kontur - Leseprobe

Page 1

Vorarlbergs Wirtschafts- und Lifestyle-Magazin

Starke Stoffe

für den Weltmarkt

Lotte de Beer sorgt für lustvolles Pathos

Warum den Berg nicht einfach wegsprengen

Bregenzerwälder Spirit in New York

Special: Innovativ, nachhaltig und digital

Wenn in Wien die Hose auf das Huhn trifft

Sommer 2023 | 3 Euro
Foto: GetznerMarcel Hagen studio22

Gesundes Wachstum, nachhaltige Ernte.

Sicher, kompetent und persönlich –unsere Werte sind so bewährt wie aktuell. Sie schaffen den Boden für nachhaltiges Vertrauen.

Zeitgemäßes Private Banking verlangt exzellentes Wissen ebenso wie Vernunft, maßgeschneiderte Lösungen sowie den Blick für das richtige Maß.

raiba-privatebanking.at

Editorial

Mit Mut und Ausdauer. „Das Leben beginnt am Ende der Komfortzone“ – besagt eine allgemeine Weisheit. Also außerhalb jenes Bereichs, in dem man mit ziemlicher Sicherheit vorher weiß, was so alles passieren wird. Diese Ausgabe steht genau unter diesem Motto: kontur hat sich auf die Suche nach Menschen und Unternehmen begeben, die sich neuen Erfahrungen gestellt und dabei ihre ganz persönlichen Herausforderungen gemeistert haben wie Rita Meusburger, die aus Egg wegging, um in New York edle Roben für Hollywoodstars zu schneidern oder der international erfolgreiche Gewebehersteller Getzner, der dank Mut und Neugier von Bludenz bis Mali mit seinen Stoffen erfolgreich ist.

Mehr als Meer. Wir trafen die Niederländische Opernregisseurin Lotte de Beer, die mit ihren humor- und lustvollen Inszenierungen von Wien bis Bregenz für frischen Wind sorgt sowie den Wolfurter Vincent Cofalka, der seinen Seesack einst schnürte und heute ein Kreuzfahrtschiff der Superlative über die Weltmeere steuert. In diesem Sinne: öfter mal raus aus der Komfortzone!

Viel Spaß wünscht Ihnen Ihr „kontur“-Redaktionsteam

Inhalt

08 Klug und lustvoll

Mit welcher Neuinszenierung

Lotte de Beer bei den Bregenzer Festspielen frische Akzente setzt

15 Bregenzerwälder Spirit

Wo Rita Meusburgers Schneiderkunst und Stickereien auf dem Red Carpet für Furore sorgen

19 Für moderne Nomaden

Willkommen in der Welt des gemeinschaftlichen Wohnens und Arbeitens

22 Vertrauensfrage

Tristan Horx über den Wunsch nach Selbstorganisation am Arbeitsplatz

24 Wenn der Berg erzählt

Für welches Projekt Geologe Lukas Bickel sich den Weg frei sprengt

32 Operation am offenen Herzen

Wie man als Laie ein Uhrenkaliber „fachmännisch“ zerlegt

34 Textil in Bewegung

Von Bludenz nach Mali oder warum Getzner mit starken Stoffen punktet

3 kontur
Sommer 2023 3 Euro
Vorarlbergs Wirtschafts- und Lifestyle-Magazin Foto: Getzner Marcel Hagen studio22 Lotte de Beer sorgt für lustvolles Pathos Warum den Berg nicht einfach wegsprengen Bregenzerwälder Spirit in New York Special: Innovativ, nachhaltig und digital Wenn in Wien die Hose auf das Huhn trifft Starke Stoffe für den Weltmarkt
Fotos: Andreas Jakwerth, Frederick Sams, STUDIO PARADISO/Klemens Oezelt/Max Topf

41 Mehr als ein Job mit Meerblick Wie Kapitän Vincent Cofalka sein Kreuzfahrtschiff der Superlative sicher über die Weltmeere manövriert

45 Special: Innovativ, nachhaltig und digital So meistern Vorarlbergs Unternehmen die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Zeiten eines immer schneller werdenden Wandels

59 Ideen fliegen lassen Mobile, nachhaltige Bürowelten sind die Grundlage für eine effiziente Leistung. Sie sichern den Erfolg in Zeiten des globalen Wettbewerbs und einer digitalen Transformation

64 Darf ich bitten oder im Rhythmus wie Sülze zitternd Wann in der Bundeshauptstadt ein Mann für gewisse (Tanz)Stunden Ordnung in das anarchische Chaos von „Hose“ und „Huhn“ bringt – inklusive imperialem Flair versteht sich

68 Der Yachtmanager Mit oder ohne Skipper, 25 oder doch lieber gleich 60 Meter? Adi Konstatky bringt die Interessen von Bootseignern und Mietern auf einen luxuriösen Nenner

73 Von der Schönheit der Farben Designerin Monika Heiss und ihr untrügliches Gespür für verschiedene Nuancen, Materialien und Haptiken. Das Credo lautet: raus aus der monochromen Tristesse

78 Ein Buzz auf den alles schaut Der elektrische Nachfolger des legendären VW Bulli fällt dank seiner innovativen Features und seines smarten Designs auf –immer und überall

80 Im Hier und Jetzt

Warum die Schauspielerin und Sängerin Heilwig Pflanzelter die personifizierte Achtsamkeit verkörpert

86 Erst die Kunst, dann ein Jass Wieso ein Kartenspiel in diesem Festspielsommer den Zugang zur Kunst vermittelt? Zahlreiche Ausstellungen und künstlerische Projekte bieten in verschiedenen Museen und Kunst-häusern so wie im öffentlichen Raum ein reichhaltiges Programm mit vielen Denkanstößen

IMPRESSUM Herausgeber, Medieninhaber und Hersteller: Russmedia Verlag GmbH, A-6858 Schwarzach, Gutenbergstraße 1 • Redaktionelle Leitung: Sabine Carotta, sabine.carotta@ russmedia.com, Christiane Schöhl von Norman, christiane.norman@russmedia.com • Redaktion: Christa Dietrich, Ernest F. Enzelsberger, Stephanie Herweg, Marion Hofer, Tristan Horx, Elisabeth Längle, Franz Muhr, Edith Schlocker, Yvonne Tscherner, Johanna Walser • Art Direktion: Bernadette Prassl, bernadette.prassl@russmedia.com • Anzeigenberatung: Russmedia GmbH, A-6858 Schwarzach, Gutenbergstraße 1, Patrick Fleisch, +43 676 88005-818, patrick.fleisch@russmedia.com; Thorben Eichhorn, +43 676 88005-878, thorben.eichhorn@ russmedia.com; Sascha Lukic, +43 676 88005-437, sascha.lukic@russmedia.com; Gabriel Ramsauer, +43 676 88005-785, gabriel.ramsauer@russmedia.com • Druck: Vorarlberger Verlagsanstalt GmbH, A-6850 Dornbirn, Schwefel 81 • Erscheinungstag: 9. Juni 2023 • Nächste Ausgabe: 10. November 2023

4 kontur
Fotos: AIDA Cruises, WienTourismus/Peter Rigaud, Vanessa Tahödl, Nora Forsthuber, David Schreyer, Litchi Cyril, Roland Paulitsch

Freude am Fahren. 100% Elektrisch.

