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Große Weine mit Demut
from kontur45
Wein, Gott, Gobelsburg
Das Weingut Schloss Gobelsburg im niederösterreichischen Kamptal feiert heuer 850. Geburtstag, dass die Weine heute zu den besten Österreichs zählen, ist seit 25 Jahren für den gebürtigen Lecher Michael Moosbrugger und seine Frau Eva Aufgabe, Verpflichtung und Passion.
Das niederösterreichische Kamptal ist das, was Marketingspezialisten eine Genussregion nennen. Nur wenige Minuten von Krems und der Wachau entfernt, beginnt eine Kulturlandschaft, die in Jahrhunderten entstanden ist, geprägt von den Weinrieden, die dem Tal ihr charakteristisches Aussehen verleihen. Und wo Wein wächst, lässt es sich gut leben. Die Gasthäuser und Heurigen zeigen die ganze Vielfalt der Region in ihren Gerichten, die Menschen sind im besten Sinne des Wortes gelassen, zufrieden in diesem Stück Paradies zu leben und zu arbeiten. Und für Reisende wichtig: Das Stück Paradies bietet Platz, Touristenströme sind nicht zu befürchten.
Schloss Gobelsburg zu führen, bedarf Demut, sagt Michael Moosbrugger. Es gehe hier beim Weinmachen weniger darum, die eigene Persönlichkeit einzubringen, sondern das Weingut behutsam in der Tradtion weiterzuentwickeln und in die nächste Generation zu bringen.
Auch nicht in Langenlois, Österreichs größter Weinstadt, die der Hauptort dieses Tals ist, durch das die Kamp fließt, die im Sommer mit ihren nostalgischen Flußbädern auch zum Schwimmbad der Region wird. Natürlich kann die Kamp auch anders, wie das zerstörischere Hochwasser im Jahr 2002 zeigte. Die Kamp ist aber auch wichtiger Teil des Mikroklimas, das – neben den Böden und Lagen – im Kamptal Basis für den Weinbau ist, der einige der besten Weißweine weltweit hervorgebracht hat.
Frei für den Wein. Dazu zählen die Weine von Schloss Gobelsburg – und das seit Jahrhunderten. Heuer feiert das Weingut sein 850-jähriges Jubiläum. Man müsste es nicht extra erwähnen, aber das Weingut hat die Geschichte des Weinbaus in Österreich wesentlich beeinflusst und mitgestaltet. Der Wein, mit dem in diesem Jahr auf diese unglaublich lange Tradition angestoßen wird, ist das Werk eines Vorarlbergers. Michael Moosbrugger ist – auch das ein Jubiläum – seit 25 Jahren Herr auf Schloss Gobelsburg. Er hat für das Jubiläum eine auf 7000 Flaschen limitierte Cuvée von Gobelsburger Weinen aus den letzten 50 Jahren aufgelegt. „Die ist praktisch ausverkauft“, freut er sich im Gespräch mit „kontur“. Moosbrugger stammt aus Lech, genauer: er ist Mitglied der Familie Moosbrugger, die mit dem Gasthof Post eines der absoluten Tophäuser am Arlberg betreibt. Mit Weinen bester Herkunft hat er deshalb immer schon zu tun. Als sich abzeichnete, dass sein Bruder Florian das Hotel weiterführen wird, war er, wie er in einem VN-Interview erzählte, „frei für den Wein“.
Was folgte, waren Lehrjahre, in denen sich der junge Mann, der auch eine Ausbildung als Maschinenschlosser abgeschlossen hat, den Weinbau von der Pike auf gelernt hat. Mit seinem Wissen und Talent, mit seinem Enthusiasmus für das Kultur- und Genussgut Wein und der damit verbundenen Tatkraft bot sich 1996 die Chance für Eva und Michael Moosbrugger, das Weingut Schloss Gobelsburg zu übernehmen. Und das mit langfristiger Perspektive. Eine Chance, die für einen jungen Winzer, der zudem aus Vorarlberg stammt, in einem Gebiet, in dem viele Familien seit Generationen Wein machen, zur Last werden könnte. „Ma hupft ins Wasser und muss schwimmen“, berichtet er über seinen Einstieg in Gobelsburg.
Durststrecken. Dass er es ernst meint mit dem Weinbau zeigte sich rasch, wenn-

Nach 25 Jahren auf Schloss Gobelsburg würde ich das auf jeden Fall wieder machen. Es gibt keinen schöneren Beruf für mich und das in einem der spannendsten Weingüter.
gleich er die ersten fünf Jahre schwer zu kämpfen hatte. „Da haben wir schon Durststrecken gehabt. Selbst Willy Bründlmayer hat gedacht, dass es schneller geht“, denkt Moosbrugger zurück. Schloss Gobelsburg ist schließlich kein kleines Einsteiger-Weingut im einstelligen Hektarbereich, es verfügt über rund 70 Hektar zu bewirtschaftende Rieden, darunter die berühmten Lagen Heiligenstein, Lamm und Grub. Dementsprechend groß ist der Betrieb, ebenso die Mengen, die verkauft werden, müssen.
Hausherren. Die Zisterzienser des Klosters Zwettl und Michael Moosbrugger sind stolz auf die Weine.



Weinkultur. Der neue Weinkeller (oben re.), berühmte Rieden und prämierte Weine.

Und auch die Tradition lastet schwer. „Man muss diese Aufgabe mit Demut angehen“, stellt er fest, und das macht er seit seinem Start. Er erfindet das Weingut nicht neu, er knüpft an die Tradition an, entwickelt sie behutsam weiter. Setzt auch im Weingarten und bei der Vinifizierung auf traditionelle Methoden, die Weine hervorbringen, die Weinkritiker in aller Welt begeistern, wie Auszeichnungen – etwa „Winzer des Jahres in Österreich“, „Sortensieger“, „Top Winerys of the World“, um nur einige zu nennen – zeigen. Dabei bleibt die Zeit nicht stehen, Moosbrugger hat z. B. das „Dynamic Cellar Concept“ entwickelt, bei dem Weine nicht mehr gepumpt werden, um an andere Orte zu gelangen, sondern im „Fass auf Rädern“ in andere Kellerteile gebracht werden.
Wie Tradition gelebt wird, zeigt die Erweiterung des Weinkellers, dessen ältester Teil auf das 11. Jahrhundert zurückgeht: Dem sensiblen Schlossbereich und der klösterlichen DNA entsprechend wurde der Keller in Form eines Kreuzgangs konzipiert, für den Bau verwendet wurden nur historische Baustoffe. Gelagert werden dort ältere Jahrgänge, die auch bei den Hauptsorten Grüner Veltliner und Riesling (zusammen 80 Prozent) der Gobelsburg am Markt immer begehrter werden. Heuer wird der Keller offiziell eingeweiht. Angestoßen wird mit einem jahrhundertealten Kulturgut, das nichts an Köstlichkeit, nichts an Wohlgeschmack verloren hat. Im Gegenteil. Zum Wohl auf die nächsten 850 Jahre. Andreas Scalet