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Die echten Klimaaktivisten

Energiemanagement, Nachhaltigkeit, Biodiversität – was M+E-Unternehmen für den Klimaschutz tun.

Klima ist das Megathema unserer Zeit – für die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie aber keineswegs neu. Zahlreiche Betriebe der Branche verbessern seit vielen Jahren ihre Produkte im Hinblick auf Energieverbrauch und Nachhaltigkeit, optimieren ihre Produktionsprozesse, minimieren den Verbrauch natürlicher Ressourcen und heben immer wieder neue Potenziale zur Verringerung des CO2-Ausstoßes.

So auch die Firma Grundfos in Wahlstedt. Der 530 Mitarbeiter zählende Betrieb im Landkreis Segeberg gehört zum dänischen Grundfos-Konzern. Mit 16 Millionen Pumpen pro Jahr ist er weltweiter Marktführer auf seinem Gebiet. Die Firma beschäftigt in rund 100 Niederlassungen etwa 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In Wahlstedt fertigt das Unternehmen Umwälzpumpen für die Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik sowie Abwasserhebe- und Druckerhöhungsanlagen für die Wasserversorgung. Geschäftsführer Josef Horber sagt: „Unsere Unternehmensgruppe will bis 2050 klimaneutral wirtschaften.“ Dazu gehört, dass die Produkte so konzipiert sein müssen, dass sie möglichst wenig Energie verbrauchen. Denn Pumpen, so Horber, verbrauchen zehn Prozent des Stroms weltweit. Mit der Pumpe MAGNA und der integrierten Mischkreislösung MIXIT habe man sehr effiziente Produkte gebaut, die nur 20 Prozent der Energie veralteter Umwälzsysteme verbrauchen.

Viele kleine Aktivitäten – große Wirkung

Im Betrieb in Wahlstedt hat Grundfos jede Menge Initiativen angeschoben, die den Energieverbrauch reduzieren. So wurde 2022 ein Ortungsgerät für Druckluftleckagen angeschafft. „Seitdem entdecken wir kontinuierlich Schwachstellen und beseitigen sie“, berichtet Horber. Allein 2022 hat das Unternehmen durch die Leckage-Ortung mehr als 11.000 Kilowattstunden Energie eingespart. Ebenfalls im vergangenen Jahr hat der Betrieb seine Hallenbeleuchtung auf energiearme LEDs umgestellt. Stromeinsparung: rund 230.000 Kilowattstunden. Darüber hinaus wurden Hallen- und Bürotemperaturen gesenkt und so fast 20.000 Kilowattstunden eingespart. Zudem engagieren sich Auszubildende im Rahmen des Energie-Scout-Programms der Industrie- und Handelskammern. Sie haben eine Produktionsmaschine unter die Lupe genommen und Einsparpotenziale gefunden. Damit nicht genug: Grundfos hat für mehr Biodiversität eine Bienen-AG mit Wildblumenwiese ins Leben gerufen und produziert seinen eigenen Honig. Die Konzernzentrale aus Dänemark unterstützt das ehrenamtliche und ausdrücklich außerhalb der Arbeitszeit ausgeübte Engagement der Wahlstedter Beschäftigten mit einem fünfstelligen Betrag.

Biodiversität und valide Datenlage

Ein ähnliches Projekt hat auch der Sondermaschinenbauer Broetje-Automation (BA) aus Rastede bei Oldenburg initiiert. Die Firma liefert Anlagen und Produktionssysteme für nahezu alle Flugzeugbauunternehmen der Welt und beschäftigt an 23 Standorten in sieben Ländern etwa 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Wir haben im Rahmen eines Biodiversitätsprojektes an unserem Rasteder Standort eine große Blühwiese mit 25 Obstbäumen angelegt und ein Bienenvolk angesiedelt“, berichtet Nachhaltigkeitsmanagerin Wiebke Blankemeyer. Das sei aber nur ein kleiner Baustein in der umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie. So erfasst die Firma seit 2021 an ihren Standorten in Deutschland, Frankreich, USA, China, Japan und Großbritannien ihre Energieaufwendungen und Emissionen systematisch. „Wir nehmen am Carbon Disclosure Project (CDP) teil, das weltweit anhand von standardisierten Fragebögen Daten und Informationen zu CO2-Emissionen, Klimarisiken sowie Reduktionszielen und -strategien von Unternehmen erhebt“, berichtet Blankemeyer. So schaffe man die Datengrundlage für künftige Einsparpotenziale und Verbräuche.

