Fiberglas, Carbon und Kevlar, gebunden mit Epoxidharz. Vorteile: druckresistent und (kleine) Unfälle verzeihend: „Falls mir ein Taucher oder Hai im Weg sein sollte, gibt’s nur eine Beule im Material und kein Loch. Ein Loch bedeutet: weniger oder gar keinen Auftrieb, und das ist gar nicht gut“, erläutert Herbert.

TEXT: ARKADIUSZ PIĄTEK. BILDER: BREITLING

HERBERT NITSCH. Wer mit einem Atemzug auf 244 Meter tauchen will, übt … sich wenig anzustrengen.


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So kommt Ihr Porträt auf dieses Auto 1 FACES FOR CHARITY. Die Erfolgskampagne kehrt zurück in die Formel 1: Für nur 15 Euro flitzen Sie beim Grand Prix in Silverstone mit – auf den RB8 von Sebastian Vettel und Mark Webber.

Foto aufnehmen

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BILDER: DAVID CLERIHEW/RED BULL CONTENT POOL, SUTTON IMAGES, GETTY IMAGES, SHUTTERSTOCK

Bild hochladen und spenden auf www.facesforcharity.com – und schon ist Ihr Porträt auf dem RB8

Eine Million Euro für Wings for Life

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Und los!

„Faces for Charity“ heißt die Kampagne, und ihr Ziel ist ambitioniert: eine Million Euro zu sammeln für die Förderung der weltweit aussichtsreichsten Forschungsprojekte zur Heilung von Rückenmarksverletzungen. Nach dem Erfolg im Jahr 2007 geht diese Initiative nun auch in der heurigen Formel-1-Saison an den Start – mit neuem Schwung: Diesmal erscheinen alle upgeloadeten Bilder sogar auf beiden Red Bull-Boliden. Die Chance, dass Ihr Foto auf dem Siegerauto durchs Ziel fährt, ist also doppelt hoch. Und: Red Bull Racing zahlt jenen Betrag, den die „Face Racer“ insgesamt gespendet haben, noch einmal in den Topf ein. Wings for Life wurde 2004 auf Initiative des zweifachen Motocross-Weltmeisters Heinz Kinigadner gegründet, nachdem sein Sohn Hannes bei einem Benefiz-Rennen so schwer gestürzt war, dass er vom Hals abwärts gelähmt blieb. Unfälle wie diese dürfen keine Frage des Schicksals bleiben. Die Vision von Wings for Life ist: „Querschnittslähmung muss heilbar werden.“ Alle Infos zum Programm unter: www.wingsforlife.com & www.facesforcharity.com

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CLUB SPEZIAL IM HERZEN DER DISKOKUGEL

Spreewittchens wilde Jahre BAR25. der geilste club der Welt stirbt und ersteht wieder auf – in einem dokumentarfilm, der jetzt in die kinos kommt. bar25-kreativdirektor danny faber über die wilden Jahre an der Spree.

 : Der Bar25 haftete der Charme des Improvisierten an. Warum?  : am anfang hatten wir kaum kohle. das holz holten wir nachts von abriss-Schutthalden. Unsere tanzfläche wurde aus resten einer rockbar und einer Schwulenkneipe gebaut. Der Club wurde oft mit „Alice im Wunderland“ verglichen. Wie würdest du die Bar25 beschreiben? als Spielplatz für erwachsene. als ort, an dem man die moralischen vorstellungen draußen abgeben kann. Wenn Erwachsene zu Kindern werden: Wie regelt man den damit einhergehenden Kontrollverlust? indem man an vorderster front mitmacht! es gab keine 88

regeln, außer dass man die anderen gäste nicht stört. Im Film sieht man Erwachsene auf Spielzeugbaggern über die Tanzfläche radeln. Andere hüpfen auf Quietschnilpferden um die Wette. Woher kam der ganze Kram? das weiß ich bis heute nicht. irgendwie muss sich wohl rumgesprochen haben, dass man sein altes Spielzeug bei uns ablagern kann. viel davon liegt heute noch am gelände herum. Wie die anderen Betreiber hast du selbst auf dem ClubAreal gewohnt. Wie hast du sichergestellt, dass sich die Partygäste nicht in deinen Wohnwagen verirren? ach, das ist schon passiert. irgendwer irrt sich immer in der tür. es war schon ein leben für die Party. Das klingt alles so locker. Trotzdem war die Bar25 am Ende ein Betrieb mit 260 Angestellten. Wie hat das geklappt? reich geworden ist keiner von uns. Wir waren glücklich, wenn sich jeder verwirklichen konnte. Wir waren echte business-hippies. Im Film sieht man LKW, vollgeladen mit Konfettisäcken. Haben sich die Lieferanten gewundert? klar! montagmittags kam oft die getränkelieferung. Und da war die afterhour-Party noch in vollem gange. das muss schon befremdlich gewesen sein, wenn die arbeiter von skurrilen gestalten, die schon drei tage wach waren, auf

„Wir waren BusinessHippies“ Bar25-Mitbetreiber Danny Faber vor dem heute verbarrikadierten Tor seines Clubs.

