Offenblatt 2022/4

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5.2.2022 3

ABSCHIED UND WILLKOMMEN CDU-Fraktion. Nach 23 Jahren als Stadtrat wurde Wolfgang Böhringer (l.) in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats verabschiedet. OB Marco Steffens würdigte den 73-jährigen Metzger als ruhigen und ausgeglichenen Zeitgenossen, der sich insbesondere für die Städtepartnerschaften einsetzte und sich durch Großzügigkeit und Spendierfreude auszeichnete.

Sein Nachfolger ist Mathias Renner aus Fessenbach. Er wurde auf die Formel verpflichtet: „Ich gelobe Treue der Verfassung, Gehorsam den Gesetzen und gewissenhafte Erfüllung meiner Pflichten. Insbesondere gelobe ich, die Rechte der Gemeinde gewissenhaft zu wahren und ihr Wohl und das ihrer Einwohner nach Kräften zu fördern.“ Fotos: Siefke

„Es kommt auf den Einzelfall an“ Aktuelle Stunde: Gemeinderat diskutiert engagiert über Haltung gegenüber sogenannten „Montagsspaziergängern“ Auf Initiative der SPD-Gemeinderatsfraktion gab es in der jüngsten Gemeinderatssitzung eine Aktuelle Stunde zum Umgang mit den so genannten Spaziergängen, deren Teilnehmende aus unterschiedlichsten Gründen gegen die CoronaMaßnahmen demonstrieren. Die Stadtspitze verteidigte ihre Haltung, zum jetzigen Zeitpunkt auf eine Allgemeinverfügung zum Verbot zu verzichten. Die über zwei Jahre währende Pandemie sei für alle eine Herausforderung. Jede Maßnahme, die ergriffen werde, habe ernste Nebenwirkungen, so Marco Steffens in seiner Stellungnahme. Jeder und jede Einzelne seien gefragt, sich solidarisch und angemessen zu verhalten. All jenen, die sich entsprechend verhielten, gelte für diese „stille Leistung“ sein Dank. Aus verschiedenen Beweggründen gebe es Menschen, die gegen die Maßnahmen in welcher Form auch immer aufbegehrten. So werde dem Staat Unlauterkeit und Schwäche unterstellt, manche hätten Angst, andere witterten eine Verschwörung. Eine „verschwindende Minderheit“ nutze die Situation aus, um sich selbst in den

Vordergrund zu spielen und die staatliche Ordnung grundsätzlich in Frage zu stellen. Steffens kritisierte, dass die Spaziergänge nicht angemeldet seien und einige Teilnehmende keine Masken trügen. Er unterstrich, dass die meisten allerdings keine Extremisten seien und forderte daher dazu auf: „Schauen Sie genau hin, mit wem Sie da mitlaufen.“ Ein robustes Vorgehen gegen die derzeit friedlich verlaufenden Spaziergänge könne zu einer Radikalisierung führen: „Wir sind der Meinung, ein solches Verhalten austarieren zu können.“

Starker Rechtsstaat Bürgermeister Hans-Peter Kopp unterstrich, dass man nicht von der Situation in Stadt A auf die Situation in Stadt B schließen dürfe: „Es kommt immer auf den Einzelfall an.“ Kopp betonte mit Nachdruck: „Wir sind ein starker Rechtsstaat.“ Wer in diesem Fall eingreifen wolle, müsse sich fragen, ob dieser Schritt angemessen und verhältnismäßig sei. Zwar missbillige die Stadt, dass sich niemand für die Spaziergänge verantwortlich erkläre und dass die Mär-

sche nicht angemeldet seien. Allerdings rechtfertige ein Verstoß gegen die Anmeldepflicht kein Verbot der Veranstaltung. Erst wenn eine schwerwiegende, unmittelbare Gefahr für die Öffentlichkeit bestehe, sei eine Untersagung geboten. In der Fraktionsrunde missbilligte Ingo Eisenbeiß (Grüne), dass von einigen „Spaziergängern“ ein Graubereich ausgenutzt und keine Verantwortung übernommen werde. Andererseits sei es zu begrüßen, dass die Meinungs- und Versammlungsfreiheit diesen hohen Stellenwert einnehme. Jess Haberer (CDU) empfindet das Szenario als bedrohlich und sieht es als besorgniserregend an, dass einige die Demokratie völlig ablehnten. Die Gegendemonstranten müssten darauf hinwirken, dass sich kein antidemokratisches Gefühl etabliere: „Das passt nicht zur Marke Offenburg.“ Tobias Isenmann (FWO) betonte, dass seine Fraktion das Recht auf freie Meinungsäußerung hoch schätze. Aber auch hier gelten demokratische Regeln. Er appellierte an die Teilnehmenden, den offiziellen Weg zu gehen und die Spaziergänge anzumelden.

Thomas Bauknecht (FDP) wertete die Spaziergänge bislang als sehr friedlich: Es müsse mit allen Mitteln auf Deeskalation gesetzt und zugleich vor einer Instrumentalisierung gewarnt werden. Taras Maygutiak (AfD) hob hervor, dass die Spaziergänger die unterschiedlichsten Beweggründe hätten: „In der Freiheitsstadt muss man das aushalten können.“ Florence Wetzel (Offenburger Liste) unterstützte die Linie der Verwaltungsspitze, da auf diese Weise Eskalation vermieden werden könne. In weiteren Beiträgen wurde die „wehrhafte Demokratie“ hervorgehoben und zugleich die Forderung gestellt, den Spaziergängen etwas entgegenzusetzen: „Wir müssen klare Grenzen setzen“, erklärte etwa Nicole Kränkel-Schwarz (SPD): Der Gemeinderat müsse Vorbild sein, Stellung beziehen und sich mit Anstand und Abstand für die Demokratie einsetzen. Für OB Steffens steht fest: „Uns verbindet am Ende mehr, als uns trennt.“ Er appellierte erneut an die Teilnehmenden, kritisch hinzuschauen, „mit wem Sie sich im Zweifel gemein machen“ – und dankte für die „engagierte Diskussion“.


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