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Modul auf Modul

Daten & Fakten

Kaufmann Bausysteme Reuthe

- 50 Beschäftigte - 2 Lehrlinge (Technische Zeichner) - Umsatz 2020: 80 Mill. Euro - Exportquote 2020: 80 Prozent - Hauptmärkte: Deutschland,

Österreich

Weltmarktführer in Modulen

„Das Ziel muss immer sein, das Teil zum Vorteil des Ganzen zu machen. Das Teil ist das Raummodul.“ Das ist der Leitsatz von Christian Kaufmann, seit 2016 Geschäftsführer von Kaufmann Bausysteme in Reuthe im Bregenzerwald.

Dort wurde in sechs Monaten Bauzeit eine neue Firmenzentrale entwickelt und 2020 bezogen. Produziert wird an den Standorten Kalwang in der Steiermark in zwei Fertigungsstraßen mit 55.000 Quadratmeter und in Berlin-Köpenick mit 2500 Quadratmeter Produktionsfläche. Das international tätige Unternehmen gilt als Pionier in der Modulbauweise und ist in diesem Bereich auch Weltmarktführer.

Entscheidend für die Qualität und die Wirtschaftlichkeit des Holzmodulbaus ist die Konzentration der Fertigung mit ihren vielen handwerklichen Arbeitsschritten auf eine logistisch ausgereifte Produktionskette. Hoher Vorfertigungsgrad direkt im Werk und kurze Montagezeiten vor Ort verbinden sich so zu einem attraktiven Preis-Leistungs-Paket – ein wichtiger Vorteil am Markt.

Baustoff mit Zukunft. Der Hauptmarkt des Unternehmens ist Deutschland. Dort entstehen etwa in Berlin in den kommenden vier Jahren 32 Schulgebäude von Kaufmann Bausysteme. Für Aufträ-

Produktion. Hergestellt werden die Module am Standort Kalwang in der Steiermark. Hand in Hand. Am Produktionsstandort Kalwang bestehen zwei Fertigungsstraßen.

ge in Kanada und in den USA sind Joint ventures in Vorbereitung. Kaufmann Bausysteme ist auf Großprojekte spezialisiert, die aus mindestens 50 bis 100 Modulen bestehen. Christian Kaufmann ist davon überzeugt, dass Holz als Baustoff immer mehr an Bedeutung gewinnen wird, unter anderem aufgrund der Klimadiskussion und weil der Baustoff auch mehrgeschoßige Bauten ermöglicht. Das spielt vor allem im Wohnbau eine große Rolle. Der Wohnbaumarkt, in dem Kaufmann Bausysteme zunehmend aktiv werden will, ist ein besonders heiß umkämpfter Markt.

Für den Architekten als Verfechter architektonischer Unikate war das modulare Bauen noch vor wenigen Jahren kaum relevant. Das hat sich dank der individuellen Vorfertigung mit neuen Verarbeitungsmöglichkeiten stark geändert. Raummodule in Holzbauweise bieten neben den Vorteilen von Flexibilität und Variabilität kurze Bauzeiten durch einen hohen Vorfertigungsgrad ein angenehmes

Der Wohnbaumarkt ist ein in Zukunft überall besonders heiß umkämpfter Markt.

Präzisionsarbeit. Kaufmann Bausysteme ist mit seinen Modulen Weltmarktführer. Hauptmarkt ist Deutschland.

Raumklima, leichte Rückbaubarkeit durch lösbare Verbindungen bei temporären Objekten und – nicht zu unterschätzen – eine allgemeine Akzeptanz durch die Nutzer. „Natürlichkeit und Nachhaltigkeit des Werkstoffes Holz sind überzeugend“, so Christian Kaufmann. Die einzelnen Module sind dabei zwischen 2,50 und vier Meter breit sowie zwischen fünf und zwölf Meter lang. Sie eignen sich für Gebäude in den Bereichen Bildung (Kindergärten, Schulen), Studentenheime, Universitäten, Hochschulen, Wohnbau, Hotellerie und im Sozialbau. Und Kaufmann weiter: „Wir nehmen bei dieser Art des Bauens eine andere Perspektive auf ästhetische Fragen ein. Die Herausforderung wird sein, wie man die einzelnen Elemente auf unterschiedliche Weise miteinander kombiniert.“

Lebensraum schaffen. Hier wird ein spannendes Spiel auf bis zu sieben Geschoßen eröffnet. Raumeinteilungen sind flexibel angelegt. Fenster und Öffnungen können frei angeordnet werden. Fassaden lassen unterschiedliche Gestaltungsvarianten zu. Dieser Spielraum in der Gestaltung macht Raummodule vielseitig in der Anwendung. Durch das Zusammenfügen der Raummodule zu Baukörpern, durch die Anordnung dieser Baukörper zueinander, entstehen fließende Stadträume, die je nach Ausrichtung Platz für Gemeinsames oder Privates bieten. „Es geht also nicht darum, Raumeinheiten möglichst effizient zu stapeln. Es geht darum, den räumlichen Zusammenhalt zu denken, den elementaren dreidimensionalen Lebensraum, die Wohnung und die Stadt, in der wir uns täglich bewegen, zu erschaffen“, verdeutlicht Christian Kaufmann. Ein solches Raummodul, das selbst wieder Teil eines größeren Ganzen ist, baut auf viele entscheidende Teile. Im Werk Kalwang ist die folgende Kette der Schlüssel zum Erfolg: Das handwerkliche Können aller Gewerke, die hohe Verarbeitungsqualität, ein perfektes Timing beim Zusammenbau aller Komponenten, leistungsstarke serielle Fertigung und logistische Kompetenz. Die Vorfertigung von Raummodulen mit vollständigem Innenausbau erfährt eine dynamische Entwicklung. Der Grund liegt in der Vielseitigkeit der Module. „Auf die Fragen nach der Zukunft des Wohnbaus liefert das Raummodulkonzept ökonomisch und ökologisch durchdachte Antworten“, erläutert Christian Kaufmann.

