Rainbow UNITED 2015 Nr. 2

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www.intra-beratung.org war die Devise. Also betrat ich das Haus und dann die sehr gemütlich eingerichtet Bar. Da mich das Wetter recht verwöhnte, nutzte ich die Gelegenheit und setzte ich mich in den Garten. Am zweiten Abend war leider der Garten wegen schlechten Wetters geschlossen. Da die Bar aber noch nicht voll war, setzte ich mich an einen kleinen Tisch in die Nähe des Tresens und beobachtete das Geschehen. Ab dem dritten Abend sollte sich einiges ändern. Ich betrat die Bar, als der Barkeeper meinte „wenn du quatschen willst, dann setze dich am besten an den Tresen“. Nun ja der Einladung konnte ich kaum widersprechen und hatte nun so etwas, wie einen Stammplatz für die nächsten Tage. Erst unterhielt sich nur der Barkeeper mit mir. Irgendwie sprang dies aber irgendwann auch auf die Gäste über und so kam ich mit dem Einen oder der Anderen ins Gespräch. Ich wusste ja nicht, dass ich als Frau mit Trans*Hintergrund die einzige in dieser Zeit sein würde, die hier ihren Feierabend genoss und dies eigentlich (bisher) eine sonst rein Schwul-Lesbische Bar war. Leider ist die transsexuelle Szene ist in Rostock eher sehr dünn bis gar nicht vorhanden. Der Barkeeper erzählte mir eines Abends, dass es einige irritierende Reaktionen auf meine Person gegeben haben musste. Ich dachte mir nur, ich bin für Euch mal eben was Neues. Klasse fand ich, dass mein Barkeeper mir dann auch noch erzählte, wie er mich mit den Worten: das Schwule und Lesben eine Randgruppe sind und ich als Transfrau eine noch kleineren Randgruppe angehöre. Selbst habe ich von Diskriminierung oder negativen Reaktionen überhaupt nichts mitbekommen. Meine Erinnerung von dieser Bar ist angefüllt mit einem reinen Wohlgefühl und damit, dass ich sehr viele und interessante Gespräche führte. Also, alles in Ordnung und „Normal“! An den Samstagen war ich früh meist zum Shopping unterwegs. So landete ich irgendwann auch im Ostseepark, der sich westlich von Rostock befindet. Hier verschlug es mich unter anderen in einen Wäscheladen. Als ich

den Laden betrat begrüßte mich die Verkäuferin freundlich. Die Verkäuferin fragte mich etwas nervös, ob Sie mir helfen solle, was ich verneinte. Es war ja nicht mein erster Besuch in einem Dessousgeschäft.

An der Kasse dann lief plötzlich alles schief, denn die Verkäuferin schien so nervös und irritiert zu sein, dass ich ihr sagte, sie kann sich ruhig Zeit lassen, da ich davon gerade genügend hätte. So kamen wir ins Gespräch in einem sonst menschenleeren Laden. Ich erfuhr, dass die Verkäuferin erst den zweiten Tag im Geschäft arbeitete. Sie war etwas überrascht, dass Personen, Frauen, wie ich, so ganz „normal“ sich im Laden bewegen würden. Sie gab mir auch zu verstehen, dass sie einfach keinen Effektivplan hatte, wie sie an mich heran treten sollte. Dabei war nicht der Gedanke einer Ressentiment bei ihr im Hinterkopf, sondern einfach die Befürchtung, sie könne mich mit einem falschen Wort verletzen. Ist das nicht wahre Freundlichkeit? Wir haben sehr lange geredet und am Ende war meine Verkäuferin froh und erleichtert wie „Normal“ ich doch bin. Viel Spaß in Rostock! Eure Jacky Text: InTra* München - Foto: InTra* München

rainbowUNITED Ausgabe 15/02 vom 15.05.2015

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