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Beachsoccer-WM: Noel Ott und Glenn Hodel holten Bronze

AN DER WELTSPITZE

Der Wettinger Noel Ott und der Badener Glenn Hodel leisteten Entscheidendes zum sensationellen Schweizer Bronzemedaillengewinn an der Beach-Soccer-Weltmeisterschaft.

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Text: Jörg Greb Fotos: Viacheslav Yakovlev

Glen Hodel (links) wurde zum Torschützenkönig des Turniers gewählt, Noel Ott wurde als wertvollster Spieler (MVP) ausgezeichnet.

Und plötzlich standen sie im Rampenlicht: Als Mannschaft mit den sensationellen Auftritten an der Weltmeisterschaft in Moskau und als Individualspieler. Noel Ott, der Captain und Schlüsselspieler wurde zum MVP gewählt, dem wertvollsten Spieler des Turniers. Glenn Hodel gewann die Auszeichnung des Torschützenkönigs. Und besonders augenfällig beim Duo, das sich seit Jahren bei Nationalmannschaftsreisen das Zimmer teilt: Die sportinteressierte Öffentlichkeit nahm das Ganze mit bisher einzigartiger Breite wahr. SRF übertrug die Partien, Beach Soccer hatte sein Randsportartenimage abgelegt.

Wunderbare Tage, verbunden mit viel Wertschätzung waren das für Ott und Hodel. «Unglaublich», sagt Ott dazu. Der 27-Jährige kam zu einzigartigen Glücksgefühlen. Stolz mischte sich beim 153-fachen Internationalen dazu, «dass wir als Team solche Leistungen erbringen konnten und uns durch Konstanz profilierten». Der Glaube an uns war zwar dagewesen, aber nicht ins Uferlose gewachsen – «schliesslich», so Ott, «hatten wir uns ja nicht qualifiziert gehabt, sondern sind für die verzichtende Ukraine nachgerutscht».

Genossen hat auch Glenn Hodel die WM-Tage und die darauf folgende Anerkennung. Der Mann mit den 117 Nationalteam-Einsätzen sagt: «Diese Weltmeisterschaft war mega schön und was dabei herauskam, hätten wir uns nie im Traum erhofft.» Und heraus streicht der 24-Jährige den Wert für den Schweizer Beach Soccer: «Die Art und Weise unserer Resultate ist ebenso viel wert: Wir haben mit einer grossen Show gewonnen.» Verbunden war das Ganze mit viel Medienpräsenz. «Das sind wir uns überhaupt nicht gewohnt», sagen beide übereinstimmend. Zusätzliche Genugtuung war die Folge.

«Diese WM war mega schön und was dabei herauskam, hätten wir uns nie im Traum erhofft.»

Glenn Hodel

«Dir reicht es nicht zum Profi» Zum Beach Soccer haben Ott und Hodel auf unterschiedliche Weise gefunden. Ott, der in Wettingen die Primar- und die Sekundarschule besuchte, hatte sein fussballerisches Talent früh bewiesen. Vom FC Wettingen kam er in die Limmattal-Auswahl. Als nächsten Schritt schloss er sich den GC-Junioren an. Von dieser Topförderung profitierte er. Und dank dem Verständnis von seinen Lehrern und im Lehrbetrieb (KV bei der Nagra) konnte er diesem anspruchsvollen Weg folgen. «Für mich war dieser Goodwill sehr wichtig», sagt Ott heute. Er wollte auch eine schulische und berufliche Basis erarbeiten und nicht nur auf den Fussball setzen.

Und das erwies sich als Glücksfall, als er sich «von einem Tag auf den anderen» vor eine ganz andere Realität gestellt sah. Die GC-Verantwortlichen beschieden ihm: «Lieber Noel, für einen Profi-Vertrag reicht es bei dir nicht.» Mit Distanz erwies sich jenes Erlebnis als Glücksfall, auch auf den Sport bezogen. «Gelegenheitsbeacher» Ott

Das Schweizer Beachsoccer-Team feiert den 3. Rang an der WM in Russland mit FIFA-Präsident Gianni Infantino (Mitte). Noel Ott und Glenn Hodel in Action. Noel Ott wird zum MVP des Turniers gewählt. Rechts: Die Beach-Aargauer-Connection mit dem Wettinger Tobi Steinemann, Badener Glenn Hodel, Wettinger Noel Ott und Lenzburger Jan Ostgen.

