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iddleburg in Virginia, eine knappe Autostunde westlich von Washington. Es gilt eines der strengsten Tempolimits in den Vereinigten Staaten – 15 mph in Ortschaften und 25 mph auf vielen Landstrassen, wo 50 das Höchste der Gefühle sind. Wer diese Regeln missachtet, wandert schon mal in den Knast. Ausgerechnet hier stellt Volkswagen den neuesten Jetta vor und das macht durchaus Sinn. Denn hier kann die viertürige Kompaktlimousine am besten beweisen, dass sie ihr eigenes Momentum hat. Die USA sind traditionell «Jetta-Territory»; mit 40 Prozent Verkaufsanteil ist er das mit Abstand beliebteste VW-Modell in Nordamerika. Erst dann kommt mit 30% der in Tennessee gebaute US-Passat – weit vor Beetle, Tiguan, Golf oder Touareg. Auch aus diesem Grund wird der neue Jetta zuerst hier verkauft werden, denn VW hat in den USA zuletzt zehn Prozent Volumen verloren. Das ist bitter und eine frische Modellpalette jetzt doppelt wichtig, bevor Ende 2016 der herbeigesehnte siebensitzige SUV «made in USA» auf den Markt kommt. US-Kunden haben eben ihre ihnen eigene Wahrnehmung – ein über drei Jahre lang unverändert angebotenes Auto gilt als technisch veraltet und wird im Zweifel nicht gekauft, so einfach ist das. Der übliche VW-Modellzyklus von vier und weiteren drei Jahren nach einem Redesign sei deswegen nicht mehr haltbar, erklärt Michael Grobe, technischer Projektleiter A-Stufenheckfahrzeuge und damit auch für den Jetta zuständig: «Künftig erfolgt die erste optische Auffrischung nach drei Jahren, zwei Jahre danach
machen wir eine «Grosse Produktaufwertung», die «All-new» genannt wird, und drei weitere Jahre später ein weiteres Facelift, mit dem die Baureihe noch zwei Jahre laufen kann.» Das ist sehr schlau ausgedacht und im aktuellen Fall bereits eine «GP». Denn der Jetta 2015 – er basiert auf dem 2010 vorgestellten Jetta VI, nennt sich intern 361 GP und kommt aus dem mexikanischen Puebla, dem nach Wolfsburg weltweit zweitgrössten VW-Werk – wurde nicht nur äusserlich, sondern vor allem unter und im Blech selbst modifiziert. Zu den wesentlichsten Änderungen zählt eine Strukturoptimierung in den Bereichen Radhaus-Längsträger und A-Säule-Schweller. Damit holt das Auto auch weiterhin fünf Sterne im strengen US-NCAP-Crashtest, der jüngst verschärft worden ist. «Zusätzlich erfüllen wir jetzt auch den Top Safety Pick +», freut sich Grobe: Es handelt sich um einen spezifischen Consumer-Test des IIHS (Insurance Institute for Highway Safety), der die Kombination aus Front-, Seiten-, Heck- und versetztem Crash sowie einem Überschlag untersucht. Zudem hat man dem Jetta weitere optionale Assistenzsysteme spendiert – einen Tote-Winkel-Warner etwa, der beim Zurückstossen zusätzlich auch den Verkehr hinter dem Wagen beobachtet und bedarfsweise Alarm schlägt. Einen Kollisionswarner mit im Markenlogo verstecktem Radarsensor und 120 Meter Reichweite. Oder die Einpark-Abstandskontrolle. Auch antriebstechnisch hat sich etwas getan. So hat man dem Zweiliter-Benziner zehn weitere PS gegönnt und hält erstmals einen modernen 2,0-L-Turbodiesel aus der aktuellen HERBST 2014 107