Bleiben Sie in Kontakt: Pride Biz Austria über LGBTQIA+ Diversität in
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Liebe Leser*innen,
unsere liberale Demokratie ist ein wichtiger Garant für eine offene und vielfältige Gesellschaft, in der alle Menschen die Möglichkeit haben, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es wollen. Gerade unser Rechtsstaat und die damit verbundenen Grund- und Menschenrechte ermöglichen dies und schützen jede einzelne Person vor willkürlichen Angriffen und Bedrohungen ihrer Lebensform.
Dr. in Anna Sporrer
Bundesministerin für Justiz
Der jährliche Pride Month bietet auch heuer wieder Gelegenheit, uns die positiven Entwicklungen für die LGBTQIA+ Community vor Augen zu führen. Gleichzeitig gilt es aber auch, auf bestehende gesellschaftliche Probleme und strukturelle Diskriminierungen dieser Community aufmerksam zu machen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Wir können uns glücklich schätzen, in Österreich bereits einige Meilensteine gegen die
Diskriminierung von LGBTQIA+ Personen erreicht zu haben, doch wir dürfen nicht au ören. Wenn sich die Gesellschaft zu mehr Freiheit, Gleichheit und Solidarität weiterentwickeln soll, bedeutet Stillstand einen Rückschritt. Der Justiz kommt bei der Verteidigung von LGBTQIA+ Rechten eine ganz besondere Rolle zu. Gerade die erschreckenden Beispiele organisierter Gewalt gegen homosexuelle Männer durch rechtsextreme Gruppierungen sind ein Alarmsignal, das wir nicht ignorieren dürfen. Ganz zentral
Sophie
für die Au lärung und Prävention von Hassverbrechen ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Justiz und Sicherheitsbehörden. Die Exekutive war auch Vorbild dafür, dass ich vor Kurzem die Staatsanwaltschaften und Gerichte per Erlass angewiesen habe, sogenannte „vorurteilsmotivierte Straftaten“ detailliert zu erfassen. Es wird in Zukunft also bei bestimmten Delikten wie Körperverletzungen, Drohungen, Sachbeschädigungen oder Ehrverletzungen festgehalten, ob als Motiv für die Tat eine Ablehnung von Personen unter anderem aufgrund ihrer sexuellen Orientierung vorliegt. Dadurch werden einerseits Staatsanwält:innen und Richter:innen für solche Vorurteile sensibilisiert, und andererseits können wir durch die genauere statistische Erfassung problematische
Tendenzen in der Gesellschaft früher erkennen und mit Präventionsmaßnahmen hier gezielter ansetzen. Damit sind wir im Kampf gegen Hassverbrechen einen entscheidenden Schritt weiter. Neben der juristischen Verfolgung von Hassverbrechen spielt auch die Durchsetzung von Grund- und Menschenrechten eine bedeutende Rolle. Ganz besonders ist eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zu erwähnen: Er ebnete bereits 2017 den Weg für die gleichgeschlechtliche Ehe maßgeblich. 2019 reihte sich Österreich dann in die Liste der Länder ein, die die Ehe für Alle per Gesetz eingeführt haben. Aktuell hat sich die Bundesregierung im Koalitionsabkommen auf einige konkrete Maßnahmen geeinigt, die dazu beitragen werden, das Leben von
LGBTQIA+ Personen nachhaltig zu verbessern und Diskriminierung Einhalt zu gebieten. Von großer Relevanz sind dabei das Verbot von Konversionstherapien bei homosexueller Orientierung und die Minimierung von bürokratischen Hürden bei der Eheschließung von gleichgeschlechtlichen Paaren.
Das Motto der diesjährigen Pride Parade in Wien „Unite in Pride“ steht für die zentrale Forderung nach einer offenen und vielfältigen Gesellschaft: Wenn wir gemeinsam zusammenstehen und für mehr Offenheit und Toleranz eintreten, setzen wir ein klares und sichtbares Zeichen für Anerkennung und Respekt und gegen Ausgrenzung und Hass.
Ich wünsche Ihnen und euch allen einen Happy Pride Month!
EXPERTISE
Respektvolle Kommunikation als Fundament sexueller Gesundheit
Dr.in Mirijam Hall, Vorsitzende der Aids Hilfe Wien, sieht sexuelle Gesundheit als Menschenrecht, nicht nur als medizinisches Thema. Angesichts steigender HIVNeudiagnosen und Neuansteckungen bei sexuell übertragbaren Infektionen (STI) wächst deshalb der Bedarf an Au lärung und Unterstützung. Wie die Aids Hilfe Wien auf diese Herausforderungen reagiert, lesen Sie im Gespräch.
Welche sexuell übertragbaren Erkrankungen muss man derzeit auf dem Schirm haben?
Die Zahl sexuell übertragbarer Infektionen (STI) steigt europaweit. Besonders relevant sind Syphilis, Gonorrhö und Chlamydien. HIV-Neuinfektionen sind dank Prävention rückläufig, dennoch bleibt HIV ein wichtiges Thema.
Wie bewerten Sie die aktuelle Situation hinsichtlich Au lärung über sexuelle Gesundheit in Österreich? Welchen Stellenwert sollte Sexualerziehung einnehmen?
Viele Jugendliche erhalten nur unvollständige oder verspätete Informationen, abhängig von Schule, Bundesland oder familiärem Umfeld. Themen wie sexuell übertragbare Erkrankungen, queere Lebensweisen oder moderne Präventionsmethoden werden oft vernachlässigt. Sexualerziehung sollte dementsprechend verpflichtend, altersgerecht, wissenschaftlich fundiert und inklusiv sein. Sie muss neben biologischem Wissen auch Konsens, Diversität, Schutzrechte und emotionale Kompetenzen vermitteln und Vorurteile abbauen und sollte von ausgebildeten Sexualpädagog*innen vermittelt werden.
