PRESTIGE Switzerland Volume 27

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Beauty

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Die Erde ist symbolisiert durch das Räucherwerk, das Feuer entsteht aus dem Brennmaterial, die Luft ist der aufsteigende Rauch und das Wasser versinnbildlicht der Feuersand, in dem das Räucherwerk verglüht wird. Die freigesetzten Stoffe sollen laut Überlieferung Körper, Geist und Seele durchdringen und beeinflussen. Hölzer, Harze und Kräuter werden seit Jahrtausenden zur Vertiefung von Glaubenserlebnissen eingesetzt.

Düfte gegen Krankheiten Die Tradition des Räucherwerks «Koh» wurde in Japan im sechsten Jahrhundert, zeitgleich mit der Einführung des Buddhismus, von China übernommen. Zu Beginn wurde «Koh» fast ausschliesslich bei religiösen Anlässen verwendet, wie zur Würdigung von Buddha-Statuen, zum Gedenken an Verstorbene und als Symbol der Reinigung. Bekannt waren aber auch seine heilenden Kräfte, weshalb «Koh» ebenfalls in der Aromatherapie angewendet wurde. Ob psychische Beschwerden oder körperliche, das «Koh-Pulver» (Ascherückstand) wurde eingenommen oder eingerieben. Kranke wedelten sich beim Betreten eines Tempels den aus Rauchschalen aufsteigenden «Koh-Rauch» mit der Hand in Richtung erkrankter Körperregion zu. Bis heute ist diese Geste in Japan zu beobachten. Zwei Jahrhunderte später, während der Heian-Ära (ca. 794–1192), etablierte sich das Aromatisieren mittels dem Rauch verbrannter exotischer Hölzer am Kaiserhof. Die Adligen parfümierten Räume und Kleidung oder genossen einfach die verschiedenen Aromen in der Luft. Kimonos wurden über den verbrennenden Hölzern wie Zelte aufgespannt, um das Gewebe mit dem Duft zu bedampfen. Unter den weiten Ärmeln der Kimonos trugen die Damen und Herren des Adels kleine Stoffbeutelchen mit Koh-Pulver am Handgelenk und sogar Kriegsrüstungen wurden vor dem Einzug ins Gefecht beduftet. Schnell entstanden individuell angefertigte Duftmischungen, meist aus Adlerholz, Sandelholz, Moschus und Nelken. In einem Mörser zerrieben, wurden die Pülverchen mit Honig oder Pflaumenmus zu kleinen Kügelchen (Neriko) verknetet und gut verschlossen in einem Steingefäss teils monatelang in der Erde eingegraben. Das Aroma sollte reifen und sich so besonders gut entfalten.

Dem Duft lauschen … Ähnlich wie die Teezeremonie, die Poesie und die Kalligraphie zählte «Koh» zu den schöngeistigen Künsten, den Geido. Immer ging es dabei um das Empfinden und die Sinne. Man roch keinen Duft, man «lauschte» ihm. Koh wurde zu einem Gesellschaftsspiel namens «Koh-Do». Vorbehalten war es den Adligen und hochrangigen Samurai-Kriegern. Die Teilnehmer mussten erraten, was der Zeremonien-Leiter in einem kleinen Döschen verbrannte. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Weihrauch und Adlerholz. Bis heute spielen ganze Familien der besseren japanischen Gesellschaft «Koh-Do». Dabei geht es nicht um das Gewinnen. Es geht um ein gemeinschaftliches Erleben der Sinne, beinahe meditativ.

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Der Inhaber einer der ältesten Räuchermittel-Produktionen Japans, Shoyeido, ist mit der Koh-DoZeremonie aufgewachsen. Masataka Hata leitet das traditionelle Unternehmen bereits in 12. Generation. «Es gibt ein Stück Adlerholz, das seit über 400 Jahren von einer Generation zur nächsten weitergereicht wird. Immer zum Neujahrsfest feiert unsere Familie traditionell das Koh-Do-Spiel damit. Für mich ist es die Erinnerung an meine Kindheit und vor allem an meinen Vater. Der Duft des verbrannten Holzes ist dabei meine Verbindung», erklärt Hata. Er hält ein unscheinbar wirkendes Stück Holz hoch. Es ist das über 400 Jahre alte Stück Adlerholz seiner Familie. Mit einem Messer schneidet er feinste Holzspäne von dem Adlerholz ab, um sie seiner Zeremonienmeisterin zu reichen. Ihre Aufgabe ist es nun, die Holzschnipsel mit anderen Ingredienzien in feinen Keramikbechern zu verbrennen. Zuerst reicht sie einen Becher herum. Mit gehöhlter Hand muss nun jeder Mitspieler den süsslich duftenden Rauch einatmen und in seinem Gedächtnis «speichern». In der Folge werden zwei weitere Becher, jeweils neu mit Rauchwerk bestückt, umhergereicht. Aufgabe ist es, herauszufinden, welcher der beiden Düfte dem ersten gleicht und welcher nicht. «Es soll eine Reise in das Innere sein», erklärt Hata. Derjenige, der erkennt, welcher Duft dem zuerst herumgereichten ähnelt, ist zwar laut Hata nicht der Gewinner, er erhält aber doch eine Art Preis. Einen mit schwarzer Tusche und Pinsel handgezeichneten Auswertungsbogen mit seinem Namen in japanischen Schriftzeichen darauf. Die Kosmetikbranche weiss Aromen geschickt für sich zu nutzen. Doch besonders die japanische Marke Sensai weiss, wie gross die Rolle von Aromen in Verbindung mit den menschlichen Sinnen ist. So sind die Produkte der neuen Ultimate-Linie mit Iriswurzel-Aromen angereichert. Ihr Duft hat einen entspannenden Effekt. Die Iriswurzel gehört zu den wertvollsten natürlichen Aromaträgern und hat bei Sensai die Aufgabe, die Assoziation exklusiver Seide und voll erblühter Kirschblüten den Sinnen zu vermitteln. In Pflege integriertes «Koh» sozusagen.


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