Abendprogramm THESE TEENS WILL SAVE THE FUTURE

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INSZENIERUNG: VERENA REGENSBURGER URAUFFÃœHRUNG 27. SEPTEMBER 2019 HAUS DER KUNST THEATER DER STADT



ZUM ABEND „W

ir haben es satt, dass immer nur über uns gesprochen wird und wir nicht zu Wort kommen! Denn wir sind verdammt nochmal wütend und wir sind enttäuscht – von der Erwachsenengeneration, von Politiker*innen, die sich ihrer Verantwortung entziehen. Demokratie ist nichts, das man geschenkt bekommt! Ungerechtigkeit hört erst auf, wenn auch die sich ändern, die davon profitieren! Es müssen dringend Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe getroffen werden! Und wir können uns Euren Pessimismus nicht mehr leisten! Hört auf zu sagen, dass alles schon zu spät ist. Hört auf zu sagen, dass alles viel zu kompliziert ist! Macht es Euch nicht so einfach! Wir haben eine Neuigkeit für Euch: Wir werden die Zukunft nicht retten! Nicht, wenn Ihr uns nicht zuhört. Und nicht, wenn Ihr nicht versteht, dass zuhören allein nicht ausreicht. Ihr müsst handeln. Mit uns! Tut endlich was! Leute, lasst das Glotzen sein! Reiht Euch in die Demo ein!“

Überall auf der Welt gehen junge Menschen auf die Straße: Für eine gerechtere Welt und für dringende Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe. Auch in München organisieren sich tausende Jugendliche, die vor allem die Erwachsenen-Generation und Politiker*innen adressieren und zum Handeln auffordern. Auf diesen Demonstrationen begegneten der Regisseurin Verena Regensburger Jugendliche, die für ihr Recht auf eine lebenswerte Zukunft kämpfen. Es entstanden erste Ideen zu einem Theaterabend, der sich mit der Wut, der Enttäuschung und dem Protest junger Menschen auseinandersetzt. Aus Gesprächen mit knapp 30 politisch engagierten Jugendlichen wurden Texte entwickelt: Anklagen, Forderungen und Handlungsmöglichkeiten. Der Abend fragt danach, wie wir generationsübergreifend handeln können: Wie können wir das Gefühl der Ohnmacht angesichts der nahenden Katastrophe überwinden? Welche Allianzen können wir schließen? Wie kann aus Gemeinschaft neue Hoffnung entstehen? Ein Abend über eine Zukunft, die uns alle angeht.


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BESETZUNG

THESE TEENS WILL SAVE THE FUTURE MIT Natalie Albertshofer Amelie Luisa Althaus Emma Beblo Lilli Biedermann Helena Borst Moritz Brand Maria Dendorfer Jamila Gebhard Helena Gregorian Vivien Henning Anna Hoffmann Kaspar Huber Lilian Marie Luise Karger Konstantin Kloppe Thyra Kolde Juri Kößler Leopold Nüssler Thilda Otto Frida Pfeiffer Agnes Pfeiffer Thalia Schoeller Flurina Schuster Mira Sökefeld Marlene Anna Taler Ira von Büdingen Lilli von Hehn

INSZENIERUNG Verena Regensburger BÜHNE Marie Häusner KOSTÜME Veronika Utta Schneider SCHMUCK Sarah Regensburger VIDEO Nicole Marianna Wytyczak LICHT Diana Dorn Weronika Patan SOUND Jonny-Bix Bongers DRAMATURGIE Anna Gschnitzer TEXT Verena Regensburger Anna Gschnitzer und Ensemble

REGIEASSISTENZ Jonny-Bix Bongers Jakob Wittkowsky BÜHNENBILDASSISTENZ Anna-Sofia Kirsch URAUFFÜHRUNG 27. September 2019 Haus der Kunst

KOSTÜMASSISTENZ Melina Poppe

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VIDEOASSISTENZ Amon Ritz

TECHNISCHER DIREKTOR

Klaus Hammer TECHNISCHER LEITER

Richard Illmer INSPIZIENZ Julia Edelmann

LEITER DER BÜHNENTECHNIK

Hans-Björn Rottländer LEITER DER BELEUCHTUNGSABTEILUNG

STATISTERIEFÜHRUNG Johanna Sporer KINDER- / JUGENDBETREUUNG Kim Ramona Ranalter Theresa Bittermann

