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B.9 Forschungs-, Bildungs- und Industriepark 4.0
B.9 Forschungs-, Bildungs- und Industriepark 4.0
Sechs deutsche Erfinder des Fraunhofer-Instituts entwickelten in den 1980er Jahren bis in die Mitte der 1990er das heute allseits bekannte Musik-Dateiformat MP3. Mit innovativen Anwendungen kommerzialisiert hat es jedoch der US-Konzern Apple. Dieses deutsche Trauma steht auch heute noch beispielhaft für Deutschlands Stand in Zukunftstechnologien.
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Wie sieht es in der digitalen Schlüsseltechnologie Künstliche Intelligenz (KI) aus? In Wissenschaft und Forschung war Deutschland Jahrzehnte an der Pole-Position. Heute sind uns die USA mit ihren großen Techkonzernen und der Menge an Patentanmeldungen technologisch überlegen. Beim Transfer von Forschungsergebnissen in praktische Anwendung in Unternehmen führt China inzwischen weltweit. Leider hat sich das MP3-Trauma wiederholt. An der TU München wurde die neuronale Netz-Technologie LSTM entwickelt, Produkte daraus entwickelt haben aber zum Beispiel Apple mit seiner Software „Siri“ oder Amazon mit „Alexa“. Wenn Deutschland die Technologieführerschaft zurückerobern und sich nicht mit seiner jetzigen Mittelfeldposition zufriedengeben will, dann ist jetzt Aufbruch angesagt. Wir brauchen eine deutlich bessere Vernetzung von Forschung und Industrie, damit kluge Köpfe zum Beispiel eine medizinische Diagnose-Software wie die des Start-up Ada entwickeln und kommerzialisieren. Künstliche Intelligenz eröffnet viele Chancen und Anwendungsgebiete.
Berlins KI-Ökosystem wird mit seinen unterschiedlichen Forschungseinrichtungen, konzerneigenen KI-Labs und Start-ups oftmals als sehr gut beschworen, doch gegenüber Israels KI-Landschaft gibt es noch viel Potential nach oben. In dem kleinen Land werden weitaus mehr KI-Start-ups gegründet und 30-mal mehr investiert als hierzulande.
Wir brauchen zusätzlich zu in jüngster Zeit entstandenen Initiativen einen Kompetenzort, an dem Start-ups und Forscher der KI-Szene sowie Mittelständler physisch zusammenkommen und ihr Know-how teilen können. Im gegenseitigen inhaltlichen Austausch eines Campus erfahren KI-Experten, an welchem Punkt Prozesse in der Wirtschaft verbessert werden und wie daraus KI-basierte neue Anwendungen entwickelt werden können. Nur im Dialog entstehen in dieser Branche neue Dienstleistungen und Produkte, weshalb nur Flächen in einem