Schnapsrunden an der bar eingeladen wurden. Auch Quentin Tarantino hat in der Doku einen Kurzauftritt. Wie hat’s ihm gefallen? natürlich unterliege ich in diesem fall der Schweigepflicht. aber er ist definitiv länger als zwei Stunden geblieben. Was ist von der Bar25 geblieben? das bar25-Plattenlabel, internationale Show-cases, aber vor allem gute erinnerungen – und gute gedächtnislücken (lacht).

Vom anderen Spreeufer sah die Bar25 aus wie ein UFO-Landeplatz.

creditS:

das tor ist verbarrikadiert, an der mauer bröckelt der verputz. bloß das „25“-graffiti deutet noch darauf hin, dass sich hier einmal der beste freiluft-club der Welt befand: die bar25. bis vor zwei Jahren war sie eine Parallelwelt am Ufer der Spree. ein garten eden, in dem ein als Pirat verkleideter techno-fan das Wochenende hindurch bis dienstagmorgen hunderte tanzende gleichgesinnte finden konnte. danny faber betrieb den club mit freunden, wohnte in dem Party-Paradies. vier tage feiern am Stück – jede Woche, sieben Jahre lang. er war immer dabei. als kreativdirektor, dJ – und als sein bester kunde, wie er sagt.


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Das WurmlochKarussell aufstieg und fall eines techno-Zirkus-megaSchrebergartens „außerhalb der Zeit“.

Die Bar25 war mehr als ein Club. Tagsüber gab’s Theatervorstellungen, Sackhüpf-Wettbewerbe und Poolpartys.

text: florian obkircher. bilder: norman konrad, carolin Saage/movienet film (4), hanna rix/movienet film (3)

LKW-Ladungen Konfetti, Glitter und Federn wurden regelmäßig in die Luft gejagt. Zur großen Freude der Partysanen.

Konfetti-Regengüsse bestimmten die Wetterlage in einer Welt, in der Roboter mit Elfen tanzten – auf 10.000 Quadratmetern im Grünen, direkt am Ufer der Spree in Berlin, mit Theaterbühne, Kino, Restaurant, Hostel, Radiostation, Kostümverleih, Pool und Spa: Die Bar25 war ein Techno-Erlebnispark, in den es Feiertouristen aus ganz Deutschland, ja aus aller Welt zog. Sieben Jahre dauerte die Party. Dann war Sperrstunde. Per September 2010 wurde der Mietvertrag für das Gelände gekündigt. Der Club musste Büros weichen. Die Filmemacherinnen Nana Yuriko und Britta Mischer waren von Anfang an dabei – als die ersten Karussellpferde am halbverwilderten Gelände montiert wurden, als die Partys immer verrückter wurden und irgendwann sogar die „New York Times“ anrief, um über diesen mysteriösen Ort zu berichten. Sie waren dabei, als hunderte Fans gegen den Räumungsbescheid demonstrierten. Als sich Cowboys und Piraten nach dem letzten, einwöchigen Party-Marathon weinend in den Armen lagen und schließlich den Abriss ihres zweiten Wohnzimmers selbst einleiteten. Insgesamt 250 Stunden Filmmaterial sammelten die beiden Regisseurinnen und produzierten eine bunte Dokumentation über eine Handvoll Aussteiger inmitten der Großstadt, moderne Hippies, die sich an der Spree ein Paralleluniversum schufen, deren einziger Berührungspunkt mit der Realität das Wetter war. „Bar25 – Tage außerhalb der Zeit“: ab 3. Mai im Kino. Infos zu Film und Soundtrack: www.bar25-derfilm.de

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„Die Arbeit an der Platte war wie Urlaub“ RUFUS WAINWRIGHT. Der große Pop-Exzentriker kehrt zurück. Mit dem tanzbarsten und zugleich persönlichsten Album seiner Karriere.

IM HERZEN DER DISCOKUGEL

Wo Bono ein Ständchen singt LE BÂOLI, CANNES. Wer stilvoll abtanzen und im Himmelbett relaxen will, kommt ums Bâoli nicht herum.

Der Name Le Bâoli bezieht sich auf … … eine Quelle im indischen Rajasthan. Sie ist berühmt für ihre Reinheit. Ihr betreibt euren Club in Cannes, weil … … die Stadt mit all ihren Messen und vor allem dem Filmfestival ein Fenster zur Welt ist. Wir wollten einen neuen Vergnügungs-Hotspot schaffen, nahe am Zentrum und mit asiatischem Flair. Eröffnet wurde im Jahr 2000. Das Erste, was Besucher vom Bâoli sehen … … ist unser drei Meter hoher Holzbogen am Eingang. Um eingelassen zu werden … … sollte man schick gekleidet sein und gutaussehende Begleitung mitbringen. Ein nettes Lächeln ist ebenfalls hilfreich.