RUNDUM ZUFRIEDEN.

JETZT

BMW i X x DRIVE40 AB

€ 699,–/MONAT

INKLUSIVE VERSICHERUNG UND

BMW PAKET CARE

Unterberger Dornbirn

Stiglingen 75, 6850 Dornbirn Tel.: 05572 / 23286 -0

www.unterberger.bmw.at

Unterberger Nenzing

Bundesstraße 96, 6710 Nenzing Tel.: 05525/6971-0

www.unterberger.cc

BMW iX: von 240 kW (326 PS) bis 397 kW (540 PS), Kraftstoffverbrauch 0,0 l/100 km, CO 2-Emission 0,0 g CO 2 /km, Stromverbrauch von 19,4 kWh bis 24,7 kWh/100 km. Angegebene Verbrauchs- und CO 2-Emissionswerte ermittelt nach WLTP.

* Gültig bei Kauf- und Vertragsabschluss von 28.03.2023 bis 30.09.2023 und nach Verfügbarkeit der von der Aktion umfassten Fahrzeuge. Auslieferung bis 31.12.2023. Ein Angebot der BMW Austria Leasing GmbH, nur gültig für den BMW iX xDrive40 beinhaltet kostenlosen Service mit dem BMW Paket Care für 4 Jahre/100.000 km sowie Versicherung für die Mängelbeseitigung in Österreich für das 3. und 4. Jahr ab Erstzulassung bis zum Erreichen einer Fahrleistung von 120.000 Kilometer, es gilt der jeweils zuerst erreichte Grenzwert ab Erstzulassung.

Berechnungsbeispiel: BMW Select Leasing für den BMW iX xDrive40, Anschaffungswert höchstens € 70.566,44. Anzahlung € 9.990,–, Laufzeit 48 Monate, Leasingentgelt ab € 562,– mtl., genaue Höhe abhängig von Sonderausstattung und Zubehör gem. individueller Konfiguration, 10.000 km p.a., Restwert € 44.013,76,–, Rechtsgeschäftsgebühr € 351,54, Bearbeitungsgebühr € 260,–, eff. Jahreszins 5,44%, Sollzins variabel 4,99%, Gesamtbelastung Leasing € 81.591,30. Details Versicherung: Haftpflichtversicherung kalkuliert auf Basis Bonus-/Malus-Stufe 0, € 43,– pro Monat, Vollkasko auf Basis Bonus-/MalusStufe 0, € 94,– pro Monat, eff. Jahreszins inkl. Versicherung: 8,81%, Gesamtbelastung inkl. Versicherung € 88.167,30. BMW Austria Leasing GmbH, Siegfried-Marcus-Straße 24, 5020 Salzburg, Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent, GISA-Zahl: 17752213, Agenturverhältnis mit Generali Versicherung AG. Beträge inkl. NoVA, MwSt und Vers.St. Angebot freibleibend. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. Angebot gültig bei allen teilnehmenden BMW Händlern.

Symbolfoto
n23-ix40-2_unterbergerdornbirnnenzing_190x277mm_1_cm.indd 1 15.05.2023 09:15:06
6 kontur

Klug und lustvoll als liebste Kombination

Was ist das Spannende an der Oper „Ernani“ von Giuseppe Verdi? Elisabeth Sobotka hat mit Lotte de Beer eine Intendantenkollegin für die Neuinszenierung bei den Bregenzer Festspielen engagiert. Die Holländerin leitet seit Herbst letzten Jahres die Wiener Volksoper.

Keine Frage, nach dem Auftritt von Lotte de Beer bei den Bregenzer Festspielen im Sommer 2017, dürften viele Opernfreunde nach München oder eben nach Wien gereist sein, um Inszenierungen der Holländerin zu sehen. Bei der Premiere von Puccinis „Il trittico“ an der Bayerischen Staatsoper stand zudem Kirill Petrenko am Pult. Mit perfektem Gespür für das Sentiment, brachte er die unter diesem Titel aneinandergereihten drei Opern „Il tabarro“, „Suor Angelica“ und „Gianni Schicchi“ zur Wirkung. Lotte de Beer verständigte sich mit ihrem Bühnenbildner Bernhard Hammer und schickte

alle Handelnden in einen Zeittunnel, der als Bindeglied für die inhaltlich nicht miteinander korrespondierenden Geschichten bestens taugte. Nichts verkam dabei zum bloßen Effekt. So wie bei Rossinis „Moses in Ägypten“ in Bregenz.

Teilung des Meeres. Wem damals ein Probeneinblick gewährt wurde, der konnte Lotte de Beer als Koordinatorin in und zwischen zwei Settings beobachten. Auf der einen Seite der Bühne agierten die Sängerinnen und Sänger, beispielsweise am Hof des Pharaos, auf der anderen Seite hielt eine Kamera auf gerade einmal etwa zehn Zentimeter große Puppen. Das

Theaterkollektiv „W“ verdeutlichte verschiedene Handlungsschauplätze mit live gefilmten Szenen. Man brauchte sich nur darauf einzulassen und schon erlebte man eine vielschichtige Erzählung inklusive Teilung des roten Meeres.

Im Theater an der Wien hatte Lotte de Beer unter anderem Janáceks Oper „Jenufa“ inszeniert. In einem von Christof Hetzer entworfenen drehbaren Abbruchhaus, lässt sie die Küsterin die Geschichte von jenem Kindsmord erzählen, mit dem die alte Frau die angebliche Schande von der jungen Mutter dieses Kindes abwenden will. Dass diese sich bereits

7 kontur
Foto: David-Payr

von den fragwürdigen und erdrückenden Moralnormen ihres Umfeldes befreien wollte, wurde mit hoher Intensität erzählt.

