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Termin beim Chef

Klaus Freese - DESMA SCHUHMASCHINEN GMBH

Hier sehen Sie unser Video zum Termin beim Chef mit Klaus Freese.

Klaus Freese greift nach einem modernen Sicherheitsschuh auf seinem Schreibtisch. „Dieser Schuh hier lässt sich gar nicht von Hand herstellen“, erklärt der Geschäftsführer von DESMA Schuhmaschinen in Achim bei Bremen. Die durchgestaltete Sohle, die nahtlos in das Obermaterial übergeht, demonstriert die Kernkompetenz seines Unternehmens – Maschinen für die direkte Anbindung von Sohlen an Schuhe, die sogenannte Direktansohlung. Eine hochspezialisierte Nische, in der DESMA Weltmarktführer ist.

Technikum zur Unterstützung des Vertriebs

„Am 1. August 1976 habe ich hier meine Ausbildung als Maschinenschlosser begonnen“, erinnert sich der heute 64-jährige Firmenchef. DESMA beschäftigte damals mehr als 1.000 Menschen und fertigte außer Schuhmaschinen auch Anlagen für die Gummiverarbeitung. Dieser Bereich wurde später ausgegliedert und firmiert heute als Klöckner DESMA Elastomertechnik am Bodensee. Nach der Ausbildung ging es für den technikbegeisterten Freese direkt in den weltweiten Kundendienst, nur kurz unterbrochen vom Wehrdienst bei der Marine. „In Spitzenzeiten war ich zusammengerechnet nur sechs Wochen im Jahr zu Hause. Von Japan bis Brasilien, über Kanada und Finnland, bis nach Südafrika – als junger Mann war das sehr spannend“, erzählt Freese. Freundschaften und Vereinsleben litten allerdings unter den vielen Reisen: „Wenn meine Freunde etwas fürs Wochenende geplant hatten, konnte ich meist nicht dabei sein. Das war der Nachteil.“

Mit bemerkenswertem Bildungshunger holte Freese parallel zur Arbeit erst den Meister, dann mit 28 Jahren das Fachabitur nach und studierte Maschinenbau an der Fachhochschule Bremen. Sogar ein berufsbegleitendes Studium zum Master of Business Administration sattelte er später noch drauf. „Die Ingenieure, mit denen ich zusammenarbeitete, waren auch nicht viel schlauer, verdienten aber mehr Geld“, sagt er über seine damalige Motivation und schmunzelt. Die Verbindung zu DESMA blieb während des Studiums eng: „In den Semesterferien bin ich weiter auf Montage gefahren und auch meine Studienarbeiten habe ich hier absolviert.“

Anschließend begann Freese als einer der ersten Vertriebsingenieure in der bis dahin von klassischen Verkäufern geprägten Branche. „Die Technik wurde komplexer, oft fuhr ein Techniker mit dem Verkäufer gemeinsam zum Kunden. Ich war einer der Ersten, die beides konnten – technisch beraten und verkaufen.“ Auf seine Initiative hin entstand aus der anwendungstechnischen Abteilung ein Technikum zur Unterstützung des Vertriebs.

Großes Marktpotenzial wiegt Investitionskosten auf

Nach Stationen beim Sicherheitsschuhhersteller Uvex und KHS (Klöckner, Holstein und Seitz, damals Teil des Klöckner Konzerns) kehrte er 2007 als Vertriebsdirektor zu DESMA zurück, berichtet der Vater zweier erwachsener Töchter, der in der Nähe des Werkes wohnt. Seit 2009 führt er das Unternehmen als kaufmännischer Geschäftsführer gemeinsam mit dem technischen Geschäftsführer Christian Decker. Eine für den gelernten Techniker zunächst vielleicht ungewöhnlich erscheinende Aufgabenteilung. Freese erklärt: „Zum kaufmännischen Teil gehört der Vertrieb – und wir bauen ja erklärungsbedürftige Produkte. Die technische Beratung ist in unserem Markt extrem wichtig, gerade wenn man in einer Nische unterwegs ist.“

„Die technische Beratung ist in unserem Markt extrem wichtig, gerade wenn man in einer Nische unterwegs ist.“
Foto: Christian Augustin

DESMA hat unter Führung von Klaus Freese seine Position als Hidden Champion ausgebaut, wie ein kurzer Betriebsrundgang zeigt: Auf einem Rundtisch mit 24 Stationen können gleichzeitig verschiedene Schuhgrößen und bis zu sechs verschiedene Sohlenfarben gefertigt werden. „Nur etwa zehn Prozent der weltweit pro Jahr produzierten 23 Milliarden Paar Schuhe werden direkt angesohlt. Der Rest wird noch von Hand geklebt“, erklärt Freese das große Marktpotenzial. Allerdings schrecken die hohen Investitionen von rund einer Million Euro für eine DESMA-Maschine noch viele Hersteller ab, ganz zu schweigen von der nötigen Umstellung der Produktionsprozesse. Zudem hat sich die globale Schuhproduktion in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. „Sportschuhhersteller waren die Ersten, die größere Mengen in Asien produzieren ließen – erst in Japan, dann Taiwan, schließlich China“, berichtet Freese. „Auf dem Weg nach China blieb aber die Technologie oft auf der Strecke. Arbeitskräfte standen in unbegrenzter Menge zur Verfügung, aber das Verständnis und Training für die komplexe Direktansohl-Technik fehlte.“

