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Coronavirus im Fokus: Wettlauf gegen die Zeit

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Hüttenzauber

Hüttenzauber

Der Nikolaus hat strengere Corona-Regeln gebracht. Seit Montag ist Südtirol als „gelbe Zone“ eingestuft, und es gelten die Bestimmungen zum sogenannten „Super Green Pass“, also 2G. Geimpfte und Genesene haben gegenüber Ungeimpften deutlich mehr Freiheiten.

Primäres Ziel der Regierung ist es nach wie vor, die Belastung für die Krankenhäuser in Grenzen zu halten. Bisher ist das relativ gut gelungen, trotz rasant steigender Infektionszahlen. Das könnte sich aber schnell ändern. Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig Regeln zu erlassen und Vorkehrungen zu treffen. Während sich Viele regelrecht strengere Regeln wünschen und der Ruf nach einer Impfpflicht immer lauter wird, protestieren Andere vehement dagegen. Die Kluft zwischen Impfgegnern und Impfbefürwortern wird immer größer. Dabei müsste jetzt schon klar sein, dass die Impfung wohl der einzige Weg ist, irgendwann wieder zur Normalität zurückkehren zu können. Viele Geimpfte sorgen für eine stabile Infektionslage und vermeiden die Überlastung des Gesundheitssystems. Wer sich nicht impfen lässt, gefährdet sich selbst, seine Familie, Freunde, Bekannte, Mitmenschen, aber auch all jene, die sich durch eine Vorerkrankung nicht impfen lassen können. Es ist längst nicht mehr nur eine Privatangelegenheit. Man wird sicherlich nicht alle Menschen überzeugen können sich freiwillig impfen zu lassen. Eine kleine, aber laute Minderheit, die sogenannten „No-Vax“ und „NoMask“, welche z.T. an Verschwörungstheorien festhält und an Machtzirklen glaubt, die da dahinter stecken würden, um Profit daraus zu schlagen und in so manchen Fällen sogar zu Staatsverweigerer werden, wird man kaum bekehren. Wie dem auch

Schon seit einiger Zeit gibt es strenge Kontrollen beim Eingang ins Krankenhaus Bruneck. aldar

sei. Der Fokus liegt sicherlich nicht auf dieser Gruppe. Vielmehr gilt es jene Menschen zu überzeugen, die vielleicht skeptisch, aber nicht totale Impfgegner sind. Während in Deutschland und Österreich die Impfpflicht schon so gut wie beschlossene Sache ist, versucht es Italien mit dem sogenannten „Super Green Pass“, der seit Montag für das gesamte Staatsgebiet gilt.

DER SUPER- GREEN-PASS

Man muss jetzt also geimpft oder genesen sein, um in eine Bar, in ein Restaurant, zu einer Veranstaltung, ins Kino, Theater, in die Disco, zu einem Konzert oder zu anderen Veranstaltungen an öffentlich zugänglichen Orten gehen zu können. D.h. im Umkehrschluss, dass all jene, die nicht den sogenannten Super Green Pass besitzen, Einschränkungen haben. Sogar der Konsum des schnellen Kaffees an der Theke verlangt den Super Green Pass. Weiters ist seit Montag die Mitnahme einer Maske Pflicht, und sie muss in Innenräumen und überall dort getragen werden, wo Abstand halten nicht dauerhaft möglich ist. Der grüne Pass (3G) ist auch für den öffentlichen Nahverkehr (auch für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren) und in Hotels und Pensionen notwendig. Ebenso für Schwimmbäder, Turnhallen, Musik- und Chorproben sowie für das Benutzen von Umkleidekabinen und Gemeinschaftsduschen. Beim Skifahren in weißen, gelben und orangen Zonen gilt auch die 3G-Regel.

HOHE STRAFEN

Der Landeshauptmann hat angekündigt, dass es verstärkt Kontrollen der Polizeikräfte geben wird. Die Strafen für Zuwider- >>

handlungen liegen zwischen 400 und 1000 Euro. Um möglichst vielen Bürger/Innen die Möglichkeit zur schnellen Impfung zu geben, findet am kommenden Wochenende die Aktion „Südtirol impft“ statt. Übrigens: Wer geimpft oder genesen ist, braucht nichts zu tun. Sein bisheriger Green Pass wird automatisch in einen Super Green Pass umgewandelt.

