Informationsbrief Juni 2019

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oder »Retterliebe i?« Rechthabere lisation

d Evange Bekenntnis un in Kassel am 19.10.2019 othmann mit Thomas K zany und Ulrich Par 7 siehe S. 26/2

Aus dem Inhalt

Neues aus Kirche und Welt Aus Lehre und Verkündigung Elia am Horeb – Predigt zu 1.Könige 19,1–13 Vorgeburtliche Diagnostik und Selektion Der Christ: In der Welt, doch nicht von der Welt 5G – Tolle Welt oder Horrorwelt? Als Seelsorger in einer Reha-Klinik Aus Kirche und Gesellschaft Zum Zeugnis berichtet Aus dem Pietismus Aus den Bekennenden Gemeinschaften Bekenntnistag 2019 Buchrezension

ISSN 1618-8306

Juni 2019 Nr. 316

Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium«


kurz+bündig Personen

Kirche weltweit

Altbischof Siegfried Springer †

Landesbischof July ­Vorsitzender des Deutschen Nationalkomitees des LWB

Der langjährige Bischof (1992–2007) der EvangelischLutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER), Siegfried Springer, ist kurz vor Vollendung des 89. Lebensjahres in Bad Sooden-Allendorf verstorben. Springer leitete den Wiederaufbau dieser jahrzehntelang in der Sowjetunion verfolgten Kirche. Sie umfasst heute etwa 15 000 Gemeindemitglieder in 170 Gemeinden. Der im Nordkaukasus geborene Springer musste als Kind unter der stalinistischen Herrschaft leiden: Sein Vater und sein Großvater wurden erschossen. Von 1976 bis 1987 war Springer Aussiedlerpfarrer im Auftrag des Rates der EKD; 1989 übernahm er die Leitung der Ostkirchen- und Aussiedlerarbeit der hannoverschen Landeskirche.

Kirche in Deutschland Pfalz: Neue Stellvertreterin des Kirchenpräsidenten

Stellvertreterin von Kirchenpräsident Christian Schad ist Oberkirchenrätin Marianne Wagner. Sie löste Oberkirchenrat Michael Gärtner ab, der Ende März in den Ruhestand ging. Marianne Wagner beschreibt sich selbst als »fromm und politisch«. 2

Der württembergische Landesbischof Frank Otfried July (64) ist zum Vorsitzenden des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (LWB) gewählt worden. Er löste Bischof Gerhard Ulrich (67) von der Nordkirche ab, der in den Ruhestand trat. Orthodoxie: Ukraine ­gründete eigene Kirche

Die Ukraine hat sich mit der Gründung einer eigenen orthodoxen Nationalkirche weiter von Russland gelöst. Die Bischöfe aus zwei ukrainischen Kirchen fassten Ende vergangenen Jahres auf einer Synode in Kiew einen Beschluss von historischer Tragweite, denn Kirchenspaltungen sind oft nicht oder zumindest kaum mehr zu heilen. Die Russisch-Orthodoxe Kirche wehrt sich dagegen, doch die oberste Autorität der Orthodoxie, Patriarch Bartholomaios in Istanbul, unterstützt die Loslösung.

vier Jahren ungewöhnlich lange warten. Normalerweise finden Katholikentage alle zwei Jahre statt. Doch weil für 2021 ein Ökumenischer Kirchentag in Frankfurt vorgesehen ist, findet 2020 kein Katholikentreffen statt. »Alexa« als Seelsorgerin

Das Bistum Essen nutzt den Amazon-Sprachassistenten »Alexa« für seine Seelsorgearbeit. Anrufer könnten dem digitalen Sprachassistenten »Alexa« auf den AmazonGeräten mitteilen, wie sie sich gerade fühlen. Aus einer Datenbank würde dann ein jeweils passendender 90-sekündiger Denkanstoß, Impuls oder eine Gedankenanregung abgespielt.

Evangelikalismus Neuer Geschäftsführer im AB-Verein

Verwaltungsleiter des Bibelheims »Bethanien« (Karlsbad-Langensteinbach bei Karlsruhe) und AB-Geschäftsführer ist jetzt Dr. Fritz Wengler (61).

Katholische Kirche

Ausbildung

Katholikentag 2022 in Stuttgart

Vorstand der Bahnauer Bruderschaft hat sich ­konstituiert

Der Katholikentag soll vom 25. bis 29. Mai 2022 in Stuttgart sein. Dies ist dann nach 1925 und 1964 der dritte Katholikentag in Stuttgart. Nach dem Katholikentag in Münster 2018 müssen die Laien mit

Der neue zehnköpfige Vorstand der Bahnauer Bruderschaft in Weissach im Tal (bei Stuttgart) hat sich konstituiert. Zusammen mit Direktor Thomas Maier leitet er die

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bekannte Missionsschule in Weissach im Tal. Vorsitzender des Gremiums ist für weitere sechs Jahre Ralf Dörr, leitender Jugendreferent des Bezirks­ jugendwerks in Reutlingen.

Diakonie Neuer Justiziar beim Diakonischen Werk Württemberg

Der Jurist Reiner Hellwig (51), bisher kaufmännischer und verlegerischer Leiter der Deutschen Bibelgesellschaft, leitet seit März die Abteilung Justiziariat, Arbeits- und Sozialrecht des Diakonischen Werkes Württemberg (Stuttgart). In dessen Zuständigkeit gehört die Rechtsberatung der Diakonie-Sozialstationen.

Medien Horst Marquardt ist Blogger

Pastor Horst Marquardt (89, Minden) veröffentlicht seit Dezember 2018 geistliche Impulse auf seinem Blog, der den Namen »Marquardts Bilanz« trägt. Seit der Gründung von idea (Informationsdienst der Evangelischen Allianz) 1970 bis zum Jahr 2017 war er dessen Vorsitzender. Er war zudem maßgeblich an der Gründung von ERF-Medien und dem Christlichen Medienverband KEP beteiligt.

kurz+bündig

Personen +++ Kirchen +++ Glauben +++ »Modernes Leben«

Ethik Trisomie 21: Bluttest wird wohl Kassenleistung

Ein Bluttest bei Schwangeren, mit dem sich das DownSyndrom bei ungeborenen Kindern erkennen lässt, könnte Krankenkassenleistung werden. Der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), in dem Krankenkassen, Ärzte, Kliniken und Patientenvertreter sitzen, verabschiedete einen entsprechenden Vorschlag. Der Test ist umstritten, da zu befürchten ist, viele Eltern entscheiden sich nach einem positiven Ergebnis für eine Abtreibung, was deren Zahl wiederum erhöht.

CVJM-Ostwerk Wechsel im Vorstand des CVJM-Ostwerks

Der Pädagoge Marco Koppe (34, 2. v. l.) ist neuer Vorsitzender des Christlichen Vereins Junger Menschen in Berlin und Brandenburg, dem CVJM-Ostwerk (mit 21 Ortsvereinen und mehr als 750 Mitgliedern). Er löst den Historiker Johannes Leicht (40, 3. v. l.) ab, der die Position seit zwölf Jahren innehatte und nun Leitungsaufgaben in einer Gemeinde in Potsdam übernehmen wird.


kurz+bündig Gesellschaft

Spahn will Verbote für »Umerziehung«

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) strebt ein Verbot für Therapien zur Immer mehr Studien ver»Heilung« von Homosexualität deutlichen, dass viel Zeit vor an. »Homosexualität ist keine dem Bildschirm wirklich nicht Krankheit, und deswegen ist sie gesund ist – vor allem für Kinauch nicht therapiebedürftig«, der. Forscher des Cheo-Instituts so Spahn, der selbst homoseder Universität von Ottawa xuell ist. Er wolle mit Justizmiund der Carleton-Universität nisterin Katarina Barley (SPD) wiesen in einer Studie nach, über ein Verbot der »Konverdass Kinder, »die mehr als zwei sionstherapien« sprechen. Das Stunden am Tag vor BildschirGesetz solle »klar genug« sein, men verbringen«, tatsächlich damit es Wirkung entfalte. an »geistiger Beweglichkeit« einbüßen. Übermäßiger Medienkonsum ist besonders für Kinder schädlich

Islam

Bargeldlose Gesellschaft ­fördert Überwachung

Gerald Mann, Professor für Volkswirtschaft in München, hat gegenüber dem öffentlichrechtlichen Fernsehen vor einer bargeldlosen Gesellschaft gewarnt. Die Angst vor der totalen Überwachung sei in einer Gesellschaft ohne Münzen und Scheine »sehr, sehr berechtigt«. Ohne fassbares Geld »verlieren wir auch den letzten Rest, wo wir nicht überwacht sind«.

