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Soll die Bundespolitik gegen explodierende Mieten vorgehen oder löst der Markt das Problem besser?
from IMMOBILIEN AKTUELL
by IMMOCOM
Foto: Tobias Koch
Kommentar von Wolfgang Kubicki, FDP-Politiker und Rechtsanwalt
So ideologisch die Diskussion um den Berliner Mietendeckel auch geführt wurde, der Grund für die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes war letztlich formal. Der Berliner Gesetzgeber hatte sich über die Kompetenzordnung unseres Grundgesetzes hinweggesetzt und etwas geregelt, wozu er schlicht nicht befugt ist. Was man hinterher als besondere politische Chuzpe verkaufen wollte, war in Wahrheit ein beispielloser Akt der Dreistigkeit. Manch einer im linken und ganz linken Lager missinterpretiert das Karlsruher Urteil jetzt als Aufforderung für einen bundesweiten Mietendeckel. Das spricht für eine bemerkenswerte Blindheit gegenüber den Zusammenhängen von Ursache und Wirkung. Denn möglich wird das angeprangerte hohe Mietniveau nur, weil es in den Metropolen schlicht viel zu wenig Wohnraum gibt. Es ist schon erstaunlich, dass ausgerechnet die Parteien, die sich dem Namen nach einer besonders linken oder sozialen Politik verschreiben, einfach übersehen, dass es auch eine sozialpolitisch nicht hinnehmbare Härte ist, wenn Menschen dringend nach einer Wohnung suchen und keine finden. Weder Mietendeckel noch Enteignungen werden nur einen Quadratmeter zusätzlichen Wohnraum generieren. Im Gegenteil werden Investitionen in Wohnraum dadurch sogar unattraktiv, das Angebot sinkt mittelfristig weiter. Gleichwohl gibt es selbstverständlich politischen Handlungsbedarf. Ein Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch zeigt aber, dass es in der Vergangenheit wahrlich nicht an der Regulierung der Wohnraummietverhältnisse gemangelt hat. Hinzu kommt eine tendenziell seit langem eher mieterfreundliche Rechtsprechung, mit der jeder, der in Wohnraum investiert, rechnen muss. Andernfalls könnte es unschöne Überraschungen geben, wenn beispielsweise mal wieder eine Standardformulierung in Formularmietverträgen für unwirksam erklärt wird. Statt mit der Regulierung bereits bestehender Mietverhältnisse nur die Symptome zu behandeln, braucht es Ursachenbekämpfung. Die Probleme sind bekannt: Zu lange Planungs- und Genehmigungsprozesse und vor allem viel zu wenig Bauland an den Stellen, wo es gebraucht wird. Während der Bundesgesetzgeber hier den entsprechenden gesetzlichen Rahmen zu setzen hat, sind vor allem die Länder und Kommunen gefragt. Die Landesbauordnungen müssen deutlich entrümpelt werden, damit beispielsweise der Dachgeschossausbau und Aufstockungen nicht durch unnötige bauordnungsrechtliche Hürden ausgebremst werden. In Schleswig-Holstein haben wir gezeigt, dass man in einer Koalition mit den Grünen in dieser Sache etwas bewegen kann. Die Landesplanung muss so ausgerichtet werden, dass Wohnraum nicht irgendwo, sondern in Metropolregionen entsteht. Und die Kommunen müssen mehr Bauland ausweisen.
Der Bund kann und muss all das unterstützen. Die FDP hat hierzu konkrete Maßnahmen vorgeschlagen. Beispielsweise sollte man einen Bundesplanungsfonds einrichten, der Kommunen bei der Erstellung von Potenzialflächenkatastern, der Wohnraumbedarfsanalyse sowie beim Flächenrecycling unterstützt. Bei der immer wieder bundespolitisch angestrebten Harmonisierung des Bauordnungsrechtes muss ein Schwerpunkt auf der bereits erwähnten besseren Ermöglichung des Dachgeschossausbaus, der Dachaufstockung und der Umnutzung von nicht mehr benötigten Gewerbeflächen liegen. Das Planungsrecht muss schnell und effizient gehalten werden. Auch steuerpolitisch gibt es viel zu tun, insbesondere für selbst genutztes Wohneigentum. Die Grunderwerbsteuer darf den Traum vom Eigenheim nicht scheitern lassen. Auch das ist keine soziale Politik.
Es braucht kurzum eine immense, koordinierte Kraftanstrengung auf allen Ebenen, also von Bund, Ländern und Kommunen gleichermaßen, um all das anzugehen. Es ist für einige unserer politischen Mitbewerber leider viel leichter, die in vielen Teilen unseres Landes angespannte Wohnungs- und Immobiliensituation auf ein angebliches Marktversagen zu schieben. Aber der politisch leichte Weg ist auch oftmals der, der in der Realität am wenigsten hilft.