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Das große Interview
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------Seit dem Jahr 2018 ist Martin Gruber Kärntner Landesrat. In seine Ressorts fallen unter anderem auch die Land- und Forstwirtschaft, ländliche Entwicklung und Jagd. Vieles wurde in dieser Zeit erreicht und bewegt. Kurz vor der bevorstehenden Landtagswahl haben wir uns mit ihm zu einem Interview getroffen, um Bilanz zu ziehen.
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Ihre bisherigen vier Jahre als Agrarlandesrat fielen in sehr herausfordernde Zeiten. Wie fällt eine kurze Zwischenbilanz Ihrer bisherigen Amtszeit aus?
Als ich vor gut vier Jahren meine Funktion als Agrarlandesrat angetreten habe, war mir bewusst, dass es sehr herausfordernd wird. Es konnte aber niemand ahnen, dass eine Pandemie, schwere Unwetterkatastrophen oder ein Krieg in Europa unseren Alltag dermaßen verändern würden. Daneben mussten die Verhandlungen für die neue Gemeinsame Agrarpolitik abgeschlossen werden, es ging vielfach darum, die Interessen unserer Bäuerinnen und Bauern z.B. gegenüber dem Naturschutz oder der Freizeitwirtschaft zu verteidigen sowie die Wettbewerbsfähigkeit unserer landwirtschaftlichen Produktion zu sichern. Es gab also sehr viele Herausforderungen, die wir in Summe aber sehr gut bewältigen konnten.
Sie haben Regionalität oft als „unser Sicherheitsnetz in Krisen“ bezeichnet. Haben Krieg, Energiekrise und Corona das Bewusstsein der Menschen verändert?
Aus meiner Sicht ja. Ich habe sehr viel Kontakt mit Bäuerinnen und Bauern, Genossenschaften, verarbeitenden Betrieben. Alle berichten, dass sich in den letzten Jahren das Bewusstsein der Menschen in Bezug auf Regionalität und die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe nachhaltig verändert hat. Das ist ein positiver Ausfluss all dieser Krisen – und gleichzeitig eine riesige Chance, die wir nützen müssen.
Der Stellenwert regionaler Lebensmittel hat sich also erhöht?
Ja, eindeutig. Und ich hoffe, dass das so bleibt. Wertschätzung und Wertschöpfung liegen für die Landwirtschaft nahe beieinander.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Kärntner Land- und Forstwirtschaft? Welche Perspektiven gibt es?
Ich bin davon überzeugt, dass die Art und Weise, wie wir in Kärnten Land- und Forstwirtschaft betreiben, Zukunft hat. Kleinstrukturierte Familienbetriebe, statt Agrarindustrie. Unsere

Betriebe sind gut aufgestellt, wir haben top ausgebildete, engagierte Betriebsführer und eine Jugend, die motiviert ist, Land- und Forstwirtschaft zu betreiben. Das Beratungs- und Bildungsangebot ist sehr hoch und mit der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik haben wir für Kontinuität und Stabilität gesorgt. Perspektiven gibt es da meiner Meinung nach in allen Bereichen, nicht nur in der Diversifizierung, sondern auch in der tierischen und pflanzlichen Produktion. Ich möchte Mut machen, diese Chancen zu nutzen, und die Rahmenbedingungen schaffen, diese Entwicklung voranzutreiben.

Sie sind auch für den ländlichen Raum zuständig. Kann man der Abwanderung irgendwie entgegenwirken?