kontaktierte den Beach Soccer Nationaltrainer Angelo Schirinzi. Ein Probetraining verlief viel versprechend. Ott wurde im Nationalteam vom Ergänzungsspieler zum Captain. «Dieser Weg macht mich selber stolz», blickt er zurück. Ernsthafte Ambitionen im Profifussball machte sich Glenn Hodel hingegen nie – auch wenn ihn der Fussball ab dem Alter von 4 Jahren begeisterte. Im FC Baden fiel der Junge aus Baden Dättwil auf. In die Limmattal-Auswahl kam er. Ebenso aber begeisterte er sich für den Beach Soccer. Ein Training für Kinder und Jugendliche des ehemaligen Beach-Soccer-Aushängeschildes Stephan Meier bildete den Auslöser. «Ich war sofort Feuer und Flamme und verfolgte fortan diesen Weg», sagt Hodel. Einen Weg, den er «noch keinen Tag» bereut hat. Durch Beach Soccer sei er zu Erlebnissen und Möglichkeiten gekommen, wie es ihm im herkömmlichen Fussball nie möglich gewesen wäre. Vier Weltmeisterschaften hat er trotz seines jungen Alters schon bestritten, vorher, schon 2015, spielte er an den European Olympic Games in Baku. Eindruck hinterlassen hat das Einlaufen bei der Eröffnungsfeier vor 80´000 Zuschauern. Der WM-Erfolg stellt eine weitere wichtige Station dar.

Feierabend-Fussballer Geld verdienen werden aber weder Ott noch Hodel mit ihrem Können im Beach Soccer. Beide gehen einer geregelten Arbeit nach. Ott ist HR-Mitarbeiter in einem KMU. Derzeit schliesst er die Weiterbildung zum HR-Fachmann ab. Hodel schloss die KV-Lehre ab. Mittlerweile arbeitet er zu 70 Prozent in der Orthopädie Malgaroli in Baden und macht die Berufsmatura. Beach Soccer kommt nebenher. «Wir sind Feierabend-Fussballer», sagen Ott wie Hodel. Intensiv ist das. Vier Trainings pro Woche à je zwei bis zweieinhalb Stunden nach der Arbeit heisst dies. Vor einem wichtigen Turnier wie der Weltmeisterschaft kommen Wochenendtrainings oder -zusammenzüge hinzu. Und für

«Diese Anerkennung sind wir uns nicht gewohnt. Doch das Sommermärchen ist leider schnell wieder verflogen.»

Noel Ott

Turniere gehen Ferien drauf oder unbezahlter Urlaub. «Ferien anderer Art kenne ich nicht», sagt Hodel. Ott nickt.

Die Anerkennung, die sie nun ernten, erfüllt Ott wie Hodel mit Zufriedenheit. «Solches sind wir uns nicht gewohnt», sagt Ott. So bedankte er sich etwa anlässlich des Länderspiels gegen England in Aarau und unmittelbar nach der WM bei den zahlreichen Fans von jung bis ganz alt persönlich und signierte Autogrammkarte um Autogrammkarte mit seiner Unterschrift. Auf der anderen Seite ist aber auch das, was Hodel jüngst erkannt hat, dass «dieses Sommermärchen schnell verflogen ist». Das (nicht ganz so erfolgreiche) Mitwirken am Supercup-Final (u.a. ohne Ott) in Portugal Anfang September fand in der Öffentlichkeit keine Anerkennung. Keine Zeile in den Zeitungen, kein Echo beim Fernsehen. «Wir sind schnell wieder mit der Realität konfrontiert», sagt Hodel. Das Bedauern schwingt in jedem Wort mit. Es kommt zu dem, was von der WM her auch geblieben ist: «Nur Freude war diese WM nicht, im Gegenteil. Die Halbfinal-Niederlage im Penaltyschiessen gegen den späteren Weltmeister Russland hat auch Enttäuschung hinterlassen.» Doch die riesige Freude über Bronze überstrahlt schliesslich alle Gefühle.

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