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Bobbahn Panoramaweg 80 11
Zeitzeugen
Quercus junior: „Papaaa …“ Quercus senior: „Ja, Sohn!“ Quercus junior: „Was ist ein Bob?“ Quercus senior: „Ein Bob ist eine spezielle Art Schlitten.“ Quercus junior: „Und was ist ein Schlitten?“ Quercus senior: „Tja, ein Schlitten ist eine Konstruktion aus Holz. Mit einer Sitzfl äche und zwei Kufen aus Stahl.“ Quercus junior: „Aus HOLZ?? Etwa aus EICHE?“ Quercus senior: „Nee! Meistens sind die aus Buche.“ Quercus junior: „Echt? Ein Glück!“ Quercus senior: „Mach‘ dir keine Sorgen! In den letzten Wintern ist selbst hier oben so wenig Schnee gefallen. Das reicht nie und nimmer zum Rodeln. … Vielleicht wirst du eines Tages zu einem Schrank oder Tisch verarbeitet, aber kaum zum Schlitten.“ Quercus junior: „Ich werde also wahrscheinlich NIE einen Bob die Bobbahn runterfahren sehen? Oder einen Schlitten?“ Quercus senior: „Hier sind NOCH NIE Bobs oder Schlitten runtergefahren, Sohn. Nicht einmal in den völlig verschneiten Wintern, die ich erlebt habe. Das kann ich dir versichern. Immerhin stehe ich hier schon seit 300 Jahren.“ Quercus junior: „Aber wieso heißt der Weg dann ‚Bobbahn‘?“ Quercus senior: „Menschlicher Humor, Sohn! Sie geben Dingen einen Namen, der nur im übertragenen Sinne zu ihnen passt, und fi nden es witzig. Ein Charmebolzen ist auch kein sympathischer Holzpfl ock, sondern ein Womanizer, der mit Komplimenten um sich wirft.“ Quercus junior: „Was du alles weißt, Papa. … Aber was haben sich die Menschen denn dabei gedacht, die Bobbahn Bobbahn zu nennen?“ Quercus senior: „Nun, ich denke, es hat damit zu tun, dass der Weg sehr steil ist und einige scharfe Kurven aufweist. Man KÖNNTE ihn wunderbar mit einem Bob fahren, vor allem, wenn im Winter das Wasser, das hier an einigen Stellen aus dem Erdreich tritt und über den Weg fl ießt, zu Eis gefriert. Dann hast du hier den reinsten Eiskanal und dein Pferde- oder Ochsengespann mit dem Karren hintendran würde unfreiwillig zur Wintersportmannschaft.“ Quercus junior: „Hä?? Pferde- und Ochsengespann? Karren? Wann hast du die denn gesehen?“ Quercus senior: „Och, das ist tatsächlich schon ein paar Jahre her. Also hundert bestimmt. Eher mehr. Da haben die Menschen ihre Waren, Holz und Eisenerz über den Ebbekamm transportiert. Von Meinerzhagen aus kamen sie zum Beispiel über den Höhenweg und sind dann hier am Stahlschmidt abgebogen, um über den Nordhang runter nach Herscheid und von dort aus weiter nach Plettenberg und ins Lennetal zu gelangen. Und von Valbert aus haben die Industriearbeiter den Alten Valberter Skiweg genommen, sind dann auf den Höhenweg abgebogen und ebenfalls am Stahlschmidt runter nach Herscheid gewandert.“ Quercus junior: „Ach so!“ Quercus senior: „An der Gaststätte Stahlschmidt haben sie oft Pause gemacht, bevor sie weitergezogen sind. Die Pferde und Ochsen wurden hier getränkt, manchmal auch umgespannt, und dann ging‘s weiter.“ Quercus junior: „Davon sieht man heute aber nichts mehr, oder?“ Quercus senior: „Im oberen Bereich der Bobbahn, kurz hinter der Wegespinne, so heißt der Stahlschmidt heute, befi nden sich noch die Überreste von Fundamenten und ein alter Brunnen. Der ist eingezäunt, damit niemand hineinfällt. Hier hat wohl damals das Gehöft gestanden, das Stahlschmidt hieß. Nach der Familie, der es gehörte und die den Gasthof betrieb.“ Quercus junior: „Aha, ich verstehe langsam, was das mit dem menschlichen Humor auf sich hat.