Ins Bâoli passen … … tausend Gäste. Am besten feiert man bei euch … … mit Champagner und Red Bull. Die verrückteste Nacht war … … 2006, als U2-Sänger Bono beschloss, ein Spontankonzert für die anwesenden Besucher zu geben. Ein unvergessliches Erlebnis, denn ursprünglich wollte er nur etwas essen. An eure Plattenteller lasst ihr … … nur DJs mit internationalem Ruf. Wenn ich vom Tanzen müde bin … … kannst du dich in unserem Himmelbett ausruhen. Das heißt nicht nur so, sondern steht wirklich unter freiem Himmel. Ein legendärer Abend endet bei euch … … mit einem Bad im Meer. Interview mit: Marjorie Mondon, Pressesprecherin des Clubs Le Bâoli Port P. Canto, Boulevard de la Croisette, 06400 Cannes, Frankreich www.lebaoli.com

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OUT NOW

FRISCHWARE AM PLATTENTELLER

Rufus Wainwright (38) fühlt sich in Operhäusern wie auf Konzertbühnen daheim

TEXT: FLORIAN OBKIRCHER. BILDER: BAOLI (3), TINA TYRELL (1)

BEST CLUBS

bessere Ära gegeben. Elton John bezeichKeine Zeit, in der net ihn als größten sich Menschen und Songschreiber der Stile – von Disco bis Welt: Rufus WainCountry – stärker wright. Der Kanadier durchmischt haben. ist einer der letzten Produziert von Und das finde ich Dandys im MusikAmy-Winehouse- spannend. geschäft, ein Genie, Macher Mark Der Titelsong handas sich elegant Ronson delt vom Kind in im Graubereich dir. Fühlst du dich erwachzwischen U- und E-Musik sener, seit du selbst Vater bewegt. Auf der einen Seite bist? schreibt er elegische PianoNein. Meine Tochter Viva ist balladen, auf der anderen erst ein Jahr alt, kann noch komponiert er Opern wie nicht sprechen. In vielen „Prima Donna“, die 2009 in Songs geht es um den Tod Manchester uraufgeführt meiner Mutter. Zwei Jahre wurde. Sein neues, siebentes ist es her, aber es schmerzt Album „Out of the Game“ ist noch immer. sein bisher poppigstes – und Fällt es dir leicht, Persönpersönlichstes. liches in deinen Songs zu  : Woher dieverarbeiten? se neue Leichtigkeit? Ich kann nicht anders. Kol : Die legen wie Lady Gaga oder Arbeit an der Platte fühlte Leonard Cohen erschaffen sich an wie Urlaub von der diese Kunstfiguren, aber das Oper. Mark Ronson und ich kann ich nicht. In meinem hatten viel Spaß im Studio. Fall ist die Person auf der Ich liebe das Umfeld klassiBühne dieselbe wie die hinscher Musik, aber alles ist ter der Bühne. viel steifer. Diesmal genoss ich meine Freiheit. Das Album klingt nach den Neues Album: 1970ern. „Out of the Game“ www.rufuswainwright.com In puncto Musik hat es keine


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TAKE FIVE WELCHE MUSIK MUSIKER HÖREN

„Parliament waren mein Lebenselixier“

Parliament: „Mothership Connection“ Ich liebe den Funk. Natürlich auch James Brown. Aber die Musik von Parliament hat mich irgendwie noch mehr angesprochen. Sie war während meiner Jugend mein Motor, mein Treibstoff, mein Lebenselixier. Ich hab ihre Alben – und besonders dieses – damals acht Stunden pro Tag gehört. Wahrscheinlich ist das auch ein Grund dafür, warum unsere Tracks heute so funky sind. Aber Funk ist eigentlich nicht etwas, worüber wir bei Shabazz Palaces sprechen müssen. Er ist einfach da – eben weil wir mit solchem Kram aufgewachsen sind. Ihre Musik ist ganz einfach in unseren Kreislauf übergegangen.

TEXT: FLORIAN OBKIRCHER. BILD: LEIF PODHAJSKY/ORIGINAL BAND PHOTO BY DAVID BELISLE

SHABAZZ PALACES. Mit seiner neuen Gruppe hebt US-Rapper Ishmael Butler Hip-Hop aus den Angeln – von einem akustischen Raumschiff aus. Seine Vorbilder in puncto Kompromisslosigkeit: Miles Davis, Parliament und Coleman Hawkins.