Viele Menschen sprechen nie mit Ärzt*innen über sexuelle Gesundheit, wie eine Studie der
AIDS-Hilfen Österreichs zeigt. Was muss die Politik ändern?
Wie geht die Aids Hilfe Wien, besonders in Bezug auf queere Menschen, damit um?
Sexuelle Gesundheit muss zweifelsfrei Teil der Grundversorgung werden. Ärzt*innen brauchen bessere Aus- und Fortbildungen zu sexualmedizinischen Themen, auch zur Versorgung queerer Menschen. Die Aids Hilfe Wien setzt auf niederschwellige Beratungsund Testangebote, Sensibilisierungskampagnen und intensiven Community-Kontakt. Politisch fordern wir mehr queersensible Gesundheitsangebote.
Wie gelingt eine offene und selbstbestimmte Kommunikation über sexuelle Gesundheit in der Partner*innenschaft? Es geht darum, im Rahmen eines respektvollen Austauschs offen über Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen zu sprechen, in dem sich alle Partner*innen sicher und verstanden fühlen. Dabei sollten auch Gesundheitsstatus und Prävention ohne Scham angesprochen werden können. Eine solche Kommunikation ist von Vertrauen und einer positiven Haltung zu Sexualität geprägt und schafft Raum für ehrliche, unbeschwerte Gespräche.
Durch die HIV-PrEP, eine Tablette als Präventionsmaßnahme gegen HIV, steht ein weiteres
wichtiges Mittel zur Verfügung. Wie stehen Sie zu dieser Maßnahme?
Die PrEP ist ein sehr gutes Präventionsinstrument. Sie ist hochwirksam, sicher und ermöglicht vielen Menschen – vor allem in Risikogruppen – angstfreie Sexualität. Allerdings müssen der Zugang weiter erleichtert und die Kostenübernahme ausgeweitet werden. In Österreich wird die HIV-PrEP mittlerweile von allen Krankenkassen außer den KFAs rückerstattet, es fehlen aber leider oftmals noch das Wissen über diese Präventionsmaßnahme und ein leichter Zugang außerhalb der Hauptstädte.
Welche Auswirkungen haben die Kürzungen der US-Entwicklungshilfe auf HIV-Präventionsund Behandlungsprogramme weltweit?
Die Kürzungen gefährden internationale HIV-Programme, die für Au lärung, Diagnostik und Therapie in hochbetroffenen Ländern unerlässlich sind. Weniger finanzielle Mittel könnten zu mehr Neuinfektionen und AIDS-Todesfällen führen. Die WHO geht davon aus, dass es ca. 10 Millionen neue – vermeidbare – HIV-Infektionen und ca. 3 Millionen mehr AIDSTote geben wird. Es braucht daher vor allem internationale Solidarität und verstärktes nationales Engagement.
Entgeltliche
Text
Juliana Metyko
Dr. in Mirijam Hall Vorsitzende der Aids Hilfe Wien
EVENT-KALENDER
linzpride2025 unter dem Motto „strong together, proud forever“
Wann? Samstag, den 21. Juni 2025, zieht mit der linzpride wieder die größte Demonstration für die Rechte und Sichtbarkeit der LGBTIQ*-Community durch Linz. Das diesjährige Motto „Strong together, proud forever“ steht für den unerschütterlichen Zusammenhalt und das bleibende Selbstbewusstsein queerer Menschen in einer zunehmend feindlichen Gesellschaft.
12:00 – 14:00 warm up im Volksgarten
14:00 – 17:00 pride parade über Landstraße bis Hauptplatz und wieder retour zum Volksgarten
14:00 – 21:00 pride city am OK Platz und Innenhof U-Hof 21:00 – 04:00 pride night im OK Mediendeck
Weitere Informationen: www.linzpride.at
Entgeltliche Einschaltung
Que(e)r durch die Zeit - 20 Jahre Sichtbarkeit: 20 Jahre QBW – Queer Business Women*
Am 17. Oktober 2025 feiern wir 20 Jahre Sichtbarkeit, Solidarität und Vernetzung von lesbischen und queeren Frauen* in der Arbeitswelt. Seit 2005 haben wir viel bewegt – und bleiben dran an dem, was noch zu tun ist. Das ist ein Grund zu feiern! Freut Euch auf einen Galaabend voller Musik, Performances und inspirierender Gespräche. Wer dabei sein will, schreibt uns an netzwerk@qbw.at –bald folgen weitere Infos und die Möglichkeit zur Ticketbuchung. Mitfrauen* aufgepasst: Ihr bekommt exklusiv den ersten Slot für die Ticketbuchung.
Jetzt Mitfrau* werden – und Teil von etwas Größerem sein: Infos zur Mitfrauenschaft auch auf www.qbw.at
Zivilcourage zeigen! Ein Training der Human Rights Academy von Amnesty International Österreich.
Wann: Freitag, 27. Juni 2025, 15:00–20:00 Uhr
Wo: Amnesty International Österreich, Lerchenfelder Gürtel 43, 1160 Wien academy.amnesty.at
Marien Apotheke Wien – queerfreundliches Fachwissen auf Augenhöhe
Was bedeutet es für die Marien Apotheke, queerfreundlich zu sein? Wie zeigt sich das? ‚Queerfreundliche Apotheke‘ ist kein Etikett, das wir uns irgendwann gegeben haben. Unsere diverse Zielgruppe ist über 30 Jahre gewachsen. Menschlichkeit und Wertschätzung stehen immer im Mittelpunkt – ganz egal, wer uns gegenübersteht! In der Beratung zeigt sich das in offener, vorurteilsfreier Kommunikation und Diskretion. Wir sind mit der queeren Community und über diverse Kooperationen, z. B. mit der HOSI oder der Aids Hilfe Wien, verbunden.