“ Quercus senior: „Die Menschen erzählen sich sogar heute noch, dass die Ehefrauen der Industriearbeiter zu jener Zeit am Stahlschmidt auf ihre Ehemänner gewartet haben, um zu verhindern, dass diese in der Schankwirtschaft ihren Lohn versaufen.“ Quercus junior: „Ach!“ Quercus senior: „Jaja, wenn man es von Plettenberg aus erst einmal bis hier oben geschaff t hat, dann hat man Durst, und weil es so gemütlich ist, trinkt man gleich zwei oder mehr Gläser Bier und Schnaps, und ganz schnell ist die Lohntüte leer, und für die Familie bleibt nichts mehr übrig. Es waren schon harte Zeiten damals.“ Quercus junior: „Ich kann die Frauen verstehen.“ Quercus senior: „Ich auch. Aber sei‘s drum. Das ist lange her.“ Quercus junior: „Papaa …“ Quercus senior: „Ja, Sohn!“ Quercus junior: „Wo ist eigentlich Mama?“ Quercus senior: „Nun, ich war mir stets selbst genug. Wir Eichen sind Zwitter, mein Sohn. Das entbindet uns von der Notwendigkeit, auf Partnersuche zu gehen, indem wir irgendwelche Pollen in die weite Welt hinausschicken. Es reicht, wenn sie bis zum Nachbarzweig fl iegen, wo die Blüte schon auf sie wartet, und im Herbst lasse ich meine Eicheln zu Boden fallen, hoff e, dass nicht alle von den Wildschweinen gefressen werden, und im idealen Fall entstehst du daraus, eine naturverjüngte Eiche.“ Quercus junior: „Das klingt schön, Papa.“ Quercus senior: „Ist es auch.“
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„Die Ehefrauen der Industriearbeiter haben ihre Ehemänner am Stahlschmidt in Empfang genommen, damit sie den Lohn nicht versaufen.“ - Quercus robur senior Wegepaten: Die Stieleichen



Sprung ins Blaue
Eine Aussichtsterrasse mit Fernwehpotential. Wie ein gespannter Bogen stülpt sich der Panoramaweg am Ebbenordhang heraus, über ihm der Höhenweg, unter ihm der Nordhangweg, und dabei gibt er seinen herrlichen Ausblick tief hinunter ins Ruhrgebiet, ins Münsterland und bis nach Werl und Soest preis.
„1972 begannen wir mit den Planungen für den Panoramaweg. Ich war damals Praktikant“, erinnert sich Klaus-Ulrich Kermes, Revierförster und nach mehreren Stationen bei Wald und Holz NRW inzwischen Leiter des Forstbetriebsbezirks Herscheid. 16 Jahre war er damals alt und die Mitwirkung am etwa anderthalb Kilometer langen Panoramaweg sein erstes Projekt.
Oberhalb des Panoramaweges, der dann 1973/74 schließlich angelegt wurde, heben heute die Paraglider ab, genießen die Aufwinde am Nordhang und berühren nach einem atemberaubenden Sinkfl ug schließlich den Boden der kleinen Ortschaft Ebbefeld. Dort, wo sich früher die Skifahrer in schneereichen Wintern vom Lift den Hang hinaufschleppen ließen. Drei Pisten, drei Lifte, und wer wollte, stieg noch ein paar Meter zum Höhenweg hinauf und startete von dort. 145 Meter betrug der maximale Höhenunterschied zwischen Berg- und Talstation; jede Piste lockte mit einer Länge von 500 bis 600 Metern.
Die Schneisen, die für den Wintersport seinerzeit in den Wald geschlagen wurden, sind noch heute erkennbar. Beim Blick in den Hang, vor allem aber von oben, via Satellit. 2009 wurde der Skibetrieb eingestellt, Lifte und Gebäude abgebaut. Zu wenig Schnee in den letzten Jahren. Es lohnte sich einfach nicht mehr.
Weniger leicht zu entdecken ist die alte Skisprungschanze. Sie befand sich östlich des untersten Skilifts am Nordhangweg. Sie ist völlig zugewachsen und auch im Satellitenbild nur noch schwer auszumachen. Doch dazu mehr im Kapitel über den Nordhangweg!