Christian Schweig LEITER DER TONABTEILUNG

Wolfram Schild LEITER DER VIDEOABTEILUNG

Nicolas Hemmelmann LEITERIN DER MASKENABTEILUNG

Brigitte Frank BÜHNENTECHNIK Dieter Böhm

LEITERIN DER KOSTÜMABTEILUNG

Beatrix Türk LEITER DER REQUISITE

BELEUCHTUNG Diana Dorn Katrin Langner Weronika Patan TON Johann Jürgen Koch Florin Herold VIDEOTECHNIK Ikenna Okegwo MASKE Sylvia Wollmann

Stefan Leeb LEITUNG DER DEKORATIONSWERKSTÄTTEN

Rainer Bernt, Fabian Iberl KONSTRUKTEUR

Adrian Bette, Jonas Simon SCHREINEREI

Erik Klauß TAPEZIEREREI

Gundula Diener SCHLOSSEREI

Friedrich Würzhuber MALSAAL

Evi Eschenbach, Jeanette Raue THEATERPLASTIK

Gabriele Obermaier SPEZIALEFFEKTE  /  E LEKTROWERKSTATT

IN KOOPERATION MIT Haus der Kunst

Stefan Schmid


ZU DIESEM HEFT, INHALT

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ZU DIESEM HEFT

von einer Zukunft, die es zu retten gilt und davon, wie man vor dieser immensen Herausforderung nicht in die Knie geht.

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Aber nicht nur Themen und Anliegen haben die Jugendlichen in den Probenraum mitgebracht, auch die aussortierten Hosen der Eltern, die Hemden der Geschwister, die T-Shirts einer Kindheit, aus der sie noch nicht ganz rausgewachsen sind: ein Berg an Secondhand-Kleidern wurde neu arrangiert und zusammengenäht. Die Herstellung der Kostüme steht exemplarisch für den Versuch mit den vorhandenen Mitteln zu arbeiten, mit Vorgefundenem, vielleicht schon Kaputtem umzugehen, mit einer Gegenwart, einem Planeten, der verletzt ist.

hese Teens Will Save The Future“ entstand aus den Themen, die die jungen Aktivist*innen mit in den Probenraum gebracht haben. Eine Methode, die die Regisseurin Verena Regensburger bereits in ihren früheren Arbeiten angewandt hat. Im Mittelpunkt stehen bei ihr die Menschen und ihre Geschichten. In diesem Fall sehr junge Menschen – die Altersspanne reicht von 10 bis 19 Jahren – die Teil der weltweiten Fridays for Future-Bewegung sind. Dabei blicken die Jugendlichen nicht nur der Klimakatastrophe ins Auge, sie bringen unterschiedliche Themen in einen komplexen Zusammenhang. Denn, wenn über die Klimakatastrophe gesprochen wird, können Themen wie Flucht, Rassismus, Diskriminierung nicht ausgespart werden und führen weiter zur Frage nach der Gleichberechtigung aller Menschen, nach sozialer Gerechtigkeit, und zur Hinterfragung der eigenen Privilegien. Die Kinder und Jugendlichen erzählen davon, woher sie die Motivation und Kraft nehmen für ihr Engagement und ihren politischen Aktivismus, was ihnen wirklich wichtig ist, was sie persönlich berührt, was sie wütend macht und wovor sie Angst haben. Das Thema, das sie am meisten beschäftigt, bleibt allerdings ungreifbar, denn sie sprechen über etwas, was noch nicht da ist, das nur eintreten wird, wenn wir generationenübergreifend, einen gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Wandel einleiten: Sie erzählen

Dieses Heft nimmt, wie der Abend selbst, keine Erwachsenen-Perspektive ein, sondern lässt die Jugendlichen selbst zur Wort kommen. Natalie, Emma, Lilli, Helena, Moritz, Maria, Jamila, Helena, Vivien, Anna, Kaspar, Lilian, Konstantin, Thyra, Juri, Leo, Thilda, Frida, Agnes, Thalia, Flurina, Mira, Ira und Lilli antworten auf den folgenden Seiten im Kollektiv. AG