Eine verzerrte Stimme, tiefe, rollende Bässe und Percussionklänge aus Afrika: Noch vor zehn Jahren wäre eine Band wie Shabazz Palaces kaum vorstellbar gewesen. Zu verspielt, zu verrückt klingt das Duo aus Seattle. Rapper Ishmael Butler und Multiinstrumentalist Tendai Maraire spüren Popmusik bei ihren Urwurzeln auf, sie erschaffen Musik, die wie eine Nachricht der Aliens an die alten Ägypter klingt. Wie ein kodierter Bauplan für Pyramiden, eine außerirdische Botschaft aus zerbröselten Grooves, mystischen Mantras, afrikanischen Chants und verschrobenen Rapzeilen. Musik, so intensiv wie eine Gehirnwäsche. Etablierte Magazine und angesagte Blogs wie Pitchfork.com sind sich einig, das Debütalbum „Black Up“ sei eines der besten des Jahres. Selbst erfahrene Kritiker sprechen von einem neuen Hörerlebnis. So auch das legendäre IndieRock-Label Sub Pop, das einst Nirvana entdeckte – und Shabazz Palaces nun als ersten Hip-Hop-Act überhaupt unter Vertrag nahm. Damit spielt das Duo eine Vorreiterrolle im weitläufigen Feld zwischen Indie-Gitarrenmusik und Hip-Hop und hat einen Stil kreiert, für den es noch keinen Namen gibt. Avantgarde-Rap nennen das einige. „Ist mir egal, wie es die Leute nennen“, sagt Mastermind Ishmael Butler, der mit seiner früheren Jazz-Rap-Gruppe Digable Planets 1993 einen Grammy gewinnen konnte. „Für mich ist es immer noch Hip-Hop.“ Es ist Hip-Hop, der in einer Tradition mit afroamerikanischen Zukunftsmusikern steht – das zeigt Butlers Auswahl wegweisender persönlicher Lieblingsplatten. Von George Clinton, der die Erde mit seiner Funk-Combo Parliament im Raumschiff bereiste, bis zum Space-Jazz-Gott Sun Ra.

Sun Ra: „Atlantis“ Meine Verbindung zu Sun Ra geht schon sehr weit zurück. Mein Vater stammt wie er aus Philadelphia und war mit Sun Ras Saxofonist John Gilmore befreundet. Die Band hat sich damals in den ärmeren Vierteln der Stadt auch im sozialen Dienst engagiert. Ich glaube, ich war acht oder neun Jahre alt, als ich dieses Album zum ersten Mal gehört habe. Es hat mich gleich gefesselt. Was es genau war, hätte ich damals nicht benennen können. Heute würde ich sagen: die Verrücktheit, der Mut und der enorme Sachverstand. Er ist ein Bruder im Geiste. Auch ich space gerne ab und schaue einfach mal, wohin es mich treibt.

Miles Davis: „Live-Evil“ Diese Platte gefällt mir musikalisch wie klanglich. Die Ästhetik ist geradezu magisch, ein großer Einfluss. Reichtum, Wärme, Bestimmtheit – das ist was anderes als gut 99 Prozent des digitalen Schrotts, den man heute im Radio hört.

Michael Jackson: „Off the Wall“ Was Produzent Quincy Jones auf „Off the Wall“ und später auch auf „Thriller“ fertiggebracht hat, macht ihm so schnell keiner nach. Auch hier gilt: eine unglaubliche Klangästhetik. Man könnte sagen: In seinen Arrangements, in seinem Mix ist alles am richtigen Ort. Oder noch genauer: Er sorgt dafür, dass alle Elemente Platz haben und atmen können. Und natürlich ist hier auch noch ein Michael Jackson auf dem Zenit seiner Schaffenskraft beteiligt.

Coleman Hawkins: „Night Hawk“ Als Musiker muss man sich irgendwann von allen Einflüssen abschotten. Schließlich geht es um Eigenständigkeit, um Originalität. Der Saxofonist Coleman Hawkins hat das getan. Und genau wie die Alben von Miles oder Quincy haben die seinen diese besondere Ästhetik. Aktuelles Album: „Black Up“ (Sub Pop), Tourdaten auf: www.shabazzpalaces.com

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Top Events

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Mai 2012

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Sport 9. – 20. 5., RIO DE JANEIRO, BRASILIEN

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Billabong Rio Pro

Der dritte Stopp der ASP-Tour führt die ProfiSurfer in die brasilianische Metropole, genauer gesagt nach Barra da Tijuca (wo bei den Olympischen Sommerspielen 2016 übrigens eine Vielzahl der Bewerbe stattfinden wird). Den Gewinnern winkt Preisgeld in Höhe von 500.000 US-Dollar – das höchste der Saison. Favorit ist Adriano de Souza. Schon im Vorjahr war der Lokalmatador eine Klasse für sich.

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27.5. – 10.6., PARIS, FRANKREICH

French Open

Zum 111. Mal wird auf der Sandplatz-Anlage von Roland Garros zum Grand-Slam-Turnier aufgeschlagen. Und wieder heißt es: Wer kann Rafael Nadal auf seinem Lieblingsbelag fordern? Im Vorjahr setzte sich der Mallorquiner in einem hochklassigen Endspiel gegen seinen Dauerrivalen Roger Federer mit 7:5, 7:6, 5:7 und 6:1 durch und egalisierte den Rekord von Björn Borg mit sechs hiesigen Triumphen. Mit der Chinesin Li Na konnte erstmals eine asiatische Spielerin einen Grand-Slam-Einzeltitel erringen.

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3 Adriano de Souza in den Wellen seiner Heimat.

