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Textil in Bewegung

Arbeitgeber für 1700 Mitarbeitende, einer der modernsten Gewebehersteller der Welt, Exportweltmeister bei edlen Damaststoffen und Benchmark im Bereich der ressourcenschonenden Textilproduktion: das ist die Getzner Textil AG in Bludenz.

Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 1818 in Bludenz als Familienbetrieb. Heute zählt die Getzner Textil AG in ihrem Bereich zu den weltweit führenden Herstellern von Bekleidungsdamasten, Modestoffen und technischen Textilien. „Seit unserer Gründung vor über 200 Jahren haben wir viele Höhe und Tiefen erlebt. Mut, Offenheit und Neugier haben uns stets angetrieben und sind die Grundlagen für unseren Erfolg“, beschreibt CEO

Roland Comploj das Erfolgsrezept des Unternehmens. 1827 wurde der heutige Standort in Bludenz bezogen.

Regional verwurzelt. „Basierend auf unseren Werten ,unternehmerisch mutig‘ und ,wirtschaftlich maßhaltend‘ nehmen wir Herausforderungen an, investieren weiter in modernste Produktionsanlagen und Infrastruktur, agieren engagiert und erfolgreich in unseren Märkten und haben unsere Unternehmensfinanzierung stabil und zukunftsfähig aufgestellt.“ So plant die Getzner Textil Gruppe heuer knapp 50 Millionen Euro zu investieren, wobei eine neue Produktionshalle für den Bereich Veredelung am Standort Bludenz um 27 Millionen in den nächsten zwei Jahren das größte Projekt darstellt. Roland Comploj spricht von einem Bekenntnis zum Standort Bludenz: „Als regional verwurzeltes Familienunternehmen ist es uns wichtig, unser Know-how in Bludenz zu behalten und auszubauen. Der Grund für die Erweiterung ist neben der steigenden Kundennachfrage die Optimierung interner Prozesse zur Effizienzsteigerung.“ Darüber hinaus sind Investitionen von 1,5 Millionen Euro für eine Fotovoltaik-Anlage auf den Webereidächern vorgesehen.

Effizienz. Im Zuge der anstehenden Betriebserweiterung wird auch in den Maschinenpark investiert.

Für die Internationalität des Unternehmens ist unter anderem die frühe Erschließung ausländischer Märkte von großer Bedeutung. So zählt die Getzner Textil AG heute zu den weltweit führenden Herstellern von edlen Bekleidungsdamasten.

Technics. Ebenfalls groß ist die angebotene Bandbreite der Anwendungen für technische Textilien.

Hochwertig. Das Unternehmen ist sehr exportorientiert. So konnte im vergangenen Jahr bei einem Exportanteil von 96 Prozent ein Umsatz von 440 Millionen Euro erwirtschaftet werden. Ausschlaggebend für die Steigerung waren die Produkte für den westafrikanischen Markt. Beliefert werden aber auch regionale Kundinnen und Kunden in Vorarlberg wie Pfanner Schutzbekleidung mit technischen Textilien oder die Marke Hanro von Huber mit hochwertigen Buntgeweben. Insgesamt verfügt die Getzner Textil-Gruppe über sieben Standorte und zwei Shops. Mit einer Weberei in der Schweiz, zwei Produktionsstandorten in Deutschland und vier Standorten in Österreich ist das Unternehmen im D-A-CH-Raum beheimatet. Das Ergebnis sind exklusive Textilien sowie technologisch anspruchsvolle Gewebe für unterschiedlichste Anwendungen.

So besteht das Premium-Produkt „Africa“ aus 100 Prozent Baumwolle und besticht durch seinen Glanz und die edle Haptik. Die Damaste sind nicht nur einfarbig, sondern zeigen sich auch bunt gewebt, in „deuxton“-Färbung oder bedruckt. Corporate Fashion steht für Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Deshalb wird in Europa produziert. Die Basis der Corporate Fashion-Kollektionen sind Hemden- und Blusenstoffe aus Baumwolle oder Baumwollmischungen, sowohl stückgefärbt als auch buntgewebt. Mit 2400 neuen Mustern jährlich ist Getzner Textil einer der weltweit kreativsten Hersteller für Hemden- und Blusenstoffe für Labels wie Hugo Boss. Im Bereich Technics sieht sich das Unternehmen als textiler Lösungsanbieter. Denn von Textilien für persönliche Schutzausrüstung, Gewebe für Schlafsäcke oder Segel bis zu industriellen Anwendungen von Riemen oder Trägergewebe für Klebebänder können vielfältige Kundenwünsche erfüllt werden. Und schließlich noch das Thema Mobility: Die Sitzbezugsstoffe sind im Nahverkehr, in Zügen, Reisebussen oder bei renommierten Automobilherstellern zu finden. Die hochwertigen Jacquardvelours-,

Am Puls der Zeit. „Wir erforschen und beobachten Entwicklungen am Markt und denken diese permanent weiter“, so CEO Roland Comploj.