INHALT ZUM ABEND

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BESETZUNG

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ZU DIESEM HEFT INTERVIEW

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MIT DEN TEENS4FUTURE

VERENA REGENSBURGER BIOGRAFIE

IMPRESSUM

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INTERVIEW MIT DEN TEENS4FUTURE

WOFÜR ENGAGIERST DU DICH? Ich engagiere mich für einen BESSEREN KLIMAWANDEL und GEGEN alle Formen von DISKRIMINIERUNG. Dafür organisiere ich Fridays for Future an meiner Schule und ich rede viel mit Menschen, mit Freund*innen, Verwandten, Bekannten, aber auch mit fremden Menschen auf der Straße über all die Themen, die mir wichtig sind. Ich organisiere Veranstaltungen, wie z.B. Podiumsdiskussionen zum Thema KLIMASCHUTZ oder eine JUGENDKLIMAKONFERENZ an meiner Schule. Zusammen mit der UMWELT AG habe ich dafür gesorgt, dass die Wasserhähne nicht durchgehend laufen: wir haben WASSERLAUFZEITEN GESTOPPT und dem Hausmeister gemeldet. Ich gehe viel auf Demonstrationen in München – auf die FFF STREIKS natürlich – aber auch in ganz Deutschland, wie auf die „WIRSINDMEHR“-DEMO in Chemnitz. Ich versuche der LGBTQ+* SZENE SICHTBARKEIT im Alltag zu verleihen, indem ich MENSCHEN AUFKLÄRE, zum Beispiel darüber, was all die englischen Wörter und Abkürzungen bedeuten.

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Die LEUTE ÖFFNEN SICH schneller, als man denkt, wenn man ihnen nur die MÖGLICHKEIT und einen GESCHÜTZTEN RAUM dazu bietet. Außerdem ernähre ich mich VEGETARISCH, konsumiere so WENIG PLASTIK wie möglich und kaufe KEINE FAST-FASHION. Ich versuche das Thema KLIMASCHUTZ in der Öffentlichkeit PRÄSENT zu halten, indem ich bei diesem Theaterprojekt mitmache. Ich engagiere mich dafür, dass auch diejenigen, die sich immer im Recht sehen, ihre Haltung und ihre MEINUNG HINTERFRAGEN und FRAGE SELBST NOCHMAL NACH, in den Momenten, in denen eine SICHTWEISE ALS NORM formuliert wird.

WAS MUSS PASSIEREN? Wir müssen alle, und zwar wirklich alle, realisieren, wie DRINGLICH DIE LAGE ist und was passieren wird, wenn wir es nicht schaffen, die KLIMAERWÄRMUNG UNTER 1,5 GRAD zu halten. Wir brauchen MEHR EMPATHIE für Menschen, die nicht Teil der eigenen Community sind, die anders leben als man selbst. Wir müssen BEWUSSTSEIN SCHAFFEN für rassistische, homophobe und sexistische Strukturen.

*LGBT (auch GLBT, LGBTI, LSBTTIQ , LGBTQIA+ und andere Formen) ist eine aus dem englischen Sprachraum kommende


Der MENSCH muss sich wieder als TEIL DIESER WELT sehen und auch als Teil eines Systems, das nicht nur aus menschlichen Wesen besteht. TIERE, PFLANZEN, GESTEINE, KLIMA:

WIR GEHÖREN ALLE ZU EINEM ÖKOSYSTEM. Der Klimawandel darf nicht zum Medienhype verkommen. Den Worten müssen ERNSTGEMEINTE TATEN folgen. Wir dürfen nicht ständig vermitteln, dass die PROBLEME ZU GROSS und ZU KOMPLIZIERT sind, um sie anzupacken. Jede Handlung sollte auf ihre FOLGEN FÜR DIE ZUKUNFT überdacht werden. Das muss nicht heißen, dass alles verboten wird.