Die fliegenden Freestyle-Motocrosser kehren nach zweijähriger Pause in die USA zurück. Der Austragungsort wechselt jedoch. Tricksten die FMXAkrobaten 2010 noch in den historischen Fort Worth Stockyards in Texas, übersiedeln sie dieses Jahr in das sonnige Südkalifornien. Der spektakuläre Parcours in San Bernardino – auch Austragungsort der AMA Pro Motocross Championships – bietet optimale Voraussetzungen für atemberaubende Motorsport-Action.

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Formel-1-GP Monaco

IIHF Eishockey Weltmeisterschaft

Der Formel-1-Grand-Prix von Monaco zählt neben dem Indy 500 und den 24 Stunden von Le Mans zu den „drei Kronen“ des Motorsports. Das Rennen in den engen Gassen und auf dem unebenen Asphalt verglich Nelson Piquet, der hier trotz PolePosition 1981 nie gewinnen konnte, einst mit „Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer“. Im Vorjahr durfte sich auch Sebastian Vettel erstmals in die Siegerliste eintragen, die Ayrton Senna mit sechs Triumphen anführt, und die Trophäe in der Fürstenloge aus den Händen Alberts II. von Monaco entgegennehmen.

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Red Bull X-Fighters World Tour

27. 5., MONTE CARLO, MONACO

4. – 20. 5., HELSINKI, FINNLAND, UND STOCKHOLM, SCHWEDEN

Erstmals seit 1930 wird eine Eishockey-Weltmeisterschaft in zwei Ländern ausgetragen. Ebenfalls neu ist der Modus mit zwei Vorrundengruppen zu je acht Mannschaften. Titelverteidiger Finnland ist einer der Gastgeber. Gespannt darf man wie jedes Jahr sein, welche Topstars der amerikanischen NHL ihre Heimatländer verstärken werden.

12. 5., GLEN HELEN RACEWAY, SAN BERNARDINO, KALIFORNIEN, USA

Ein Mallorquiner ist „König von Roland Garros“.


MORE BODY & MIND

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1 House-Meister Moodymann ist „Big in Japan“. 26. – 28. 5., HART PLAZA, DETROIT, USA

Movement 16.– 27. 5., CANNES, FRANKREICH

65e Festival de Cannes Während im nahen Monaco die Formel-1-Motoren röhren, laufen in Cannes die Filmprojektoren heiß: Zum wichtigsten Filmfestival Europas versammeln sich Hollywoodstars an der französischen Riviera, um ihre neuen Streifen vorzustellen. Der Eröffnungsfilm ist „Moonrise Kingdom“ von Regisseur Wes Anderson. Bruce Willis, Edward Norton und Bill Murray machen sich in dieser Komödie auf die Suche nach einem jugendlichen Liebespaar, das ausgebüxt ist.

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Die Katholiken pilgern im Frühjahr nach Rom, die Elektronik-Fans nach Detroit. Dorthin, wo Techno aus der Taufe gehoben wurde, an den Ort, wo seit den frühen 1980er Jahren Maschinenmusik mit Seele kreiert wird. Natürlich dürfen beim wichtigsten Festival Detroits die großen Söhne der Stadt wie Jeff Mills, Kevin Saunderson und Carl Craig nicht fehlen. Flankiert werden diese von internationalen Szenegrößen und Newcomer-DJs wie der Red Bull Music Academy-Absolventin Nina Kraviz und AraabMuzik.

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25. – 28. 5., EZULWINI VALLEY, SWASILAND

Bushfire

Ein Festival mit Vorbildwirkung: Die spannendsten Musiker Afrikas treten beim Bushfire auf – allen voran die nigerianisch-deutsche Sängerin Ayo, die derzeit Chartserfolge in der ganzen Welt feiert. Daneben beleben Theater-, Zirkus- und Tanzbühnen das bunte Treiben. Am wichtigsten aber: Der Erlös geht an die lokale Kunstszene und Sozialprojekte. Außerdem kurbelt das Bushfire mit 20.000 Besuchern aus aller Welt den Tourismus in Swasiland mächtig an.

BILDER: IMAGO, GETTY IMAGES (3), INTERTOPICS, RICHIE HOPSON/RED BULL MUSIC ACADEMY

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Die Red Bull X-Fighters kehren in die USA zurück.

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Kultur

10. 6., CASTRILLO DE MURCIA , SPANIEN

El Colacho

12. 5., MAKUHARI MESSE, TOKIO, JAPAN

Babys leben gefährlich im nordspanischen Castrillo de Murcia: Zu Fronleichnam wird der Teufel – „El Colacho“ – durchs Dorf getrieben. Der traditionelle Höhepunkt des Umzugs: Ein in Gelb und Rot gekleideter Beelzebub springt über Babys, die im zurückliegenden Jahr im Ort geboren wurden. Das Ritual bewahre die Kleinkinder vor Krankheiten und Unglück, befand die katholische Bruderschaft Santísimo Sacramento de Minerva, die das Spektakel im Jahr 1620 ins Leben rief. Achtung: Wem schon beim Sonntagskrimi der Atem stockt, der sollte sich diesen wahnwitzigen Baby-Sprung besser entgehen lassen.

