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Interview mit Marion Lorenzon
von ViktoriaGross
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Marion Lorenzon ist Vize Verantwortliche des Bereichs Schule. In dieser Rolle koordiniert sie alle Projekte, die in den Schulen durchgeführt werden.
Seit wann arbeitest du im Verein „La Strada-Der Weg“ und wie war dein beruflicher Werdegang? Ich arbeite seit 2002 im Verein La Marion Lorenzon Strada-Der Weg. Damals habe ich in der Wohngemeinschaft Sancta Claraals Erzieherin begonnen. Im Laufe der Jahre hatte ich die Möglichkeit in verschiedenen Sektoren des Vereins zu arbeiten. Ich durfte die Projekte Betreutes Wohnen für Jugendliche, Junge Mütter, die Wohngemeinschaften Sancta Clara und Focolare und die Nachmittagsbetreuung Kubikoordinieren. Schließlich hat sich mir die Schulwelt geöffnet. Was ist deine jetzige Rolle und was sind deine Aufgaben? Bin zurzeit Vize Verantwortliche des Bereichs Schule und koordiniere mehrere Projekte, welche in diesem Bereich stattfinden. Es handelt sich um das ESF Projekt in den italienischen Mittel- und Oberschulen und das ESF Projekt in den Deutschen Mittelschulen. Dazu kommt das Projekt in den Kindergärten „Il Ponte-Die Brücke“ und alle Individualprojekte im gesamten Schulbereich. Seit einigen Jahren gibt es ausgehend von den italienischen Schulen Nachfrage auf Zusammenarbeit mit sozialen Fachkräften. Was hältst du davon und was sind die
Vorteile? Die Klassen werden immer größer, d.h. es wird auch für die Lehrpersonen immer schwieriger auf die einzelnen Schüler einzugehen und es gibt immer mehr Schüler, die individuelle Unterstützung brauchen und soziale/familiäre Probleme mit sich bringen, welche oft die Konzentration und das Erlernen in der Schule erschweren. Die Lehrer müssen sich auf das Programm und die Noten konzentrieren und können nicht auf 24 oder mehr Schüler einzeln eingehen. An dieser Stelle kommt der Erzieher ins Spiel, mit seiner Kompetenz und Fähigkeit auf die Bedürfnisse der Jugendlichen eingehen zu können und das nicht nur individuell, sondern auch in Kleingruppen. Gemeinsam sucht er mit den jungen Erwachsenen nach Lösungen und motiviert sie nicht aufzugeben. Wie können wir uns die Aufgabe des Erziehers in einer unruhigen Klasse vorstellen? Wenn es z.B. in einer Klasse nicht harmoniert, weil ein Jugendlicher schreit, der andere Gegenstände durch die Klasse wirft, dann funktioniert gar nichts. In solchen Situationen muss manchmal ein Jugendlicher von der Klasse herausgenommen werden, um wieder Ruhe in die Klasse zu bringen. Der Erzieher konzentriert sich außerhalb der Klasse auf den einzelnen Jugendlichen, um sein Verhalten zu verstehen. Seine Aufgabe besteht darin, gemeinsam mit ihm Alternativen und Lösungen zu finden, damit er sich schließlich wieder gut in die Klassengemeinschaft eingliedern kann. Wo sind die Schwierigkeiten, welche noch überwunden werden müssen? Eine der wichtigsten Herausforderungen ist, die Aufgabe des Erziehers in der Schule genau zu definieren und zu verstehen. Das System muss verstehen, dass z.B. Gespräche mit den Jugendlichen keine Zeitverschwendung sind, sondern das Eingehen auf die Jugendlichen und deren Leben und Schwierigkeiten (nicht nur schulische) eine wesentliche Hilfe für ihren zukünftigen schulischen Erfolg ist. Wie wichtig ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehrer und Erzieher? Sehr wichtig. Nur durch eine gute Zusammenarbeit zwischen Lehrer und Erzieher kann den Jugendlichen wirklich geholfen werden. Die jungen Menschen brauchen oft jemand mit dem sie reden können, jemand der sie nicht bewertet, sondern ihnen zuhört, sie unterstützt, motiviert, fördert und ihnen hilft, sich wieder gut in die Klassengemeinschaft einzugliedern. Dazu ist wichtig zu erwähnen, dass nicht nur die Jugendlichen von der Präsenz eines Erziehers profitieren, sondern auch die gesamte Klassengemeinschaft, die
dadurch auch entlastet werden kann. Stimmt es, dass die meisten dieser „schwierigen Jugendlichen“ oft verborgene Kompetenzen haben, welche sich im Schulsystem nicht entfalten können? Absolut. Ich bin davon überzeugt, dass alle Jugendlichen verborgene Kompetenzen haben. Nur müsste man das gesamte Schulsystem ändern, um diesen Fähigkeiten Raum zu geben und somit müsste auch das Bewertungssystem ausgeweitet werden. Ich glaube man müsste die Schule vielmehr an das praktische und das reale Leben anpassen und die Jugendlichen in verschiedenen Aspekten beachten und sich nicht nur auf das Können in den theoretischen Fächern wie Mathematik, Literatur, Deutsch, usw. beschränken. Könnte man diese beträchtlichen Schwierigkeiten in den Schulen vermeiden, indem man Präventionsarbeit leistet? Ja ganz bestimmt. Würde man bereits in den Kindergärten anfangen, die Kinder samt Familie zu begleiten, so gäbe es vielleicht weniger Probleme in der Schullaufbahn der Jugendlichen. Die Eltern/Familien sind oft mit verschiedensten Anforderungen und familiären Problemen komplett überfordert und wissen nicht, an wen sie sich wenden können. Zu wissen, dass eine Fachkraft zur Verfügung steht, mit der man über alles reden kann, würde die gesamte Situation um ein Vielfaches erleichtern. Der Dienst des Erziehers wäre in solchen Fällen unglaublich wichtig, ich würde sogar sagen, er könnte eine wichtige Bezugsperson in der Entwicklung der Jugendlichen werden. Es gibt bereits Projekte, welche die ersten Schritte in diese Richtung gehen. Möchtest du mehr darüber erzählen?

Percorsiconibambini.it è il network dei progetti selezionati da “Con i Bambini” nell’ambito del “Fondo per il contrasto della povertà educativa minorile.”
Das Projekt “Il Ponte-Die Brücke” ist ein sehr junges Projekt, welches im Juni 2020 entstanden ist und bereits in 10 Kindergärten Südtirols tätig ist. Die Erzieher kümmern sich in den Kindergärten um die Kinder, arbeiten aber auch konkret mit den Eltern und dem Territorium. Sie schaffen eine „Brücke“ zwischen Territorium, dem Kindergarten und Eltern, sodass eine starke Gemeinschaft entsteht und niemand alleine ist. Was wünschst du dir für diese Projekte? Ich wünsche mir, dass diese Projekte ausgehend von den Mittel-und Oberschulen auch in den Grundschulen und Kindergärten Anklang finden würden. Wenn wir Prävention leisten wollen, können wir nicht erst in den Mittelschulen anfangen. Um wirkliche Brücken zu bauen, muss viel früher begonnen werden, die Kinder und deren Familien zu unterstützen.

Viktoria Gross