»Populist« wird Moslem Diözese gründet Islam-Fachbereich

Die Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart richtete zum Jahresbeginn den Fachbereich »Muslime in Deutschland« ein. Sie wolle so ihr InFast jeder dritte Häftling ist formationsangebot zum Islam Ausländer »wegen der großen Nachfrage Der Ausländeranteil in deut- verstetigen und ausbauen«. schen Gefängnissen ist in den Leiter des Fachbereichs ist der vergangenen Jahren weiter stark promovierte Islam- und Religestiegen. Laut einer Antwort gionswissenschaftler Hussein der Bundesregierung befanden Hamdan. Ziel sei, das muslisich zum 31. März 2017 insge- mische Leben zur Diskussion samt 51 643 Strafgefangene und zu stellen und Fortbildungen Sicherheitsverwahrte in deutanzubieten. schen Justizvollzugsanstalten. Davon waren 15 522 Ausländer Antisemitische Gewalt oder Staatenlose. Dies entmeist durch Muslime spricht einem Anteil von rund Die polizeiliche Statistik zur 30 Prozent. »Politisch Motivierten Krimina4

lität« (PMK) steht hinsichtlich antisemitischer Straftaten in offensichtlichem Widerspruch zur Wirklichkeit. Darauf hat die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW, Berlin) aufmerksam gemacht. 2017 wurden 94 Prozent der 1504 erfassten Taten Rechtsextremen zugeordnet. Wie der EZW-Referent Pfarrer Kai Funkschmidt im »Materialdienst« der EKD-Einrichtung schreibt, gehen antijüdische Gewalttaten in den letzten Jahren in Westeuropa aber »ganz überwiegend auf das Konto von Muslimen«. Deutschland sei dabei keine Ausnahme. In den Niederlanden ist ein Weggefährte des als »Rechtspopulisten« bezeichneten Geert Wilders zum Islam konvertiert. Joram van Klaveren hatte im Parlament stets gegen den Islam gekämpft, etwa für ein Verbot von Minaretten. Zur Begründung seiner Konversion sagte er, bei der Arbeit an einem Buch zum Islam habe er seine Meinung geändert. Boxen mit »Hijab«

Das ist selbstredend. Erfolg hatte der Antrag des deutschen Verbandes: Teilverschleierte Boxerinnen dürfen künftig um internationale Titel kämpfen. Zeina Nassar (19), Berliner Federgewichtlerin mit libanesischen Wurzeln, kann aufs Olympia-Ticket hoffen.

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Aus Lehre und Verkündigung mm Die Predigt muss ein Zeugnis sein, und zwar ein durch Gebet vermitteltes Zeugnis. August Friedrich Christian Vilmar (1800–1868)

mm Gottes Wort fälschen ist weit ärger als ­Unterschriften oder Münzen fälschen.

August Friedrich Christian Vilmar (1800–1868)

mm Die Leute treten heute nicht aus der Kirche aus, weil sie keinen Glauben haben, sondern weil sie ihn in meiner Kirche nicht mehr finden.

Landesbischof i. R. Hermann Dietzfelbinger m (1908–1984, bayerischer Landesbischof 1955–1975) m im Gespräch mit Heinz Matthias

mm Eine Kirche wird dem Martyrium ­entfremdet, wenn sie von den öffentlichen Mächten ­anerkannt bzw. geduldet wird oder wenn in ihr Unklarheit hinsichtlich ihres Auftrags herrscht. Manfred Seitz (1928–2017)

Der noch sieht in Nacht und Fluch eine Spur von deinem Lichte, ohne den die Weltgeschichte wüster Greuel nur ein Buch. Dass, wo trostlos unbeschränkt dunkle Willkür scheint zu spielen. Liebe doch nach ew’gen Zielen die verborg’nen Fäden lenkt. Dass, ob wir nur Einsturz schau’n, Trümmer, schwarzgeraucht vom Brande, doch schon leise durch die Lande waltet ein geheimes Bau’n.

mm Betrachte dich auf Erden immer als ­einen ­Fremdling und Gast, welchen die ­Weltgeschäfte nichts angehen. Erhalte dein Herz frei und zu Gott gewendet, denn du hast hier keine ­bleibende Stätte.

Dass auch in der Völker Gang Wehen deuten auf Gebären, und wo tausend weinten Zären, einst Millionen singen Dank.

Thomas von Kempen (1380–1471; Nachfolge I, 24,9)

mm Alles , was du denkst und tust, soll so gedacht und so getan werden, als wenn du heute noch sterben müsstest […] Selig, wer die Stunde des Todes immer vor Augen hat und sich täglich zum Sterben rüstet! Thomas von Kempen (1380-1471; Nachfolge I, 23, 4)

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mm Herr, in dieser Zeit Gewoge,m da die Stürme rastlos schnauben, wahr’, o wahre mir den Glauben, der noch nimmer mich betrog.

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Ja, dass blind und unbewusst deiner Gnade heil’gen Schlüssen selbst die Teufel dienen müssen, wenn sie tun nach ihrer Lust. Herr, der Erdball wankt und kreist, lass, o lass mir diesen Glauben, diesen starken Hort nicht rauben, bis mein Geist dich schauend preist! Emanuel Geibel (1815–1884)

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Elia am Horeb Predigt zu 1.Könige 19,1––13 Johannes Frey Liebe Schwestern und Brüder im Herrn Jesus Christus, liebe Freunde. Wir lesen im ersten Buch der Könige im 19. Kapitel: »Elia ging in die Wüste hinein eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben und sprach: ›Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele!‹« Der Mann ist am Ende. Er ist völlig am Boden. Kennst du das? Dann ist das hier vielleicht auch deine Geschichte. Zumindest wünsche ich es dir von Herzen, dass diese Geschichte deine Geschichte wird. Elia bleibt nämlich nicht am Boden, sondern Gott richtet ihn wieder auf. Und danach darf er Gott ganz persönlich kennenlernen. Aber Gott war schon da, als Elia ganz unten war. Gott hatte das auch schon eingeplant. Er hat den Elia drei Schritte geführt, um ihn ganz nah zu sich hinzubringen. Ich möchte mit Ihnen Elia bei diesen Schritten begleiten. Und ich bitte Gott, dass wir alle ihm auf diesem Weg begegnen dürfen. Der erste Schritt. Davon haben wir eben schon gelesen: Gott führt in die Tiefe. Das klingt gar nicht gut. Aber ich möchte diesen Schritt trotzdem mitgehen. Denn dann folgt der zweite Schritt: Gott führt aus der Tiefe. Aber das ist noch nicht alles. Es kommt der dritte Schritt: Gott zeigt sich, wie er ist. Das ist allerdings ganz anders, als Elia sich das vorgestellt hat. Und ich denke, das ist auch anders, als wir es erwarten würden. Zumindest habe ich mir Gott schon oft anders gewünscht, als wie er sich hier zeigt. Aber mir wird immer mehr deutlich, dass es mein Glück ist, dass Gott anders ist. Darum will ich jetzt auch diesen Schritt gerne mitgehen.