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Metamorphose Spring Letzten September wurde Japans bestes Freiluftspektakel Opfer eines Taifuns – wenige Stunden vor dem Anpfiff musste das Musikfestival abgesagt werden. Doch die Metamorphose-Veranstalter geben sich dem Wettergott nicht geschlagen: Im Mai laden sie die Speerspitzen der elektronischen Tanzmusik wie Moodymann, Orbital, 2562 und Derrick May erneut nach Tokio – und gehen diesmal auf Nummer sicher: Das Festival findet in einer Halle statt.

In Nordspanien springt der „Teufel“ über Babys.

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Pfadfinder Edward Norton in „Moonrise Kingdom“

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Save the Date Mai 2012

3. MAI, E-WERK, ERLANGEN 4. MAI, MAKI CLUB, INGOLSTADT 18. MAI, UEBEL & GEFÄHRLICH, HAMBURG

Sarah Kuttner auf Lesereise

Die Fernsehmoderatorin, Autorin und Kolumnistin Sarah Kuttner veröffentlichte 2011 ihren zweiten Roman. „Wachstumsschmerz“ handelt von einem Paar in der Beziehungskrise. Im Rahmen einer Lesereise stellt die Autorin ihr neues Werk vor.

Am 28. Mai wird der Rhein wird zur Landebahn. 28. MAI, ZOLLHAFEN, MAINZ

Red Bull King of the Rock

Eins gegen eins lautet das elementare Setting beim Basketball-Event Red Bull King of the Rock im Schaeffler 2.0 in Bamberg. Der im K.-o.-System ermittelte Gewinner reist zum Weltfinale auf der berühmt-berüchtigten Gefängnisinsel Alcatraz.

Kuriose Flugobjekte, eine sechs Meter hohe Absprungrampe und der Rhein als Landebahn: Beim Red Bull Flugtag treffen sich 40 kreative Teams zu einer besonderen Weitenjagd. Ziel des Wettbewerbs ist es, mit selbst entworfenen Fluggeräten möglichst weit zu fliegen und den tausenden Zuschauern eine unvergessliche Show zu bieten. Egal ob tanzende Trompeten oder Waschmaschinen aus Pappe: Den in einem Online-Voting ausgewählten Teilnehmern sind in puncto Kreativität und Bauweise der Flugobjekte kaum Grenzen gesetzt – nur Motoren sind nicht erlaubt. Und vielleicht wird ausgerechnet in Mainz der Weitenrekord von 63,09 Metern (aufgestellt 2010 in Minneapolis, USA) gebrochen. www.redbullflugtag.de

1. – 3. JUNI, NÜRBURGRING, EIFEL

Rock am Ring

85.000 Besucher und drei Tage Partystimmung: Dieses Jahr sagten unter anderem Metallica, Linkin Park, The O≠spring und Die Toten Hosen ihre Teilnahme an Deutschlands größtem Rockfestival zu.

5. MAI, GÜTERBAHNHOF KÖLN

Red Bull BC One Cypher 16 der besten deutschen B-Boys batteln am stillgelegten Güterbahnhof KölnEhrenfeld um ein Ticket für den europäischen Red Bull BC One-Qualifier in Rotterdam und die Chance auf das Weltfinale in Rio de Janeiro.

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Red Bull BC One All Star „Lil G“

19. MAI, WINTERBERG

Red Bull Berg Line Europas größtes Bike-Festival iXS Dirt Masters hat einen neuen Highlight-Event: Beim Red Bull Berg Line messen sich 30 der besten Mountainbike-Slopestyle-Fahrer der Welt. Der US-Star Darren Berrecloth wird den selektiven Parcours anlegen. Schauplatz ist der Bikepark Winterberg, der als Freeride-Mekka Deutschlands gilt und den 35.000 erwarteten Zuschauern genügend Platz bieten wird. In je zwei Qualifikations- und Finalläufen achten die internationalen Judges besonders auf Schwierigkeit, Ausführung und Style der Tricks. www.redbull.de/redbullbergline

Die Mountainbike-Elite zu Gast in Winterberg.

BILDER: STEF CANDÉ/RED BULL CONTENT POOL, NATHAN GALLAGHER, MARCELO MARAGNI/RED BULL CONTENT POOL

Red Bull Flugtag

11. MAI, SCHAEFFLER 2.0, BAMBERG


NEU: FLU¨GEL FU¨R JEDEN GESCHMACK.

GESCHMACK – CRANBERRY, LIMETTE ODER HEIDELBEERE. WIRKUNG – RED BULL.


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VolleS Programm Das Red Bull TV-Fenster bei ServusTV: Jede Menge Action auf Ihrem Bildschirm.

Mittwoch, 2. Mai, 21.15 Uhr

Schlaglichter des Werdegangs von Parks Bonifay – vom Kleinkind auf Wasserskiern hin zu einem der erfolgreichsten Sportler der Wakeboard-Szene.