Das ist sicher eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte. Aber das Problem ist jahrelang nur bedauert worden. Ich habe das Thema angepackt und mit dem „Masterplan Ländlicher Raum“ erstmals in Kärnten einen klaren Handlungsplan zur Stärkung der Regionen vorgelegt. Kernstück sind Regionalstrategien, die dazu beitragen sollen, den Ländlichen Raum zu einem „Chancenraum“ zu entwickeln, in dem die Bevölkerung Perspektiven vorfindet. Ganz entscheidend sind sicherlich moderne, gut funktionierende Strukturen und Infrastruktur vor Ort, von den Straßen und dem öffentlichen Verkehr bis hin zur Kinderbetreuung und Angeboten für Familien. Aber auch die regionale Lebensmittel- und Holzproduktion ist eine große Chance in Kärnten, um Arbeitsplätze am Land zu halten. Welche Rolle hat der Maschinenring in diesem Szenario und wie wichtig sind agrarische Kooperationen?
Agrarische Kooperationen sind sehr sinnvoll, weil Stärken gebündelt und Synergien genutzt werden. Gerade der Maschinenring zeigt ja mittlerweile seit Jahrzehnten vor, dass dabei Win-Win-Situationen entstehen. Denn kompetente Arbeitskräfte und Dienstleistungen werden immer begehrt sein. Andererseits wird zusätzliches Einkommen für unsere Landwirte lukriert, was unseren Betrieben hilft. Ich bin daher davon überzeugt, dass der Maschinenring auch künftig eine bedeutende Rolle in den ländlichen Regionen spielen und ein verlässlicher Partner für unsere Landwirte sein wird.
Martin Gruber
Fortsetzung auf der nächsten Seite!

Arbeiten gemeinsam daran, die Kärntner Landwirtschaft zu stärken und den ländlichen Raum als Lebensort für nachfolgende Generationen zu erhalten: Maschinenring-Landesobmann Georg Scheiflinger, Agrarlandesrat Martin Gruber und Landwirtschaftskammerpräsident Siegfried Huber.
Gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer und dem Maschinenring wurde kürzlich der neue mobile Geflügelschlachtanhänger präsentiert. Wie wichtig sind neue Geschäftsmodelle Ihrer Meinung nach für unsere heimische Landwirtschaft?
Sich weiterentwickeln, neue Geschäftsfelder suchen, Nischen finden, Chancen wahrnehmen, das sind Voraussetzungen dafür, dass unsere Landwirtschaft wettbewerbsfähig bleibt. Gerade der Maschinenring hat seit seinem Bestehen bewiesen, dass er sich weiterentwickeln und seine Geschäftsfelder anpassen kann. Besonders freut es mich, dass er mit der Gründung des Agrarinnovationszentrums in Klagenfurt seine Verantwortung wahrgenommen und einen Raum für Innovationen geschaf fen hat. Für mich als Agrarreferent ist es selbstverständlich, solche Projekte zu unterstützen, die Zukunftspotential haben, daher habe ich auch bei der Realisierung des mobilen Geflügelschlachtanhängers mitgeholfen.
Ein Wort zum Thema Wolf? Meine Haltung dazu ist bekannt, ich lasse mich da nicht verbiegen: Der Wolf hat keinen Platz in unserer von Bauern gepflegten Kulturlandschaft, und der von NGOs geforderte Herdenschutz ist weder zumutbar noch umsetzbar. Wenn es nach mir ginge, würde ich es befürworten, den Wolf generell zum jagdbaren Wild zu erklären. Aber dafür braucht es ein Umdenken auf EU-Ebene. Mit der Wolfsverordnung habe ich in Kärnten das rechtlich derzeit maximal Mögliche umgesetzt. Denn der Schutz unserer Bevölkerung sowie unserer Nutztiere muss an erster Stelle stehen und nicht ein Raubtier, das schon längst nicht mehr vom Aussterben bedroht ist.
Wie viel Zeit bleibt Ihnen bei all den Herausforderungen für den eigenen Bauernhof und die Familie? Mein Terminkalender ist meist auf Monate hinaus voll, das kann schon hektisch werden. Deshalb weiß ich die wertvolle Zeit mit meiner Familie umso mehr zu schätzen. Meine Frau ist eine große Unterstützung für mich, sie hält mir den Rücken frei, dafür bin ich sehr dankbar. Die tägliche Stallarbeit bei unseren Bio-Schweinen habe ich trotz allem beibehalten. Das erdet und das ist gut so.
Wir danken für das Gespräch! Das Interview führte Mario Spaninger.