LEBENSSTIL im Großen und Ganzen zu ÜBERDENKEN. Es muss ein GESELLSCHAFTLICHES UMDENKEN stattfinden, nicht nur in Sachen KLIMAPOLITIK, auch was STRUKTURELLE DISKRIMINIERUNG und SOZIALE GERECHTIGKEIT angeht. Dieser Wandel kann nicht nur durch Entscheidungen der Politik passieren; das Fundament dafür muss in der Bevölkerung selbst liegen, denn die Änderungen müssen schließlich von allen getragen werden.

WARUM ENGAGIERST DU DICH?

ABER ENTSCHEIDUNGEN MÜSSEN IM BEWUSSTSEIN IHRER KONSEQUENZEN GETROFFEN WERDEN. WEIL ES UM MEINE UNMITTELDas MINDSET der Menschen MUSS SICH BARE ZUKUNFT GEHT. ÄNDERN: wir müssen verstehen, dass jede Handlung etwas bewirken kann. Wir müssen MEHR WERT AUF QUALITÄT, LANGLEBIGKEIT, ethische und umwelttechnische VERTRETBARKEIT setzten. Es reicht nicht mehr, dass wir uns damit zufrieden geben auf eine PLASTIKTÜTE zu verzichten, einen STROHHALM weniger zu verwenden oder einen wiederverwertbaren Kaffeebecher zu benutzen – das ändert zwar auch etwas, aber nicht genug! Wir müssen anfangen unseren

ICH KANN MICH NICHT DARAUF VERLASSEN, DASS ANDERE SCHON DAFÜR SORGEN, MEINE WERTE UMZUSETZEN. Im Gegensatz zu vielen anderen WIRD MIR ZUGEHÖRT, wenn ich mich zu Missständen äußere, die Viele betreffen. Mir kommt durch meine PRIVILEGIEN eine VERANTWORTUNG zu. Die sinkenden Rettungsboote im Mittelmeer, der Rassismus in Deutschland, die

Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender, also Lesbisch, Schwul, Bisexuell und Transgender.


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INTERVIEW MIT DEN TEENS4FUTURE

tauende Tundra in Russland… Um nicht an all den schrecklichen Nachrichten zu verzweifeln, versuche ich nicht, in Passivität unterzugehen. SICH ZU ENGAGIEREN,

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Kleine Veränderungen, die Großes bewirken können, wenn sich Menschen davon anstecken lassen. Aber ich bin ehrlich:

AKTIV ZU WERDEN, HILFT GEGEN DAS GEFÜHL DER HILFLOSIGKEIT.

OFT BIN ICH WÜTEND UND TRAURIG.

Weil wir den POINT OF NO RETURN NOCH NICHT ERREICHT haben und ich nicht möchte, dass wir ihn erreichen! Ich handle, weil ich es NOCH kann.

Leider werde ich von vielen Leuten in eine SCHUBLADE GESTECKT und als „ÖKOTANTE“ oder „GRETAJÜNGER“ abgestempelt.

Ganz einfach: FÜR MEIN GEWISSEN.

BE THE CHANGE YOU WANT TO SEE IN THE WORLD!

WAS BEDEUTET DIESER EINSATZ IN DEINEM ALLTAG? Ich kann nicht mehr einfach weghören. Wenn jemand eine sexistische oder rassistische Bemerkung macht, beschäftigt mich das und macht mich wütend. Ich kann nicht anders, als mich dazu zu verhalten. Oft fühlt es sich so an, die SPASSBREMSE zu sein. Das kostet Kraft.

Für mich bedeutet das: SECONDHAND kaufen, Kleidertauschparties organisieren, mich VEGAN ernähren, möglichst auf FLÜGE VERZICHTEN, auf dem Markt REGIONAL EINKAUFEN, mein Putzmittel selbst herstellen, immer einen STOFFBEUTEL mitnehmen, MÜLL TRENNEN, den APFEL ANSTATT DER FLUGMANGO essen, einfach mal NICHTS KAUFEN, im Winter lieber MEHRE KLEIDERSCHICHTEN anziehen, als die Wohnung auf 25 Grad zu heizen…

WAS MACHT DICH WÜTEND? Leben wird es immer geben, DIE NATUR WIRD WEGE FINDEN. Die Frage ist doch: WIRD ES UNS MENSCHEN NOCH GEBEN, wenn wir nicht sofort Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe ergreifen? Dass wir MENSCHEN das nicht verstehen, macht mich unglaublich wütend!


