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SOZIALES & GESUNDHEIT TITELTHEMA

JOSEPH ZODERER

Der Grandseigneur der Literatur ist tot Die Kunde hat sich verbreitet wie ein Lauffeuer, Joseph Zoderer ist verstorben, mit 86 Jahren an den Folgen eines Treppensturzes in seinem Haus in Terenten, von dem er sich nicht mehr erholt hat. Seitdem hatten wir unzählige Gelegenheiten, uns in seine Vita, sein Leben und Schaffen einzulesen. Kein Medium, das nicht über ihn berichtet hat, Nachrufe sind erschienen, persönliche Erinnerungen wurden geteilt, seine Werke einmal mehr gewürdigt. Man hat mich gebeten, doch auch etwas über den Zoderer zu schreiben, schließlich hat er einen guten Teil seines Lebens hier bei uns im Pustertal gelebt und gearbeitet. Nun denn… von Judith Steinmair

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ch war mit Joseph Zoderer nicht befreundet, aber wir haben uns gekannt, nicht sonderlich gut, und vermutlich hat er sich mehr in mein Gedächtnis eingebrannt als ich in seines. Nun, zunächst einmal gehört er als Autor zu meinem BücherregalFundus. Natürlich habe ich ihn gelesen als Südtirolerin, nicht alles zugegeben, aber Klassiker wie „Die Walsche“ oder „Das Glück beim Händewaschen“ gehörten im Laufe der Jahre wie selbstverständlich zum sich literarisch Emanzipieren dazu. Und das ein oder andere mal habe ich ihn dann ja auch bei Lesungen erleben dürfen. Vor allem aber erinnere ich mich an Joseph Zoderer eine Zeit lang als Teil eines morgendlichen Rituals. Ich, frühmorgens auf dem Weg zu meinem Büro und er, ja wohin, vermutlich zu seiner Schreibwerkstatt in der Moessmer-Villa, kreuzten sich unsere Wege am Brunecker Graben. Eine Erscheinung allemal, der nicht

Joseph Zoderer ist vor kurzem gestorben.

Rückblick: Namhafte Gratulanten zu seinem runden Geburtstag. 4

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allzu große und dennoch stattliche Mann im Anzug mit Hut, stets wie aus dem Ei gepellt, zielstrebig trippelnd – eine dieser unübersehbaren Figuren, die gerade in einer Kleinstadt wie Bruneck das gewohnte Stadtbild prägen. Seinen legendären schwarzen Filzhut hat er übrigens, genau wie seine geliebte alte „traktierte“ Mont Blanc Füllfeder, mit der er gute zwei Drittel seiner Bücher geschrieben hat, vor einigen Jahren dem MuseumPasseier gestiftet. Und dann kam der Auftrag, ein Porträt über Joseph Zoderer zu verfassen. Der Anlass: sein 80. Geburtstag. Was bedeutete, dass ich fast einen ganzen Nachmittag mit ihm in der Moessmer-Villa verbringen sollte. Irgendwie hatte ich Bammel, salopp aber treffend ausgedrückt. Der Zoderer sei manchmal nicht ganz so umgänglich, hatte ich gehört. Und ob ich unser Gespräch im Anschluss zu seinem Wohlgefallen zu Papier bringen wür-

Joseph Zoderer mit Bildungsreferent Philipp Achammer auf der Couch.


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