Erfolgsbilanz. Getzner produzierte im Vorjahr mit 710 Webmaschinen, vier Ausrüst- und zwei Färbereibetrieben 78 Millionen Laufmeter Gewebe.

„Digitalisierung beschäftigt uns in allen Bereichen. Von der digitalen Visualisierung der Kollektion für unsere Kund(inn)en, über den Chatbot im Lehrlingswesen bis hin zu Smart Textiles, also der Kombination von Textilien mit Elektronik bzw. Elektrotechnik.“

Schaftvelours- und Jacquardflachgewebe erfüllen eine Vielzahl an Funktionen und werden so den hohen Ansprüchen der Mobilitätsbranche gerecht.

„Mit einem der größten und modernsten Labors in unserem Bereich positionieren wir uns als innovativer Lösungspartner für unsere Kundinnen und Kunden“, infor- miert Roland Comploj. Dort arbeiten die Forschungsteams auf 2000 Quadratmetern und widmen sich komplexen Fragestellungen. Dazu sind sie mit Hochschulen und führenden Textilforschungseinrichtungen vernetzt und erhalten so neue Impulse im Bereich der Materialforschung. Roland Comploj: „Eine sehr interessante Entwicklung ist unsere textile Akustiklösung Acunic. Diese schallschützenden Gewebe haben den Vorteil, dass sie flexibel sind, verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bieten und dabei sehr effizient funktionieren. Durch die gelungene Kombination von Porosität, Gewicht und Oberflächenstruktur sowie den Schallabsorptionsgrad sind diese Textilien optimal auf die Steuerung der akustischen Raumwirkung abgestimmt.“

Fokus auf Nachhaltigkeit. Das Unternehmen betrachtet es seit Jahrzehnten als vorrangige Aufgabe, bei der Produktentwicklung neben dem Kundennutzen besonders auf Nachhaltigkeit und den Schutz von Umwelt, Mensch sowie Ressourcen zu achten. Die Prozesse werden ständig geprüft und die täglichen Abläufe genau beleuchtet. Die Rohstoffverarbeitung genügt den strengsten Ansprüchen des Umweltschutzes. Das wird durch mehrere Zertifizierungen bestätigt. Getzner war darüber hinaus schon immer ein Pionier der regionalen elektrischen Energiegewinnung und -versorgung. Schon zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden die früheren Wasserkraftanlagen auf Stromerzeugung umgestellt und neue Elektrizitätswerke in Betrieb genommen. Die Wasserkraftanlagen der Getzner Gruppe produzieren knapp 95 Prozent des eigenen Bedarfs. Beim zugekauften Strom handelt es sich um 100 Prozent österreichischen Ökostrom. Seit 2001 betreibt Getzner Textil ein eigenes Fernwärmenetz. Dazu CEO Roland Comploj: „Seit 2001 versorgen wir zahlreiche öffentliche Gebäude in der Umgebung des Hauptfirmensitzes, u. a. das Bundesgymnasium Bludenz sowie das örtliche Frei- und Hallenbad Val Blu, mit Wärme. Ein nachhaltiges Projekt mit dreifacher

Win-win-Situation – positiv für die Umwelt, die Abnehmer und Getzner Textil als Energielieferant. Die gesamte durch das Fernwärmenetz erzielte CO2-Einsparung liegt jährlich bei rund 1000 Tonnen.“

Der Mensch im Mittelpunkt. Personalentwicklung und -leitung, Einführung neuer digitaler Systeme in das Personalwesen, Betriebliches Gesundheitsmanagement, Lehrlings- und Wohnungswesen, die Weiterentwicklung von Führungskräften und die theoretische Auseinandersetzung mit neuen Arbeitsmodellen sind nur einige Beispiele. Lebenslanges Lernen wird großgeschrieben und durch die „Getzner Akademie“ gezielt gefördert. Unter anderem werden textile Basisausbildungen wie Weberei- und VeredelungsfachkraftAusbildungen angeboten. Ein Schwerpunktthema ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. So wird mit der betriebseigenen Kinderbetreuungseinrichtung „Getzners Buntstiftle“ für Kinder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine ganzjährige Kleinkindbetreuung angeboten. Im Herbst 2023 wird das Angebot mit einer Outdoorgruppe, den Getzner Buntspechtle, nochmals erweitert. Im Unternehmen vertraut man auf bestens ausgebildete Fachkräfte, die im Optimalfall direkt aus dem firmeneigenen „Nachwuchs“ rekrutiert werden. Eine Lehrlings-App bietet die Möglichkeit für einen digitalen Austausch im Unternehmen. Aktuell werden in der Getzner Textil Gruppe rund 80 Lehrlinge in unterschiedlichen Lehrberufen ausgebildet, am Standort Bludenz sind es 55. Dabei können auch immer mehr Mädchen für technische Berufe gewonnen werden, etwa in den Bereichen Metall, Elektro, Betriebslogistik und Labortechnik. Ernest

Enzelsberger

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