Als wir in den 90ern begonnen haben, HIV-positive Menschen zu betreuen, war die Diskriminierung von Menschen mit HIV und allgemein von queeren Menschen im Gesundheitsbereich sehr
verbreitet. Auch heute machen leider viele diese Erfahrung. Es ist unerträglich, wenn Betroffene dadurch die Vorurteile verinnerlichen und sich selbst stigmatisieren. Wir möchten besonders jenen, die andernorts Diskriminierung erfahren, einen Safe Space bieten.
Welche Rolle spielen Sensibilität und Fachwissen im Umgang mit LGBTQIA+-Kund*innen, insbesondere bei Themen wie sexueller Gesundheit? Neben offener Kommunikation ist Fachwissen ein wichtiger Aspekt. Unser Team nimmt regelmäßig an Schulungen zu Themen der sexuellen Gesundheit teil. Wir sind auch in vielen Netzwerken vertreten, in denen sich Gesundheitspersonal regelmäßig über neue Entwicklungen austauscht. Das ist sehr wichtig – für uns und unsere Kund*innen.
Wie wichtig ist Queerkompetenz für eine diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung? Diskriminierungsfreie Gesundheitsversorgung ist viel mehr als das Wissen über das Vorhandensein verschiedener Geschlechtsidentitäten. Sie beinhaltet auch das Interesse an individuellen Bedürfnissen und die offene Kommunikation darüber. Erst kürzlich hat die Aids Hilfe Wien die Ergebnisse ihrer Befragung veröffentlicht, die zeigt, wie groß der Gesprächsbedarf zum Thema sexuelle Gesundheit ist. Leider wird dem in unserem Gesundheitssystem derzeit kaum entsprochen. Diese Themen müssen enttabuisiert werden und Beratung niederschwellig zugänglich sein.
Mirijam Hall
Vorsitzende der Aids
Mag. Pharm. Karin Simonitsch Konzessionärin
„Ihnen
geht es mehr darum, Hass zu verbreiten, als um mich konkret als queere Person“
@georgsgallery, queerer Creator und Podcast-Host, im Interview
Georg, inwiefern spielt deine Queerness in den Social Media eine Rolle?
Queerness ist ein Teil meines Lebens und damit auch meiner Identität, die ich online teile. Vor allem mit öffentlichem Profil spielt es für mich eine wichtige Rolle, mich auf meinem Account aktiv für Repräsentation und Sichtbarkeit einzusetzen. Mir hat es vor meinem
@georgsgallery Creator und Podcast-Host
eigenen Coming-out sehr geholfen, queere Menschen mit einem ‚normalen, glücklichen‘ Alltag zu sehen. Nun möchte ich derjenige sein, der das vorlebt.
Du bist Teil des Podcasts @ einergehtnoch, in dem es unter anderem um Dating geht. Wie kam es dazu? Denkst du, dass sich queeres Dating von hetero Dating unterscheidet?
Der Podcast ist aus einer spontanen Idee entstanden, da meine Freundin Lorena Andessner – mit der ich den Podcast aufnehme – und ich sehr frustriert über die damalige Dating-Welt waren. Wir wollten die Menschen einerseits mit unseren Dating-Fails unterhalten, und andererseits offen vermeintliche Tabuthemen ansprechen.
Wir unterhalten uns auch über Unterschiede im queeren Dating, ja, die es auf jeden Fall gibt: allein dadurch, dass queere Menschen in einer Gesellschaft aufwachsen, in der ihre Form der Liebe und Sexualität keine Norm ist. Sich in diesem Setting selbst zu finden, sich mit der eigenen Sexualität sicher zu fühlen – oft ohne Vorbilder und allein gelassen – das prägt natürlich auch erste Dating-Erfahrungen.
Wie gehst du mit Kritik und Hate um? Was hilft dir, dich abzugrenzen? Und was kannst du anderen queeren Personen mitgeben, um mit Anfeindungen besser umzugehen?
Von meinen eigenen Follower:innen erfahre ich glücklicherweise keinen Hate, der sich auf meine Sexualität bezieht; im Pride Month sieht die Sache generell immer anders aus. Dieser Monat der Vielfalt scheint in einigen
Menschen immer noch extrem viel Hass auszulösen. Das ist für mich eine Bestätigung, wie wichtig der Pride Month nach wie vor ist – und eher ein Ansporn als eine Einschüchterung.
Ich habe über die Jahre gelernt, den Hass gut wegzustecken, persönlich trifft er mich nicht mehr. Ich lasse mich auch auf keine Diskussionen mehr ein, sondern blockiere Accounts, die mit Hate kommentieren. Das empfehle ich allen. Eine Diskussion im Internet kann man nicht mit einem OfflineGespräch vergleichen. Da geht es nicht um Austausch, sondern um reine Angriffe, oft geschützt durch die Anonymität. Der Gedanke hilft mir auch, diese Kommentare nicht zu persönlich zu nehmen. Ich glaube nicht, dass mich die Menschen, die mir beispielsweise Morddrohungen schicken, am nächsten Tag auf der Straße erkennen würden. Ihnen geht es mehr darum, Hass zu verbreiten, als um mich konkret als queere Person. Dieser Gedanke ist auch alles andere als schön – aber er hilft mir bei der Abgrenzung. Leid tut es mir vor allem für queere Menschen, die solche Kommentare lesen müssen – auf Accounts wie meinem, die für sie eigentlich Safe Spaces sein sollten.