Generationendialog. Seit Saisonbeginn ist Lotte de Beer, geboren 1981 in Eindhoven, Intendantin der Wiener Volksoper. Zum Start bot sie mit „Jolanthe und der Nussknacker“ nicht nur die Verknüpfung der Bereiche Tanz und Musiktheater, mit der Überlappung von zwei Werken bzw. Partituren von Tschaikowski verdeutlichte sie auch ihre Auffassung vom Generationendialog, richtete sich die Produktion doch auch an Kinder und Jugendliche. Mit der vor wenigen Wochen erfolgten Uraufführung der Operette „Die letzte Verschwörung“ von Moritz Eggert zeigte sie, dass ihr keine Handlung zu überladen ist. Sci-Fi-Elemente mit Außerirdischen, Welterklärungsgeschwafel, Gruselszenen, Cyberspace: Das lässt sich alles bewältigen, betonte sie mit ihrer Inszenierung, in der sie selbst in einer Szene zu intensiverem Spiel aufrief. Das Premierenpublikum pflichtete ihr mit viel Applaus bei.

Elisabeth Sobotka, Intendantin der Bregenzer Festspiele, hat Lotte de Beer für die Produktion von Giuseppe Verdis 1844 uraufgeführter Oper „Ernani“ engagiert. Die Opernhausleiterin und Regisseurin nahm sich Zeit für ein Gespräch:

Die Oper „Ernani“, nach einem Drama von Victor Hugo, erzählt eine grauenhafte Geschichte. Sie handelt von Menschen, die einander hassen, von einem schwer nachvollziehbaren Begriff von Ehre. Welcher Aspekt interessiert Sie besonders? Welchen Aspekt fokussieren Sie? Erst einmal finde

ich die Musik des frühen Verdi herrlich, sie schwingt zwischen Tragödie und Komödie. Diese Musik zeigt auch die komödiantische Seite des Lebens. Ich liebe das. Das Libretto ist kein Meisterwerk, ich liebe aber unvollkommene Stoffe, weil sie so gut die Unvollkommenheit der Menschen zeigen. Wenn wir uns in die Beobachterposition begeben, sehen wir Menschen, die über Ehre und Liebe sprechen, was sie aber erzeugen, ist Tod und Schmerz. Genau das möchte ich fokussieren. Es gibt in fast jeder Szene eine Figur, die sich auch für die Liebe oder für das Vergeben entscheiden kann, aber immer entscheidet man sich für Mord, Selbstmord, Tod, Gewalt oder Rache.

Lässt sich das Stück in die Gegenwart transferieren? Kann das funktionieren oder bleiben Sie In der Zeit des Librettos? Es ist nur heutig in der Transparenz. Wir verwenden die Mittel des Theaters. Wir blicken auf eine leere Welt. Wie beispielsweise in „Warten auf Godot“ gibt es einige Menschen in armseligen Klamot-

8 kontur
„Il trittico“ hat Lotte de Beer in München inszeniert. Lotte de Beer ist Regisseurin und Intendantin der Wiener Volksoper. Fotos: Andreas Jakwerth, Wilfried Hösl, Werner Kmetitsch, Ashley Taylor, Barbara Pálffy/Volksoper Wien, Bregenzer Festspiele/Christof Hetzer

ten. Einer davon ist Ernani. Er fragt: „Männer, seid ihr bei mir?“ Sie sagen „Ja, wir werden für dich sterben“ und heben ihn auf ein Podest. Wir sehen einerseits diese Konstruktionen von Ehre und Status, von Macht, Besitz und Ideologie und wir sehen die Zerstörung. Die Bühne und die Kostüme sind aus zerreißbaren Materialien, somit wird das Naive einer Ideologie sichtbar. Die Zeit wird somit nicht benannt, die Geschichte ist nicht in einem Zeitrahmen verankert. Wir verbinden die Zeit im Werk von Victor Hugo mit dem Heute und bleiben teilweise in einer zeitlosen Welt. Wenn da aber steht, wir ziehen einen Dolch, dann ziehen wir einen Dolch.

Frauen sind in den Opern des 19. Jahrhunderts zumeist Opfer. Wie sehen Sie Elvira? Sie ist wie ein Besitz, sitzt in einem Zimmer, wird wie eine Puppe behandelt, weil sie einen Mann heiraten muss, an dem sie kein Interesse hat. Dann kommen andere Herren und kämpfen um sie. Immer wenn ein Problem auftaucht, will sie

sich umbringen. Ich finde bei ihr nicht die Stimme der Vernunft, auch da sieht man die tragische Figur, die in Ernani verliebt ist, aber in die Heirat mit einem anderen einwilligt. Es sind unglaubliche Charaktere, die ehrlich geschrieben sind. Eine Rolle als Held zu erfüllen oder als Selbstmörder, der sozusagen für das Echte gestorben ist, dieser Aspekt wird hier wichtig.

Ich würde sagen, es gibt auch ziemlich viel gefährliches Pathos. Sie sind alle in ihrer pathetischen Haltung gefangen, so dass sie gar nicht mehr nachdenken können. Wenn man das Pathetische als humorvolle Ingredienz sieht, als Spielerisches mit philosophischem Gehalt, dann sagt das viel darüber aus, was wir sind. Die Musik benutzt dieses Pathos, aber das ist so lust-

9 kontur
Einstand. mit „Jolanthe und der Nussknacker“ an der Wiener Volksoper. „Jenufa“ in der Regie von Lotte de Beer im Theater an der Wien Witzig und bissig. war ihre Inszenierung von „Die letzte Verschwörung“. Einige Kostüme für die Oper „Ernani“, die auf einem Werk von Victor Hugo basiert, sind heutig.
Ich muss sagen, dass ich zum österreichischen Publikum immer eine sehr gute Beziehung hatte.

voll motiviert, dass man dem Publikum auch einen unterhaltsamen Abend bieten kann.

War „Ernani“ schon länger auf Ihrer Wunschliste? Ja. In einem Gespräch mit Elisabeth Sobotka haben wir festgestellt, dass uns die Oper beide fasziniert. Das gilt auch für den Dirigenten Enrique Mazzola. Somit dachten wir, dass wir es machen sollten.

Sie sind Intendantin der Wiener Volksoper. Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Wiener Publikum gemacht?

Ich muss sagen, dass ich zum österreichischen Publikum immer eine sehr gute Beziehung hatte. Schon damals, als ich am Theater an der Wien inszenierte. Es ist ein Publikum, das sehr interessiert ist an den Stoffen, wobei aber auch die Faktoren Entertainment, Schönheit, Humor, Poesie und Nostalgie eine Rolle spielen. Diese Kombination finde ich sehr spannend. In Holland muss man die Geschichten oft für Besucher erzählen, die noch nichts gesehen haben. In Deutschland hat man ein gebildetes Publikum, aber das Lustvolle wird sehr kritisch betrachtet. In Öster-

reich hat man diese Kombination. Deshalb passt meine Arbeit sehr gut.

