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Perfekt vermessen: An Ende sitzt der Massanzug wie angegossen.
COLLIN SUITING
VON THAILAND NACH ZÜRICH VIELE SETZEN BEIM SCHNEIDERN VON MASSBEKLEIDUNG AUF MADE IN EUROPE. ABER DAS MUSS NICHT SEIN. EIN ATELIER IN ZÜRICH ZEIGT, DASS AUCH DIE ZUSAMMENARBEIT MIT SCHNEIDERN IN THAILAND BEDENKENLOS IST – AUCH WAS QUALITÄT UND ARBEITSBEDINGUNGEN ANGEHT. INTERVIEW MIT RITA KUNSANTHIA-TU VON FREYA MOHR
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er Beruf wurde Rita Kunsanthia-Tu sozusagen in die Wiege gelegt. 1976 eröffnete ihr Vater Amrit lal Sod sein Schneider atelier in Bangkok in Thailand, wo sie als Jugendliche gerne mithalf. Mit 16 Jahren ist sie in die Schweiz gezogen, als ihre Mutter neu geheiratet hat. In Zürich eröffnete die halb Thailänderin, halb Inderin 2014 ihr Atelier Collin Suiting. Wir sprachen mit ihr über die kulturellen Unterschiede, mit denen sie durch die Zusammenarbeit der beiden Schneiderateliers zu tun hat. Und klären ausserdem, unter welchen Bedingungen ihre Schneider in Thailand arbeiten.
Thailand und die Schweiz sind zwei verschiedene Welten. Was haben Sie daraus gelernt, mit Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenzuarbeiten? Ich habe auf jeden Fall gelernt, dass sie verschieden arbeiten. Schweizer sind präziser als Thailänder. In Thailand muss man oft den Sachen nachlaufen. Aber Thailänder sind neuen Ideen gegenüber nicht abgeneigt. Sie sagen nicht, dass sie das nicht können, sondern versuchen, es zu machen. Zum Beispiel ein schönes Design: Statt normaler Anzüge, die man jeden Tag sieht, sind meine Schneider auch dazu bereit, Schnittmuster auszuprobieren, die nicht alltäglich sind.
«ZürichRUNDSCHAU»: Ihre Wurzeln liegen in «GANZ EHRLICH, ICH BIN Thailand, Sie sind in der Schneiderei Ihres Vaters KEINE SCHNEIDERIN. ICH Wie sieht heute die Zusammenarbeit zwischen gross geworden. Was hat Sie damals geprägt, dass der Schneiderei in Bangkok in Thailand und dem BIN WIE EIN KOCH.» Sie ebenfalls Schneiderin geworden sind? Atelier in Zürich aus? Rita Kunsanthia-Tu: Mein Traum wäre eigentlich etwas anderes geMein Vater ist bereits über 80, er nimmt nur noch die Bestellungen wesen. Ich wollte Köchin werden oder mechanische Sachen machen. In entgegen. Für die ganzen Ideen, die Masse und Schnitte rede ich direkt die Schneiderei bin ich einfach reingerutscht. Ich habe als Kind die Branche mit den Schneidern in Thailand. der Schneiderei beobachtet und habe gesehen, wie das Ganze funktioniert. Und weil mein Vater dann mit der Zeit sehr viele Stoffe hatte, habe Thailand, Bangladesch, Indien – alles Länder, die in den Medien immer ich ihm weitergeholfen, diese zu verarbeiten. Deswegen habe ich mich wieder durch schlechte Arbeitsbedingungen Schlagzeilen machen. entschieden, selbst ein Atelier in Zürich zu eröffnen. Hat das Auswirkungen auf Ihre Kundschaft? Nein, überhaupt nicht. Die Kunden, die zu mir kommen, sind schon Haben Sie Schneiderin gelernt? mal in Thailand gewesen. Und sie wissen, Thailand kann man nicht Ganz ehrlich, ich bin keine Schneiderin. Ich bin wie ein Koch. Ein guter mit Bangladesch oder Indien vergleichen. Was meine Schneiderteams Koch muss nicht jede Prise Salz exakt wiegen, sondern er weiss, welcher angeht, bestimme nicht ich den Preis, sondern sie sagen mir, welchen Geschmack dem Gast gefällt. Bei mir ist das ähnlich. Ich weiss, wie ein Preis sie haben möchten. Entweder akzeptiere ich den Preis oder ich Mann gut aussieht. Wenn es mir gefällt, dann gehe ich davon aus, dass sage Nein – je nach Arbeit. Wenn ich weiss, die Schneider liefern eine die anderen Frauen das auch schön finden. gute Arbeit ab, ohne dass ich Probleme mit den Kunden habe, dann
FRÜHLING : : 2019