Es kann nicht sein, dass es in Europa immer normaler wird, offen auszusprechen, dass man MENSCHEN LIEBER IM MITTELMEER ERTRINKEN LASSEN WÜRDE, ALS SIE AUFZUNEHMEN. Wenn ich Bilder in den Nachrichten sehe, die BOOTE voller Menschen zeigen, die vor der Küste Libyens kentern, dann fühle ich mich OHNMÄCHTIG und unglaublich WÜTEND zugleich. Dass Politiker*innen, die im Wahlkampf neue Gesetzte für Klima- und Umweltschutz versprechen, nach den Wahlen eine VERZÖGERUNGSTAKTIK anwenden, um das Inkrafttreten gezielt hinauszuschieben, weil sie – und das weiß kaum jemand – von LOBBYIST*INNEN, VORSTÄNDEN UND AUFSICHTSRÄTEN abhängig sind. Oft wird das Recht auf Vielfalt als Luxusproblem bezeichnet. Ich kann die RECHTE der LGBTQA+ COMMUNITY genauso ernst nehmen, wie SOZIALE GERECHTIGKEIT. Das hat doch miteinander zu tun!

WAS WÜNSCHT DU DIR FÜR DEINE PERSÖNLICHE ZUKUNFT?

ICH WÜNSCHE MIR ERSTMAL ÜBERHAUPT EINE ZUKUNFT ZU HABEN. Ich wünsche mir noch öfter, den MUT ZU HABEN, ZU WIDERSPRECHEN, auch wenn es unbequem ist. Meine eigene, persönliche Zukunft ist vermutlich ziemlich egoistisch. Ich möchte einen Studiengang finden, der mir SPASS macht und dabei auch noch Zeit mit meinen Freund*innen verbringen.

ICH WILL IN EINER OFFENEN, BUNTEN, SCHÖNEN, GRÜNEN UND FREIEN WELT LEBEN! LIEBE!

Ich hätte gern so ein RICHTIG STINKNORMALES, BÜRGERLICHES LEBEN: Genug Geld für ein kleines Häuschen mit großem Garten auf dem Land, dass ich klimaneutral renovieren würde. Ich wünsche mir eine Familie, und dass ich genug Zeit für meinen GEMÜSE- UND OBSTGARTEN habe, einen FESTEN JOB, in dem ich mit Menschen arbeite. Ich würde gern zwei Mal im Jahr mit meiner Familie für ein paar Tage verreisen (natürlich mit dem Zug) und mir KLEINE KÖSTLICHKEITEN DES LEBENS leisten: hin und wieder einen schönen Mantel oder ein neues Fahrrad, wenn man das alte nicht mehr reparieren kann. Ich möchte ins Theater gehen können, ins Kino und ins Museum und


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INTERVIEW MIT DEN TEENS4FUTURE

auf Konzerte! Und ich möchte gepflegt werden, wenn ich krank oder alt bin. Ich möchte, dass ich nicht alles alleine schaffen muss.

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Ich weiß nicht wie es in 30 Jahren sein wird, aber ich hoffe, dass wir bis dahin NICHT VOR EINEM ABGRUND STEHEN.

ICH MÖCHTE SICHERHEIT FÜR MEIN LEBEN UND FÜR DAS

WO FÜHLST DU DICH WIE GLAUBST ZUGEHÖRIG? DU SIEHT DEIN LEBEN IN 30 JAHREN AUS? LEBEN MEINER KINDER, ENKEL, GROSSENKEL.

Zu meiner FAMILIE, meinen FREUND*INNEN, der LGBTQ+ COMMUNITY, den MENSCHEN, DIE SICH auch für die Themen INTERESSIEREN, die mich bewegen. Zu LEUTEN, MIT DENEN ICH ERFAHRUNGEN TEILE. Das hat nicht viel mit Nationalitäten oder so zu tun.

Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, wie mein Leben in 30 Jahren aussieht, denn wir befinden uns an einem WENDEPUNKT. WAS HEUTE ENTSCHIEDEN WIRD, LEGT FEST, OB WIR DIE KURVE KRIEGEN ODER NICHT. Das heißt entweder, ich lebe in 30 Jahre ein mehr oder weniger geregeltes Leben mit Einkommen und Wechseljahrbeschwerden oder unser gesamtes Ökosystem bricht gerade zusammen und ich habe ganz andere, EXISTENZIELLE SORGEN. Um ehrlich zu sein, frage ich mich inzwischen immer öfter, ob wir den RECHTSRUCK überhaupt noch AUFHALTEN können. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie eine Welt aussieht in der die AFD regiert.

Zu denjenigen, die MENSCHEN, die anders sind als sie selbst NICHT AUSSCHLIESSEN.

IM THEATER.

WAS IST GEMEINSCHAFT? WIE ENTSTEHT SIE?

Eine Gemeinschaft besteht aus Personen, die sich GEGENSEITIG VERTRAUEN und sich UNTERSTÜTZEN und die AUFEINANDER AUFPASSEN.


Irgendwann merkt man vielleicht, dass Vieles als Gemeinschaft einfacher zu erreichen ist. GEBEN UND NEHMEN.

ES IST DOCH ALLES SCHON ZU SPÄT?

Es gibt verschiedene Arten von Gemeinschaften. Hier an den Kammerspielen, bei den Teens4Future, ist eine schöne Gemeinschaft entstanden: viele Menschen mit ÄHNLICHEN SORGEN UND ZIELEN. MAN FÜHLT SICH VERSTANDEN UND WOHL. Das macht für mich eine gute Gemeinschaft aus.

Wenn die Dinge besonders aussichtslos sind, dann bedeutet das, dass man sich JETZT ERST RECHT anstrengen sollte, um die Katastrophe zumindest abzuschwächen.

GEMEINSCHAFT IST DAS GEGENTEIL VON EINSAMKEIT. Eine Gemeinschaft entsteht, wenn keiner sich mehr fragt, ob er dazugehört oder überhaupt erwünscht ist, WENN JEDE*R EINZELN*E IN EINER GRUPPE SELBSTVERSTÄNDLICH DA IST.

Kannst du es mit deinem GEWISSEN, mit deiner VERANTWORTUNG gegenüber nachfolgenden GENERATIONEN vereinbaren, NICHTS ZU TUN? Kannst du dich EINFACH ZURÜCKLEHNEN, obwohl wir es vielleicht doch noch schaffen könnten, wenn auch du mithilfst? Niemand sagt, dass es leicht wird, aber vor allem dürfen wir jetzt NICHT EINFACH

AUFGEBEN.

DIE ZUKUNFT LIEGT IN UNSEIN EINER GEMEINSCHAFT REN HÄNDEN UND WIR DÜRFÜHLT MAN SICH ALS EINZEL- FEN KEINE ZEIT VERLIEREN! NE*R GEBRAUCHT. Wir Menschen haben diese Welt kaputt

WAS WÜRDEST DU AUF EINE AUSSAGE ERWIDERN, WIE:

gemacht. Wir schulden es allen Lebewesen und den zukünftigen Generationen, alles dafür zu geben, das WIEDER GUT zu MACHEN. Wer so etwas sagt und schlimmstenfalls sogar danach handelt, muss einfach verstehen, dass jede*r einzelne von uns die VERANTWORTUNG für das Leid unserer Umwelt trägt. Wenn dein HAUS IN FLAMMEN steht, und die Feuerwehr gerade ankommt, um das letzte übergebliebene Zimmer zu retten – dann könnte man doch auch sagen „Ist doch eh schon zu spät“ – aber das ist es nicht!


INTERVIEW MIT DEN TEENS4FUTURE

Wenn man doch auch nur einen Teil retten kann ist das besser als nichts, oder?

WIR SIND NOCH NICHT AN EINEM POINT OF NO RETURN ANGEKOMMEN. Wer so etwas sagt, hat einfach keine Lust zu handeln. Oder man sieht keinen Nutzen für sich in einem gesellschaftlichen Wandel. Es ist eine EXTREM EGOISTISCHE AUSSAGE.