Wie sieht es an der Volksoper aus? Kommt das Publikum nach der Pandemie wieder zurück? Ich bin sehr froh und stolz, dass das Publikum, das immer schon da war, nun wieder kommt. Wir haben aber auch neues angezogen. Wir haben beim Publikum unter 30 Jahren einen Anteil von

22 Prozent. Im März und April lag die Auslastung bei 84 Prozent. Seit September bei 79 Prozent, das liegt vor allem daran, dass wir zu Saisonbeginn noch mit Corona zu tun hatten. Was man nach der Pandemie besonders gemerkt hat, ist, dass die Leute ihren Besuch eher kurzfristig buchen.

Das Programm der nächsten Saison ist wiederum vielfältig. Es zeigen sich etwa mit der Uraufführung von „Lass uns die Welt vergessen“ aber auch politische Bezüge. Das Werk erinnert an die Zeit des Nationalsozialismus. Was ist Ihnen wichtig? Es ist eine Jubiläumssaison, die Volksoper wird 125 Jahre alt. Das ist eine gute Möglichkeit, auf eine schwere Zeit unserer eigenen Geschichte zurückzublicken. Wir wollten den Eskapismus der Operette mit der knallharten Welt zusammenprallen lassen. Auch aus der Volksoper hatten viele flüchten müssen. Die Diskussion darüber, inwieweit man sagen kann, „ich bin einfach eine Sängerin, egal ob mein Kollege in große Schwierigkeiten ge-

10 kontur
raten ist“, ist mir sehr wichtig. Christa Dietrich
Für „Ernani“ arbeitet Lotte de Beer in Bregenz mit dem Ausstatter Christof Hetzer sowie mit dem Dirigenten Enrique Mazzola zusammen.
Fotos: Barbara Pálffy/Volksoper Wien, Klaus Hartinger Einst in Bregenz: Elisabeth Sobotka mit Lotte de Beer (Mitte) und dem Team von „Moses in Ägypten“. Die Operette „Die letzte Verschwörung“ führte auch in den Cyberspacesit, officia. Kleine Puppen spielten 2017 in „Moses in Ägypten“ eine große Rolle.

MADAME BUTTERFLY

SPIEL AUF DEM SEE GIACOMO PUCCINI
19. JULI –20. AUGUST 2023 © Anja Köhler buero-magma.at

Textil in Bewegung

Arbeitgeber für 1700 Mitarbeitende, einer der modernsten Gewebehersteller der Welt, Exportweltmeister bei edlen Damaststoffen und Benchmark im Bereich der ressourcenschonenden Textilproduktion: das ist die Getzner Textil AG in Bludenz.

Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1818 in Bludenz als Familienbetrieb. Heute zählt die Getzner Textil AG in ihrem Bereich zu den weltweit führenden Herstellern von Bekleidungsdamasten, Modestoffen und technischen Textilien. „Seit unserer Gründung vor über 200 Jahren haben wir viele Höhe und Tiefen erlebt. Mut, Offenheit und Neugier haben uns stets angetrieben und sind die Grundlagen für unseren Erfolg“, beschreibt CEO

Roland Comploj das Erfolgsrezept des Unternehmens. 1827 wurde der heutige Standort in Bludenz bezogen.

Regional verwurzelt. „Basierend auf unseren Werten ,unternehmerisch mutig‘ und ,wirtschaftlich maßhaltend‘ nehmen wir Herausforderungen an, investieren weiter in modernste Produktionsanlagen und Infrastruktur, agieren engagiert und erfolgreich in unseren Märkten und haben unsere Unternehmensfinanzierung stabil

und zukunftsfähig aufgestellt.“ So plant die Getzner Textil Gruppe heuer knapp 50 Millionen Euro zu investieren, wobei eine neue Produktionshalle für den Bereich Veredelung am Standort Bludenz um 27 Millionen in den nächsten zwei Jahren das größte Projekt darstellt. Roland Comploj spricht von einem Bekenntnis zum Standort Bludenz: „Als regional verwurzeltes Familienunternehmen ist es uns wichtig, unser Know-how in Bludenz zu behalten und auszubauen. Der Grund

Effizienz. Im Zuge der anstehenden Betriebserweiterung wird auch in den Maschinenpark investiert.

12 kontur
Fotos:
Marcel Hagenstudio22

Für die Internationalität des Unternehmens ist unter anderem die frühe Erschließung ausländischer Märkte von großer Bedeutung. So zählt die Getzner Textil AG heute zu den weltweit führenden Herstellern von edlen Bekleidungsdamasten.

13 kontur

Technics. Ebenfalls groß ist die angebotene Bandbreite der Anwendungen für technische Textilien.

für die Erweiterung ist neben der steigenden Kundennachfrage die Optimierung interner Prozesse zur Effizienzsteigerung.“ Darüber hinaus sind Investitionen von 1,5 Millionen Euro für eine Fotovoltaik-Anlage auf den Webereidächern vorgesehen.

Hochwertig. Das Unternehmen ist sehr exportorientiert. So konnte im vergangenen Jahr bei einem Exportanteil von 96 Prozent ein Umsatz von 440 Millionen Euro erwirtschaftet werden. Ausschlaggebend für die Steigerung waren die Produkte für den westafrikanischen Markt. Beliefert werden aber auch regionale Kundinnen und Kunden in Vorarlberg wie Pfanner Schutzbekleidung mit technischen Textilien oder die Marke Hanro von Huber mit hochwertigen Buntgeweben. Insgesamt verfügt die Getzner Textil-Gruppe über sieben Standorte und zwei Shops. Mit einer Weberei in der Schweiz, zwei Produktionsstandorten in Deutschland und vier Standorten in Österreich ist das Unternehmen im D-A-CH-Raum beheimatet. Das Ergebnis sind exklusive Textilien sowie technologisch anspruchsvolle Gewebe für unterschiedlichste Anwendungen.

So besteht das Premium-Produkt „Africa“ aus 100 Prozent Baumwolle und besticht durch seinen Glanz und die edle Haptik. Die Damaste sind nicht nur einfarbig, sondern zeigen sich auch bunt gewebt, in „deuxton“-Färbung oder bedruckt. Corporate Fashion steht für Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Deshalb wird in Europa produziert. Die Basis der Corporate Fashion-Kollektionen sind Hemden- und Blusenstoffe aus Baumwolle oder Baumwollmischungen, sowohl stückgefärbt als auch buntgewebt. Mit 2400 neuen Mustern jährlich ist Getzner Textil einer der weltweit kreativsten Hersteller für Hemden- und Blusenstoffe für Labels wie Hugo Boss. Im Bereich Technics sieht sich das Unternehmen als textiler Lösungsanbieter. Denn von Textilien für persönliche Schutzausrüstung, Gewebe für Schlafsäcke oder Segel bis zu industriellen Anwendungen von Riemen oder Trägergewebe für Klebebänder können vielfältige Kundenwünsche erfüllt werden. Und schließlich noch das Thema Mobility: Die Sitzbezugsstoffe sind im Nahverkehr, in Zügen, Reisebussen oder bei renommierten Automobilherstellern zu finden. Die hochwertigen Jacquardvelours-,

Am Puls der Zeit. „Wir erforschen und beobachten Entwicklungen am Markt und denken diese permanent weiter“, so CEO Roland Comploj.