Langlebige Produkte und Ökostrom

Die EDUR-Pumpenfabrik in Kiel, ein familiengeführter Betrieb mit 120 Beschäftigten, setzt seit Jahrzehnten auf die Verbesserung von Produkten und Prozessen. Der Mittelständler baut Kreiselpumpen unter anderem für die Einsatzbereiche Flüssiggas, Kältetechnik, Energietechnik sowie Wasser- und Abwassertechnik. Die Pumpen finden nicht nur in nachhaltigkeitsrelevanten Anwendungen Einsatz, etwa bei der Gewinnung, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff, sie sind auch auf Langlebigkeit hin konzipiert. So werden sie im Schadensfall nicht sofort gegen neue ausgetauscht, sondern oft repariert. „In einigen Anlagen sind unsere Kreiselpumpen aufgrund ihrer Langlebigkeit teils mehrere Jahrzehnte aktiv gewesen“, berichtet Marketingleiterin Jasmin Rosenberg. Als EDUR 2014 einen Neubau eröffnete, wurde das Gebäude mit der damals höchsten Energieeffizienzstufe errichtet. Zusätzlich zu baulichen Standards wie guter Isolierung oder der Dreifachverglasung der Fenster wurde auch eine Abluftanlage zur Wärmerückgewinnung installiert. Damit spart EDUR rund 240 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Zuletzt wurden die Leuchtmittel in der Produktion durch energiesparende LEDs ausgetauscht. Zudem bezieht die Firma Ökostrom der lokalen Stadtwerke, der zu 100 Prozent aus regenerativen Energien stammt.

Bei EDUR wird nicht eine Pumpe in Serie gebaut. Kern der Produktstrategie ist die optimale Auslegung jeder einzelnen Kreiselpumpe auf die jeweilige Anwendung.
Die EDUR-Pumpenfabrik hat vor rund zehn Jahren neue Gebäude für Produktion und Verwaltung errichtet. Über die hohen baulichen Standards hinaus wurde eine Abluftanlage zur Wärme-Rückgewinnung installiert.

Eigener Strom vom Hallendach

Als einen zentralen Baustein in der Dekarbonisierungsstrategie seines Unternehmens bezeichnet Bernhard Funke, Geschäftsführer von Märtens Transportbänder aus Flensburg, die Installation einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf dem Dach der Produktionshalle. Der Spezialmaschinenbauer fertigt mit rund 90 Beschäftigten Transportbänder aus Kunststoff und Metall und ist damit einer der führenden Anbieter in Europa. Im Sommer 2022 startete der Bau der PV-Anlage auf einer Dachfläche von rund 1.800 Quadratmetern. Sie soll pro Jahr rund 240 Megawattstunden Strom liefern, damit könnte man 80 Einfamilienhäuser ein ganzes Jahr lang versorgen. Funke kann aber berichten, dass in den ersten vier Betriebsmonaten bereits 170 Megawattstunden Strom erzeugt wurden. „Erheblich mehr, als wir erwartet hatten.“ Rund 50 Prozent des gesamten Strombedarfs für Fertigung und Verwaltung wollte man ursprünglich mit der Anlage decken, nun geht er davon aus, dass dieser Wert übertroffen wird. Funke legt anderen Unternehmen nahe, dem Beispiel zu folgen. „Auch wenn die Anbindung einer solchen Anlage an das deutsche Stromnetz und die dafür notwendigen Zulassungen und Meldungen bei diversen Stellen eine sehr herausfordernde Aufgabe darstellen, kann ich die Investition nur empfehlen.“

