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Alter Neuling
from IMMOBILIEN AKTUELL
by IMMOCOM
Das Quartier macht sich auf den Weg: zu einer beliebten Assetklasse. Damit kann auch Anlagedruck abgebaut werden.
Eine neue Erfindung ist es nicht, dafür aber eines der meistgenutzten Wörter: Quartier. An mancher Stelle wirkt es fast lächerlich, wenn zwei Häuser mit einer Grünfläche dazwischen bereits als selbiges bezeichnet werden. Dr. Jan Linsin, Head of Research CBRE, definiert es so: ein Areal mit mindestens vier verschiedenen Nutzungsarten, wobei eine davon nicht zwangsweise auf Rendite ausgerichtet sein muss. Bei Jörn König, Managing Partner beim Beratungsunternehmen TME Associates, braucht eine Quartierentwicklung „ein Initialereignis, einen Charakter, USP oder Pull-Effekt“, der eine kritische Nutzermasse auch außerhalb der üblichen Bürozeiten sicherstelle. Das könne beispielsweise ein Kultur-Hotspot wie die Konzerthalle mit Containerdorf im Werksviertel München sein. „Im Idealfall kann eine solche Entwicklung dazu führen, dass sich unterentwickelte Randlagen durch die Integration ganzheitlicher, qualitativ hochwertiger Konzepte zu hochpreisigen Spitzenquartieren entwickeln.“ Interboden-Chef Dr. Thomas Götzen formulierte: „Wir wollen keinen Beton bauen.“ Und keine leeren Wüsten. Er möchte das urbane Dorf mit verschiedenen Baukörpern, die sich nicht wie ein Ei dem anderen ähneln. Das Stadtquartier maxfrei auf dem Areal einer ehemaligen JVA-Anstalt in Düsseldorf ist sein Beispiel dafür. Es steht für „das Zusammenspiel von unterschiedlich genutzten Immobilien aus den Bereichen Wohnen, Arbeiten und Leben in einem räumlich konkret umrissenen städtischen Raum“. Um möglichst ideale Lebensräume zu schaffen, setzt Dr. Thomas Götzen auf Kooperation: Quartiermanager heißt die; dahinter verbirgt sich die Zusammenarbeit von Interboden und Hamburg Team. Zwei mittelständische Unternehmen, beide von Söhnen und Vätern geleitet, bündeln Kompetenz und Knowhow.
„Keine Blasenbildungsgefahr“
Lange Zeit herrschte in Deutschland eine „Lagen-Monotonie“. So bezeichnet es zumindest Jörn König von TME Associates. Was nichts anderes heißt als: Industrie-, Gewerbe-, Wohngebiete, Sonder- und Kerngebiete. Also Definitionen, was wo und wie gebaut sowie genutzt wird. Nun verlagere sich das Kräfteverhältnis zwischen den Komponenten Mensch, Arbeit und Immobilie in Richtung Mensch, denn auch Arbeit werde zunehmend mobil. Das gut gemischte Quartier sei nun ein Produkt. „Es kann sich als eigenständige Assetklasse etablieren beziehungsweise eine neue Assetklasse besetzen, die noch keinem hochkompetitiven Umfeld und damit verbundener Blasenbildungsgefahr ausgesetzt ist“, so Jörn König. „Mit Einzelinvestitionen oberhalb von 500 Millionen Euro kann Anlagedruck effektiv abgebaut werden.“ Wenn immer mehr Menschen auf engem Raum zusammenleben, macht das die Immobilie „zu einem langfristig gefragten und entsprechend wetterfesten Investment“, bestätigt Dr. Jan Linsin von CBRE. Wichtig sei, dass sich das Quartier in eine intakte, urbane Infrastruktur eingliedere. Dann kann es eine Aufwertung von Stadtteilen – und damit verbunden –eine Wiederbelebung einleiten. „Die vorherrschenden Defizite einer nicht mehr adäquaten Stadtentwicklung werden durch den zielgerichteten Nutzungsmix ausgeglichen“, so Dr. Jan Lisin. Der Trend hin zum Quartier auch für Investoren wird seiner Meinung nach weiter anhalten. „Zwei wichtige Punkte sind der diversifizierte Cashflow und die konstante Frequenz, die ein funktionierendes Quartier anzieht.“ „Wir glauben, dass für erfolgreiche Quartiere in Zukunft zwei Eigenschaften essenziell sein werden: Sie müssen digital und grün sein“, sagt Alexander Jacobi, geschäftsführender Gesellschafter der Bauwens Development, in einem Interview. Dazu gehören Apps, Urban Gardening, Freizeitflächen, die einen Mehrwert für die Bewohner bieten. „Die Stadt der Zukunft ist eine Stadt der Quartiere“, lässt sich ZIA-Präsident Dr. Andreas Mattner zitieren. Das Positionspapier „Quartiere der Zukunft“ richtet den Blick daher auf Nutzungsdurchmischung und Lebendigkeit. Einzelhandel, Wohnen, Gastronomie und Büros gehen dabei eine Beziehung miteinander ein, kurze Wege sind das Ergebnis.
Ivette Wagner