Im Fokus: Red Bull Stratos viele Fragen begleiten red bull Stratos, das Projekt, bei dem Felix baumgartner gleich vier rekorde brechen will. ist es möglich, im freien Fall Schallgeschwindig­ keit zu erreichen? Welche Gefahren muss man einkalkulieren? und wie groß ist die Chance, dieses vorhaben zu überleben? „red bull Stratos – Wissenswert Spezial“ begleitet den Sprung aus der Stratosphäre und beleuchtet die hintergründe.

Sonntag, 6. Mai, 23.05 Uhr

The Greatest Movie Ever Sold Morgan Spurlocks („Supersize Me“) neuer Film ist eine brüllend komische Doku über die Werbeindustrie – vollständig finanziert durch Werbung.

Freitag, 25. Mai, 23.45 Uhr Sonntag, 13. Mai, 23.05 Uhr

Stephen Hawking Eindrucksvolles Bio-Drama über den an Amyotropher Lateralsklerose erkrankten Physiker Stephen Hawking und sein wissenschaftliches Wirken.

So sind Sie im Bild 96

AMA Motocross Championship in den vereinigten Staaten kult, und ab dem 25. mai auch in ihrem Wohnzimmer: Servustv zeigt im red bull tv­Fenster die highlights aller 12 rennen der spektaku­ lären ama motocross Championship. mit dabei: red bull­rider ken „k­roc“ roczen. Sie finden ServusTV mit dem Red Bull TV-Fenster nicht auf Ihrem Fernsehgerät? Rat und Hilfe zum Nulltarif unter

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bilder: Jay Nemeth/red bull CoNteNt Pool, matt Pavelek/red bull CoNteNt Pool, Joey meddoCk/red bull CoNteNt Pool, bbC, daNiel marraCiNo

Freitag, 4. Mai, 23.15 Uhr

Parks Bonifay Documentary


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A

uf der Liste jener menschlicher Eigenarten, für die wir uns immer wieder rechtfertigen müssen, steht das Schlafen ganz weit oben. „Nicht einschlafen da hinten“, rufen die Lehrer ihren Schülern zu; „Schlafmützen!“, spotten innovative Unternehmer über die Traditionalisten; und „Träumen könnt ihr zu Hause“, murrt der Joggingtrainer über die Nachzügler. Geübte Leser dieser Kolumne wissen, dass nach einer solchen Vorrede gern ein großes „Zu Unrecht“ kommt. Und – tatsächlich – da ist es schon: Zu Unrecht! Denn einmal abgesehen davon, dass ausreichend Schlaf für ein gesundes Leben unerlässlich ist, spielt er in vielen Fällen eine überaus wichtige Rolle. Zum Beispiel dabei, wie gut wir Dinge lernen. Oder eben nicht lernen. Wie genau das funktioniert, wird in immer neuen Studien untersucht. So wollten zum Beispiel israelische und amerikanische Forscher der Harvard University und der Harvard Medical School wissen, ob wir besser lernen, uns in unübersichtlichen Räumen zu bewegen, wenn wir uns zwischendurch ein wenig hinlegen. Dafür bekamen die Studienteilnehmer erst einmal die Aufgabe, eine Stunde lang am Computer zu trainieren, wie sie schnellstmöglich durch ein Labyrinth finden. Anschließend durfte die eine Hälfte der Gruppe ein neunzigminütiges Nickerchen machen, während die andere Hälfte wach bleiben und zum Beispiel irgendwelche Videos ansehen sollte. Doch damit nicht genug. Um dahinterzukommen, wie die beiden Gruppen mit dem eben erworbenen Wissen umgingen, befragten die Wissenschaftler die Probanden: Die Mitglieder der Schlafgruppe, indem sie diese kurz nach Eintritt des kontinuierlichen Schlafs weckten und von ihnen wissen wollten, wovon sie eben geträumt hatten; nach dem Nickerchen

Ankowitschs Kolumne belebt Körper und Geist

Lernen im Schlaf Wer etwas Wichtiges behalten will, sollte sich hinlegen. Sofort. wiederholte man die Befragung. Die wach Gebliebenen wiederum mussten mehrfach darüber Auskunft geben, was ihnen eben durch den Kopf gegangen war. Fünf Stunden nach der ersten Trainingsrunde bat man die knapp einhundert Studienteilnehmer nochmals vor den Computer. Die Ergebnisse waren eindeutig: Wer sich im Schlaf mit dem Weg durch das Labyrinth beschäftigt hatte, der war anschließend bis zu zehnmal schneller am Ziel als zuvor; kaum schneller waren die Schläfer, die von

