VINSCHGER GESELLSCHAFT
Von Müll und Corona-Strafen bis hin zum „Kalterer“ NATURNS - Bei wem sollen sich die Bürger dafür bedanken, dass ihnen die Förster fleißig CoronaStrafen ausgestellt haben? Diese Frage warf bei der jüngsten Online-Sitzung des Natunser Gemeinderates Dietmar Rainer von der Süd-Tiroler Freiheit in den Raum. Bürgermeister Zeno Christanell erinnerte daran, dass sich der Gemeindenverband angesichts der hohen Covid-19-Fallzahlen für mehr Kontrollen ausgesprochen hatte. Er habe die Carabinieri und Förster nicht dazu gedrängt, mehr zu kontrollieren, unterstütze aber deren Kontrolltätigkeit voll und ganz. „Die Gesetze und Regeln sind einzuhalten“, so Christanell. Kontrolliert werde außerdem mit Maß und Vernunft: „Nicht einmal einer von 100 wird bestraft.“ Von „armen Bürgern“ könne daher
keine Rede sein. Die Rechtsstaatlichkeit gelte für alle. „Bedanken sollen sich die Bestraften bei sich selbst“, so Christanell. Der Referent Helmut Müller meinte: „Die Corona-Regeln sind ebenso einzuhalten wie alle anderen Vorschriften. Über die MeBo kann man auch nicht mit 180 km/h fahren.“ Viele nähmen das Ganze leider immer noch viel zu locker: „Wie sonst ist es möglich, dass 3 Autos auf den Fuchsberg fahren, 12 Leute aussteigen und zusammen losmarschieren?“ Zur Feststellung von Jonas Christanell, dass der Besinnungsweg „sehr vermüllt“ sei, meinten der Bürgermeister und mehrere Ausschussmitglieder, dass es für manche offensichtlich zur Mode geworden sei, mit vollen Rucksäcken auszurücken und überall Müll und Unrat zurückzulassen. Laut
Die Tage für diesen „alten Kalterer“ auf dem Rathausplatz in Naturns sind gezählt.
Barbara Wieser Pratzner habe man es keineswegs nur mit „Jugendsünden“ zu tun. Zur Frage von Michael Kaufmann, was mit dem „alten Kalterer“ auf dem Rathausplatz geschehen wird, sagte der zuständige
Referent Florian Gruber, „dass für diesen Apfelbaum die besten Tage vorbei sind.“ Er habe sich auch fachlich beraten lassen. Der Baum, der nur mehr teilweise gesund sei, werde auch zu einem Sicherheitsproblem. Der „Kalterer“ werde daher im Frühjahr geschlägert. „Wir werden aber einen neuen schönen Baum pflanzen“, versicherte Gruber. Die Liste „Zukunft Naturns“ hatte eine Anfrage bezüglich des „Lichtplans“ bzw. der Maßnahmen zur Einschränkung der Lichtverschmutzung eingebracht. Die Bestandserhebung wurde laut dem Bürgermeister im Oktober 2018 vorgenommen. Der „Lichtplan“ wurde noch nicht genehmigt. Der Plan sieht die Anwendung eines Regelsystems und Energieverwaltungssystems für die öffentliche Beleuchtung vor. RED
Causa „Saumoar“: Bald Schlussstrich? NATURNS - Weil es sich beim Objekt „nicht um ein Gut von besonderem künstlerischem, geschichtlichem, archäologischem oder volkskundlichem Wert handelt“, wird für die alte Hofstelle „Saumoar“ kein Unterschutzstellungsverfahren eröffnet. Zu dieser Schlussfolgerung kommt das Landesenkmalamt in einem Abschlussbericht, datiert mit dem 5. Februar 2021, den BM Zeno Christanell am 8. März dem Gemeinderat zur Kenntnis brachte. Er teilte zudem mit, dass man
sich bei einem Treffen mit den involvierten Personen dahingehend verständigt und geeinigt habe, dass Ottilia Ruatti bis spätestens Ende Juni 2021 aus dem Gebäude auszieht. Das Verwaltungsgericht Bozen hatte einen Rekurs von Ottilia Ruatti und Hans Pöll gegen die Abbruchverfügung abgelehnt. Gegen dieses Urteil wurde Rekurs beim Staatsrat in Rom eingebracht, der noch behängt. Laut Bis spätestens Ende Juni soll die alte dem Bürgermeister wäre es wich- Hofstelle „Saumoar“ geräumt sein, tig, „endlich einen Schlussstrich sodass der Abbruch erfolgen kann.
unter diese schwierige und emotionale Causa ziehen zu können.“ Auch über die Causa „Plack“ in Tabland informierte Zeno Christanell. Der Ausgangspunkt sei dort zwar ein anderer gewesen, zumal es sich nicht um eine Hofaussiedlung handelte, sondern um einen Raumordnungsvertrag, aber die Entwicklung habe denselben Lauf genommen. Um den schwierigen sozialen Aspekt kümmere sich der Referent Florian Gruber, um die Urbanistik das Bauamt. SEPP
AUFGESPÜRT & AUSGEGRABEN (62)
Blättern in der Coronik #1 Vor fast genau einem Jahr betrauerte Südtirol den ersten Corona-Todesfall im Land. Eine 85-jährige Frau, die wenige Tage zuvor ins Bozner Krankenhaus eingeliefert worden war, verstarb in der Nacht auf den 12. März 2020. Über Tausend weitere Menschen folgten bis heute. Bereits einige Wochen vor dieser Todesmeldung hatte ich begonnen, eine „Coronik“ anzulegen, in der diese Zeit dokumentiert werden sollte – ohne zu wissen, wie lange die Krise dauern würde. Vieles davon ist schon vergessen, verdrängt oder musste den immer neuen Meldungen von gefährlichen Mutanten weichen. Es lohnt sich, in den Aufzeichnungen zu blättern. Als eine der ersten Veranstaltungen wird die RomFahrt der Ministranten abgesagt, ebenso der Karneval von Venedig und vier Serie-A-Fußballspiele. Wenige Tage später kursiert das Gerücht, die Schulen könnten geschlossen werden, was sich noch am selben Abend als Gewissheit herausstellt. Ein Mindestabstand von 1 Meter wird eingeführt, Umarmungen und andere Begrüßungen sollen vermieden werden. Südtirols Infektionszahlen
sind noch einstellig, da werden alle Gottesdienste und Begräbnisse ausgesetzt. Gleichzeitig riegelt Italien ein Gebiet ab, in dem 16 Millionen Menschen leben. Ein- und Ausreisen ist nur mit Sondergenehmigung möglich – in Südtirol schüttelt man noch den Kopf, beendet aber unterdessen die Skisaison vorzeitig. Wir lernen Wörter wie „systemrelevant“ und „social distancing“. Der erste Lockdown bringt nicht nur das Hashtag #ichbleibezuhause hervor, sondern auch Balkonkonzerte, Applaus für die Helden im Gesundheitssystem und eine Reduzierung der Streaming-Qualität auf Netflix und YouTube, um das Netz zu entlasten. Und in nicht wenigen reift der Gedanke, dass in der ganzen Krise eine große Chance für die Menschheit liege: Entschleunigung, weniger Umweltverschmutzung, mehr Zeit zum Lesen, das Besinnen auf das eigentlich Wichtige. Z
DER VINSCHGER 09-10/21
19