SÜDTIROL IMPFT

Laut Landesrat Thomas Widmann sind in Südtirol (Stand 05.12.21) immer noch 150.000 Personen nicht geimpft. Um diese Zahl zu verringern und um die Drittimpfung (Booster) schnell anbieten zu können, die laut neuesten Erkenntnissen auch gut gegen die neue Omikron-Variante schützen soll, findet am kommenden Wochenende die Aktion „Südtirol impft“ statt. Der Sanitätsbetrieb hat 100.000 Impfdosen organisiert, die vom 10. bis 12. Dezember 2021 an alle, die die Voraussetzungen haben, also noch nicht geimpft oder der Impfzyklus bereits seit fünf Monaten abgeschlossen ist, angeboten werden. Am Samstag, 11. und Sonntag, 12. Dezember wird in den Impfzentren geimpft, bereits ab Freitag hingegen beteiligen sich rund 50 Südtiroler Apotheken an der Aktion. An allen drei Tagen wird von 8 bis 20 Uhr geimpft, zum Einsatz kommt dabei überwiegend der Impfstoff „Moderna“, der aufgrund der guten Wirksamkeit als Booster-Impfstoff von wissenschaftlicher Seite her klar empfohlen wird. Am Samstag, 11. Dezember und Sonntag, 12. Dezember sind Impfungen am Vormittag (von 8 bis 14 Uhr) nur mit Vor-

DAS PFLEGEPERSONAL: „WÜNSCHE MIR MEHR VERSTÄNDNIS UND VERTRAUEN“

Im Gesundheitsbezirk Bruneck arbeiten über 600 Pflegerinnen und Pfleger. Seit über zehn Jahren ist Dr. Alexander Kugler aus Gais koordinierender Pflegedienstleiter im Gesundheitsbezirk Bruneck (mit den Krankenhäusern Bruneck, Innichen und dem Territorium) und seit 1. September interimistisch in der gleichen Funktion für den Gesundheitsbezirk Brixen zuständig. Es ist eine sehr verantwortungsvolle und herausfordernde Aufgabe. Und die Corona-Krise hat den Job nicht einfacher gemacht. Wir haben mit Herrn Kugler über die Herausforderungen und Probleme im Pflegebereich gesprochen.

PZ: Herr Kugler, wie sieht denn momentan Ihr Alltag aus? Und was ist derzeit Ihre größte Herausforderung?

Dr. Alexander Kugler: Die größte Herausforderung besteht aktuell darin, die essentiellen Dienste/Akutabteilungen weiterhin mit Personal abzudecken. Die Suspendierungen, Pensionierungen und mutterschaftsbedingten Abwesenheiten machten es notwendig, Abteilungen teilweise zu schließen und das Personal umzuschichten. Natürlich hat man es mit Menschen zu tun, mit welchen man entweder persönlich oder über die Koordinatoren vor Ort ins Gespräch kommen muss, um sie auch auf ihren neuen Arbeitseinsatz vorzubereiten.

PZ: Viele Pflegekräfte arbeiten wahrscheinlich mittlerweile am Limit. Was belastet sie besonders, und wie motivieren Sie Ihre Mitarbeiterinnen und

Mitarbeiter?

Dr. Alexander Kugler: In der Tat macht es die Pandemie notwendig, dass man mit reduziertem Personal weiterhin die essentiellen Dienste garantieren muss und gleichzeitig noch Zusatzleistungen, wie Abstriche, Impfungen und die COVID-Abteilungen führen muss. Ich kann behaupten, dass eine große Mehrheit des Personals sehr verantwortungsbewusst im Sinne des Patienten arbeitet, man täglich mit den Koordinatoren in Gespräch ist, und man versucht, sie weiterhin gesund zu halten. Diesbezüglich würde ich mir manchmal ein wenig mehr Verständnis von Seiten der Bevölkerung wünschen, dass man nicht alles und darüber hinaus schaffen kann.

PZ: Gibt es noch Verständnis für ungeimpfte Patientinnen und Patienten? Dr. Alexander Kugler: In der Betreuung der Patienten mit ihren verschiedenen Krankheiten hat die persönliche Meinung wenig bzw. keinen Platz. Hier muss man mit aller Professionalität den Patienten betreuen. Die Pandemie zeigt sich aber in einer ganz anderen Komplexität und Herausforderung: Hier versucht man das Personal mit Supervisionen zu unterstützen, vor allem auch deshalb, dass die Patienten mit einer COVID-Erkrankung zunehmend ungehalten dem Personal gegenübertreten und sie teilweise sogar verbal angegriffen werden.

PZ: Schwierigkeiten im Pflegebereich hat es schon vor Corona gegeben. Hat aber diese Pandemie die Probleme sichtbarer gemacht?

