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Yoga für Gefängnisinsassen
Der Suchtbehandler Günther Greussing (69) unterrichtet seit 25 Jahren wöchentlich Yoga in einer Schweizer Strafvollzugsanstalt. Für die Häftlinge eine der seltenen Ruheinseln im Gefängnisalltag.
Text und Foto: Daniela Egger Bereits während des Studiums vor 48 Jahren in Innsbruck kam Günther Greussing in Kontakt mit der Transzendentalen Meditation (TM). Im April 1973 begann er zu meditieren und lernte kurz darauf auch erste Yoga-Übungen. Nach ein paar Jahren war ihm die Meditation zur liebgewonnenen, täglichen Routine geworden. „Die TM geht mühelos, sie schafft einen kleinen Urlaub mitten im Alltag und führt mit der Zeit dazu, dass man sich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen lässt“, berichtet er, und seine tief verankerte Ruhe ist auch im Gespräch spürbar. Seine Arbeit als Sozialarbeiter im Bereich der Suchttherapie führte ihn zunächst nach Südtirol und später irgendwann nach Bad Ragatz, wo er sich eine optimale Selbstdisziplin schuf: Er bot Yoga für die Gäste an und kam so selbst zu regelmäßiger Übung. Auch in seiner nächsten Arbeitsstelle in der Suchtstation Carina waren neben der Arbeit als Suchttherapeut auch die Yoga-Stunden für die Suchterkrankten eine große Bereicherung – und für ihn selbst der ideale Weg, um Yoga und Arbeit zu verbinden. Nach 17-jähriger Tätigkeit wechselte er in die offene Haftanstalt Saxerriet in der Schweiz. Saxerriet liegt zwischen Buchs und Altstätten auf dem Land, betreibt eine Metzgerei, Landwirtschaft und Gärtnerei, die Häftlinge werden in verschiedenen Handwerksberufen beschäftigt. Tagesstruktur und ein eigener Beitrag zu den Kosten sind wesentliche Aspekte der Wiedereingliederung. So ist der Suchtbehandler auch überzeugt davon, dass der Aufenthalt im Gefängnis vielen Suchterkrankten buchstäblich das Leben rettet: „Regelmäßiges Essen, Schlafen und – nicht zu vergessen – die Arbeit, der sie nachgehen können und müssen, helfen enorm. Gerade suchtbelastete Menschen haben Probleme, sich selbst Struktur und Halt zu geben. In dieser Beziehung hilft ihnen der äußere Halt durch die Strafanstalt.“ Das reine Männergefängnis ist sehr fortschrittlich geführt, es ist ein offener Vollzug ohne Mauern, dafür mit einem umfassenden Sozialisierungsprogramm. Dafür zeichnet das Engagement des Direktors Martin Vinzens verantwortlich, der
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LET von Greussing sehr geschätzt wird. Trotzdem ist ein Gefängnisaufenthalt alles andere als entspannend – die Reibungsflächen unter den Häftlingen sind groß, obwohl hier jeder Insasse ein Einzelzimmer be-
IT wohnt und zumindest zeitweise Privatsphäre genießt. Im Vergleich zu der kürzlich veröffentlichten Studie aus den Gefängnissen in Österreich scheint der Alltag in Saxerriet allerdings luxuriös zu sein, gibt es doch auf der österreichischen Seite kaum Einzelzellen und die
BE. Gewalterfahrungen klingen beängstigend. „Ich freue mich die ganze Woche auf das Yoga, weil ich dabei Kraft sammeln und Körper und Geist entspannen kann“, berichtet einer der Häftlinge in einer Fragerunde. Selbst der zuständige Seelsorger kommt regelmäßig zum Yoga, so ist er näher bei den Häftlingen und übt selbst, in seine Mitte zu kommen. Selbstverständlich hat Günther Greussing sein wertvolles Angebot auch an österreichische Gefängnisse gerichtet, leider fanden es die Behörden aber nicht nötig, darauf zu antworten. In der Schweiz hingegen wird er über die Pension hinaus sehr geschätzt und ist nach wie vor wöchentlich vor Ort. In Vorarlberg bietet er deshalb kein Yoga an, aber die Einführung in die Transzendentale Meditation, Frauen werden übrigens von einer Frau eingeführt. „Die TM ist wissenschaft- Mehr über die Strafanstalt Saxerriet lich sehr gut dokumentiert“, sagt Günther Greussing. „Ich bin 1985 https://www.sg.ch/sicherheit/justizausgebildet worden zum TM-Lehrer, und die Einführung geschieht vollzug/saxerriet immer persönlich von Lehrer zu Schüler. Wir meditieren bequem aufrecht sitzend mit geschlossenen Augen und wenden eine mühelose Infos zur Transzendentalen geistige Technik an. Der Trick ist, nichts zu wollen, sich nicht zu be- Meditation für Männer per Mail an: mühen, sondern es geschehen lassen. Wie schon die Beatles gesungen guenther.greussing@gmx.at haben: Let it be. Dann funktioniert es und wir erfahren eine ruhevolle Und für Frauen: Wachheit, die etwa doppelt so tief ist wie im Tiefschlaf. Gut ist, wenn andrea_zundel@web.de man sie regelmäßig für 15 bis 20 Minuten praktiziert.“ Tel.: 0664 873 32 58