
6 minute read
NORDMETALL-Stiftung
Sinn stiften im Ehrenamt
Staffelübergabe an der Spitze des NORDMETALL-Stiftungskuratoriums: Cathrin Kohnke, Director Workplace Practices EMEA von Stryker Trauma, übernimmt den Vorsitz von Lutz Oelsner. Der GESTRA-Aufsichtsrat wechselt in den Stiftungsvorstand. Ein Gespräch über Engagement und Zusammenhalt.
Lutz Oelsner: Herzlichen Glückwunsch Frau Kohnke, dass Sie dieses wunderbare Amt übernehmen. Und zwar in einer Zeit, in der man beklagen muss, dass die Bereitschaft zur Übernahme solcher Ehrenämter abnimmt. Sie stehen nun einem Gremium vor, das bereit ist, sich engagiert einzubringen. Das bedarf vor allem einer motivierenden Moderation, einer wertschätzenden Beteiligung.
Cathrin Kohnke: Diesen konstruktiven Diskurs, dieses Ringen um die richtige Position möchte ich weiterführen. Die Diversität der verschiedenen Blickpunkte hat mir in meiner mehr als dreijährigen Mitgliedschaft im Kuratorium immer sehr gut gefallen. Persönlich schlägt mein Herz für die Bildung in den Schulen. Aber auch die Vernetzung von gesellschaftlichen Schichten, also alles, was gesellschaftlich verbindend wirkt, liegt mir am Herzen.
Standpunkte: Herr Oelsner, wenn Sie auf Ihre Zeit als Kuratoriumsvorsitzender zurückschauen, was hat Sie am meisten motiviert, sich zu engagieren?
Oelsner: Die größte Freude habe ich aus dem Feedback gezogen, das ich aus dem Dialog mit den einzelnen Kuratoriumsmitgliedern erhalten habe. Als Vorsitzender war es mir besonders wichtig, so offen wie möglich für Anregungen zu sein, damit sich die Mitglieder des Kuratoriums freiwillig und mit großer Freude intensiv einbringen. Nicht so gut gefallen hat mir, dass wir als mittelgroße Stiftung manchmal nicht so viel Geld zur Verfügung hatten, um jede gute Idee umzusetzen. Das wird auch eine Ihrer Herausforderungen sein, Frau Kohnke. In jüngerer Zeit sind die Verteilungsspielräume kleiner geworden. Das hängt damit zusammen, dass das Stiftungskapital erhalten werden muss. Ein weiterer Grund ist die Abhängigkeit von der Performance auf den Finanzmärkten. Denn nur das Kapital, das erwirtschaftet wurde, können wir für gemeinnützige Zwecke aufwenden. Sehr geholfen hat uns in diesem Zusammenhang der Vorstand, der für eine Schärfung des Stiftungsprofils gesorgt hat, sodass wir Mittel viel fokussierter verteilen können – gemäß dem Wahlspruch „Talente fördern, Zusammenhalt stärken, den Norden bereichern“. Diese Ausrichtung immer wieder zu überprüfen, ist eine sportliche Aufgabe, auf die ich mich mit meinen Vorstandskolleginnen und -kollegen sehr freue.
Kohnke: Diese Profilierung möchte ich auch als Vorsitzende des Kuratoriums weiter vorantreiben. Schließlich sollen die Stiftungsgelder viel Impact haben können, damit sie wirklich etwas bewegen. Was mich an der Stiftung schon immer inspiriert hat und weshalb ich so gern die Gelegenheit ergriffen habe, noch stärker mitzumischen, ist das von Herrn Oelsner beschriebene Leitbild. Dieser Dreiklang, den die Stiftung mit ihren Bereichen Bildung und Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur erzeugt, ist mir als verbindendes Element in Zeiten wie diesen sehr wichtig.

Cathrin Kohnke, Director Work Practices EMEA bei Stryker Trauma, engagiert sich seit 2018 im Kuratorium der NORDMETALL- Stiftung. Im November hat sie dessen Vorsitz übernommen.
Thorsten Mischke
Standpunkte: Frau Kohnke, zusätzlich zu Ihrem internationalen Vollzeitjob beim Medizintechnikhersteller Stryker Trauma und Ihrem Engagement im NORDMETALL-Vorstand übernehmen Sie nun auch noch mehr Verantwortung im Kuratorium der NORDMETALL-Stiftung. Wie bekommen Sie all dies unter einen Hut?
Kohnke: Natürlich ist es eine Herausforderung, die auf allen Seiten einer gewissen Flexibilität bedarf. Diese habe ich vonseiten des Hauptamtes in Stiftung und Verband stets erfahren – wenn man mal nicht kann oder an Sitzungen virtuell teilnehmen möchte. Aus Sicht meines Arbeitgebers wird ehrenamtliches Engagement als Mehrwert empfunden, sodass er den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch den Freiraum dafür gibt. Denn den Zusammenhalt und die Vielfalt in der Gesellschaft zu stärken, passt mit der Leitkultur und den Zielen meines Unternehmens wunderbar zusammen.