Johannes Frey Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30

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Kehren wir also noch einmal zum Anfang zurück – Vers vier: »Elia ging in die Wüste hinein eine Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu sterben.« Elia ist verzweifelt. Es klingt vielleicht verrückt, wenn ich sage, dass diese Verzweiflung für Elia gut ist. Aber es stimmt trotzdem. Denn das ist der erste Schritt auf seinem Weg zu Gott. Und das kann auch der erste Schritt auf deinem Weg zu Gott sein. Jedenfalls war er es für mich.

Gott führt in die Tiefe Elia kann nicht mehr und Elia will nicht mehr. Der Prophet ist am Ende. Was ist da passiert? Wir blenden kurz zurück. In Israel regiert Ahab. Er hat die phönizische Prinzessin Isebel geheiratet. Die glaubt nicht an den einen Gott, sondern an das Götterpaar Baal und Aschera. In dieser Religion geht es vor allem um Fruchtbarkeit. Baal und Aschera sind zuständig für Wohlstand, für Nachwuchs – und für Sex. Es ist ein Kult der Zügellosigkeit. Prostitution gehört zum Gottesdienst. Bei der Hochzeit hat Isebel achthundertfünfzig Propheten dieses Götzenpaares mit nach Israel gebracht. Die machen nun Reklame für Baal und Aschera. Die Propheten Gottes lässt sie nach und nach umbringen. Und Ahab? Der sieht das alles mit an. Nur den Propheten Elia beschützt er vor der Mordlust seiner Frau. Mit dem alten Gott will er es doch auch nicht ganz verderben. Man kann ja nie wissen. Inzwischen sind zweitausendachthundert Jahre vergangen. Und doch werde ich den Eindruck nicht los, dass dieser Ahab auch ganz gut in unsere Zeit passen würde. Irgendwie sind wir alle Christen. Und Deutschland ohne Kölner Dom, das würde doch im Ernst niemand wollen. Gott gehört schon irgendwie dazu. Bloß sich in unser Leben einmischen, das darf er nicht. Diese beiden Götter Baal und Aschera scheinen mir höchst lebendig zu sein. In meiner Kindheit sagte man: »Geld regiert die Welt.« Allerdings sagte man es – damals – mit einem Augenzwinkern. Denn man fand das eigentlich JUNI 2019

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übertrieben. Dieses Augenzwinkern ist heute weg. Denn es ist nicht übertrieben. Wenn es um Sex geht, ist der Gott der Bibel längst abgemeldet. Auf diesem Gebiet hat die Aschera die Macht übernommen. Prostitution gilt inzwischen als ehrbares Gewerbe. »Geil« ist zum Austauschbegriff für »gut« geworden »Geiz ist geil«. Und Pornographie ist bis in höchste Kreise akzeptiert. Ich brauche da keine Namen zu nennen. Zugleich stellt die religiöse Vielfalt in unserer Gesellschaft alles in den Schatten, was Ahab und Isebel sich damals geleistet haben. Da wird der Gott der Bibel verehrt – und zugleich der Gott des Koran – und ebenso die Million Götter des Hinduismus. Und die Geister des Schamanismus. Hexenkulte und Magie – weiße und schwarze. Astrologie und Wahrsagerei. Alles konkurriert gleichberechtigt auf dem religiösen Markt. Das können wir nicht ändern. Das ist die Kehrseite der Religionsfreiheit. Und die ist ein hohes Gut. Das müssen wir tapfer verteidigen. Auf dem Markt muss Raum sein für alle Götter. Aber für wie viele Götter kann in unseren Kirchen Raum sein – und in unseren Herzen? Das war die Frage, die den Elia beschäftigt hat. Für ihn war klar: Du kannst nur einen Gott haben – und keinen anderen Gott daneben. Darum ist Elia dem Ahab in den Weg getreten. Er hat ihm gesagt: Hör auf mit dem Hinund-her-Geeiere zwischen Gott und Baal. Entscheide dich! Du musst ja nicht Roulette spielen. Du musst nicht auf gut Glück entscheiden, welchem Gott du glaubst. Du sollst auch nicht einfach blind die Tradition übernehmen. Du sollst eine begründete Entscheidung treffen. Darum: Mach den Test. Probier es aus, welcher Gott der wahre ist. Schaff mir die achthundertfünfzig Propheten von Baal und Aschera auf den Berg Karmel. Und hol alle dazu, die in Israel wichtig sind. Lass die Baalspropheten ein Opfer vorbereiten für ihren Gott. Ich will eines vorbereiten für Jahwe. Und dann wollen wir sehen, welcher Gott in der Lage ist, sein Opfer selber anzuzünden. So geschah es. Alle waren da. Alles war bereit. Elia sagte: »Ihr seid mehr. Ihr dürft anfangen.« Die Baalspropheten haben gerufen, geschrien, sie haben sich selbst verstümmelt, sie haben ein riesen Spektakel veranstaltet, um ihren Gott auf Trab zu bringen. Aber es passierte – nichts. Da sagte Elia: »Jetzt bin ich dran.« Er betete zu Gott: »Zeig diesem Volk, dass du Gott bist.« Er hatte kaum ausgeredet, da fiel Feuer vom Himmel. Es verbrannte das Opfer. Und es INFORMATIONSBRIEF 316

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zerstörte sogar noch die Steine des Altars. Die Massen, die da zuschauten, waren natürlich begeistert. Alles brüllte: »Jahwe ist Gott! Jahwe ist Gott!« Die Propheten Baals wurden gepackt und auf der Stelle niedergemetzelt. Elia hatte gewonnen. Man sollte meinen, dass es jetzt mit der Baalsreligion vorbei gewesen wäre. Aber am nächsten Tag ist alles wieder wie vorher. Das Wunder ist vorbei. Die Begeisterung ist auch vorbei. Baal und Aschera, Geld und Sex stehen wieder ganz oben. Elia ist allein. Und Isebel hat die Macht. Und sie schäumt vor Wut. Und sie lässt Elia sagen: »Ich bring dich um!« Im selben Augenblick ist der Siegesrausch verflogen. Aus dem Gotteshelden vom Karmel wird ein Hase, dem die Hunde im Nacken sitzen. Er rennt davon, so schnell er kann. Er rennt über die Grenze. Er rennt durch das Nachbarland Juda und wieder über die Grenze und noch zwanzig Kilometer in die menschenleere Wüste hinein. Unter einem Busch bricht er zusammen. Er kann nur noch heulen: »Gott, lass mich sterben.« Warum will Elia sterben? »Ich bin nicht besser als meine Väter.« Elia denkt wohl: Wer gut ist, darf leben. Wenn ich nicht gut bin, dann hat mein Leben keinen Sinn. Ich habe zwar viel getan – aber ich habe doch nichts geschafft. Ich habe mich für Gott eingesetzt – aber ich habe doch nichts erreicht. Ich habe den Leuten einen zwingenden Gottesbeweis präsentiert – aber keiner glaubt. Alles war umsonst. Wozu lebe ich noch? Elia ist am Ende. Aber dieses Ende wird zum Anfang. Denn an seinem Ende begegnet ihm Gott. Und wer am Ende ist, der darf jetzt aufhorchen. Wenn du merkst, dass du überhaupt nichts für Gott tun kannst, wenn du merkst, dass du deiner Aufgabe nicht gewachsen bist, wenn du merkst, dass du den liebsten Menschen nicht zum Glauben führen kannst, wenn du merkst, dass du deinen Kindern niemals geben kannst, was du ihnen schuldig bist, wenn du denkst: Alles, was ich getan habe, war vergeblich, wenn du merkst, dass Gott dich eigentlich gar nicht brauchen kann, dann will Gott dir begegnen. Denn dazu ließ Gott dich ans Ende kommen. Sieh den Elia: »Ich bin nicht besser als meine Väter.« Ja, ist Gott denn darauf angewiesen, dass du gut bist? Wer ließ denn das Feuer vom Himmel fallen? Warst du das etwa, Elia? Hat das nicht Gott getan? Elia hat bisher gedacht: Auf mich kommt es an. Den Sieg über Baal hat er – zumindest ein Stück weit – sich zugeschrieben. Und wenn die7


ser Sieg in Israel die Wende zu Gott gebracht hätte, dann hätte Elia geglaubt: Ich habe es geschafft. Ich habe Israel zu Gott zurück gebracht. Aber Gott lässt Elia merken, dass er gar nichts tun kann. Und jetzt – als er am Ende ist – da lernt Elia, was Glaube ist. Der zweite Schritt:

