Tarifrunde 2024 - Standpunkte 03/2024

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Tarifrunde

„Standort stärken” heißt Zukunft sichern

Zur Forderungsübergabe Anfang September erschienen am Hamburger Kapstadtring einige Dutzende IG Metaller und präsentierten ihren Sieben-Prozent-Wunsch. NORDMETALL revanchierte sich mit einem besonderen Geschenk.

Starkes Symbol für dringend benötigte Wirtschaftskraft: die Hantel.

NORDMETALL-Tarifverhandlungsführerin Lena Ströbele (l.) gibt im Rahmen der ersten Verhandlungsrunde in Hamburg Mitte September vor IG-Metallern ein Statement ab.

Sieben Prozent mehr Lohn fordert die IG Metall 2024.

politische Rahmenbedingungen in Deutschland und wachsende Bürokratielasten hätten auch die norddeutsche M+E-Industrie in eine Rezession geführt. „Jetzt geht es um die Verhinderung von Unternehmensabwanderung und Arbeitsplatzverlust, nicht um das kräftige Auffüllen von Lohntüten“, so der Arbeitgebervertreter. Die erste Verhandlungsrunde zwischen Arbeitgebern der norddeutschen M+E-Industrie und der Gewerkschaft folgte Mitte September in einem Hotel nahe des Hamburger Großneumarkts. Die IG Metall Küste ver-

Dr. Nico Fickinger (4. v. l.) verfolgt die Kundgebung der IG Metall Küste unterhalb des Hamburger Michelunterstützt von rund zwei Dutzend Mitgliedern der NORDMETALLVerhandlungskommission.

sammelte auf dem Platz zu Füßen des Michel mehrere hundert M+E-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter aus ganz Norddeutschland zu einer Kundgebung. Auch NORDMETALL-Tarifverhandlungsführerin Lena Ströbele sprach auf Einladung der Gewerkschaftsführung Küste zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Zu denen gehörten auch zwei Dutzend Mitglieder der NORDMETALL-Verhandlungskommission, die in blauen Hoodies inklusive Aufdruck „Standort stärken“ erschienen waren – unter ihnen als Gast auch der Hauptgeschäfts-

Mehrere hundert M+E-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter aus ganz Norddeutschland nahmen an der IG-Metall-Kundgebung am 16. September in Hamburg teil.

Erster Verhandlungstag

am 16.09.2024 im Hotel Lindner am Michel

Ausgestattet mit „Standort stärken“-Hoodies: die NORDMETALLVerhandlungskommission.

führer des Verbandes der Bayerischen M+E-Arbeitgeber, Bertram Brossardt. Ströbele äußerte Verständnis für die Forderung der IG Metall, verwies aber erneut auf die sich immer weiter verschlechternden wirtschaftlichen Rahmendaten in Deutschland.

Gemeinsame Lageeinschätzung

Hinter den verschlossenen Türen des Tagungsbereichs im Lindner Hotel am Michel waren sich die Tarifver-

NORDMETALL-Verhandlungsführerin Lena Ströbele gibt Sat.1 zum Verhandlungsauftakt ein TV-Interview.

tragsparteien dann in ihrer Einschätzung der schwierigen Branchenlage durchaus weitgehend einig. Nach den gut zweistündigen Gesprächen resümierte Lena Ströbele, die auch Personaldirektorin der Lürssen-Gruppe ist: „Minus sieben Prozent Auftragseingang und Produktion im ersten Halbjahr, minus sechs Prozent Absatz und minus fünf Prozent Exporte – die IG Metall sieht durchaus, dass die Industrie unter Druck steht und die Aussichten nicht besser werden. Aus der gemeinsa-

Mögen die Verhandlungen beginnen (Foto o.): Die Verhandlungskommissionen von NORDMETALL (r.) und der IG Metall.

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bayerischen M+E-Arbeitgeber (Foto l.).

Dr. Daniela Haller (NORDMETALL-Vorstand) mit NORDMETALL-Hauptgeschäftsführer Dr. Nico Fickinger (Foto r.).

Beratung aus Berlin: Jens Dirk Wohlfeil, Geschäftsführer Tarif- und Sozialpolitik Gesamtmetall.

men Lageeinschätzung müssten jetzt aber auch gemeinsame Folgerungen gezogen werden. „Anders als im Rest der Welt setzt sich die Rezession in Deutschland fort, die schlechten politischen Rahmenbedingungen lassen vorerst keine Besserung erwarten. Gleichzeitig haben wir die weltweit kürzesten Arbeitszeiten – und das bei Lohnstückkosten, die 14 Prozent über dem Durchschnitt unserer Wettbewerbsländer liegen. Die Gewerkschaft sollte erkennen, dass in dieser Krise die mit sieben Prozent Entgeltsteigerung dritthöchste Lohnforderung in drei Jahrzehnten nicht angemessen ist“, so die NORDMETALL-Tarifverhandlungsführerin.

Das gelte vor allem vor dem Hintergrund deutlich gesunkener Inflation und hoher Tarifverdienste, die in den vergangenen drei Jahrzehnten wesentlich stärker gestiegen seien als die Teuerungsrate. Aktuell beträgt der durchschnittliche Jahresverdienst in der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie gut 73.300 Euro. Selbst für Anlerntätigkeiten wird ein Jahresgehalt von mehr als 44.000 Euro gezahlt. „Wir dürfen die Schere zwischen Arbeits-

kosten und Produktivität nicht noch weiter aufgehen lassen, sonst wird sich der dramatische Rückgang der Investitionen in Deutschland nicht bremsen lassen. Wer den Standort stärken und Arbeitsplätze erhalten will, der muss mit uns einen verantwortlichen und verkraftbaren Tarifabschluss anstreben“, so Ströbele weiter.

Nach Redaktionsschluss dieser Standpunkte-Ausgabe wurden die norddeutschen Tarifverhandlungen 2024 Mitte Oktober in Bremen fortgesetzt. Hören Sie dazu die aktuelle Ausgabe des Standpunkte-Podcasts mit Dr. Nico Fickinger. Alexander Luckow

Mehr erfahren

Der Politik-Podcast des Hauptgeschäftsführers der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie Dr. Nico Fickinger. Thema: Zweite Runde der M+E-Tarifverhandlungen 2024

Gesprächsbereit: NORDMETALL-Präsident Folkmar Ukena (2. v. l.) und NORDMETALL-Verhandlungsführerin
Lena Ströbele (r.) Mitte September im Austausch mit Mitgliedern der IG Metall Küste in Hamburg.

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