14 kontur
Fotos: Marcel Hagenstudio22, Muehlbacher Rupert GAS, Getzner Textil AG Shirting. Basis der Corporate Fashion-Kollektionen sind hochwertige Hemden- und Blusenstoffe. Africa. Das ganze Können der Technik- und Designabteilungen zeigt sich im Getzner Damast.

Erfolgsbilanz. Getzner produzierte im Vorjahr mit 710 Webmaschinen, vier Ausrüst- und zwei Färbereibetrieben 78 Millionen Laufmeter Gewebe.

„Digitalisierung beschäftigt uns in allen Bereichen. Von der digitalen Visualisierung der Kollektion für unsere Kund(inn)en, über den Chatbot im Lehrlingswesen bis hin zu Smart Textiles, also der Kombination von Textilien mit Elektronik bzw. Elektrotechnik.“

Schaftvelours- und Jacquardflachgewebe erfüllen eine Vielzahl an Funktionen und werden so den hohen Ansprüchen der Mobilitätsbranche gerecht.

„Mit einem der größten und modernsten Labors in unserem Bereich positionieren wir uns als innovativer Lösungspartner für unsere Kundinnen und Kunden“, infor-

miert Roland Comploj. Dort arbeiten die Forschungsteams auf 2000 Quadratmetern und widmen sich komplexen Fragestellungen. Dazu sind sie mit Hochschulen und führenden Textilforschungseinrichtungen vernetzt und erhalten so neue Impulse im Bereich der Materialforschung. Roland Comploj: „Eine sehr interessante Entwicklung ist unsere textile Akustiklösung Acunic. Diese schallschützenden Gewebe haben den Vorteil, dass sie flexibel sind, verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bieten und dabei sehr effizient funktionieren. Durch die gelungene Kombination von Porosität, Gewicht und Oberflächenstruktur sowie den Schallabsorptionsgrad sind diese Textilien optimal auf die Steuerung der akustischen Raumwirkung abgestimmt.“

Fokus auf Nachhaltigkeit. Das Unternehmen betrachtet es seit Jahrzehnten als vorrangige Aufgabe, bei der Produktentwicklung neben dem Kundennutzen besonders auf Nachhaltigkeit und den Schutz von Umwelt, Mensch sowie Ressourcen zu

achten. Die Prozesse werden ständig geprüft und die täglichen Abläufe genau beleuchtet. Die Rohstoffverarbeitung genügt den strengsten Ansprüchen des Umweltschutzes. Das wird durch mehrere Zertifizierungen bestätigt. Getzner war darüber hinaus schon immer ein Pionier der regionalen elektrischen Energiegewinnung und -versorgung. Schon zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden die früheren Wasserkraftanlagen auf Stromerzeugung umgestellt und neue Elektrizitätswerke in Betrieb genommen. Die Wasserkraftanlagen der Getzner Gruppe produzieren knapp 95 Prozent des eigenen Bedarfs. Beim zugekauften Strom handelt es sich um 100 Prozent österreichischen Ökostrom. Seit 2001 betreibt Getzner Textil ein eigenes Fernwärmenetz. Dazu CEO Roland Comploj: „Seit 2001 versorgen wir zahlreiche öffentliche Gebäude in der Umgebung des Hauptfirmensitzes, u. a. das Bundesgymnasium Bludenz sowie das örtliche Frei- und Hallenbad Val Blu, mit Wärme. Ein nachhaltiges Projekt mit dreifacher

15 kontur
Seit unserer Gründung haben wir viele Höhen und Tiefen erlebt. Mut, Offenheit und Neugier sind die Grundlagen für unseren Erfolg.

Win-win-Situation – positiv für die Umwelt, die Abnehmer und Getzner Textil als Energielieferant. Die gesamte durch das Fernwärmenetz erzielte CO2-Einsparung liegt jährlich bei rund 1000 Tonnen.“

Der Mensch im Mittelpunkt. Personalentwicklung und -leitung, Einführung neuer digitaler Systeme in das Personalwesen, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Lehrlings- und Wohnungswesen, die Weiterentwicklung von Führungskräften und die theoretische Auseinandersetzung mit neuen Arbeitsmodellen sind nur einige Beispiele. Lebenslanges Lernen wird großgeschrieben und durch die „Getzner Akademie“ gezielt gefördert. Unter anderem werden textile Basisausbildungen wie Weberei- und VeredelungsfachkraftAusbildungen angeboten. Ein Schwerpunktthema ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. So wird mit der betriebseigenen Kinderbetreuungseinrichtung „Getzners Buntstiftle“ für Kinder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine ganzjährige Kleinkindbetreuung angeboten. Im Herbst 2023 wird das Angebot mit einer Outdoorgruppe, den Getzner Buntspechtle, nochmals erweitert. Im Unternehmen vertraut

man auf bestens ausgebildete Fachkräfte, die im Optimalfall direkt aus dem firmeneigenen „Nachwuchs“ rekrutiert werden. Eine Lehrlings-App bietet die Möglichkeit für einen digitalen Austausch im Unternehmen. Aktuell werden in der Getzner Textil Gruppe rund 80 Lehrlinge in unterschiedlichen Lehrberufen ausgebildet, am Standort Bludenz sind es 55. Dabei können auch immer mehr Mädchen für technische Berufe gewonnen werden, etwa in den Bereichen Metall, Elektro, Betriebslogistik und Labortechnik. Ernest

16 kontur
Wir betrachten es als vorrangige Aufgabe, bei der Produktentwicklung auch auf Nachhaltigkeit und den Schutz von Umwelt und Ressourcen zu achten.
Arbeitskleidung. Die Schutzfunktion ist untrennbar mit dem Einsatz von technischen Geweben verbunden. Weitblick. Forschung und Entwicklung sind wichtige Säulen des Unternehmens.
-
Zukunftsorientiert. Die Getzner Textil Gruppe plant knapp 50 Millionen Euro in diesem Jahr zu investieren. Fotos:
Marcel Hagen
studio22