Gott führt aus der Tiefe Wir lesen von Vers fünf an: »Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: ›Steh auf und iss!‹ Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen. Und der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal und rührte ihn an und sprach: ›Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.‹ Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.« Elia wollte etwas für Gott tun. Aber nun tut Gott etwas für Elia. Der Glaubensheld wird zum Kind. Wie eine Mutter ihrem kranken Kind einen Teller Brei auf den Nachtschrank stellt, so stellt Gott dem Elia etwas zu essen hin. Gott kümmert sich um Elia. Und so wird das Ende zum Anfang. Das Ende der eigenen Möglichkeiten wird zum Anfang der Möglichkeiten Gottes. Mit seiner mütterlichen Fürsorge bringt Gott den Elia auf einen neuen Weg. Und dieser Weg führt geradewegs zu Gott selber hin. Die Todesangst hat Elia bis in die Wüste gejagt. Aber die Kraft Gottes hat ihn zum Berg Horeb getragen. Damit fängt das Neue an: Nachdem Elia vom Helden zum Kind geworden ist – wird er nicht mehr getrieben – sondern er wird getragen. Jesus sagt: »Nur wer wie ein Kind wird, kann das Reich Gottes sehen.« Helden – auch Glaubenshelden müssen draußen bleiben. Aber wer nicht mehr gehen kann, den trägt Gott. Wohin? Elia kommt zum Berg Gottes. Zum Horeb. Das ist für Elia das, was für uns heute der Gottesdienst ist. Der Horeb ist der Ort, wo Gott zu finden ist. Das ist kein besonders einladender Ort. Auf den Horeb geht man nicht zum Picknick. Auf dem Horeb würde kein Mensch Urlaub machen. Auf dem Horeb kann man es sich nicht gemütlich machen. Eine Steinwüste 8

ist das – unwirtlich und lebensfeindlich. Wer dort hingeht der muss schon solche Sehnsucht nach Gott haben, dass ihm alles andere egal ist. An diesem Platz begegnet Elia dem lebendigen Gott. Hier lernt er ihn endlich kennen. Der Mann, der die Kraft Gottes erfahren hat – er muss erkennen, dass er Gottes Wesen noch gar nicht kennt. Das ist der dritte Schritt:

Gott zeigt sich, wie er ist Wir lesen von Vers elf an: »Der Herr sprach: ›Tritt hin auf den Berg vor den Herrn! Und siehe, der Herr wird vorübergehen.‹ Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, kam vor dem Herrn her; der Herr aber war nicht im Winde. Nach dem Wind kam ein Erdbeben; aber der Herr war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen. Als das Elia hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel.« Elia dachte: Gott ist im Feuer. Oder im Sturm. Er dachte: Auf dem Karmel, in dieser Entscheidungsstunde, die dann doch keine Entscheidung gebracht hat, da wäre Gott den Menschen begegnet. Aber der Herr war nicht im Feuer. Das Feuer, das alle Bösen vernichtet, zeigt Gottes Macht. Aber es zeigt nicht sein Wesen. Der Prophet, der achthundertfünfzig Götzendiener über die Klinge springen ließ, der demonstrierte Gottes Macht. Aber Gottes Wesen blieb dabei verborgen. Die Macht, der sich niemand entziehen kann – sie ist nicht Gottes Wesen. Gott ist nicht im Feuer und nicht im Sturm – und auch nicht im Eifer des Propheten. Gott selbst ist in dem stillen, sanften Sausen. Das kann man überhören. Dem kann man sich entziehen. Dem kann man widerstehen. Gott zwingt niemanden, ihn anzuerkennen. Gott stellt uns in die Entscheidung – aber er nimmt uns die Entscheidung nicht ab. Gott kommt dir entgegen – aber er überlässt es dir, was du mit ihm machst. Er stellt uns frei, ihn zu hören – oder zu überhören. Er stellt es den Menschen frei, ihm zu folgen oder ihn zu verfolgen. Der Prophet Jesaja sagt: »Er wird nicht schreien noch rufen; und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen […] Er tat seiJUNI 2019

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nen Mund nicht auf – wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird.« Das ist Jesus. Dieser Gott lässt sich nicht nur ignorieren und überhören und übertönen. Dieser Gott lässt sich an ein Kreuz nageln. Diesen Gott kannst du verfehlen und du kannst ihn widerlegen. Und du kannst dich ihm entziehen. Das geht allerdings nur solange, bis du entdeckst, welche Liebe er für dich hat. Wer diese Liebe erkannt hat, der kann nur noch »Danke« sagen. »Danke« – und: »Nimm mein Leben. Es gehört dir.« Diese Liebe sucht nicht nach liebenswerten Menschen und nicht nach gläubigen. Diese Liebe gilt auch dem, der so am Ende ist, dass er nichts mehr glauben kann. Sie gilt auch dem, der noch nicht glauben kann, weil ihm so vieles dagegen zu sprechen

scheint. Sie gilt auch dem, der Gott nicht glauben kann, weil er einem Götzen auf den Leim gegangen ist. Diese Liebe sucht keine Glaubenshelden wie Elia auf dem Karmel. Sie sucht auch keine guten Menschen, die ihren Glauben überzeugend leben. Diese Liebe sucht leere Hände, die sie füllen kann. Diese Liebe steht am Ende – an meinem und deinem Ende. Diese Liebe ist da, wo wir am Ende sind und sie ist auch noch da, wo es mit uns zu Ende geht. Diese Liebe hat am Kreuz unsere Schuld getragen und sie ist unseren Tod gestorben. Aber diese Liebe hat am Ostermorgen unseren Tod besiegt und ewiges Leben eröffnet. Und diese Liebe gilt dir! Jetzt! W

Vorgeburtliche Diagnostik und Selektion unheilbar kranken und behinderten Lebens Kritische Würdigung des Beitrags der »Kammer für Öffentliche ­Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland« (EKD) Ulrich Eibach Zum Hintergrund Ziel des Beitrags der EKD Die vorgeburtliche Diagnostik (PND) ist ein immer wichtigerer Teil der Schwangerschaftsvorsorge. Sie kann dazu beitragen, dass unge-

Ulrich Eibach Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30 INFORMATIONSBRIEF 316