Was braucht es für eine offene, vielfältige Welt? Worauf sollten wir dabei verzichten?
Ich glaube, gerade in den heutigen politischen Zeiten ist es sehr wichtig, Stellung zu beziehen. Das beginnt schon bei den kleinen Dingen: im eigenen Umfeld auf homophobe Aussagen aufmerksam zu machen, zur Pride zu gehen, sichtbar zu sein. Ich verstehe, dass der Rechtsruck enorm einschüchternd sein kann, vor allem, wenn man sich nicht in einer derart liberalen Bubble bewegt, wie ich das tue. Genau für diese Menschen sehe ich es in unserer Verantwortung, Awareness zu schaffen, sichtbar zu sein und Safe Spaces zu erweitern.
Verzichten sollten wir meiner Meinung nach darauf, diese Aufgaben nur der aktiven, involvierten Community zu überlassen – einfach nicht ‚dagegen‘ zu sein, reicht nicht. Die Verantwortung liegt bei der ganzen Gesellschaft.
Folge Georg auf Instagram: @georgsgallery
@schwesta_ebra über eine offene Welt –
online und offline
Ebru, du erreichst mit deiner Musik und Online-Präsenz tausende Menschen. Ab wann hast du deine Gesellschaftskritik öffentlich geteilt?
Als ich zum Studieren nach Wien zog, kam ich das erste Mal mit Demonstrationen in Berührung. Das „Gemeinsam für eine Sache stehen“-Gefühl riss mich sofort mit. In den sozialen Medien begann ich, meine Meinung zum Wahlrecht kundzutun, weil etliche davon ausgeschlossen sind. Der Gegenwind hat mich befeuert, weiterzumachen: Ich bin genauso betroffen, deshalb habe ich mich angegriffen gefühlt.
Wie thematisierst du Queerness, Offenheit und Vielfalt auf deinem Account?
Bei jeglichem Content stehen Kreativität und Humor im Vordergrund. Das ist Selbstschutz und Coping-Mechanismus. Außerdem können die teils schwierigen Themen so am besten zugänglich gemacht werden. Ich zeige meine Beziehung öffentlich, spreche Missstände an,
erzähle von meinen Erfahrungen, aber widerspreche auch gern Klischees oder mache mich über sie lustig.
Wie gehst du mit Kritik und Hate um? Was rätst du anderen (queeren) Personen?
Ich bin sehr offen für Kritik. Hate hingegen ist etwas ganz anderes. Es kommt immer auf das Geschriebene/Gesagte und meine Tagesverfassung an. Mich triggern mittlerweile nicht mehr viele Dinge, weil es zu 80 % dieselben Beleidigungen, Drohungen oder belanglosen Inhalte sind. Das heißt aber nicht, dass das okay ist. Nur, weil wir gesamtgesellschaftlich abstumpfen, ist das Gesagte nicht weniger schlimm und besorgniserregend. Vereine wie Zara Zivilcourage unterstützen bei rechtlichen Schritten gegen Hass im Netz. Man sollte damit nicht allein gelassen werden. Es hilft auch, Kommentare nicht zu lesen. Generell wünsche ich mir mehr Zivilcourage und Eingreifen der Plattformen.
Was braucht es für eine offene, vielfältige Welt?
Wir müssen endlich verstehen, dass niemandem etwas weggenommen wird, wenn bestimmte Gruppen mehr Rechte erlangen. Ich besuche mit der Beratungsstelle Extremismus Schulen und spreche über dieselben Themen wie online. Dadurch habe ich viel gelernt, z. B., dass Hass und Ablehnung oft auf Unwissenheit/ Falschinformationen beruhen; und dass Dialog toll ist, um voneinander zu lernen, Vorurteile abzubauen und zu wachsen. Die Kids stimmen mich angesichts der internationalen Rückschritte optimistischer. Social Media verleitet dazu, Emotionen sehr schnell ungefiltert rauszulassen – auf Kosten von Individuen. Das kann Betroffene noch wochenlang beschäftigen. Wir vereinsamen und flüchten uns in Individualismus, was grundsätzlich nicht schlimm ist. Doch die Art und Geschwindigkeit finde ich nicht gut. Wichtig ist wieder aufmerksamer zu sein, füreinander, miteinander.
VIKTOR, WARUM HAST DU ANGST VORM
REGENBOGEN? Die Pride ist eine friedliche Demonstration für Gleichheit, Würde und Gerechtigkeit!
Instagram: schwesta_ebra/ Tiktok: @schwesta_ebra
Ebru Musikerin und Creatorin
Liebe ist niemals normal –Thomas Brezina über Vielfalt, Queerness und sein neues Buch
Thomas Brezina hat Kinder mit seinen Geschichten über Generationen geprägt. Seine eigene Jugend war aufgrund seiner sexuellen Orientierung nicht immer einfach. Im Interview erzählt der Autor, wie wichtig deshalb die Repräsentation queerer Lebensentwürfe schon in Kinderbüchern ist.
Ihr neuer Roman "Liebe ist niemals normal" beschäftigt sich mit queerer Identität. Welche Farben Ihrer eigenen Geschichte spiegeln sich darin wider?
Beim Schreiben sind Emotionen aus der Zeit hochgestiegen, in der ich festgestellt habe, dass ich "anders" bin. Für mich war es selbstverständlich, für andere nicht. Vor allem in der Schule bin ich deshalb ziemlich verletzt worden. Das Thema Dating kam nach einer langen Beziehung auf, als ich bereits Ende 40 war. Es stellte eine
Herausforderung mit Erfahrungen dar, die von skurril über berührend bis beängstigend reichten.