VORARLBERG HEUTE

TÄGLICH, 19.00 UHR, ORF 2 V

Und immer aktuell auf vorarlberg.ORF.at

vorarlberg.ORF.at

V_Inserat_Voralberg_Heute_190x277_23.indd 1 16.05.23 09:10
V.L.: CHRISTIANE SCHWALD-PÖSEL, DAVID BREZNIK, MARTINA KÖBERLE, THOMAS HASCHBERGER, DANIEL REIN UND KERSTIN POLZER
WIR BRINGEN DICH ZU DEINER TRAUMDESTINATION! MIT GLÜCK EINEN VON VIER € 1000,- FLUGGUTSCHEINEN GEWINNEN! TEILNAHMEBEDINGUNGEN UNTER BREGENZ.CASINOS.AT 18+ Eintritt ins Casino im Rahmen der Besuchs- und Spielordnung der Casinos Austria AG. Amtlicher Lichtbildausweis erforderlich. Spielerschutzinfos: playsponsible.at casinos.at SAMMELN & GEWINNEN ALLE INFOS:

Vom Schwäbischen Meer zur hohen See

Der Vorarlberger Vincent Cofalka ist auf den Weltmeeren zu Hause und bringt Urlaubshungrige in die schönsten Gegenden der Welt. Seine Leidenschaft zur Nautik hat er zufällig entdeckt. Ausleben darf er sie heute auf einem Kreuzfahrtschiff der Superlative: der AIDAcosma.

19 kontur
Fotos: AIDA Cruises

Ein Schiff so groß wie ein Vorarlberger Dorf in seiner Einwohnerzahl: Die AIDAcosma kann mehr als 5400 Gäste sowie 1400 Crewmitglieder aufnehmen und gleicht einem Mikrokosmos. Auf dem Kreuzfahrtschiff stehen 20 Decks mit 17 Bars und Clubs, 17 Restaurants, 15 Pools und viele weitere Annehmlichkeiten zur Verfügung. Der Wellness- und Funfactor ist enorm. Auch mit seinem Antrieb setzt der Ozeanriese Akzente: Er kann vollständig mit emissionsarmem Flüssigerdgas (LGN) betrieben werden. Erstaunlich ist allerdings ein anderes Detail: Gesteuert wird die AIDAcosma von einem Vorarlberger, dem 46-jährigen Wolfurter Vincent Cofalka.

Zufällige Berufswahl. „Von langer Hand geplant war der nautische Berufsweg nicht“, gibt Kapitän Cofalka schmunzelnd zu. Vielmehr sei er nach der Matura auf der Suche nach einem Studium gewesen. Dabei stolperte er über einen Flyer, der NautikStudiengänge bewarb. „Außerdem hat mir ein Bekannter von seiner Arbeit an Bord eines Schiffes erzählt.“ Die Faszination trifft ihn wie ein Blitz, der Funke hat gezündet. Der Vorarlberger lacht beim Gedanken an die damalige Geschichte, denn wie sich später herausstellen sollte, spann der vermeintliche Seefahrer ordentlich Seemannsgarn. Das zum Besten gegebene maritime Abenteuer war frei erfunden, der Bekannte war niemals auf einem Schiff gewesen. Im Nachhinein spielt das keine Rolle mehr, denn der „Schmäh“ bringt Vincent Cofalka auf Kurs.

Ein Ziel vor Augen. Der Vorarlberger packt seinen Seesack 1997 und geht an die Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven, 16 Jahre lebt er an der Nordseeküste. Hier absolviert er die Grundausbildung und schließt zwei Studiengänge erfolg-

reich ab. Schnell wird ihm das Kommando über ein Frachtschiff übertragen. Er ist ganz in seinem Element, als sich ein Unwetter zusammenbraut: Die Wirtschaft gerät in stürmische Zeiten. Die Krise trifft die Schifffahrtsbranche hart. Cofalka ist 2010 persönlich betroffen. „Eigentlich wollte ich zu dem Zeitpunkt aufhören. Ich sah meine Zukunft an Land“, so der Kapitän. Aus dem ersonnenen Landgang wird allerdings nichts, denn AIDA Cruises holt den Vorarlberger noch im selben Jahr ins Boot. Mittlerweile hat der erfahrene Seemann das Ruder der AIDAcosma, ein Kreuzfahrtschiff der Heliosklasse, übernommen. Vom Stapel lief es erst im letzten Jahr. „Ich bin der Taufkapitän“, verrät er und kann nicht verbergen, dass er für Schiff und Beruf brennt.

Alltag an Bord. Cofalkas Aufgabengebiet ist mannigfaltig und mit dem eines Geschäftsführers eines Unternehmens mit 1400 Mitarbeitenden zu vergleichen. „Ich arbeite im operativen Umfeld. Ganz dem Zeitgeist entsprechend ist dieses hochvernetzt und wird durch künstliche Intelligenz unterstützt.“ Das bedeutet im Bereich der Wartungspläne, dass automatisiert ersichtlich wird, welche bzw. wie viele Ersatzteile benötigt werden. Über KI-gestützte Anlagentools kann außerdem die maximale Nachhaltigkeit erreicht

20 kontur
Fotos: AIDA Cruises
AIDAcosma. Das Kreuzfahrtschiff der Kussmundflotte hält viele Highlights für Urlaubende bereit.
Was die Energieeffizienz im Sinne der Nachhaltigkeit angeht, sind wir ein bisschen wie Startrek.

Die Brücke der AIDAcosma ist der atemberaubende Arbeitsplatz von Kapitän Vincent Cofalka, der die Verantwortung für sein Schiff, die Crew sowie die Gäste an Bord trägt.

werden. „Unsere neue Schiffsgeneration ist ganz vorne, was die Energieeffizienz im Sinne der Nachhaltigkeit angeht. Da sind wir ein bisschen wie Startrek.“ Auch gebe es auf der AIDAcosma Teppichböden, die Cradle to Cradle zertifiziert sind. „Die Teppichfliesen sind unbedenklich von der Herstellung bis zum Recycling und werden nach ihrer Nutzung in biologische oder technische Kreisläufe zurückgeführt.“ Ganz im Sinne des Cradle-to-Cradle-Prinzips, das sich an der Natur, die keine Abfälle erzeugt, orientiert.