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borene Kinder schon im Mutterleib oder direkt nach der Geburt therapiert werden. In vielen Fällen ist aber keine Therapie möglich. Deshalb wird seit den Anfängen der PND vor etwa 40 Jahren vor allem darüber diskutiert, welche unheilbaren Krankheiten und Behinderungen einen Abbruch der Schwangerschaft rechtfertigen. Zur Diagnose genetisch bedingter Krankheiten muss man Zellen des ungeborenen Kindes durch einen Eingriff über den Mutterleib in die Fruchtblase gewinnen, was mit gewissen Risiken für Mutter und Kind verbunden ist (invasive PND). Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit, Zellen des Kindes aus dem Blut der Mutter zu gewinnen (nicht invasive PND = NIPD). So können derzeit vor allem Triso9


mien (dreifaches Vorhandensein eines Chromo- Lebensschutz und soms in den Zellen) diagnostiziert werden, ins- Selbstbestimmung besondere die Trisomie 21 (Down Syndrom). Diese Diagnostik wird auch direkt von Firmen Die ethische Problematik der PND besteht im Internet angeboten. Die Zahl der genetisch hauptsächlich darin, dass einerseits die Integrabedingten Krankheiten, die mittels der PND tion von behinderten Menschen in die Geselldiagnostiziert werden können, wird stetig zu- schaft gefordert wird und andererseits zugleich nehmen. Die NIPD eignet sich für »Rasterfahn- diagnostische Methoden mit dem Ziel angedungen« nach häufigen genetisch bedingten boten werden, die Geburt behinderter Kinder Krankheiten. Ihr wesentliches Ziel möglichst zu verhindern. Das Konist es, die Geburt kranker Kinder zu mm Aus christlicher zept von »Beratung«, das die EKD verhindern. Sicht ist und bleibt vorschlägt, soll das individuelle Die EKD hat im Oktober 2018 wie das gesellschaftliche Bewusstzu der PND überhaupt und insbe- jeder Mensch, auch sein für diese ethische Problematik sondere zur NIPD einen »evange- jeder ungeboreschärfen. Insbesondere die NIPD lischen Beitrag zur ethischen Urkann dazu führen, »dass einer ganne Mensch – wie teilsbildung und zur politischen zen Gruppe von Menschen mit ­versehrt auch Gestaltung« vorgelegt.1 bestimmten Eigenschaften (z.  B. Sie schlägt eine Beratung vor, die immer er ist – Trisomie 21) das Recht auf Levor der Diagnose einer Krankheit ben verwehrt« wird. Das hat dazu erfolgt. Sie soll der schwangeren ­Geschöpf Gottes, geführt, dass in Deutschland 90 Frau und ihrem Partner die Grund- dem von Gott eine Prozent der diagnostizierten Kinlagen für einen ethisch verantwort- unverlierbare Wür- der mit »Down Syndrom« getötet baren Umgang mit den pränatalen werden. Diagnosen anbieten. Dafür sprä- de zugesprochen Es ist also schon eine gesellche, dass vor der möglichen Di­ ist. schaftliche Erwartung entstanden, agnose einer Krankheit ohne zeitli»nur Kinder auszutragen, die der chen Druck ein Bewusstsein dafür gesellschaftlichen Norm entspregeschaffen werden könnte, ob man überhaupt chen«. Sie beeinflusst die Entscheidung der eine PND durchführen lassen möchte. Diese Be- schwangeren Frau. Ziel der vorgeschlagenen ratung der schwangeren Frau sei von grundle- Beratung ist es daher, einem Automatismus gender Bedeutung für einen ethisch verantwort- zur Abtreibung zu wehren, indem sie zur Stärbaren Umgang mit den Ergebnissen der PND. kung der individuellen Entscheidungsfreiheit Der »embryopathischen Indikation« für eine der schwangeren Frau beiträgt und zugleich ihr Abtreibung liegt schon heute meist das Urteil Gewissen dahingehend schärft, dass sie und ihr zugrunde, dass ein Leben mit einer ernsthaften Mann Verantwortung für das übernehmen, was Krankheit für das Kind selbst und für andere, sie entscheiden. Daher sollten in der Beratung in erster Linie die Eltern, dann aber auch für insbesondere die Auswirkungen der PND auf die Gesellschaft insgesamt, nicht zumutbar ist, die Menschen, die mit der gleichen Krankheit es also lebensunwert ist. Wenn das zuträfe, wür- leben müssen, und der Einfluss auf das Wertegede auch das Leben der mit solchen Krankheiten füge in der Gesellschaft insgesamt zur Sprache geborenen Menschen lebensunwert sein. Im kommen. Beitrag der EKD wird betont, dass es sich hier Aus christlicher Sicht ist und bleibt jeder um ein ethisches Problem handle, das gesamt- Mensch, auch jeder ungeborene Mensch – wie gesellschaftliche Bedeutung habe. versehrt auch immer er ist – Geschöpf Gottes, Die PND ist die Grundlage für neue Formen dem von Gott eine unverlierbare Würde zugeder Eugenik, die nicht – wie zu Beginn des 20. sprochen ist. Jahrhunderts, insbesondere im »Nazi-Regime« Daher gehört zu einem verantwortlichen – von oben verordnet wird, sondern sich »von Handeln, dass mit der Entscheidung über Leunten« entwickelt, und zwar durch das Ange- ben und Tod eines ungeborenen Menschen bot diagnostischer Methoden und durch ge- »nicht die Solidarität mit dem nicht perfekten sellschaftlich relevante Einstellungen wie die Leben infrage« gestellt und nicht zwischen »leVorstellung von der Planbarkeit auch des biolo- benswertem« und »lebensunwertem« Leben gischen Lebens nach menschlichen Wünschen, unterschieden wird. von einer heilen Welt ohne angeborene KrankErnsthafte Wahrnehmung der Verantworheiten und Behinderungen und einem Recht tung gegenüber dem eigenen Leben und dem auf ein gesundes Kind. Leben anderer besagt aber nicht, dass Men10

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schen nicht »zu sehr unterschiedlichen individuellen Entscheidungen gelangen können«, zu denen auch die Entscheidung zur Tötung eines ungeborenen Menschen gehört. An diesem Punkt kommt es zu einem Dissens zur Position der katholischen Kirche. Die hält weiterhin an der prinzipiellen Geltung des Tötungsverbots für das gesamte Leben von der Zeugung bis zum Tode fest. Die evangelischen Kirchen betonten die Freiheit und das selbstbestimmte Leben. Die Achtung der Würde des Menschen wird danach nicht in erster Linie im Schutz des gesamten Lebens von der Zeugung bis zum Tode konkret, sondern in der Achtung der Selbstbestimmung eines Menschen. Daher sind wir herausgefordert, die Selbstbestimmung zu achten und »im Geist der Liebe mit dem Leben umzugehen«,2 was die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs einschließen soll. Eine Prinzipienethik dürfe man nicht so weit treiben, dass man dem Menschen in den Grenzfällen des Lebens nicht mehr gerecht wird. In solchen Situationen sei der Mensch herausgefordert zu entscheiden und werde nicht selten durch die eine wie die andere Entscheidung unvermeidbar schuldig, müsse also auch bereit sein, vor seinem Gewissen und Gott schuldig zu werden und diese Schuld im Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit und Vergebung auf sich zu nehmen. Bei dieser Sicht des Schwangerschaftsabbruchs werden die handelnden Menschen vorweg von Gott »entschuldet« und ihr Handeln als ein Handeln aus Liebe eingestuft. Eine Tötung kann aber nie ein Handeln aus Liebe sein, denn Liebe schafft, aber zerstört nie Leben. Es kann lediglich ein Handeln aufgrund von Hilflosigkeit, Bedrängnis und Ohnmacht in Konfliktsituationen des Lebens sein, die sich einer normativ ethischen Beurteilung entziehen. Dabei ist zu bedenken, dass die unbedingte Beachtung ethischer Prinzipien wie der unverlierbaren Würde allen Menschenlebens, des Verbots von Lebensunwerturteilen und des Tötungsverbots kein liebloser ethischer Rigorismus ist, sondern in erster Linie dem Schutz des Lebens der Menschen dient, die sich nicht selbst schützen können. Es gibt daher kein Recht auf Abtreibung gesunder Kinder und auch nicht von unheilbar kranken und behinderten Kindern vor und nach der Geburt. Damit soll nicht besagt werden, dass es nicht auch schwerwiegende Konflikt­ situationen gibt, in denen sich ein Schwangerschaftsabbruch als die einzig mögliche Lösung aufdrängt. INFORMATIONSBRIEF 316