WAS GIBT DIR HOFFNUNG? Es gibt mir Hoffnung, wenn ich mich MIT ANDEREN VERNETZTE: Auf Social Media sehe ich, dass es da draußen so viele Menschen gibt mit guten Ideen und Projekten, die die Zukunft lebenswert machen können!

WENN ICH AUF DER STRASSE DEMONSTRIERE, SEHE ICH, DASS ES VIELEN IN MEINER UNMITTELBAREN NÄHE SO GEHT WIE MIR. Dass wir als Gemeinschaft nicht damit einverstanden sind, dass Menschen auf der Flucht nicht geholfen wird, das gibt mir das Gefühl, dass Veränderungen möglich sind.

HOFFNUNG

geben mir Am meisten Menschen, die den Mut haben, sich für

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Geflüchtete und für den Klimaschutz einzusetzen, obwohl sie mit so viel Gegenwind rechnen müssen. So wie die Sea Watch Kapitänin CAROLA RACKETE. Auch wenn sie vielen Anfeindungen ausgesetzt ist oder sogar mit dem Gesetz in Konflikt gerät, macht sie trotzdem weiter. Und das ist nur eine einzelne Person.

STELLT EUCH VOR, WAS WIR ALLES IN DER GRUPPE BEWIRKEN KÖNNTEN! ICH HABE DIE HOFFNUNG, DASS DIE KLIMAKRISE EINE CHANCE FÜR EINE ERNEUERUNG UNSERER GESELLSCHAFTSSTRUKTUR IST. Viele junge Leute mit den verschiedensten Hintergründen erklären sich solidarisch im Kampf für eine bessere Zukunft und das kann politische und gesellschaftliche Strukturen verändern.

Ich hoffe, dass wir Menschen durch die Klimakrise ein ANDERES VERHÄLTNIS ZUR NATUR bekommen, dass wir uns wieder stärker als ein TEIL DES ÖKOSYSTEMS begreifen.


WENN DU DIR EINE SUPERKRAFT AUSSUCHEN KÖNNTEST, FÜR WELCHE WÜRDEST DU DICH ENTSCHEIDEN? Wenn ich Superkräfte hätte, würde ich am liebsten die WERTESKALA DER MENSCHEN IN DEN REICHEN LÄNDERN VERÄNDERN, sodass es überhaupt nicht mehr angesehen wäre, einen SUV zu fahren oder einen SWIMMINGPOOL zu besitzen. Ich würde als erstes zu verschiedenen Orten dieser Welt fliegen und schauen, WIE DORT DIE LAGE IST. Ob das Land oder der Ort REICH ODER ARM ist, und in welcher VERBINDUNG diese Orte zueinanderste-

hen. Auch um besser zu verstehen wo man was verändern und verbessern muss. Wenn ich Superkräfte hätte, wäre das Einfachste, MENSCHEN MANIPULIEREN zu können, aber das wäre ein Schritt, den ich nicht gehen will. Ich würde mich eher in ein FLIEGENDES RETTUNGSBOOT verwandeln oder in eine RÜSTUNG FÜR BÄUME, damit sie niemand mehr fällen kann. Ich hätte gerne eine Superkraft, die EMPATHIE HERVORRUFT und EGOISMUS AUSSCHALTEN kann. Ich glaube, würden wir uns mehr mit dem Leid anderer auseinandersetzen und weniger mit uns selbst, wäre so manches Problem viel schneller gelöst. Eigentlich ist die KRAFT, die in einer GEMEINSCHAFT entstehen kann, die größte. Ich würde gern mehr Menschen mit der HOFFNUNG ANSTECKEN, etwas bewirken zu können. Das wäre stärker als jede Superpower. Es gibt gerade ein UMDENKEN. Es ist zwar noch nicht bei allen angekommen, aber der STEIN WURDE INS ROLLEN GEBRACHT und wenn ich Superkräfte hätte, würde ich den STEIN IN LICHTGESCHWINDIGKEIT rollen lassen.