Sie stehen heute offen zu Ihrer Liebe. Wie war das in Ihrer Jugend?
In den 80er Jahren war einiges anders als heute. In meiner Familie war ich offen, in der Schule nicht. Dort bin ich von einem Klassenkollegen sehr peinlich vor allen bloßgestellt worden. Es hat gedauert, bis ich nach der Matura zu 100 % zu mir stehen und lieben konnte, wen
ich will und wie ich es empfinde.
Als Person des öffentlichen Lebens, die Kinder über Generationen geprägt hat: Wie wichtig ist es aus Ihrer Sicht, dass die Themen Vielfalt und queeres Leben schon in Kinderbüchern sichtbar sind?
Kinder erleben heute, dass ein anderes Kind zwei Väter oder zwei Mütter hat. Das kann auch in Kinderbüchern so dargestellt werden. Ich finde, dass eine selbstverständliche Präsentation ein guter Weg ist.
Wenn Kinder dazu Fragen haben, sehe ich es als Aufgabe von Eltern und Schule unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des fragenden Kindes darauf einzugehen.
Haben Sie den Eindruck, dass unsere Gesellschaft in den letzten Jahren bunter geworden ist? Oder verblassen manche Farben wieder?
Mein Eindruck ist, dass Diversität Stück für Stück selbstverständlicher wird. Es ist aber noch ein weiter Weg zu gehen. Gleichzeitig stelle ich jedoch fest, dass Homophobie, z. B. in Kommentaren auf Social Media, mehr wird. Das war einer der Gründe für mich, "Liebe ist niemals normal" zu schreiben.
Wenn Sie die Zukunft malen könnten, wie sähe Ihre Vision einer wirklich inklusiven, farbenfrohen Gesellschaft aus?
In dieser Vorstellung ist es für niemanden mehr eine Besonderheit oder ein ‚Thema‘ queer zu sein. Es ist eine Selbstverständlichkeit.
KURZINFO ZUM BUCH LIEBE IST NIEMALS NORMAL:
Julian hat seiner stockkonservativen Familie angekündigt, zu seinem 22. Geburtstag den „Mann an seiner Seite“ zu präsentieren. Seine Mutter wird dann endlich nicht mehr nach seinem „Boyfriend“ fragen und sein Vater vielleicht mit Julians Sexualität klarkommen. Das Problem: Julian muss den Mann an seiner Seite erst noch finden. Als seine beste Freundin Antonia ihn auf zahlreichen Datingplattformen anmeldet, erlebt er eine Peinlichkeit nach der anderen. Bis er eine E-Mail von Tarek bekommt, der Julian besser zu verstehen scheint als irgendjemand sonst. Gemeinsam mit Antonia, die selbst in ihrer polyamourösen Beziehung hin- und hergerissen ist, möchte er Ordnung in sein Gefühlschaos bringen. Doch dann taucht Erik in ihrer WG auf, der seine Miete in bar bezahlt, kaum über sich spricht und immer wieder spurlos verschwindet. Und genau dieser Erik erweckt in Julian ein Gefühl, das er noch nie zuvor verspürt hat … Ein humorvoller, kurzweiliger und feinsinniger Roman über die vielen Formen und Farben der Liebe.
Liebe macht keinen Unterschied.
Wir auch nicht.
Geschichten so bunt wie das Leben.
Scannen und Buchtipps zum Pride Month von Thomas Brezina entdecken.
EXPERTISE
Regenbogen? Keine Angst! LGBTQIA+ Diversität in KMU – 5 Tipps
Diversity Management, vor allem in Bezug auf LGBTQIA+ und Geschlechtervielfalt, kann für KMU herausfordernd sein. Oft fehlen Ressourcen, Wissen oder ein konkreter Anlass. Gerade für diese Unternehmen ist die erfolgreiche Suche, Bindung und hohe Zufriedenheit des Personals aber entscheidend. Die wirtschaftliche Lage fordert mehr denn je eine aktive Positionierung. Die Angst vor Fettnäpfchen und die Vermutung, das Thema sei Privatsache, hemmen jedoch viele Unternehmen. Hier sind fünf Schritte, um den Einstieg zu erleichtern:
Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung im Unternehmen KMU sollten zunächst intern für das Thema sensibilisieren. Dies kann durch Schulungen, Workshops oder interne Gespräche geschehen. Eine gute Möglichkeit ist die Einladung von externen Expert*innen oder Organisationen wie Pride Biz Austria und Charta der Vielfalt. Auch das Teilen von Erfahrungsberichten von LGBTQIA+ Personen aus der eigenen Branche hilft, das Thema grei arer zu machen. 5 – 15 % der Weltbevölkerung sind homosexuell, d. h., in jedem Unternehmen im Schnitt 10 %. Doch wie viele Personen aus der LGBTQIA+ Community sind tatsächlich geoutet im Job?
Mag.a Astrid G. WeinwurmWilhelm, MSc Vizepräsidentin Pride Biz Austria
3.
Ansprechpersonen und Unterstützung etablieren
KMU können Vertrauenspersonen/ein kleines Team für Fragen zu LGBTQIA+ bilden. In kleinen Unternehmen kann dies die Geschäftsführung, jemand aus dem Betriebsrat oder eine Person aus dem Team übernehmen. Gibt es keine internen Ressourcen, helfen MentoringAngebote oder Kooperationen mit LGBTQIA+ Netzwerken/NGOs.
2.