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Worum geht es in der Beratung? Auch in der neuen Stellungnahme der EKD zur NIPD wird daran festgehalten, dass letztlich nur die betroffene schwangere Frau (bzw. die Eltern) eine Entscheidung für oder gegen eine Inanspruchnahme der PND und für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch fällen darf. Das wird dadurch unterstrichen, dass die Beratung freiwillig und ergebnisoffen sein soll und die »werdenden Eltern« moralisch nicht »bevormundet« werden sollen. Es wird aber nicht mehr davon gesprochen, dass der Schwangerschaftsabbruch ein Handeln aus »Liebe« ist. Betont wird vielmehr, dass die »christliche Freiheit« nicht nur selbstbestimmte Lebensführung und überhaupt nicht »Beliebigkeit« bedeutet, dass sie vielmehr »Verantwortung für den anderen Menschen« übernimmt. Die Beratung soll daher auch die Rechte des ungeborenen Kindes thematisieren. Dadurch wird deutlich, dass »mit der Freiheit die Notwendigkeit einhergeht, die eigenen Entscheidungen zu verantworten – vor sich selbst und dem ungeborenem Kind, den Mitmenschen und, in christlicher Perspektive, […] in letzter Konsequenz vor Gott«. Geschöpf Gottes zu sein impliziert eine Unverfügbarkeit des Lebens und seiner genetischen Grundlagen. Die Beratung soll daher ein Bewusstsein dafür wecken, dass es sich um die Tötung des von Gott geschaffenen Menschenlebens und damit um wirkliche Schuld gegenüber dem Kind und vor Gott handelt. Dem entspricht, dass auf jede ethische Rechtfertigung der Tötung eines Kindes im Mutterleib verzichtet wird. Bei den Mitmenschen, vor denen die Entscheidung zu verantworten ist, ist in erster Linie an die gedacht, die mit angeborenen Krankheiten leben müssen und die Menschen, die mit ihnen zusammenleben und sie betreuen. Nicht zuletzt deshalb schlägt die EKD vor, dass »analog zur Schwangerschaftskonfliktberatung […] allen Schwangeren eine Beratung zur Verfügung stehen« sollte, »die durch Beratungsstellen mit ethisch geschultem Personal erbracht wird und die dem Schutz des Lebens ebenso dient wie der Aufgabe, die schwangere Frau auf dem Weg zu einer gut abgewogenen Entscheidung zu begleiten«. »Ein entsprechendes Angebot sollte daher in den Katalog der bei der Schwangerschaft und Mutterschaft vorgesehenen Leistungen aufgenommen werden« und auch von den Gesetzlichen Krankenkassen und damit von der Solidargemeinschaft ihrer Versicherten bezahlt werden. Das Angebot sollte denen gelten, deren Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft wird. Diese ethische Beratung sollte 11


nach der Einstufung als Risikoschwangerschaft und vor der Durchführung einer genetischen Diagnostik in Anspruch genommen werden.

Beratung zwischen Lebensschutz und »Eugenik« Durch die Aufnahme dieser ethischen Beratung in die Leistungen der Regelversorgung der Krankenkassen bei »Schwangerschaft und Mutterschaft« kann das Bewusstsein dafür wach gehalten und geschärft werden, dass solche Maßnahmen »nicht einfach Privatsache sind«, dass sie vielmehr eingebettet sind »in einen Kontext gesamtgesellschaftlicher Verantwortung«. Wenn Schwangerschaftsabbrüche nach einem »auffälligen Befund zur Selbstverständlichkeit werden«, so widerspräche das dem »Bekenntnis zu Lebensschutz und gleicher Würde eines jeden Menschen«. Damit würden die eugenischen Tendenzen in der PND ganz offensichtlich. Es würde der Eindruck erweckt, bei »der Pränataldiagnostik handele es sich um eine nicht nur erlaubte, sondern sogar sozial erwünschte Praxis, mit dem Ziel, die Geburt von Kindern mit bestimmten Merkmalen […] zu verhindern«. Ziel einer solchen Beratung sei es, solchen eugenischen Tendenzen entgegenzutreten, z. B. dadurch, dass sie verdeutlicht, dass es ein »Recht auf Nichtwissen« (S. 27f.), also darauf gibt, die PND gegen den gesellschaftlichen Trend zur Planbarkeit des Lebens nicht in Anspruch zu nehmen. Zur Planbarkeit einer Schwangerschaft kann es auch gehören, dass die PND auf die »erwünschten Eigenschaften des Kindes ausgedehnt wird«. Diese Entwicklung wird allerdings als nicht sehr wahrscheinlich hingestellt. Die EKD schlägt vor, dass die Anwendung der NIPD »auf den Ausschluss autosomaler Trisomien bei Risikoschwangerschaften begrenzt bleibt« und wo so die Risiken der »invasiven Methoden« (z. B. Fehlgeburt) für die Frauen vermieden werden können. Zu den Risikoschwangerschaften bei »Trisomie 21« (Down Syndrom) gehören allerdings alle Schwangerschaften von Frauen ab 35 Jahren. Im Grunde geht man davon aus, dass man den schwangeren Frauen solche »Pränatests« nicht mehr vorenthalten kann. Die einzig wirksame Möglichkeit zu verhindern, dass die Methoden der PND zu einer Eugenik »von unten« werden, besteht darin, dass diese diagnostischen Verfahren eingebettet bleiben in eine ärztliche Betreuung der schwangeren Frau und »in eine ethische Beratung, in der die Konsequenzen« einer Diagnostik umfassend abgewogen werden. Es muss »dem Eindruck entgegengetreten werden, bei 12

der PND handele es sich um eine »sozial erwünschte Praxis, mit dem Ziel, die Geburt von Kindern mit bestimmten Merkmalen […] zu verhindern«, also um Formen einer positiven Eugenik, die davon ausgeht, dass es »lebensunwertes Leben« gibt. Eine Aufnahme der NIPD in den Leistungskatalog der Krankenkassen unter Einbeziehung der Finanzierung des dargelegten Beratungskonzepts würde zwar nicht die »mit der Pränataldiagnostik verbundenen Dilemmata« aufheben, aber doch verhindern, dass sie in den Bereich des Privaten abgedrängt werden und daher nicht als gesellschaftliches Problem in den Blick kommt. »Es ist daher auch im Sinne des Gemeinwohls, Regelungen zu schaffen, die Eltern und Familien besondere Unterstützung anbieten und das ungeborene Leben schützen.« In einer Beratung sollten solche Hilfen angeboten werden. Wenn es der EKD in erster Linie darum geht, in einer freiwilligen Beratung die »individuelle Entscheidungsfähigkeit« zu stärken, so kann man nicht davon ausgehen, dass diejenigen, die nicht zur Beratung kommen, schon hinreichend über diese Fähigkeit verfügen und nicht dem gesellschaftlichen Trend und Druck folgen, dass ein behindertes Kind heute nicht mehr geboren werden sollte. Nur wenn die Beratung zur Pflicht wird, wird man auch begründen können, dass die NIPD nicht unter Umgehung der Einbettung in eine ärztliche Schwangerschaftsvorsorge von Firmen im Internet angeboten werden darf. Mit der Ablehnung einer Pflicht zur Beratung verlieren die Vorschläge der EKD, die die gesamtgesellschaftliche Verantwortung betonen, ihr Gewicht. Das gilt wenigstens dann, wenn man davon ausgeht, dass die Achtung der Menschenwürde (GG Art. 1) in erster Linie im Schutz des Lebens (GG Art. 2) konkret wird.