Cofalka privat. Ein Kreuzfahrtkapitän trägt große Verantwortung. „Während der Zeit an Bord hab ich auch im Schlaf immer ein Ohr am Schiff“, so der Vater von zwei Buben. „Eltern von Kleinkindern kennen das Phänomen“, spielt er auf die sofortige Reaktionsfähigkeit bei nächtlichen Geräuschen des Nachwuchses an. „Wenn

ich nach einem regulären Einsatz, der drei Monate dauert, wieder in Vorarlberg bin, muss ich erst wieder in ein anderes Mindset finden.“ Bereits nach einer Woche habe er sich akklimatisiert und kann die drei freien Monate genießen. Loslassen könne er sein Schiff und die Arbeit problemlos. Schließlich trage während seiner Abwesenheit eine andere Brückencrew die volle Verantwortung für die AIDAcosma. Das gibt ihm den Freiraum, sich in private Projekte zu vertiefen. Klassisch in Urlaub fährt er nicht. Wer beruflich den Orient bereist oder das Mittelmeer abfährt und in Häfen von Katar bis Sardinien ankert, sehnt sich nach anderen Aktivitäten als dem Erkunden fremder Länder. „In meiner Freizeit verbringe ich gerne Zeit mit meiner Familie. Ich besuche auch meine Freunde, die in ganz Europa verteilt sind“, erzählt der Seefahrer. Er gehe auch gerne wandern, die Berge habe er vermisst, als er im flachen Ostfriesland lebte. Als Lebensraum schätze er das Ländle ganz besonders. Das war allerdings nicht immer so.

Resümee. „Mit Anfang 20 wollte ich dringend weg. Vorarlberg empfand ich damals als sterbenslangweilig“, gesteht der Wolfurter. Inzwischen habe er viel von der Welt gesehen, auch Flecken abseits des Tourismus. Die dabei gewonnene Erkenntnis: „Im globalen Vergleich schneidet Vorarlberg ziemlich gut ab, was die Lebensqualität, samt Infrastruktur, medizinischer Versorgung usw. angeht.“ Ein Wohnsitz in der Karibik, reizt ihn weniger. Palmen, Strand und immerwährender Sonnenschein – das sei nichts für ihn. „Ich brauche die Jahreszeiten und die habe ich daheim. Sogar einen See habe ich hier“, zeigt sich der Nautiker glücklich mit seiner Homebase. Das Schwäbische Meer hat nämlich durchaus Exklusives zu bieten: „Steht man in Bregenz an der Molo, kann man im Sommer die Sonne im Bodensee versinken sehen. Der Sonnenuntergang im Wasser ist an keinem anderen Punkt bzw. See in Österreich erlebbar.“ Als weiteres Unikum nennt er die historischen Schiffe am Bodensee. „Wir haben hier zwei Juwele: den Schaufelraddampfer Hohentwiel und die MS Oesterreich, das einzig verbliebene Art-Déco-Schiff der Welt.“

Vincent Cofalka bezeichnet sich als heimatverbunden. Das zeigt er auch auf internationalen Gewässern, das Vorarlberger Wappen hat seinen fixen Platz auf der Brücke. „Wer es auf der AIDAcosma sieht, weiß, ich bin im Einsatz“, sagt der Kapitän und betont, dass er sich immer freue, auch Landsleute an Bord begrüßen zu dürfen. Vom Schwäbischen Meer zum Urlaub auf die hohe See. Warum eigentlich nicht? Yvonne Tscherner

21 kontur
Wappen. Cofalkas Bekenntnis zu Vorarlberg. Kreuzfahrt. Mit dem Traumschiff auf hoher See. Herzstück. Die Hightech-Kommandobrücke.

Darf ich bitten?

Die Wiener Ballkultur hat so manche individuelle Eigenheit wie einen Mann für gewisse (Tanz)Stunden, imperiales Flair und ein bisschen anarchisches Chaos, wenn die „Hose“ auf das „Huhn“ trifft.

Zeugnis! Herr Billy Wilder war in unserem Hause vom 15. Oktober 1926 bis heute als Gesellschaftstänzer tätig. Herr Wilder hat es verstanden, in seiner Eigenschaft als Tänzer sich dem verwöhntesten Publikum in jeder Weise anzupassen. Er hat sich auf seinem Posten gut bewährt und die Interessen des Hauses stets wahrgenommen. – „Also habe ich es schwarz auf weiß, dass ich zwei Monate lang Tänzer, Gesellschaftstänzer, mit einem Wort: Eintänzer gewesen bin… Es kam so und war wie hier folgt: Es ging mir schlecht. Meine Hosen sind ungebügelt, mein Gesicht mangelhaft rasiert, der Kragen schmierig, die Hemdmanschetten gewendet. Bitter schmeckt die Zunge, bleischwer die Beine, der Magen schmerzt vor Leere, und die Nerven sind kaputt. Hinter jedem Türklopfen das giftige Gesicht der Wirtin, kreischend und die Rechnung in den Fingern. Die Straße besteht für mich aus Delikatessgeschäften, Restaurants und Konditoreien, und ich halbiere meine Zigaretten, damit sie länger währen. Es geht mir schlecht. Heute werde ich im Bahnwartesaal schlafen“, so der Auszug aus der legendären vierteiligen Reportage von Billy Wilder, die im Jänner 1927 in der BZ veröffentlicht wurde. Notgedrungen und mühsam verdiente sich Wilder auf seinem Zwischenstopp im Berlin der Zwanzigerjahre allabendlich 5 Mark als Eintänzer im noblen Hotel Adlon am Pariser Platz – noch weit

weg von Hollywood und Oscar-Nominierungen, aber schon damals mit einem ungeheuren Gespür für den Wahnwitz des Lebens, feinsinnige Pointen und zwischenmenschliche Konstellationen.

Warum diese kleine Zeitreise in die Vergangenheit? – Was wie aus einer anderen Ära anmutet, hat bis heute in der Bundeshauptstadt Tradition. Auf Wiens Bällen schwofen vor allem junge Männer, seltener Frauen, über das Parkett, die dafür gebucht wurden

und sich als Eintänzer, pardon heute lautet die Bezeichnung etwas unverfänglicher „Taxitänzer“, ein Zubrot verdienen. Sichere Schritte, tadellose Manieren, elegante Kleidung – so lautet das Anforderungsprofil eines Miettänzers. Auf manchen Bällen wie dem Philharmoniker Ball gibt es gar einen eigenen Taxistand. So können sich Tanzbegeisterte auch solo oder in Begleitung eines Tanzmuffels auf einen Ball wagen, ohne am Ende das Dasein als Mauerblümchen am Rande des Parketts oder an der Bar zu fristen oder auf die Aufforderungsqualitäten des starken Geschlechts zu hoffen: Selbst ist eben die Frau!

„Aufmascherln“. Wiens Balltradition ist weltberühmt. Kein Wunder, öffnen die schönsten imperialen Bauten doch ihre Pforten: Ob Hofburg, Rathaus, Staatsoper oder Musikverein – hier kann man den Luxus nachempfinden, der noch vor hundert Jahren ausschließlich der Hocharistokratie vorbehalten war. Pünktlich zu Faschingsbeginn am 11. 11. startet die Ballsaison mit einem öffentlichen Walzer-Tanzen in der Innenstadt. Mehr als 450 Bälle finden jedes Jahr in Wien statt. Sie beginnen traditionell um 22 Uhr und dauern, je nach Kondition, bis in die frühen Morgenstunden.

