Im Kulturkampf

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VINSCHGER GESELLSCHAFT

Tierwohl im Brennpunkt Online-Diskussion über die Tierhaltung, den Kraftfutter-Einsatz, die Förderungen und die Zukunft der Berglandwirtschaft insgesamt.

Mehr als die Hälfte der Teilnehmenden gab bei einer Umfrage während des Webinars an, dass eine standortangepasste und tiergerechte Milchviehhaltung in Zukunft die größte Herausforderung für die heimische Berg- und Milchwirtschaft darstellen wird. SÜDTIROL/VINSCHGAU - In aller Offenheit miteinander reden und auch vor heißen Eisen nicht zurückscheuen: So lässt sich das Motto der Webinar-Reihe auf den Punkt bringen, die Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler im Rahmen seines Konzeptes „LandWIRtschaft 2030“ organisiert hat. „Die Gesellschaft hat der Landwirtschaft gegenüber große Erwartungen und die Landwirtschaft ihrerseits möchte mit der Bevölkerung in den Dialog treten und offen über alle Anliegen und Probleme reden“, ist Schuler überzeugt. Es gehe darum, den Zwiespalt zwischen Landwirtschaft und Bevölkerung zu überwinden. Wie komplex und vielschichtig die Themen sind, wenn es darum geht, eine tragfähige Zukunftsstrategie der Südtiroler Landwirtschaft zu entwickeln, zeigte sich bei allen drei Webinaren, die im März stattgefunden haben. Den Auftakt bildete das Webinar „Obst- und Weinbau – Wohin geht der Weg?“, an dem rund 600 Personen teilgenommen haben. Deutlich herauskristallisiert hat sich, dass die Nachhaltigkeit ein prioritäres Zukunftsthema in der Landwirtschaft ist. Die Themen, die aufs Tapet gebracht wurden, reichten vom nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln über die nachhaltige Anwendung von Gentechnik bis

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DER VINSCHGER 11-12/21

hin zum Vorschlag, eine nachhaltige CO2-Steuer auf importierte Produkte einzuführen. Die Folgen der Corona-Pandemie haben laut Schuler gezeigt, „dass die Landwirtschaft in Südtirol als Produzent von Lebensmitteln derzeit einen hohen Stellenwert einnimmt.“ Doch die Herausforderungen bleiben groß. Die Mehrheit der Webinar-Teilnehmenden gab sich überzeugt, dass das Klima und die Konsumenten in Zukunft große Auswirkungen auf die Lebensmittelproduktion haben werden. Brennendes Thema Tierwohl Beim zweiten Webinar, das ebenfalls auf viel Zuspruch stieß, lautete das Thema „Berglandwirtschaft und Tierhaltung in Südtirol“. Schuler schickte voraus, dass ca. 90 Prozent der Agrarflächen in Südtirol Grünland sind

und auch bleiben sollen. Dass es gelungen ist, die kleinstrukturierten Berghöfe zum Großteil zu erhalten, sei vor allem auf die Produktveredelung und Spezialisierung in der Milchwirtschaft zurückzuführen. Alternativen zur Viehhaltung gebe es kaum. Weiter im Aufwind befinde sich die Ziegenhaltung. Ein Thema, das immer stärker in den Vordergrund rückt, sei das Tierwohl. Auch in diesem Bereich sei die Berglandwirtschaft gefordert. Nicht zu unterschätzen sei auch das sich verändernde Konsumverhalten. Schuler: „Wir sind leider zu einer Wegwerfgesellschaft geworden, auch im Bereich der Lebensmittel. In Südtirol werden 94 Kilogramm Lebensmittel pro Haushalt und Jahr weggeworfen.“ Das hänge zum Teil auch mit nicht immer vernünftigen Bestimmungen im Zusammenhang mit den Ver-

Im Bild (oben v.l.): Daniel Gasser, Guido Steinegger (Landespresseamt) und Martin Lintner; (unten v.l.): Gerlinde Wiedenhofer, Arnold Schuler und Matthias Gauly

fallsdaten zusammen: „Wird das Datum bei Fleischprodukten um einen Tag überschritten, ist sofort von ‚Gammelfleisch’ die Rede.“ Einige „schwarze“, aber auch viele „weiße“ Schafe Als Gesprächspartner für das Online-Publikum waren auch Professor Matthias Gauly von der Freien Universität Bozen, der Obmann des Beratungsrings für Berglandwirtschaft, Daniel Gasser, der Moraltheologe Martin Lintner sowie die stellvertretende Landestierärztin Gerlinde Wiedenhofer eingeladen worden. Die Themen Tierwohl, Tiertransporte und Anbindehaltung zogen sich wie ein roter Faden durch den Abend. Gauly informierte u.a. über die Tierwohl-Initiative Südtirol. Man sei auf einem guten Weg, aber es gebe noch viel zu tun. Nicht vorstellen kann sich Gauly, dass sich die Südtiroler Berglandwirtschaft mit den vielen Kleinbetrieben in teils extremen Höhenlagen vollständig von der Anbindhaltung befreien kann. Es gebe Wege und Möglichkeiten, bestimmten Tierwohl-Kriterien auch in Anbindeställen gerecht zu werden. Zur Frage der Subventionen meinte er, dass diese für die Berglandwirtschaft langfristig notwendig bleiben werden, dass es zugleich aber auch gelingen


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