Klare Werte kommunizieren & Verbindlichkeit schaffen Ein niederschwelliger, aber effektiver Schritt ist die formale Verankerung von Diversität als Unternehmenswert. Das kann eine kurze Selbstverpflichtung oder ein Diversity-Statement sein. Dies signalisiert nicht nur Offenheit nach außen, sondern setzt auch intern ein Zeichen: Diskriminierung hat bei uns keinen Platz. Wir wollen allen Mitarbeiter*innen ermöglichen, ihr gesamtes Potenzial in ihre Arbeitsleistung einzubringen. Authentisch gelebte Werte stärken die Organisationskultur und schaffen Safe Spaces für LGBTQIA+ Personen. Wer möchte, kann sich der Charta der Vielfalt oder anderen Netzwerken anschließen, um sich mit Unternehmen auszutauschen.
Entgeltliche
Inklusive Sprache und HR-Prozesse anpassen Bereits kleine Änderungen in der Sprache und in den HR-Prozessen können viel bewirken.
Dazu gehört etwa die gendersensible Formulierung von Stellenausschreibungen, die Möglichkeit, diverse Geschlechtsidentitäten in Formularen zu berücksichtigen oder das Sensibilisieren von Führungskräften im Umgang mit Outing-Situationen. Durch diese Maßnahmen wird LGBTQIA+ Personen ermöglicht, sich authentisch im Unternehmen einzubringen.
Sichtbarkeit & Engagement zeigen LGBTQIA+ Diversität sollte auch nach außen sichtbar werden. KMU können ihre Unterstützung zeigen, indem sie bei Pride-Veranstaltungen mitmachen, ein Regenbogenlogo während des Pride Months nutzen oder queere Organisationen sponsern. Noch wirksamer ist die gezielte Einbindung von LGBTQIA+ Mitarbeiter*innen – etwa durch interne Role Models oder die Ermutigung, sich in Netzwerken zu engagieren.
Achtung Pinkwashing: Wer ausschließlich im Regenbogenmonat Juni aktiv ist, verliert an Glaubwürdigkeit. Nachhaltige und verantwortungsvolle Diversität bedeutet Engagement an 365 Tagen im Jahr.
Entgeltliche Einschaltung
Vielfalt als Vorbild
PRIDE BIZ AUSTRIA AUSZEICHNUNG "MERITUS"
Pride Biz Austria verleiht die Auszeichnung Meritus . Für Inspiration zur Umsetzung von LGBTQIA+ Diversität in Organisationen werfen Sie einen Blick auf den Meritus Kriterienkatalog, den Sie als Leitfaden zur Umsetzung nutzen können:
Unsere Mitarbeiter*innen sind unterschiedlich. Das macht unsere Arbeit abwechslungsreich und bunt. SOS-Kinderdorf ist es ein großes Anliegen, ein sicheres und vertrauensvolles Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem Mitarbeiter*innen ganz sie selbst sein können – nicht zuletzt auch, um als Vorbild für die Kinder und Jugendlichen zu fungieren.
Unsere Kollegin Alex, die in einer Wohngruppe für jugendliche Burschen arbeitet, findet es wichtig, dass Unternehmen sich mit LGBTQIA+ Rechten am Arbeitsplatz auseinandersetzen: „Arbeitgeber*innen sollten auf gendergerechte Sprache achten, die Privatsphäre queerer Personen schützen und Au lärung betreiben.“ Im WG-Alltag erlebt Alex leider immer wieder, dass unter
anderem das Thema Homosexualität mit Vorurteilen behaftet ist. Viele Jugendliche stammen aus einem Umfeld, in dem es an Au lärung mangelt und Termini wie „schwul“ unreflektiert als Schimpfwort verwendet werden. Umso wichtiger sind unsere pädagogische Arbeit und die Sensibilisierung für (Gender-)Vielfalt und sexuelle Orientierungen.
Für Alex sind der Rückhalt im Unternehmen und der offene
Austausch mit ihrem Team von großer Bedeutung – das gibt ihr Sicherheit. „Ich habe das Gefühl, dass mein Arbeitgeber für meine Rechte als queere Person einsteht und an meiner Seite für mehr Gleichberechtigung und Sichtbarkeit kämpft“, fasst Alex zusammen. Bei SOS-Kinderdorf wird Vielfalt gelebt: Wir heißen alle Menschen willkommen, unabhängig von ihren individuellen Merkmalen.
Erfahren Sie mehr unter: sos-kinderdorf.at/ mitarbeiten
Dr. Alexander Zoufaly Präsident der Österreichischen AIDS Gesellschaft
Mag. Birgit Leichsenring Mikrobiologin Schwerpunkt HIV
HIV-Therapie im Wandel der Zeit: Die Medizin geht auf hohem Niveau in die Zukunft
Seit Bekanntwerden von HIV/AIDS Anfang der 80er Jahre hat sich viel verändert. Vor allem die Entwicklung der Therapie ist eine Erfolgsgeschichte: Sie hat HIV von einer tödlichen in eine gut behandelbare chronische Infektion mit hoher Lebenserwartung gewandelt. Und die Medizin bleibt weiterhin innovativ und geht auf hohem Niveau in die Zukunft.
Weltweit leben etwa 40 Mio. Menschen mit HIV, darunter 21,2 Mio. Mädchen und Frauen und 1,4 Mio. Kinder. Fast jede 4. Person hat keinen Zugang zu lebensrettenden Medikamenten, weshalb allein im Jahr 2024 630.000 Menschen in Folge einer HIV-Infektion verstarben.