Doch zunächst muss man sich „Aufmascherln“, um später zu brillieren. So sind ein (boden)langes Abendkleid sowie

22 kontur
Universell. Billy Wilder verdiente sich im Adlon in Berlin als Eintänzer. Fotos: Bart Sherkow/Shutterstock, STUDIO
PARADISO/Klemens Oezelt

Tradition. Wiens Balltradition ist weltberühmt. Kein Wunder, öffnen die schönsten imperialen Bauten doch ihre Pforten: Ob Hofburg, Rathaus oder Musikverein – hier kann man den Luxus nachempfinden, der noch vor hundert Jahren der Hocharistokratie vorbehalten war.

23 kontur

Smoking, Frack oder Gala-Uniform mit Masche auf Bällen wie etwa dem bereits erwähnten Philharmoniker oder Concordia Ball Pflicht – der Einlass im Falle der Missachtung dieses Dresscodes wird dann auch knallhart verweigert. Da hilft kein Betteln: Tradition ist eben Tradition! Die entsprechende Robe muss allerdings nicht gekauft, sondern kann auch praktischerweise geliehen werden. Zahlreiche Adressen bieten diesen Service, inklusive fachkundiger Schneiderinnen, die den gewünschten textilen Traum für den einen Abend den jeweiligen Rundungen geschickt anpassen.

Anarchisches Chaos. Ein Crashkurs, um die eingerosteten Tanzschritte in einem Blitzkurs aufzufrischen, vermittelt (trügerische) Sicherheit. Im Fokus stehen, neben den Standardtänzen, klar der Walzer sowie die Quadrille – also jener Gemeinschaftstanz, der zu mitternächtlicher Stunde vollführt wird und mit Figuren wie der Hose und dem Huhn die belustigte Gesellschaft in ein anarchisches Chaos stürzt. Gerade beim

Walzer ist es eine Herausforderung, in der Rempelei zwischen schnell drehenden Tanzwütigen irgendwie die Spur und vor allem das Tempo zu halten. „Auf dem Parkett drängen sich die Paare, treten einander auf die Füße, keuchen und boxen. Eine einzige Fleischmasse, im Rhythmus wie Sülze zitternd“, hatte Billy Wilder einst geschrieben, doch ganz so schlimm ist es nicht, wobei einem von der schnellen Dreherei und dem Gedränge schon ab und an schwummrig werden kann: Umfallen ist in der Masse an Tanzwütigen aber praktisch unmöglich. Wer Abwechslung zum Dreivierteltakt braucht, kann in den Nebenräumen zu Discobeats den Körper rhythmisch schütteln.

Traditionell wird jeder Ball von den Debütant(inn)en mit einer Polonaise eröffnet, erst nach den Worten „Alles Walzer“ dürfen alle Besucher(innen) aufs Tanzparkett. Die Wiener Ballsaison hat ihren Höhepunkt im Jänner und Februar, wobei einer der schönsten Bälle im Sommer stattfindet. Der Concordia Ball ist aber nicht nur einer der

stimmungsvollsten, sondern auch ältesten und gehobensten Tanzveranstaltungen der Bundeshauptstadt. Das war schon in Zeiten der Monarchie so, als Kronprinz Rudolf regelmäßig hier gesichtet wurde. Erstmals arrangiert wurde er am 19. Jänner 1863. Seit vielen Jahren findet der Concordia Ball allerdings im Sommer im Rathaus an der Ring-

24 kontur
Auf Wiens Bällen schwofen vor allem junge Männer, seltener Frauen, über das Parkett, die sich als „Taxitänzer“ ein Zubrot verdienen.
Polonaise. Debütanten eröffnen den Ball. Walzer. Taxitänzer beim Ball der Philharmoniker. Ausklang. Kleine Stärkung am Würstelstand.

ist es manchmal gar nicht so einfach, im Getümmel die Spur und das Tempo zu halten.

straße statt. Mit seinen imposanten Säulen, Gesimsen und Kapitellverzierungen sowie den weitläufigen Arkaden bietet die Location ganz neue beeindruckende Einsichten. Es ist eben ein Unterschied, ob man sich bei eisigen Minusgraden, dick eingepackt, mit High Heels zum Ball manövriert oder bei sommerlichen Temperaturen, im Rahmen einer kleinen schöpferischen Pause in den aufgereihten Liegestühlen im Innenhof unter freiem Himmel die Sterne betrachten oder ein Glas Champagner schlürfen kann.

Am Ende ist alles Gulasch. Diesem Vorbild folgend findet auch der Ball der Vorarlberger(innen) mittlerweile im Mai statt. In diesem Jahr stand er unter der Patronanz der Gemeinde Wolfurt, die mit einer großen Delegation aus dem Westen anreiste. Veranstaltungsort ist das Palais Ferstel im 1. Bezirk, das durch seinen toskanischen Neorenaissance-Stil beeindruckt. Praktisch: Wer Hunger verspürt, kann sich über

einen direkten Zugang im legendären Café Central an Würstel und Gulasch laben. Die geschichtsträchtige „Institution“ steht an diesem Abend ausschließlich der feiernden Gästeschar offen. Traditionell findet der Ball übrigens, wie die meisten anderen, an einem Samstag statt. Auch dazu zog Wilder ein bitteres Resümee: „Sonnabend ist der schlimmste Tag für den Tänzer. Alle Säle sind bis auf das letzte Plätzchen voll“. Wie gut, dass er seine Qualitäten als Literat am Ende stattdessen dem Film schenkte.

Apropos Ende und aus: Auch das Finale folgt einem Ritual. Das Licht im Ballsaal wird gedimmt, die Kapelle stimmt zum Kehraus einen langsamen Walzer an. Rauschende, unvergessliche Ballnächte klingen in Wien – also wenn die Blumen im Haar verwelkt, die Mascherl offen sind und die Füße schmerzen – in den frühen Morgenstunden beim Würstelstand oder bei einem Gulasch im Kaffeehaus aus. Christiane Schöhl von Norman

Bälle in Wien sind einzigartig feierlich. Das besondere Flair entsteht durch das zeremonielle Programm und die höfischen Sitten aus der Zeit der Monarchie: Kleidervorschriften, Eröffnungsfanfare, Einzug der Debütanten, Ausruf „Alles Walzer“, Mitternachtsquadrille und Damenspende.

25 kontur
Dreivierteltakt. Beim Walzer Fotos: WienTourismus/Peter Rigaud, Christoph Sommerer, Richard Schuster

Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.