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Weiblich, 52, nackt Es ist selten, dass reife Frauen auf der Bühne die Hüllen fallen lassen. Doch im Theaterstück „Kalender-Girls“ passiert genau dies. Darstellerin Manon Straché verrät, warum sie sich nicht schämt und welche Entblößungen sie wirklich fürchtet
„Kalender-Girls“ ist ein ungewöhnliches Theaterstück um einen Landfrauenclub. Dessen Damen möchten Geld für eine Krebsstation sammeln und lassen sich dafür etwas Besonderes einfallen: Statt den alljährlichen Benefiz-Kalender mit Tier- und Landschaftsfotos zu bestücken, wollen sie selbst vor die Kamera treten – nackt. Das zögerlich begonnene Projekt stößt auf ungeahntes Interesse, stellt aber auch die Beziehungen der Frauen untereinander auf die Probe. Die Handlung beruht auf einer wahren Begebenheit in England und kam bereits 2003 als Film-Version in die Kinos. galerie:ortenauRedakteur Christoph Meichsner sprach mit Manon Straché, die auf der Bühne eine der sich ausziehenden Frauen spielt.
galerie:ortenau: Frau Straché, welche Kalender werden 2013 in Ihrer Wohnung hängen? ■ Manon Straché: Bei mir hängt immer ein Kalender mit Fotos von meinem PflegeHund. Ich selber besitze – beruflich bedingt – leider keinen Hund. Aber meine Freunde haben einen Australian Sheperd Lucky. Das ist ein sehr hübscher Hund und der ist oft zur Pflege bei mir. Meine Freunde machen übers ganze Jahr Fotos und dann erhalte ich jedes Weihnachten einen Kalender. Also keine halbnackten Frauen, keine Chippendales, sondern ein Hund als Kalender-Motiv? ■ Ja. Eigentlich bin ich aber überhaupt kein Freund von Kalendern. Die zeigen einem im-
Manon Straché Manon Straché wurde am 27. März 1960 in Magdeburg geboren. Sie absolvierte von 1980 bis 1984 an der Leipziger Theaterhochschule eine Schauspielausbildung – erst die achte Bewerbung an dieser Schule verschaffte ihr schließlich die Annahme. Ab 1984 spielte Manon Straché im Leipziger Kabarett „Academixer“. Im November 1989 ging sie nach Westdeutschland, wo sie sich von 1990 bis 1995 in der ARD-Serie „Lindenstraße“ als Blumenhändlerin Claudia Rantzow einen Namen machte. Zu sehen war Straché ebenfalls in den Fernsehserien „Hotel Elfie“, „Girl Friends“ und „Das Traumschiff“. Die Schauspielerin lebt in Berlin.
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galerie:ortenau · Januar 2013
mer, wie begrenzt die Zeit ist und wie schnell sie vergeht. In „Kalender-Girls“ geht es jedenfalls ganz zentral um einen Kalender. In dem Stück spielen Sie eine Frau namens Ruth. Wie würden Sie diese Rolle beschreiben? ■ Für mich ist das die schönste Rolle in dem Stück, weil bei dieser Figur eine Entwicklung sichtbar wird. Ruth ist eine Frau, die alles richtig machen will und dadurch ganz viele Fehler macht. Sie will es allen recht machen und merkt nicht, dass das Leben völlig an ihr vorbeigeht. Als es um die Produktion des Kalenders geht, passiert bei Ruth über diesen Zwiespalt – mache ich’s, mache ich’s nicht – eine Emanzipation. Sie bemerkt, dass sie selbst anfangen muss, ihr Leben in die Hand zu nehmen. Der Zuschauer kann gut daran teilhaben, was mit diesem Menschen passiert. Deswegen liebe ich diese Rolle so. Wie viele Hüllen lässt Ruth in dem Stück fallen? ■ Alle. Also nicht nur die äußerlichen Hüllen der Kleidung, sondern auch die seelischen Hüllen. Denn Ruth sagt, was in ihr vorgeht. Das machen die anderen Figuren nicht so sehr. Im Preisgeben ihrer Schwäche liegt die Stärke dieser Figur. Also stehen Sie wirklich für einige Momente komplett nackt auf der Bühne? ■ Ja. Im ersten Fotomotiv sieht man das noch nicht so ganz. Beim Weihnachtsmotiv dagegen, da kann ich nicht mehr schummeln. Aber ich habe damit kein Problem. Wenn ich nackt auf der Bühne bin, ist die Nacktheit mein Kostüm. Das Ganze hat ja einen Sinn. Ich bin nicht nackt, weil dem Regisseur nichts mehr eingefallen ist.
Sie mussten sich sicherlich überwinden, bei „Kalender-Girls“ mitzuspielen? ■ Nein. Ich bin Schauspielerin und für mich hat die Botschaft des Stückes allerhöchste Priorität. Die Handlung beruht ja auf einer wahren Begebenheit. Die echten Frauen, die hat das Überwindung gekostet. Ich spiele das Ganze nur. Natürlich ist es in den Proben anfangs etwas komisch, wenn eine Kussszene oder eine Bettszene ansteht. Aber letztlich ist das mein Handwerkszeug, das gehört zu meinem Beruf. Trotzdem ist es bestimmt nicht mehr so leicht, sich als 52-jährige Frau vor einem Publikum auszuziehen. ■ Warum? Ich musste mich mit 23 Jahren bei Peter Sodann auf der Bühne ausziehen.