Dr. Alexander Kugler: Sichtbarer und vielleicht auch evidenter, dass für das Funktionieren des Gesamtsystems die nichtärztlichen Berufsgruppen unabdingbar sind, auf welche man nicht verzichten kann. Diesbezüglich hat die Pandemie die Aufgamerkung möglich und zwar über das Vormerkungsportal „Sanibook“ oder telefonisch unter der Nummer 0471 100 999. An den Nachmittagen vom 11. und 12. Dezember werden offene Impfzugänge ohne Vormerkung jeweils ab 14 Uhr in den Impfzentren angeboten. „Früher oder später wird jede und jeder unweigerlich dem Virus begegnen, vielleicht schon in diesem Winter“, sagte Landesrat Thomas Widmann vergangene Woche und er meinte weiters: „Wir können selbst entscheiden, ob wir geschützt dem Virus entgegentreten wollen oder ungeschützt! Deshalb haben wir am kommenden Wochenende das Angebot geschaffen, wo jede Südtirolerin und jeder Südtiroler die Möglichkeit hat sich impfen zu lassen. Es liegt jetzt an jeder Einzelnen und jedem Einzelnen dies zu nutzen!“. // Alex Dariz

Dr. Alexander Kugler

ben, Wichtigkeit der Krankenpflege-Therapeuten-Techniker-Hebammen mehr in den Vordergrund rücken können und zeigt in der Bevölkerung auf, was neben der ärztlichen Tätigkeit alles geleistet werden muss, um den Patienten gut versorgen zu können.

PZ: Das Ansehen und die Wertschätzung gegenüber Pflegekräften sind sicherlich gewachsen. Ist das für die Betroffenen aber auch spürbar?

Dr. Alexander Kugler: Ich hoffe ja, wo man aber vom Applaus der Bevölkerung in ein gewisses Unverständnis von Seiten der Bevölkerung abgerutscht ist, wenn doch einige sich nicht impfen lassen. Es ist zu einfach zu sagen: ihr habt euch für diesen Beruf entschieden, somit muss man von euch erwarten können, dass ihr dieser Situation begegnet. Eine Pandemie in dieser Form ist aber doch wesentlich etwas Anderes als der normale Regelbetrieb. Auch hier musste sich jeder Einzelne erst einmal einstellen und trifft seine Entscheidungen, wie es auch die Bevölkerung trifft.

PZ: Was muss getan werden, um den

Pflegeberuf wieder attraktiv zu machen?

Dr. Alexander Kugler: Im Bereich der Sanität arbeiten 21 verschiedene sanitäre Berufsbilder, einer davon ist der Arzt, die anderen Berufsbilder gehören dem nichtärztlichen Bereich an. Ich denke, dass man viel mehr die Möglichkeiten, Kompetenzen der einzelnen Berufsbilder aufzeigen muss. Alle Berufsbilder durchlaufen eine dreijährige Ausbildung nach der Matura, dies bedeutet im Umkehrschluss, dass eine Krankenpflegerin weit mehr ist als eine Mitarbeiterin, welche Infusionen oder Spritzen verabreicht, sie trägt wesentlich zur Vorsorge/Akutbetreuung und Nachsorge der Patienten bei. Parallel dazu muss sich auch die finanzielle Vergütung verbessern, um im Vergleich mit unseren Nachbarländern attraktiv zu bleiben.

PZ: Wo sehen Sie uns heute in einem

Jahr?

Dr. Alexander Kugler: Wenn ich eine Glaskugel hätte, wäre mir geholfen (lacht).Ich sehe uns in einem Jahr gereifter an Erkenntnissen, habe die Hoffnung, dass sich die Gesellschaft nicht weiter spaltet, wir die Pandemie überwunden haben oder zumindest gelernt haben, mit dem Virus zu leben.

PZ: Wenn Sie sich etwas wünschen könnten, was wäre das?

Dr. Alexander Kugler: Dass man wieder mehr Vertrauen schenkt und Vertrauen gibt, und nicht hinter jeder Entscheidung einen Hinterhalt vermutet.

PZ: Vielen Dank für das Gespräch, weiterhin viel Kraft und alles Gute!

// Interview: Alex Dariz

DR. GERHARD GRIESSMAIR

„WIE EIN SCHWEIZER UHRWERK“

Dr. Gerhard Griessmair ist der geschäftsführende Direktor des Gesundheitsbezirkes Bruneck. Nachdem der langjährige Direktor Walter Amhof im August in Pension gegangen ist, hat Griessmair die Leitung übernommen. Keine einfache Aufgabe in einer sehr schwierigen Zeit. Die Pandemie hält die Spitäler in Atem, wie nie zuvor. Und durch die ständig zunehmenden Infektionen steigt auch der Druck auf die Krankenhäuser. Wir haben mit dem Direktor über die aktuelle Situation gesprochen.