Von der Eugenik zur Menschenzüchtung Der Beitrag der EKD vermeidet es, die mögliche Entwicklung hin zur »Herstellung« erwünschter »Eigenschaften des Kindes« durch die neuen gentechnischen Methoden (Genscheren) zum Thema zu machen. Sie hält das für unwahrscheinlich. Dafür ist zunächst eine genetische Diagnostik von Nöten. Nachdem es nun einem chinesischen Biophysiker gelungen ist, die Gene verändernde Eingriffe in Keimzellen vorzunehmen und mit ihnen Kinder zu zeugen, sollte man nicht ausschließen, dass die PND nicht nur die Wege ebnet zur Eugenik, sondern auch zur Menschenzüchtung durch gentechnische Eingriffe in die Keimzellen und die JUNI 2019

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frühen Embryonen. Die »Menschenzüchtung« und eine von »defekten Genen« und durch sie behinderten und unheilbaren Menschen freie Welt ist keine Utopie mehr, sondern wird immer mehr zu einer Realität. Sicher werden auch die evangelischen Kirchen nicht die Auffassung vertreten, dass dies durch die individuelle Entscheidung von Samen- und Eispender, also der Eltern, ethisch gerechtfertigt ist. Es kann ohne Einschränkungen der Freiheit, nicht nur von Forschern, sondern auch der Menschen allgemein, keine ethischen Regelungen für die Fortschritte der Bio- und Medizintechnik geben, denn im Grunde finden sich für all die ethisch problematischen Fortschritte der Biomedizin

immer genügend Menschen, die davon finanziell profitieren und die daran interessiert sind, sie bei sich anzuwenden. Auch wenn mit den verändernden Eingriffen in die Keimzellen und frühen Embryonen ein »Rubikon« überschritten wird, sollte man sich doch verdeutlichen, dass das dahinter stehende Menschenbild auch schon für die hier behandelten Fragen der vorgeburtlichen Diagnostik und der Tötung von ungeborenen Kindern bestimmend ist. W 1) Nichtinvasive Pränataldiagnostik, Hannover 2018; Download: www.ekd.de/publikationen 2) Evangelische Kirche in Deutschland (Kirchenamt), Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen, Hannover 2002.

Der Christ: In der Welt, doch nicht von der Welt Vortrag bei der Arbeitsgemeinschaft Bekennende Gemeinde Teil 2 von 2 Stefan Felber

Konfliktfelder in Vergangenheit und Gegenwart In den 1680er Jahren stritten Pietisten und Lutheraner um den Bau eines Opernhauses in Hamburg. Die »weltlichen« Vergnügungen, für die das Theater stand, waren für die pietistisch geprägten Pfarrer, die hier mit den Calvinisten an einem Strang zogen, nicht statthaft. Und sie setzten sich dafür ein, dass das Opernhaus nicht

Stefan Felber Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30 INFORMATIONSBRIEF 316

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gebaut werde. Lutherisch orthodox geprägte Pfarrer befürworteten den Bau. Das Opernhaus wurde gebaut, ging aber schon 1738 pleite. Der Vorgang erinnert an die aktuelle Frage, wie der Staat mit der immer stärkeren Szene der Homosexuellen umgehen soll. Paragraph 175 des Strafgesetzbuches stellte sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts unter Strafe. Der Paragraph galt von 1874 bis immerhin (!) 1994; seit 1973 allerdings nur für Personen unter 18 Jahren. Die Frage ist nun, wieweit Christen das göttliche Recht nicht nur für sich selbst, sondern auch für den weltlichen Bereich einfordern sollen. Ein bekannter Evangelist schrieb vor kurzem, er sei froh, dass der Paragraph nicht mehr gelte: »Wir Christen sollten nicht mithilfe von staatlichen Gesetzen – also durch Androhung und Vollzug von Gewalt und Zwang – durchsetzen, was wir durch unsere Verkündigung und Seelsorge auf freiwilligem Wege nicht erreichen. 13


Das hat mich geleitet, als ich der Abschaffung dann ab, wenn die Herrscher schon viel Unrecht des § 175 StGB […] und der Veränderung im getan hätten.20 Dies geschah freilich in einer Ehescheidungsrecht vom Schuldprinzip zum Zeit, in der sich die Herrscher grundsätzlich auf Zerrüttungsprinzip zugestimmt habe. Mich hat dem Boden eines christlichen Minimalkonsenses überzeugt: Was wir Christen nach der Bibel als bewegten und auch für verschiedene Arten von Sünde bewerten und was Gott verurteilt, muss Religiosität, d.  h. auch für Pietisten, Freiheit der Staat nicht strafrechtlich verfolgen.« Dann ließen. Kritik am höfischen Luxusleben wurde aber geht es – selbstrelativierend – weiter: »Tat- durchaus geübt, besonders nach 1789, aber selsache ist allerdings auch, dass durch ten wurde das Gottesgnadentum die Gesetzgebung das Bewusstsein mm Was wir im grundsätzlich in Frage gestellt.21 der Menschen geprägt wird. Wenn ­jetzigen ­Zeitalter Nach 1848 wurden Demokratisieetwas straffrei ist, muss es doch rungsbestrebungen für die meisten erlaubt sein, oder? Auch Christen erleben, ist ein Pietisten zum Anathema, die Monwerden davon beeinflusst.«18 So- Rückzug des Staaarchie zur gottgewollten Ordnung, weit der Evangelist. sie suchten damit die Welt gegen tes aus Bereichen, ja Ich persönliche meine, Chrissäkulare Geschichtstheorien zu verten sollten ganz entschieden da- in denen er nach teidigen. 1848 und 1849 wurde rauf hinwirken, dass Gesetze für Gottes Auftrag in Württemberg debattiert, ob das die Gesellschaft erhalten oder Königshaus richtig handle, wenn erlassen werden, die dem Willen tätig werden sollte, es bei der Titulatur des Königs den Gottes offensichtlich entsprechen. und ein Einzug des Zusatz »von Gottes Gnaden« wegSollte es nicht völlig normal – dem Staates in Bereiche, lasse. Im »Christenbote« erschien natürlichen Gesetz gemäß – sein, am 3. September 1848 ein Artikel wenn der Staat mit Gewalt das aus denen er sich mit der Überschrift »Warum heißt Lebensrecht der Ungeborenen herauszuhalten unser Fürst ›von Gottes Gnaden schützt, Werbung für Abtreibung hätte […] König von Württemberg‹?« Als unter Strafe stellt, Mörder und Antwort wurde gegeben, dass der gefährliche Verbrecher aus dem König mit diesem Titel bekenne, Verkehr zieht usw.? Was wir im jetzigen Zeit- dass er sein Königreich »von Gott habe, also alter erleben, ist ein Rückzug des Staates aus nicht von sich selbst, nicht von anderen MenBereichen, in denen er nach Gottes Auftrag schen, nicht von seinem Volk, dass er alleine tätig werden sollte, und ein Einzug des Staates unter Ihm, dem Höchsten, dem König aller in Bereiche, aus denen er sich herauszuhalten Könige, dem Herrn, der keinen Herrn mehr hätte: Wir haben also zugleich eine schwächer hat […] stehe […]« Hier wird noch deutlich werdende individualistische Bewegung neben die Verpflichtung des Königs gegenüber seinem einer stärker werdenden kollektivistischen Be- Volk zum Ausdruck gebracht, dieses nach dem wegung. Willen des Höchsten zu regieren; nicht ein AusStatt dass der Staat auf die Homoszene brem- druck der Unfreiheit des Volkes sei diese Forsend einwirkt, fördert er sie heute, lädt gar ihre mel, sondern »ein Unterpfand der wahren FreiVertreter in die Schulen ein, die dort unseren heit, ein Zeugnis, dass Gott mit uns ist. Wird Kindern eine ganz neue Art von Normalität aber diese in Gottes Wort ruhende Grundlage vorspielen. Das natürliche Empfinden und der des Rechts weggenommen, so müssen schwere Schutzraum, den ein Kind vor seiner Pubertät Gerichte folgen, denn Gott ist und bleibt Herr braucht, um ein angemessenes Umgehen mit und König der Könige, und lässt seiner nicht Nähe und Distanz zu erlernen, wird so immer spotten«.22 Der Stuttgarter Prälat Mehring war mehr verletzt. im Januar 1849 »gerade heraus« der Meinung: Eine zweite große Themengruppe kreist um Der »Kampf gegen das ›von Gottes Gnaden‹ ist die Frage, welche Stellung Christen zur Staats- ein Stück aus dem großen, in unseren Tagen form ihrer Nation einnehmen sollten. Bis zum entbrannten Kampf des modernen Heidentums Ende des Ersten Weltkrieges haben die Chris- gegen das Christenthum, ein Stück aus dem allten in Deutschland mehrheitlich die Monarchie gemeinen Entchristlichungswerk, das sich unseunterstützt. Ernst Troeltsch warf besonders den re neuen Pantheisten und Atheisten vorgesetzt lutherischen Pietisten eine unkritische Haltung haben. […] Das Christen­thum stößt also jene gegenüber den jeweiligen Herrschern vor.19 zwei Götzenbilder, die man heutigen Tages zu Spener und Francke standen grundsätzlich posi- allgemeiner Anbetung aufgestellt hat, nämlich tiv zum Gottesgnadentum der Monarchen und die Volkssouveränität und das daraus fließende sprachen Christen ein Widerstandsrecht auch Revolutionsrecht unerbittlich zu Boden.«23 14

