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Märzenbecherweg

Wenn im Frühjahr die Tage länger werden, küssen die ersten warmen Sonnenstrahlen die kleinen braunen Zwiebelchen wach. Dann durchbrechen die gelbgrünen Stängel die noch gefrorene Erdkrume. Kurz darauf läuten die weißen Glöckchen mit den gelben Punkten an den Zipfeln den Frühling ein. Lautlos fl utet ein Meer aus Märzenbechern den Herveler Bruch.
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Aber nicht nur hier, im sumpfi gen Erlenwald, blühen die streng geschützten Frühlingsboten zu Tausenden. Überall unterhalb des Märzenbecherweges, dort, wo der Boden schön feucht ist, wiegen sich die „Großen Schneeglöckchen“ oder auch „Frühlings-Knotenblumen“ im Wind.
Die märkischen Refugien von Leucojum vernum, so lautet der botanische Name der zarten, aber giftigen Pfl änzchen aus der Familie der Amaryllidaceae (Amaryllisgewächse), wurden bereits 1938 als Naturschutzgebiet sichergestellt. Dass die kleinen Sonnenanbeter sich seither auf dreizehneinhalb Hektar weitgehend ungestört wohlfühlen können, ist dem Sauerländer Pädagogen Wilhelm Lienenkämper (1899 – 1965) zu verdanken. Schon in den 1920er Jahren machte er sich für den Naturschutz in der Region stark, von den Zeitgenossen oftmals belächelt. Was den


Lautloses Klingeln im Frühlingswald
Wegepate: Dr. Klaus Hüttebräucker, 1. Vorsitzender Geschichts- und Heimatverein Herscheid e.V.
Wanderfreund Lienenkämper nicht davon abhielt, sich bis an sein Lebensende für den Naturschutz einzusetzen: Als er am 2. April 1965 starb, waren im Regierungsbezirk Arnsberg 65 Naturschutzgebiete, 3613 Naturdenkmale und 1348 Quadratkilometer Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen.
Als wir den Märzenbecherweg im August 2021 für das Fotoshooting besuchten, trafen wir zwar nicht auf die Namensgeber (die Zwiebeln schlummerten friedlich im Erdreich), jedoch auf einen anderen seltenen und schon sehr alten Einheimischen: Der WaldSchachtelhalm (Equisetum sylvaticum) existiert in fast unveränderter Form bereits seit über 2,5 Millionen Jahren; schon im Karbon und Perm, also vor 250 bis 359 Millionen Jahren, bevölkerten Schachtelhalme unseren Planeten und erreichten dabei eine Höhe bis zu dreißig Metern.
Im Herveler Bruch erinnert heute ein Gedenkstein an Wilhelm Lienenkämper. Jedes Jahr im März wandert außerdem die Lüdenscheider Abteilung des Sauerländischen Gebirgsvereins in den Herveler Bruch, um sein Vermächtnis zu ehren.
