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A.2 Investitionsoffensive
A.2 Investitionsoffensive
Dringend Konjunktur ankurbeln
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Experten, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften sind sich einig. Nachdem die Corona-Politik mit ihren Lockdowns und Arbeitsverboten die Berliner Wirtschaft ins Mark getroffen hat, braucht es zur Wiederbelebung neben einer klaren Öffnungsperspektive dringend konjunkturfördernde Impulse. Einer dieser Hebel, den die Politik nun dringend betätigen muss, sind Investitionen.
Nach Meinung von Reiner Hoffmann, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), ist in Deutschland in 2020 "… der Arbeitsmarkt vor dem Absturz bewahrt worden und die Hilfen haben stabilisierend gewirkt. Nun müssen wir massiv in die Modernisierung der Wirtschaft investieren. ... Es wäre fatal, jetzt mit einer Sparpolitik den Haushalt wieder ausgleichen zu wollen.“ Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin:"… der Neustart wird kein Selbstläufer. Jetzt ist ein kluger Dreiklang aus Entlastung, Förderung und Investition notwendig.“
Umso wichtiger ist es nun, dass Unternehmen und die öffentliche Hand den Neustart nach dem Lockdown zu einer
Investitionsoffensive nutzen.“
MARTIN GORNIG Forschungsdirektor für Industriepolitik und stellvertretender Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW)
Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hob in seinem Policy Paper schon 2018 hervor: „Dass öffentliche Investitionen einen positiven gesamtwirtschaftlichen Effekt aufweisen, haben bereits zahlreiche Studien belegt.“ Einer neuen Studie des DIW zufolge setzen öffentliche Investitionen „Investitionsketten in Gang und regen die private Investitionstätigkeit so nachweislich und spürbar an. …Ein Euro öffentlicher Bruttoanlageinvestitionen generiert im Durchschnitt über alle Jahre und Zustände rund 1,5 Euro private Investitionen.“ Als Fazit erachtet die Studie besonders in Wirtschaftskrisen öffentliche Investitionen als „ein außerordentlich gutes Stabilisierungsinstrument.“
Dem Senat fehlt es dabei auch nicht an möglichen Investitionsprojekten. Ganz im Gegenteil. Über Jahrzehnte hat sich ein Investitionsrückstand angehäuft. Der gesamte Erhaltungs- und Investitionsbedarf des öffentlichen Sektors ist allerdings weitgehend unbekannt. Er liegt nach unserer Schätzung bei ca. 35 Milliarden Euro. Bekannt ist lediglich, dass öffentliche Einrichtungen, Bezirksämter, Schulen, Straßen, Brücken, Polizei- und Feuerwehrgebäude und vieles mehr marode sind, teilweise einstürzen und dringend saniert werden müssen. Verantwortlich für diesen desolaten Zustand sind politische Fehlentscheidungen der Vorgängerregierungen.
Für eine nachvollziehbare und nach Prioritäten abzuarbeitende Investitionsoffensive bedarf es zuerst eines genauen Überblicks der tatsächlichen Situation. Erst danach ist eine Priorisierung möglich. Die Investitions- und Sanierungsmaßnahmen sind auf dieser Grundlage zu formulieren und nicht wie bisher unter Rot-Rot-Grün nach ideologischen Vorgaben.
Investitionen bringen langfristig Rendite, doch Berlins Bauinvestitionsquote lag bisher nur bei drei Prozent. Zum Vergleich: Andere Länder schaffen das Doppelte. In Berlin werden nicht genügend Straßen gebaut, der U-Bahn-Ausbau wird aus ideologischen Gründen vernachlässigt. Andere öffentliche Bauaufträge? Fehlanzeige. Allein in der Verkehrsinfrastruktur liegt der Investitionsstau bei 1,4 Milliarden Euro. Das Geld ist da, doch wenn der Senat nur ein Drittel der benötigten Summe investiert, muss man sich über bröckelnde Brücken wie der Rudolf-Wissell-Brücke, der Autobahnbrücke in Westend und gleichzeitig längsten Brücke der Stadt, nicht wundern. Insgesamt sind etwa 100 der rund 830 Brücken der Stadt marode. Doch Rot-Rot-Grün zieht es vor, die Steuergelder im Gießkannenprinzip zu verteilen und ihrer Klientel zu geben.
Kostenfreie Kitas sind schön und wichtig, aber dafür steht man ewig auf kaputten Straßen im Stau.“
ROBERT MOMBERG Chef des Bauindustrieverbands Ost
Momberg beklagt: „Berlins Politik arbeitet gegen die Bauwirtschaft.“ und bezichtigt den Senat, den U-Bahn-Bau ideologisch abzulehnen, Projekte zu verschleppen und Berlin in eine autofreie Stadt umbauen zu wollen.