Grüner Strom und innovative Produkte

Grünen Strom vom Dach erzeugt auch die MHG Heiztechnik aus Buchholz in der Nordheide. Dort und in Lage in Nordrhein-Westfalen produziert der innovative Mittelständler mit einer rund 120-köpfigen Belegschaft heiztechnische Systeme sowohl für fossile als auch für erneuerbare Energien. MHG-Chef Julian Bonato fühlt sich dem Klimaschutz verpflichtet. Das Credo des Unternehmers, der auch als AGV-NORD-Vorsitzender aktiv ist: „Das Ziel, den weltweiten Temperaturanstieg auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen, ist erreichbar. Wir müssen unseren CO2-Ausstoß erheblich senken, deshalb sollten die Heizungen in unseren Häusern kein Kohlendioxid mehr freisetzen.“ Dafür tut MHG einiges. So hat das Unternehmen den Kohlendioxid-Ausstoß seiner Produkte seit 1990 um 40 Prozent reduziert und entwickelt das Produktportfolio konsequent in Richtung Wasserstofftauglichkeit und Einsatz von Grünstrom weiter. Klar, dass auch an den eigenen Werksstandorten viel Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wird. So hat MHG auf zwei Gebäuden in Buchholz in den Jahren 2017 und 2021 zwei PV-Anlagen installiert, die jährlich insgesamt 63.000 Kilowattstunden Strom produzieren. Damit spare man rund 180.000 Kilogramm CO2 pro Jahr ein, sagt Bonato.

Die Photovoltaikanlagen der MHG Heiztechnik erzeugen Strom in einer Größenordnung von mehr als 60.000 Kilowattstunden pro Jahr. Zudem hat das Unternehmen eine Ladesäule und zwei Wallboxen für insgesamt sechs Elektrofahrzeuge installiert, zwei zusätzliche Wallboxen sind in Planung.

Photovoltaik, Ladesäulen, Infrastruktur

Eine PV-Anlage hat sich auch der Spezialbetrieb UNITRON Schweißzusatzwerkstoffe aufs Hallendach gesetzt. Das Unternehmen in Schortens bei Wilhelmshaven ist auf die technische Beratung und den Vertrieb von Produkten aus dem Bereich der Schweiß- und Schneidtechnik spezialisiert. 2022 hat UNITRON ein neues Logistikzentrum fertiggestellt, das als Effizienzgebäude 40 EE der ,,Erneuerbare Energien Klasse‘‘ gebaut wurde. Auf das Hallendach wurde eine PV-Anlage gesetzt, die jährlich knapp 965 Kilowattstunden Strom produziert und damit CO2-Emissionen in einer Größenordnung von etwa 45.000 Kilogramm reduziert. Zwei ebenfalls neu installierte Ladesäulen mit vier Ladepunkten versorgen E-Fahrzeuge mit grünem Strom vom eigenen Dach.

Auf dem Hallendach der UNITRON Schweißzusatzwerkstoffe wurden insgesamt 248 Solarmodule installiert.

Innovationen fürs „Green Hospital“

Konkrete Ziele in puncto Nachhaltigkeit verfolgt auch das Medizin- und Sicherheitstechnikunternehmen Dräger mit Sitz in Lübeck. Der weltweit aktive Konzern mit mehr als 16.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern will bis 2045 CO2-neutral sein. Im Jahr 2022 gelang es, die CO2-Emissionen um 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu vermindern. Seit den 1990er-Jahren unternimmt Dräger große Anstrengungen im Bereich Kreislaufwirtschaft. Mitarbeiter demontieren jährlich mehr als 100 Tonnen Medizin- und Messtechnik, Sensoren, Filter sowie andere Verbrauchsmaterialien aus Kundenrückgaben. Einzelteile, Tester, Sensoren, Leiterplatten und Gehäuse werden nach der Demontage in den Kreislauf zurückgeführt. Ein großes Thema in der Medizintechnik ist das „Green Hospital“, ein Trend, der Müllberge und Energiebilanzen im Fokus hat und ein nachhaltiges Gesundheitssystem aufbauen will. Auch Operationssäle können ihren Teil dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck zu verringern. Vor allem Narkosegase sind ins Visier gerückt, denn rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen eines Krankenhauses entfallen auf die Nutzung inhalativer Anästhetika. Sie sind hochpotente Treibhausgase, deren Reduzierung bereits im Kyoto-Protokoll von 1997 vereinbart wurde. Problem in der Vergangenheit: Für eine möglichst sichere Narkose brauchten die Mediziner sehr viel dieser wenig umweltschonenden Substanzen. Nun erfüllen moderne Dräger Anästhesiegeräte die Voraussetzungen, um eine sogenannte Low-Flow-Anästhesie durchzuführen. Sie reduziert den Verbrauch der Anästhetika sowie von Lachgas und Sauerstoff signifikant. Mit Minimal- und Low-Flow-Anästhesien können die Narkosegasemissionen um bis zu 90 Prozent reduziert werden. Lothar Steckel

Mehr Umweltschutz und Effizienz im Operationssaal. Dräger Anästhesiegeräte tragen dazu bei.

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