anderem geträumt hatten; und völlig unbeeindruckt von dem Gelernten zeigten sich die wach Gebliebenen – selbst dann, wenn sie im Geist das Labyrinth immer wieder von neuem durchgegangen waren. Die weitreichende Lehre aus dem Versuch: Wer was Neues lernt und sich anschließend im Traum damit beschäftigt, der prägt es sich deutlich besser ein als die Nur-so-Schläfer und die ewig Wachen. Unser Gehirn hat offensichtlich die mächtige Fähigkeit, während der Nachtstunden unseren Horizont zu erweitern – ohne dass wir etwas dazu tun müssten. Wie stark Schlafen und Lernen einander beeinflussen, zeigt auch eine eben veröffentlichte Studie. Sie wurde von zwei Wissenschaftlern der University of Massachusetts durchgeführt; darin untersuchten sie, welche Auswirkungen es hat, wenn Menschen nach traumatischen Ereignissen … schlafen gehen. Ihr Fazit: verheerende. Wer sich nämlich nach dem Betrachten verstörender Bilder von Autounfällen hinlege, der behalte sie ungleich besser im Gedächtnis als all jene, die anschließend wach bleiben. Was die Schlaflosigkeit, die viele Menschen befällt, die etwas Katastrophales erlebt haben, in ganz neuem (positivem) Licht erscheinen lässt: Das Gehirn schützt sich davor, von dem negativen Ereignis traumatisiert zu werden. Wie so oft gilt es also, auf die näheren Umstände zu achten. Wollen Sie etwas vergessen – bleiben Sie wach! Und wollen Sie etwas Neues behalten, legen Sie sich einfach hin. Jetzt zum Beispiel. Und träumen Sie gut. Christian Ankowitsch, 52, ist ein öster reichischer Journalist, Schriftsteller und Lebenshelfer. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

THE RED BULLETIN Deutschland, ISSN 2079-4258: Herausgeber und Verleger Red Bulletin GmbH Chefredaktion Robert Sperl, Alexander Macheck (Stv.) Geschäftsführung Mag. Alexander Koppel, Rudolf Theierl Creative Director Erik Turek Art Director Kasimir Reimann Fotodirektion Fritz Schuster Creative Photo Director Susie Forman Chefin vom Dienst Marion Wildmann Leitender Redakteur Werner Jessner Redaktion Ulrich Corazza, Florian Obkircher, Arkadiusz Pia˛tek, Andreas Rottenschlager Mitarbeiter Stefan Wagner Grafik Patrick Anthofer, Martina de Carvalho-Hutter, Miles English, Kevin Goll, Esther Straganz Fotoredaktion Ellen Haas, Valerie Rosenburg, Catherine Shaw, Rudi Übelhör Senior Illustrator Dietmar Kainrath Autor Christian Ankowitsch Illustratoren Albert Exergian, Mandy Fischer Corporate Publishing Boro Petric (Ltg.); Christoph Rietner, Nadja Žele (CR); Dominik Uhl (AD); Markus Kucˇera (FD); Lisa Blazek (Red.); Christian Graf-Simpson, Daniel Kudernatsch (iPad) Lektorat Hans Fleißner Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailovic, Karsten Lehmann, Josef Mühlbacher, Thomas Posvanc Herstellung Michael Bergmeister Produktion Wolfgang Stecher (Ltg.), Walter Sádaba Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Finanzen Mag. Siegmar Hofstetter, Simone Mihalits Marketing & Country Management Barbara Kaiser (Ltg.), Stefan Ebner, Elisabeth Salcher, Lukas Scharmbacher, Johanna Troger; Peter Knehtl, Matthias Preindl, Martina Ripper, Julia Schweikhardt (Design); Klaus Pleninger (Vertrieb); Peter Schiffer (Abo); Nicole Glaser (Abound Vertriebsmarketing) Anzeigenverkauf Frauke Landi (Ltg.), Thomas Hutterer, Marcus Zinn; anzeigen@at.redbulletin.com Anzeigendisposition Sabrina Schneider O∞ce Management Anna Jankovic (Ltg.), Manuela Geßlbauer IT Michael Thaler Firmensitz Red Bulletin GmbH, Am Brunnen 1, A-5330 Fuschl am See, FN 287869m, ATU 63087028 Sitz der Redaktion Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-28800 Fax +43 1 90221-28809 Kontakt redaktion@at.redbulletin.com Web www.redbulletin.com Erscheinungsweise Das Red Bulletin erscheint monatlich als Eigenbeilage von und in Kooperation mit folgenden Partnerzeitungen – in Österreich: Kleine Zeitung, Kurier, Die Presse, Salzburger Nachrichten, Der Standard, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten. Deutschland: Leipziger Volkszeitung und Vertrieb an Hochschulen. Nordirland: Sunday Life. Irland: The Irish Times. Frankreich: L’Équipe. Südafrika: Independent on Saturday, Saturday Star, Weekend Argus. Neuseeland: The New Zealand Herald. Kuwait: Kuwait Times. Mexiko: Milenio Diario. Schweiz und Großbritannien: alternativer Vertrieb. USA: New York Daily News, Chicago Tribune, Los Angeles Times, Houston Chronicle. Gesamtauflage 3,1 Millionen Leserbriefe bitte an leserbriefe@at.redbulletin.com

DIE NÄCHSTE AUSGABE DES RED BULLETIN ERSCHEINT AM 5. JUNI 2012.

ILLUSTRATION: ALBERT EXERGIAN

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