Dabei hat die HIV-Therapie das Blatt auf medizinischer Ebene längst gewendet: Moderne Therapien ermöglichen Menschen mit HIV eine hohe Lebenserwartung mit guter Gesundheit und voller Lebensperspektiven. Zusätzlich ist seit Jahren bekannt, dass unter effektiver Therapie sexuelle Übertragungen nicht möglich sind. Somit haben HIV-Medikamente enorme Erfolge erreicht.
Der Wiener Infektiologe, HIVMediziner und Präsident der Österreichischen AIDS Gesellschaft Dr. Alexander Zoufaly geht den Fragen nach, ob es in Anbetracht bisheriger Erfolge noch medizinischer Weiterentwicklung bedarf und was die Zukunft bringen könnte.
Herr Dr. Zoufaly, wo stehen wir bei der Behandlung von HIV momentan? Haben wir aus medizinischer Sicht das Ziel erreicht?
Die Therapie ermöglicht heute den allermeisten Menschen mit HIV ein gesundes und weitgehend unbeschwertes, langes Leben. Große Meilensteine wurden erreicht
– weg von Einzelsubstanzen mit massiven Nebenwirkungen, hin zu exzellent wirksamen und gut verträglichen Kombinationstherapien. Doch die Reise ist noch nicht zu Ende, und eine Weiterentwicklung ist aus meiner Sicht unbedingt notwendig.
In welche Richtung entwickelt sich die HIV-Therapie derzeit? Der Trend ist eindeutig das LongActing-Konzept, also Medikamente, die über einen langen Zeitraum wirken. Der momentane Standard in der HIV-Therapie ist eine tägliche Tablette. Long-Acting ist dagegen alles, was seltener anzuwenden ist, sei es einmal pro Woche, alle zwei oder sechs Monate oder sogar noch seltener. Hier gibt es aktuell sehr vielversprechende Entwicklungen.
Warum besteht dieser Entwicklungsbedarf?
Hier möchte ich zwei Gründe nennen: Zum einen ist es eine lebenslange Therapie. Das allein ist eine enorme Herausforderung für die Menschen. Und möglicherweise treten nach jahrzehntelanger Einnahme oder mit steigendem Lebensalter und altersbedingten anderen Erkrankungen Probleme auf, die wir heute noch nicht kennen. Dann benötigen wir neue Optionen.
Andererseits darf ich erinnern, dass tägliche Tabletten nicht für
alle Menschen leicht umzusetzen sind. Das hat sehr unterschiedliche Gründe, etwa bei Schichtarbeit oder häufigem Wechsel von Zeitzonen – oder wenn HIV-Status und Therapie geheim gehalten werden müssen; oder für Menschen, die sich in Situationen oder Regionen befinden, in denen eine medizinische Versorgung nicht jederzeit verfügbar ist.
Forschung hilft also auch dem Therapiealltag?
Absolut. Und das ist essenziell, denn eine effektive durchgehende Therapie ist die Basis für eine gute Gesundheitsprognose und verhindert Übertragungen. Es ist unglaublich, was die Medizin heute ermöglicht. Unsere Aufgabe ist es, die Zukunft damit zu gestalten.
Wie könnte diese Zukunft aussehen?
Wir wissen, dass auch dank moderner HIV-Medikamente ein Ende der HIV-Epidemie zum Greifen nahe wäre, hätten weltweit mehr Menschen die Chance auf Schutzmöglichkeiten, Test, Therapie und adäquaten Zugang zu Gesundheitsstrukturen. Dafür benötigt es jedoch unter anderem einen diskriminierungsfreien Umgang mit dem Thema und den Menschen mit HIV. Hier stößt die Medizin trotz ihres hohen Niveaus leider an ihre Grenzen.
„Social Media ist kein straffreier Raum“
Creatorin Julia (@trinksaufmich) über Queerness und Hassrede im Netz
Julia, du erreichst online tausende Menschen. Wie wichtig ist deine Queerness dabei?
Meine Queerness spielt auf Social Media eine große Rolle. Sie macht mich aus. Meine Sexualität ist ein großer Teil von mir, und es ist mir sehr wichtig, sie zu zeigen. Sichtbarkeit ist unfassbar bedeutend, weil sie dazu beiträgt, dass wir etwas als ‚normal‘ empfinden. Außerdem sehen nicht geoutete queere Menschen, dass sie sich nicht dafür schämen müssen, wer sie sind oder wen sie lieben.
Du teilst auf Social Media deine Beziehung und Liebe – Welche Reaktionen erhältst du?
Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich: Meine Follower*innen sind große Fans von meiner
Partnerin und mir und feiern unseren Content. Nicht-Follower*innen sind oft weniger begeistert. Sehr häufig bezeichnen uns Menschen als krank oder beleidigen uns. Sie schreiben, sie wünschten sich den Holocaust zurück, weil es uns dann nicht geben würde; oder senden uns Morddrohungen.
Wie gehst du damit um? Was hilft dir, dich abzugrenzen? Welche Tipps hast du für andere queere Personen?
Sachliche Kritik ist angebracht und sehr wichtig, nur so können wir lernen und wachsen. Hate und Bedrohungen können strafrechtlich relevant sein und werden von mir angezeigt. Andere queere Personen sollten bei Hatespeech auf Social Media ebenfalls rechtliche Schritte
einleiten: Das Internet ist kein straffreier Raum! Wichtig ist auch das Bewusstsein, dass online viele nur provozieren wollen. Daher hilft es, das Handy wegzulegen und sich ein sicheres, queerfreundliches Umfeld zu schaffen.