Standpunkte: Als Director Work Practices sind Sie bei Stryker Trauma mit vielen Personalfragen beschäftigt. Was können Stiftungen zur Überwindung des Fachkräftemangels beitragen?
Kohnke: Den Dreiklang der Stiftung ordne ich gedanklich so ein, dass die Gesellschaft im Zentrum steht. Alles was wir tun, ist letztlich von dem Willen getragen, die Gesellschaft zusammenwachsen zu lassen – insbesondere in Zeiten wie diesen. Und eines der Kernelemente, um das zu erreichen, ist Bildung. Bildung hat unmittelbar etwas zu tun mit Teilhabe und Chancengleichheit. Damit bekämpfen wir auch den Fachkräftemangel. Davon profitieren dann die Unternehmen. Darüber hinaus glaube ich, dass ein unheimlicher Schatz darin liegt, junge Frauen unter anderem für technische Berufe zu begeistern. Wir müssen dafür sorgen, dass auf lange Sicht auch mehr Frauen in hochrangige Führungspositionen kommen.
Oelsner: Auch ich halte „Zusammenhalt stärken“ für das Kernziel unserer Stiftungsarbeit. Kultur, Bildung und Wissenschaft sind Bestandteile unserer Gesellschaft. Und wenn wir dem Spaltpilz, der seit geraumer Zeit wächst, nichts entgegensetzen, dann werden die anderen Bereiche ebenfalls darunter leiden.
Kohnke: Wir alle wollen eine Gesellschaft aus mündigen Bürgern. Aber um ein solcher zu werden, braucht es das Erlernen sozialer Verantwortung. Da sind Stiftungsprojekte wie „Lernen durch Engagement“ oder „JUUU- PORT-Netzwerkstatt des Nordens“ vorbildlich.
Standpunkte: Die Coronapandemie hat die Spaltung der Gesellschaft zweifellos verstärkt. Wie aber hat sich die Pandemie auf die Stiftungsarbeit ausgewirkt?
Oelsner: Wir haben kurzerhand ein Corona-Sonderbudget eingeführt. Das hat uns erlaubt, zusätzlich zu unseren bereits zugesagten Mitteln rasch und unbürokratisch dort zu helfen, wo es nötig war.

Lutz Oelsner, Aufsichtsrat bei GESTRA, war seit 2016 Kuratoriumsvorsitzender der NORDMETALL-Stiftung. Im November ist er in den Stiftungsvorstand gewechselt.
Melanka Helms
Kohnke: Corona wirkt wie ein Brennglas. Prekäres, wie die vernachlässigte Digitalisierung in den Schulen oder die wirtschaftlichen Härten in der Kultur – dem Treibstoff unserer Seele –, ist dadurch besonders hervorgetreten. Als Stiftung konnten wir hier eine gute Investition in eine funktionierende Gesellschaft tätigen und somit unseren Beitrag leisten.
Standpunkte: Gegründet wurde die Stiftung 2004 vom Arbeitgeberverband NORDMETALL. Seitdem hat sie mehr als 20 Millionen Euro in gemeinnützige Projekte investiert. Abgesehen davon: Was kann eine Stiftung anderes leisten als ein Verband?
Kohnke: Im Fokus eines Verbandes wie NORMDETALL stehen immer die Interessen seiner Mitgliedsunternehmen, die häufig wirtschaftlicher oder mittelbar wirtschaftlicher Natur sind. Das Schöne an einer Stiftung wie der NORDMETALL-Stiftung ist, dass sie ihre geballte Kraft auf die positive Wirkung auf Gesellschaft, Kultur und Bildung richten kann.
Standpunkte: Was wünschen Sie sich für die künftige Stiftungsarbeit?
Kohnke: Ich persönlich würde mich im Rahmen meiner Stiftungstätigkeit gern dafür einsetzen, Menschen mit Migrationshintergrund, egal welcher Generation, stärker in die Mitte der Gesellschaft zu rücken. Aber das kann und will ich gar nicht alleine machen. Als Impuls möchte ich das Thema jedoch ins Kuratorium einbringen. Mal sehen, ob und wie wir das aufgreifen.
Oelsner: Mir wäre es ein Anliegen, dass es uns auch in den kommenden Jahren so gut gelingt, im Interesse unseres Stifters und unter Beibehaltung des Stiftungsvermögens so viel Geld für gemeinnützige Zwecke auszugeben, wie bisher. Das wird eine Herausforderung. Denn die Veränderungen, die wir in vielen Bereichen spüren, finden tatsächlich statt. Vor ihnen dürfen wir die Augen nicht verschließen, sondern müssen uns darauf einstellen und entsprechend anpassen.
Standpunkte: Wir danken Ihnen für dieses Gespräch!
Birte Bühnen / Jannick Vetter
Die 2004 gegründete NORDMETALL-Stiftung wird ehrenamtlich von einem siebenköpfigen Vorstand geleitet. Dieser entscheidet über die Vergabe der Fördermittel – jedes Jahr rund eine Million Euro. Beraten wird das Gremium dabei von einem Kuratorium, das sich aus Fachleuten aus Bildung und Wissenschaft, Gesellschaft sowie Kultur zusammensetzt.