Während große Marken ihre Produktion flexibel zwischen verschiedenen asiatischen Fertigern verschieben, setzen viele qualitätsorientierte Hersteller auf eigene Produktionskompetenz – und damit auf DESMA-Technologie. Die typischen DESMA-Kunden sind daher mittelständische Schuhhersteller, oft in zweiter oder dritter Generation geführt, die hochwertige Funktionsschuhe produzieren. Vom Sicherheitsschuh über Golfschuhe bis zu Barfußschuhen, die Vielfalt ist enorm, die eingesetzten Techniken und Materialien ebenfalls.

Firmeneigenes Innovation Center in Achim

Innovation wird deswegen bei DESMA großgeschrieben. Viele der mehr als 40 Ingenieure arbeiten an der stetigen Weiterentwicklung der Anlagen. „Wir stellen nicht einfach Maschinen her, wir lösen die aktuellen Probleme in den Schuhfabriken unserer Kunden“, betont Freese. Das firmeneigene Innovation Center entwickelt darüber hinaus gemeinsam mit Kunden und Materialherstellern auch ganz neue Verfahren. „Unsere erfolgreichsten Entwicklungen entstehen oft in dieser Dreieckspartnerschaft“, erklärt Freese sein Konzept des „Pioneering Together“. Diese Innovationskraft zahlt sich aus: DESMA ist auch in den vergangenen, enorm schwierigen Jahren um acht bis zwölf Prozent pro Jahr gewachsen. Von den rund 40 Maschinen, die das Unternehmen innerhalb von zwölf Monaten verkauft, ist keine wie die andere. Die Achimer Spezialmaschinen ermöglichen „Massenproduktion in Losgröße 1“: „Wir erfinden nicht alles neu, aber kombinieren die Technik immer so, wie es für den Kunden am besten ist“, beschreibt Freese die individuelle Fertigung im Sondermaschinenbau. Stolz ist der Geschäftsführer auch auf die erfolgreiche Mitarbeitergewinnung. Für die zehn Ausbildungsplätze 2024 gab es 100 Bewerbungen. Bei Einstellungsgesprächen hört Freese oft von erfolgreicher Mundpropaganda, weil der Vater, Onkel oder Nachbar vom eigenen Arbeitgeber schwärmt. Zusätzlich bietet DESMA vielfältige Möglichkeiten zur Berufsorientierungsmöglichkeiten an, arbeitet mit Schulen zusammen und wirbt auf Social Media um Nachwuchs. Mit Erfolg: „Wir wachsen aus dem eigenen Nachwuchs“, freut sich Freese. „Wer seine Ausbildung erfolgreich abschließt, dem bieten wir oft ein Studium an – mit der Möglichkeit, in den Semesterferien bei uns zu arbeiten“, erläutert der Chef, der dafür mit Hochschulen kooperiert, bis hin zu gemeinsamen Forschungsprojekten. Die hohe Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegt auch an den diversen freiwilligen Angeboten ihres Arbeitgebers: Von Gesundheitsprogrammen und Ernährungsworkshops über Jobräder bis hin zu intensiven Weiterbildungen investiert DESMA viel in seine Beschäftigten. Für Azubis gibt es notfalls Nachhilfe und für alle Beschäftigten Familientage und gemeinsame Aktivitäten. Die Fluktuation geht gegen null, 25-jährige Betriebsjubiläen sind laut Freese derart normal, dass sie kaum wahrgenommen werden.

Auch der Geschäftsführer selbst achtet auf eine gute Work-Life-Balance – er spielt Golf und fährt oft mit dem Rad zur Arbeit. Sein Blick in die Zukunft ist optimistisch: „Wir sind zwar oft die Teuersten am Markt, aber auch getrieben, die Besten zu sein. Die Besten aus Perspektive des Kunden.“ Mit der Expertise aus fast fünf Jahrzehnten DESMA-Geschichte weiß Freese, wovon er spricht.

Daniel Jakubowski

DESMA Schuhmaschinen GmbH

Die DESMA Schuhmaschinen GmbH ist ein 1946 gegründetes Unternehmen in Achim. Es konstruiert und baut mit mehr als 230 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Maschinen und Anlagen zur Automatisierung der industriellen Schuhfertigung. Kerntechnologie ist die Direktansohlung, bei der die Sohle unter den vorproduzierten Schaft „gespritzt“ wird. Wachstumsfelder sind Robotik, Automatisierungstechnik und Software. Namhafte Marken setzen auf DESMA-Technologie und produzieren erfolgreich mit bewährten Maschinen und Anlagen von DESMA. 90 Prozent davon werden auf alle Kontinente exportiert.

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