FAHRTERMIN
GESTATTEN, HIER KOMMT EIN BUS: MERCEDES HAT DEN VIANO RENOVIERT UND NENNT IHN JETZT WIEDER V-KLASSE. DIE IST VARIANTENREICH WIE NIE ZUVOR; UNTER ANDEREM WERDEN ZWEI RADSTÄNDE UND DREI LÄNGEN ANGEBOTEN. LEIDER VERFOLGTEN WIR MIT HECKANTRIEB EINE VÖLLIG FALSCHE FÄHRTE Text Hubertus Hoslin · Fotos map
W
enn es bei Mercedes um komfortablen Platz geht, ist nicht die S-, sondern die V-Klasse das Mass der Dinge. Um den Umstand und das Modell besser zu erklären, erlauben wir uns, an dieser Stelle erst von einigen anderen Autos zu sprechen. Zunächst waren da zwei Mercedes-Modelle, die Viano und Vito hiessen. Ob Letzteres damals für Vittorio oder vielleicht Victor stand, konnte nie geklärt werden. Denn darunter rangierte bis vor zehn Jahren noch ein Vaneo, und alle diese Bezeichnungen waren Einfälle der Marketingabteilung, die diesen Nutzfahrzeugen mehr Lifestyle einhauchen und sie vom vorrangig frugalen Wettbewerb abgrenzen wollte. Dass sich mit Grossraummobilen auch prima Geld verdienen lässt, weiss die Branche spätestens seit dem Volkswagen Typ 2: 1950 lanciert und als «Bulli» weltbekannt geworden, transportierte er nicht nur Hippies, sondern ein Lebensgefühl, das bis heute Kind, Kegel und die ganze weite Welt beinhaltet. 1967 folgte die Serie T2, aktuell sind wir beim T5 (seit 2003) und im Sommer kommt das überarbeitete Modell T6. Die Baureihe ist in diesem Segment nicht nur Benchmark, sondern zählt mit Grundpreisen bis zu 76 000 Franken auch zu den teuersten
048 VECTURA #14
EIN AUTO FÜR FAST ALLES
Volkswagen, die man kaufen kann. Auch Ford (Transit) oder Opel (zuletzt Vivaro) brachten Ähnliches, aber nichts Gleichwertiges auf den Markt. Damit schliesst sich der Kreis zu Mercedes: Die Stuttgarter, seit den späten 1990er-Jahren von dem Wunsch beseelt, das Modellprogramm bis in die kleinsten Lücken hinein auszudehnen, brachten damals die eingangs erwähnten Viano und Vito in Position. Erster war als Bulli-Alternative gedacht, der zweite – nackt und bloss – als Handwerkers Liebling. Im Zuge einer klareren Modell-Nomenklatura wurde dann vor einem Jahr die innen wie aussen gründlich überarbeitete neue V-Klasse vorgestellt. Platz ist ihr Programm, ihre Daseinsberechtigung. Denn «der Mercedes unter den Grossraumlimousinen» (Werkcode W447) kann sich den Bedürfnissen seines Besitzers hervorragend anpassen. Angeboten werden zwei Radstände und drei Karosserie längen; wir bewegen hier die mittlere Ausführung. Und die ist mit getönten Scheiben, Sportfahrwerk, Alufelgen und dezentem Chromschmuck sofort als Luxusliner erkennbar. Die Rede ist von einer Avantgarde-Version; unser Testwagen kostet über 90 000 Franken und ist reichhaltig ausstaffiert wie ein Raumschiff für den monatelangen Flug zum Mars. Zum teils serienmässigen, teils aufpreispflichtigen Verwöhnprogramm gehören