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VERENA REGENSBURGER

BIOGRAFIE

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erena Regensburger, geboren 1990, aufgewachsen in Bad Aibling, schließt 2014 ihr Studium der Theaterwissenschaft sowie der Sprache, Literatur und Kultur an der LMU München ab. Von der Spielzeit 2014/15 bis 2016/17 ist sie als feste Regieassistentin an den Münchner Kammerspielen tätig. Sie arbeitet in dieser Zeit u.a. mit Susanne Kennedy („Warum läuft Herr R. Amok?“), Martin Kušej („Jagdszenen aus Niederbayern“), Armin Petras („Buch“), Nicolas Stemann („Kaufmann von Venedig“, „Der Kirschgarten“), She She Pop („50 Grades of Shame“), Stefan Pucher („América“), Yael Ronen („Point of No Return“) und Christoph Marthaler („Tiefer Schweb“). Im Zuge ihrer Assistenz an den Kammerspielen zeigt sie ihre ersten Inszenierungen, wie das Märchen „Peterchens Mondfahrt“ von Gerdt von Bassewitz oder das TUSCH-Projekt „Das Leben am Ende der Selfie-Stange“ mit Münchner Schüler*innen, bei dem sie zudem als Autorin des Stückes auf sich aufmerksam macht. In der Spielzeit 2015/16 und 2016/17 ist sie für die Konzeption und Durchführung des Veranstaltungsformats „Tischszenen“ verantwortlich, bei dem allmonatlich Theaterschaffende beim gemeinsamen Kochen mit dem Publikum zu Themenschwerpunkten ins Gespräch kommen. Die Inszenierung „Luegen“ ist ihre Abschlussarbeit als Regieassistentin an den Münchner Kammerspielen. „Luegen“ ist mehrfach zu Theaterfestivals eingeladen worden: „No-Limits“ Berlin, „Sommerblut“ Köln, „Bayerische Theatertage“ Fürth, „Santiago a Mil Festival“ Santiago de Chile. 2018 und 2019 leitet sie im Rahmen des Ostercamps der Münchner Kammerspiele Workshops für Kinder und Jugendliche und entwickelt dabei „The Future Is Present“ und „Glaube, Lüge, Hoffnung“. Am Residenztheater München führt sie das Theaterlabor des JungenResi: „Das Vorsprechen“. 2018 entwickelt sie nach „Luegen“ ihre zweite Arbeit mit der gehörlosen Schauspielerin und Tänzerin Kassandra Wedel in der freien Szene: „die dada. das öffnen und schließen des mundes.“. Während ihrer Goethe-Institut Residenz in Bangalore, Indien, entsteht „My Name Is I Love You“. Derzeit inszeniert sie in Zürich mit dem Komponisten und Posaunisten Michael Flury unter den Titeln „Voyager3“ und „Chavin – eine synästhetische Uroper“, ein transdisziplinäres Musik- und Reflexionsprojekt. Regensburger ist freischaffende Regisseurin und lebt in München.



IMPRESSUM HERAUSGEBER Münchner Kammerspiele Spielzeit 2019/20 Intendant: Matthias Lilienthal Geschäftsführender Direktor: Oliver Beckmann REDAKTION Anna Gschnitzer TEXT Das Interview mit den Teens4Future ist ein Originalbeitrag für dieses Programmheft. FOTO UMSCHLAG Nicole Marianna Wytyczak

FOTOS Josef Beyer S. 6: Jamila Gebhard, Flurina Schuster, Konstantin Kloppe, Ira von Büdingen S. 7: Jamila Gebhard, Thyra Kolde, Kaspar Huber, Konstantin Kloppe, Juri Kößler, Lilian Marie Luise Karger, Leopold Nüssler, Helena Borst, Agnes Pfeiffer S. 16/17: Thalia Schoeller, Lilian Marie Luise Karger, Thyra Kolde, Lilli Biedermann, Helena Borst, Lilli von Hehn, Leopold Nüssler, Moritz Brand S. 19: Teens4Future GESTALTUNG Double Standards, Berlin und Annika Reiter, Münchner Kammerspiele DRUCK Gotteswinter und Aumaier GmbH

Unser Partner hinter den Kulissen: WALA Heilmittel GmbH mit den Marken Dr. Hauschka und WALA Arzneimittel.



INSZENIERUNG: VERENA REGENSBURGER URAUFFÃœHRUNG 27. SEPTEMBER 2019 HAUS DER KUNST THEATER DER STADT


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