Unser detailliertes Verkehrskonzept „Schnell, zuverlässig, sicher und fortschrittlich. 2019-2050“ hat zahlreiche, dringend nötige Investitionsprojekte aufgelistet. Aber auch in anderen Bereichen wie dem Wohnungsbau, der Stadtentwicklung oder in der Bildungspolitik sind unzählige Löcher, die geflickt werden müssen. Ausführlich haben
wir in unserem Bildungskonzept „Zurück in die Zukunft“ und im Konzept „Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung 2020-2050“ klar gemacht, wo und wie Defizite auszumerzen sind. Allein auf dem Wohnungsmarkt fehlen in Berlin 310.000 bezahlbare Wohnungen, deutlich mehr als anderswo.
Wo die Wohnungsnot groß ist144
so Viele BezahlBare wohnungen fehlen in... stand JaHr 2018
Berlin
Hamburg Köln
München
Bremen
Hannover
Dresden
Leipzig Düsseldorf
Nürnberg
Quelle: Lebuhn u.a. 2018 150.000 86.000 79.000 54.000 49.000 46.000 46.000 44.000 43.000 310.000
Diesem drängenden Problem begegnet Rot-Rot-Grün jedoch nicht mit Wohnungsbau, sondern mit einem Kauf bestehender Wohnungen. Das Fatale: Dadurch entsteht keine einzige neue Wohnung.
So ist es aus Sicht der Wirtschaft unverständlich, warum allein 100 Millionen Euro für den Ankaufsfonds geplant sind, der es
Bezirken ermöglicht, im Rahmen des Vorkaufsrechts Wohnungen zu kaufen. Das hat nichts mit der Bewältigung der Corona-Krise zu tun und sehr viel mit Klientelpolitik. Wohnungsbau wäre konjunkturfördernd, Wohnungskauf ist es nicht.“
JAN EDER Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin
Projekte und Investitionsmöglichkeiten gibt es also zur Genüge. Der Industrieverband BDI und der Deutsche Gewerkschaftsverbund mahnen schon seit langem, dass Deutschland bundesweit einen enormen Investitionsbedarf in Bereichen wie Bildung, Digitalisierung, Gesundheitswesen, Wohnungsbau, Straßen und den öffentlichen Personennahverkehr hat und forderten schon vor der Corona-Krise eine bundesweite Investitionsoffensive in Höhe von 450 Milliarden Euro verteilt über die nächsten zehn Jahre.
Im OECD-Vergleich erreichte Deutschland 2018 mit 2,4 Prozent des BIP öffentlicher Investitionen den sechstletzten Platz von 30 Staaten. Das sollte zu denken geben.
Öffentliche Investitionen im OECD-Vergleich148
prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nacH Ländern Im JaHr 2018
Türkei
Ungarn Norwegen Lettland
Estland
Japan Australien
Polen
Schweden
Südkorea
Finnland
Slowenien
Griechenland
Frankreich
USA
Niederlande
Litauen
Mexiko Österreich
Dänemark
Schweiz
Vereinigtes Königreich Slowakei
Belgien Deutschland
Tschech. Republik Italien
Spanien Irland
Portugal
0 1 2 3 4 5 6 7 8
Quellen: IW Policy Paper 18.11.2019, Haver Analytics; Institut der deutschen Wirtschaft, Oxford Economics
Investitionspolitik ist Zukunftspolitik. Und genauso muss sie auch behandelt werden, nämlich als Chefsache und gerade in Wirtschaftskrisen als Stabilisierungsinstrument. Um das zu erkennen und umzusetzen muss man sich nicht erst in der Welt wie z.B. in Singapur umschauen, wo staatliche Aufträge eingesetzt werden, um Wirtschaftsschwankungen aufzufangen. Es genügt, ideologischen Ballast abzuwerfen und Experten aus Wirtschaft und Industrie offen zuzuhören.
Unsere Position:
Die so stark wie noch nie geschädigte Berliner Wirtschaft muss dringend wiederbelebt werden. Dazu braucht es konjunkturfördernde Impulse wie Investitionen der öffentlichen Hand. Diese sind in dieser Wirtschaftskrise jedoch nicht zögerlich, sondern als Offensive zu realisieren.
Die AfD-Fraktion in der Hauptstadt fordert:
• In Berlin hat sich über Jahrzehnte ein immenser
Investitionsrückstand angehäuft. Der gesamte
Erhaltungs- und Investitionsbedarf des öffentlichen Sektors beläuft sich nach unserer
Schätzung auf ca. 35 Milliarden Euro. Die Politik muss mit dem Rückbau dieses Investitionsrückstaus sofort beginnen.
• Für eine nachvollziehbare und nach Prioritäten abzuarbeitende Investitionsoffensive bedarf es zuerst eines genauen Überblicks der tatsächlichen
Situation. Erst danach ist eine Priorisierung möglich. Die Investitions- und Sanierungsmaßnahmen sind auf dieser Grundlage zu formulieren und nicht wie bisher unter Rot-Rot-Grün nach ideologischen Vorgaben.
• Unsere detaillierten Konzepte für eine vernünftige
Verkehrspolitik, eine exzellente Bildungspolitik und für den Bereich Bauen, Wohnen und
Stadtentwicklung haben unzählige Investitionsprojekte identifiziert. Diese gilt es der Priorität entsprechend umzusetzen.