Die Verbinder. Die Modulsysteme werden in einer eigenen Entwicklungsabteilung in Reuthe laufend weiterentwickelt und auf neue Einsatzbereiche abgestimmt. Ein zusätzlicher Vorteil der Modulbauweise ist, dass die Gebäude später in anderer Zusammensetzung weiterverwendet werden können. Der Werkstoff Holz verbindet die wirtschaftlich überzeugenden Lösungen mit umweltorientierten Vorzügen. Aber auch mit Komfort wie einer guten Raumakustik und einem gesunden Innenraumklima. Christian Kaufmann: „Nachhaltigkeit ist für uns die Summe aller guten Eigenschaften von Holz. Dieser Baustoff erweist sich auch als kongenialer Partner mit anderen Baustoffen.“ Und weiter: „Wir sehen uns in der Rolle des Verbinders. Wir verbinden mit unserer ganzheitlichen Betrach-

Wir produzieren pro Jahr rund 1000 Raummodule. Dabei werden 23.000 Kubikmeter Holz verarbeitet.

tungsweise von Projekten Planung und Realisation. Wir verbinden auch mehrere Funktionen als Teil-Generalunternehmer oder Generalunternehmer. Dabei verstärken wir die Zusammenarbeit mit Bauherren und Planern, indem wir uns möglichst früh in die Planungsphase einschalten und in den Entwicklungsprozess einbinden.“ Produziert werden 1000 Raummodule pro Jahr, dabei werden 23.000 Kubikmeter Holz verarbeitet.

Mit enormer Präzision. Auch Hochregallager gehören zum Portfolio des Unternehmens aus Reuthe. Die hoch automatisierte Lagerlogistik erfordert eine hohe Präzision. Ein dermaßen hoch technisiertes Netz funktioniert allerdings nur, wenn die einzelnen Holzbauteile der Konstruktion möglichst geringe Verformungstoleranzen aufweisen. Zum Beispiel können die empfindlichen Regalbedienungsgeräte bereits bei wenigen Zentimetern Durchbiegung des Holzes die Ware nicht mehr identifizieren. Dazu ist eine enorme Präzision in der Vorfertigung der BSH-Holzteile (Brettschichtholz) im Werk Voraussetzung. Nachhaltigkeit unterstreicht der Werkstoff Holz, weil er auch ohne Imprägnierungen resistent gegen die meisten chemischen Substanzen wie Säuren, Laugen

oder Salz ist. Ernest F. Enzelsberger

Die Zukunft des Bauens. Holz als Baustoff wird an Bedeutung gewinnen, so Christian Kaufmann. Wegbereiter. Kaufmann Bausysteme in Reuthe ist ein Pionier der Modulbauweise.

Die Geschichte hat Anteil am Erfolg

1952 gründete Josef Kaufmann einen Zimmereibetrieb 1958 wurden die ersten Holzleimbinder erzeugt 1972 trat Ing. Anton Kaufmann in das Unternehmen ein 1973 Eishalle Feldkirch mit 60 Meter Spannweiten 1979 erfolgte die Gründung der Kaufmann Holzbauwerk GmbH 1980 Rinter-Zelt in Wien mit 102 Meter langen BHS-Bindern 1996 Messehallen in Hannover mit tragenden Multi-Boxen bis 32 Meter Spannweite 1997 Ölz-Bündt Dornbirn – erstes mehrgeschoßiges Holzbausystem 1998 Sektkellerei Mezzocorona – architektonische Herausforderung durch ein auf CNC-Fertigung abgestimmtes System 2003 Kaufmann Bausysteme GmbH wird als eigenständiges Unternehmen aus dem Geschäftsbereich Bautechnik der Kaufmann Holz Gruppe von Anton Kaufmann gegründet 2008 Eintritt von Christian Kaufmann in die Geschäftsleitung 2008 Solon Berlin – Entwicklung und Ausführung einer „low-energyFassade 2009 BMW-Hotel Ammerwald – erstes Großprojekt in Modulbauweise 2013 Hochregallager Lorsch – größtes Hochregallager in Holz 2015 Europäische Schule in Frankfurt – erstmals mit offenen Raummodulen. 2016 Neubau der Messehallen 9 bis 12 in Dornbirn 2016 Kauf der Fertigungshallen für den Holzmodulbau in Kalwang 2017 „UDQ“ Hamburg, Studentenheim mit 371 Wohneinheiten in Modulbauweise 2018 Erweiterung des Standorts Kalwang

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