PZ: Herr Dr. Griessmair, wenn man die tägliche Covid-Zahlen anschaut, da wird einem ganz mulmig. Die Neuinfektionen nehmen stetig zu. Wie sieht aktuell die Lage im Krankenhaus Bruneck aus?

Dr. Gerhard Griessmair: Im Brunecker Krankenhaus hat sich die Lage in den letzten Tagen zugespitzt. Die Intensivstation, die fünf Betten umfasst, und die Covid-Station mit 15 Betten sind derzeit voll (Stand 02-12-2021). Es müssen deshalb Maßnahmen getroffen werden, um die Situation weiterhin im Griff zu behalten.

PZ: Die da wären?

Dr. Gerhard Griessmair: Sie müssen sich das wie bei einem Schiff vorstellen. Wenn das Wasser hineinläuft, müssen die Schotten nacheinander dicht gemacht werden. Falls eine Station voll ist und nur ein Covid-Patient hinzukommt, müssen Sie eine weitere Abteilung für Covid-Patienten reservieren und vom Außenbereich komplett isolieren. In den nächsten Tagen werden wir weitere Abteilungen für Covid-Patienten ausweisen und auch das Krankenhaus Innichen in unser Gesamtkonzept miteinbeziehen müssen.

cherlich viele nicht vorstellen können.

Dr. Gerhard Griessmair: Ja, die Mitarbeiter müssen in der kompletten Schutzausrüstung arbeiten, und es braucht einen intensiveren Personalschlüssel. Das hat Auswirkungen zur Folge, die auch in anderen Abteilungen spürbar sind. So müssen Leistungen in anderen Abteilungen reduziert werden und nicht dringende Operationen müssen verschoben werden. Letzte Wochen hatten wir noch vier OPs in Betrieb. Mit den neuen Maßnahmen werden wir im Laufe dieser Woche die planbaren Operationen reduzieren müssen. Wir leiden derzeit ja unter Personalmangel, vor allem im Pflegebereich. Allein im Krankenhaus Bruneck sind 50-60 Pflegestellen derzeit nicht besetzt. Die Situation ist deshalb sehr angespannt. Dringende Eingriffe garantieren wir natürlich. Und wir arbeiten auch im Netzwerk mit anderen Krankenhäusern. Nur die planbaren Eingriffe werden nach hinten verschoben.

PZ: Es hängt also irgendwie alles zusammen?

Dr. Gerhard Griessmair: Das Krankenhaus ist wie ein Schweizer Uhrwerk, wo ein Zahnrad mit dem anderen verbunden ist. D.h. wenn im Reha-Bereich Leistungen gekürzt werden, dann müssen gleichzeitig die orthopädischen Eingriffe reduziert werden. Aus dem einfachen Grund, da der orthopädische Eingriff ja eine Reha zur Folge hat. Jede Maßnahme ruft eine Kettenreaktion hervor. Man kann keine Maßnahme isoliert und getrennt betrachten.

PZ: Es gibt immer noch viele Menschen, die sich nicht impfen lassen. Einige haben sogar sehr extreme Einstellungen. Dr. Gerhard Griessmair: Ja, leider. Dabei können wir uns absolut auf die Wissenschaft verlassen. Wir stellen fest, dass bei jenen Leuten die nicht geimpft sind der Verlauf viel symptomatischer, die Hospitalisierungsrate

Dr. Gerhard Griessmair

höher und auch die Ansteckungsrate größer ist. Diese Erkenntnisse sind belegt, wissenschaftlich erwiesen. Die 7-Tage-Inzidenz ist letzthin ständig gestiegen. Das ist eine Fotografie, die die aktuelle Covid-Situation widerspiegelt. Wenn sich jemand nicht impfen lässt, dann gefährdet er primär sich selbst, aber eben auch andere, Nichtgeimpfte und Geimpfte. Nach 5 Monaten lässt der Impfschutz nach, deshalb ist es wichtig die dritte Impfung, die sogenannte Booster-Impfung zu machen. Am kommenden Wochenende gibt’s dafür ja ein entsprechendes Angebot.

PZ: Das ist wahrscheinlich auch Ihre

Botschaft an unsere Leser*innen…

Dr. Gerhard Griessmair: So ist es. Bitte lassen Sie sich impfen! Nützen Sie die Gelegenheit an diesem Wochenende sich erstimpfen zu lassen oder die Booster-Impfung zu machen. Und bitte halten Sie sich an die vorgesehenen Schutzmaßnahmen. Dann ist es möglich, dass wir die 4. Welle brechen!

PZ: Herr Griessmair, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute weiterhin!

Dr. Gerhard Griessmair: Danke Ihnen!

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