herkömmlichen Gewerbepark oder einem Coworking Space anzubieten nicht ausreicht. In diesem Transfer-Lab muss der Austausch an oberster Stelle stehen, sei es durch gezielte Matching-Veranstaltungen mit Startups und Anwendern, durch Workshops, bei denen gemeinsam Lösungen entwickelt werden oder über Messen und Veranstaltungen, bei denen verständliche Best Practice Beispiele Unternehmern aufzeigen, wie KI in der Praxis eingesetzt werden kann.
Berlin hat zwar elf sogenannte Zukunftsorte definiert, die sich als Forschungscampus, Gründerzentrum oder Gewerbepark verstehen, aber keiner fokussiert sich explizit auf die KI-Community. Seit Jahren plant der Senat ein Innovations- und Technologiezentrum für Industrie 4.0 (ITZ 4.0) am Zukunftsort Schöneweide. 2020 sollte es eröffnet werden, doch bisher ist noch kein Spatenstich erfolgt. Das erinnert sehr an den BER, der mit neun Jahren Verspätung ans Netz ging. Wenn das auch das Ziel für Schöneweide ist, dann ist der Zug in den sich rasant entwickelnden digitalen Branchen schon abgefahren. Es ist schon bezeichnend für einen Standort, der sich auch als Technologiestandort für IT versteht, dass seine vom Senat verlinkten Webseiten www.schoeneweide.com und www.suedost-berlin.de nicht erreichbar sind und nur Fehlermeldungen ausgeben.
Ähnliches Szenario, andere Branche: In der Entwicklung von Quantencomputern hinkt Deutschland hinter den USA (Google, IBM) und China um mehrere Jahre hinterher. Während diese deutlich mehr Patente anmelden als Europa, wird hier mehr wissenschaftlich publiziert. Quantencomputer sind die Rechner der Zukunft, denn sie können Aufgaben lösen, die mit bisherigen Computern schier unendlich dauern. Damit würde selbst die KI-Technologie auf ein nächstes Level gehoben. Noch ist offen, wer sich unter den Global Playern durchsetzt. Damit Deutschland eine Führungsposition einnehmen kann, müssen sich Wirtschaft und Wissenschaft intensiver austauschen. Andernfalls bauen andere den Computer der Zukunft.
Die dritte Schlüsseltechnologie, die die deutsche Industrie in Zukunft stark verändern wird, ist der 3D-Druck. Die Wirtschaftsberater von PricewaterhouseCoopers (PwC) gehen davon aus, dass die Nachfrage für Produkte aus dem 3D-Drucker in den nächsten Jahren um 13 bis 23 Prozent jährlich steigen wird. Schon heute lässt die Deutsche Bahn wichtige Ersatzteile mit diesem Verfahren in nur wenigen Stunden herstellen. Der Grund: Konventionell hergestellte Bauteile brauchen bis zu zwei Jahre, worauf auch Verspätungen und Zugausfälle zurückzuführen sind. Die EOS GmbH Electro Optical Systems, ein Pionier des 3D-Druck aus dem bayerischen Krailing, arbeitet daran, für einen seiner Kunden in Zukunft 60 Prozent einer Flugzeugkabine herzustellen. 2016 konnte man auf der ILA in Berlin den Airbus-Testflieger „Thor“ bestaunen. Er ist zu einem großen Teil im 3D-Drucker entstanden. Gerade bei hochkomplexen Bauteilen punktet der 3D-Druck gegenüber konventioneller Fertigung. Und so setzt auch Siemens in Zukunft auf diese Schlüsseltechnologie. In der Medizintechnik gibt es Einsatzmöglichkeiten bei künstlichen Organen, Gewebe oder passgenauen Prothesen.
Unsere Position:
Die Europäische Union hat die Bedeutung von Schlüsseltechnologien erkannt und will laut ihrem Plan „2030 Digital Compass“, dass der erste Quantencomputer bis spätestens 2026 in Europa gebaut wird. Mit Rot-Rot-Grün und ihrer wirtschafts- und technologiefeindlichen Politik ist dies jedoch nicht zu schaffen. Die AfD-Fraktion in der Hauptstadt hat dagegen Deutschlands Spitzenposition in Zukunftsbranchen im Blick und will dieses Ziel schnellstmöglich und unbürokratisch umsetzen.
Die AfD-Fraktion in der Hauptstadt fordert:


Müllverbrennungsanlage in Osaka von Hundertwasser • Wollen wir die Aufholjagd gewinnen, müssen wir möglichst viele Menschen einbeziehen. Die
Themen Quantentechnologie, Künstliche Intelligenz und 3D-Druck müssen in die breite Öffentlichkeit hineingetragen werden, um Nachwuchs zu fördern und Innovationen schneller zu entwickeln. Dafür braucht es über einen Gewerbepark hinaus einen
Raum, der die Akteure der Schlüsseltechnologien aus Forschung und Industrie an einem Ort zusammenbringt und vernetzt. Veranstaltungen verschiedener Formate, ob branchenspezifisch oder interdisziplinär, bis hin zu internationalen Messen, alle
Dialogformen sollen genutzt werden, um Synergien zu schaffen und um den Berliner Forschungs-,
Bildungs- und Industriepark 4.0 als Zukunftslabor für
Deutschland zu entwickeln.

• Die Fachkräfte von morgen müssen schon heute begeistert werden. Dafür soll auf dem Gelände ein
Bildungspark mit Science-Labs und Work-Spaces z.B. in Kooperation mit Stiftungen und Bildungsträgern entstehen, wo Kinderaugen aller Altersgruppen zum
Leuchten gebracht werden. Diese Bildungsangebote sollten zum Pflichtprogramm Berliner Schulen werden.
• Ein solches Projekt erregt nur breite öffentliche
Aufmerksamkeit, wenn es auch architektonisch aus der Normalität von Gewerbeparks heraussticht.
Das Leitgebäude des Forschungs-, Bildungs- und
Industrieparks 4.0 muss deshalb eine Sehenswürdigkeit werden, die die Branchen futuristisch verkörpert und zum Anziehungspunkt wird. Dass selbst
Industrieanlagen eine touristische Attraktion sein können, beweisen die Müllverbrennungsanlagen in
Osaka/Japan und Kopenhagen/Dänemark, letztere mit integrierter Skipiste.
Müllverbrennungsanlage Amager Bakke in Kopenhagen mit Skipiste c ARCHITEKTONISCHE UNTERSTREICHUNG