Was braucht es für eine offene, vielfältige Welt? Es braucht Inklusion und Sichtbarkeit. Gerade im Pride Month wollen viele Brands zeigen, wie divers und weltoffen sie sind. Meistens wird dann aber mit normschönen, weißen schwulen Männern geworben. Mir fehlen die schwarzen Frauen; die trans Männer und trans Frauen; dicke, behinderte Lesben. Dies würde zu einer wirklich vielfältigen Welt beitragen.
Creatorin Julia teilt mit über 30.000 Follower*innen ihr (Liebes-) Leben und Erfahrungen als queere Person
Folge Julia auf Instagram unter: @trinksaufmich
Michi Buchinger. Influencer, Kabarettist und Autor
Michi Buchinger über seinen Weg der Queerness
Influencer, Comedian und Autor Michael „Michi“ Buchinger (32) spricht im Interview über Vergangenes und Gegenwärtiges. Er teilt Meilensteine und Hürden seines Lebens, in dem er seine Homosexualität heute präsentieren kann, wie es ihm gefällt – beruflich und privat, mit Humor und Stolz.
Wann war Ihnen klar, dass Sie schwul sind?
Ich wusste mit 15 Jahren, dass ich schwul bin – und das war für mich selbstverständlich. Viele Gedanken und Vorlieben sprachen lange vorher dafür. Ich sah in US-Serien damals erste homosexuelle Rollen und dachte mir: ‚Die zeigen diese sexuelle Orientierung so offen – da kann ich nicht falsch liegen.‘
Gab es ein Coming-out? Ich habe es ein bisschen überstürzt meiner Mama gesagt. Rückblickend kann ich das Auto als Coming-out-Location empfehlen, wobei ich mir des Unfallrisikos bewusst bin. Nach meinem ‚Mama, ich bin schwul‘ schaute sie weiter auf die Straße – ich auch. Es war alles gesagt. Als ich Monate später meinen Vater informierte, reagierte er offen: ‚Du weißt, wir lieben dich.‘
Zugleich sagte er aber auch, dass das ‚ja niemand wissen müsste‘. Er dachte, es wäre eine vorübergehende Phase. Da meine Eltern auch meinten, ich hätte die Idee, schwul zu sein, aus dem Internet, hinterfragten sie, was ich online machte. Außerdem rieten sie mir dazu, eine Therapie zu machen, um über das Outing zu sprechen. Das lehnte ich jedoch überraschend selbstbewusst ab.
Psychotherapeutische Begleitung in herausfordernden Situationen finden
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Es war nicht nur eine Phase …
Meine Eltern merkten schließlich, dass ich es ernst meinte. Ich ging mit 18 für das Studium nach Wien und hatte einen sehr queeren Freundeskreis. Mit 21 lernte ich den Mann kennen, mit dem ich bis heute zusammen bin. Wir sind ein Paar wie jedes andere, stehen vor den klassischen Hürden. Unsere mitunter langweilige Alltäglichkeit trug sicher dazu bei, dass insbesondere mein Vater verstand, dass ich ‚so bleibe‘.
Wie schafften Sie es, sich später auf YouTube der ganzen Welt zu zeigen?
Ich war in einer katholischen Privatschule und sehr schüchtern. Wegen meines Aussehens und meiner Persönlichkeit wurde ich jeden Tag gemobbt. Mein Selbstbewusstsein litt darunter. Doch ich entdeckte früh, dass Humor hilft. Ich nutzte ihn gegen Anfeindungen und Beleidigungen. Mein Witz sorgte für Lacher, brachte mir Sympathien ein. Ich wurde ernst genommen und staunte, dass das
so gut funktionierte.
An die Welt als Publikum dachte ich bei meinen ersten Videos gar nicht. Ich drehte sie für meinen besten Freund und meine beste Freundin. YouTube war für mich ein Speicherort, eine Deponie für meine Daten. Ich haute raus, was ich zu sagen hatte. Ungefiltert. Wenn ein Video 300 Klicks hatte, fand ich das toll. Zugleich fragte ich mich, wer die Menschen sind, die da klickten. Erst als ich im Park von mir völlig Fremden umarmt und geküsst wurde, wurde mir klar, wie sehr öffentlich ich bin.
Wo stehen Sie heute?
Privat bin ich, wo ich sein möchte. Beruflich bin ich weit gekommen, darauf bin ich stolz. Ich habe viele Steine aus dem Weg geräumt. Doch ich bin voller Ideen, die ich verwirklichen möchte: Eine TV-Serie mit homosexuellen Protagonisten ... da sehe ich mich.
Macht Ihnen der globale Rechtsruck Sorgen?
Ich lasse mich davon nicht
bremsen, bin motivierten denn je, stelle mich wieder lauter, bunter und schriller queer. In meinem Wien fühle ich mich sicher. Aber: Im Internet wird das Klima rauer. Queere Inhalte werden unsichtbarer. Ich bin froh, dass sich in meiner Bubble immer sofort Stimmen melden, die klare Kante gegen Hasskommentare unter meinen Beiträgen zeigen.
Ist auf die queere Community Verlass?
Wir haben wichtige Rechte erkämpft, zeigen uns. Mir wärmt’s das Herz, zu erleben, wie schnell wir Ziele umsetzen. Aber auch in der queeren Community gibt es Ausgrenzung, die den Zusammenhalt schwächt: Gedatet wird oft mit einer stereotypen Idee davon, wie ein Schwuler auszusehen hat.
Abweichungen werden ausgegrenzt, Stichwort ‚Fat-Phobie‘. Diese Intoleranz widerspricht der Toleranz, die wir von anderen erwarten.
Jetzt ist die Zeit, laut zu sein. Sichtbar zu sein. Farbe zu bekennen.