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Auch hier, so meine ich, sind die damals formulierten Fragen auch 150 Jahre später durch unsere moderne Demokratie keineswegs erledigt. Die Frage des Gottesbezugs im Grundgesetz und in der Europäischen Verfassung bewegt immer noch die Gemüter. Die Präambel des Grundgesetzes beginnt mit dem »In Verantwortung vor Gott und den Menschen […]«; ähnlich die Schweizer Bundesverfassung, die nach wie vor mit der religiösen Formel beginnt: »Im Namen Gottes, des Allmächtigen«. Für die Verankerung des Rechts in Gott statt im Menschen selbst müssten eigentlich alle Christen einstehen – doch das ist beileibe nicht so. Die Fragen der Staatsform und der Regierungsbildung, über die man sich heute nicht zu diskutieren traut, weil man allzu rasch als Verfassungsfeind angesehen wird, sollte in Zeiten einer immer schwierigeren politischen Verständigung nicht verboten sein. Christen werden hier nicht immer die gleiche Meinung vertreten. Aber ich frage: Können Christen heute mit der gleichen Vehemenz das Gegenteil von dem behaupten, was sie vor 100 Jahren gelehrt haben? Das sollte nicht sein. Hier sind zugleich mehr Vorsicht, mehr geschichtliche Rücksicht, und mehr Mut angesagt, das Feld der Geschichte nicht den säkularen Kräften zu überlassen, sondern Christen bewusst auch in politische Verantwortung zu senden, ja für alle Obrigkeit fleißig zu beten (1.Timotheus 2). In der Hitlerzeit kam es bekanntlich auch in frommen christlichen Werken, besonders in der Anfangszeit, zu fatalen Fehleinschätzungen. Oft hoffte man, dass der nationale Aufbruch auch eine sittliche Erneuerung mit sich brächte. Das Gegenteil war der Fall. Doch die Fehleinschätzungen der Vergangenheit gestatten uns nicht, Welt und Kultur den Mächten dieser Zeit zu überlassen und uns in eine fromme Kleingemeinschaft zurückzuziehen. Ja, wir werden wohl auch in Zukunft Fehleinschätzungen der politischen Lage unterliegen. Doch ist es besser, nichts zu tun, als das Falsche? Wichtig erscheint mir: Wenn Christen die Freiheitsrechte, die sie heute noch haben (öffentliche Evangeliumsverkündigung, Schutz des Sonntags, Ferien aufgrund christlicher Feiertage, stiller Karfreitag, Militärseelsorge, Krankenhausseelsorge, theologische Fakultäten an staatlichen Universitäten, Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an staatlichen Schulen usw.) nicht nutzen, warum sollte der Staat ihnen diesen Schutz weiterhin gewähren? Wenn Christen sich ohne Not aus der Welt zurückziehen, dann wird dieses Vakuum automatisch von anderen gefüllt werden: von der LSBTQ-Bewegung, vom politischen Islam, von sozialistischen INFORMATIONSBRIEF 316

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Gruppen. Wir brauchen uns nicht zu wundern. Damit komme ich zum Anfang zurück. Es könnte sein, dass der totalitäre Staat naht. Diesem wird es vollkommen egal sein, was in der Bibel steht; wenn es seine Vertreter noch wissen, werden sie am liebsten das Gegenteil tun. Roland Sckerl sprach zu Recht von der repressiven Toleranz: Der Staat hat sich »Toleranz« und »Akzeptanz« auf die Fahnen geschrieben, besetzt diese Begriffe, bemäntelt damit zugleich den individuellen Egoismus und den kollektivistischen Übergriff. Ich kann mich irren, aber ich habe den Eindruck: Das ist das, was die Bibel Gesetzlosigkeit und das System des Antichristentums nennt (2.Thessalonicher 2). In den nichtwestlichen Staaten ist dies nicht der Fall, aber bei uns ist es so. Richard Wurmbrand berichtete: »Ich war entsetzt, als ich 1968 bei den Unruhen in Paris das Geheimnis der siebten Stufe des Satanismus auf einem Plakat an der Universität von Paris entdeckte. Man hatte es auf die Formel gebracht: ›Es ist verboten, etwas zu verbieten‹, die normale Schlussfolgerung, wenn nichts wahr und alles erlaubt ist […]«24 Es empfiehlt sich, erhöhte Wachsamkeit, geschichtliches Vergleichen und gemeinsames Beten (1.Timotheus 2,1ff.!) nicht zu vernachlässigen. Die Begegnung des Christen mit dem totalitären Staat wird ihn zurück in die Lage der Christen der ersten Jahrhunderte versetzen – und zugleich dem Ziel näher bringen (Offenbarung 12,11).25

Weltfremd und weltüberwindend –– Zusammenfassende Thesen 1. Das Verhältnis des Christen zur Welt muss sowohl vom Dank gegen den Schöpfer als auch von einem kritischen Prüfen dessen gezeichnet sein, was Sünder aus der guten Schöpfung gemacht haben. 2. Wer weltüberwindend sein will, kann nicht der Welt gleich sein. »Wer Sünde tut, ist der Sünde Knecht« (Johannes 8,34). Ein anderer Ursprung ist nötig: »Denn alles, was von Gott geboren ist, überwindet die Welt; und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat. Wer ist es aber, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der glaubt, dass Jesus Gottes Sohn ist?« (1.Johannes 5,4f.) 3. Wo sich Kirche der Welt gleichstellt, ja nur das verstärkt, was die Mehrheit ohnehin sagt (Abtreibung, Homosexualität, Umweltschutz), verliert sie ihre Vollmacht, um der Welt ein Gegenüber, Salz und Licht zu sein. Hier hört Kirche auf, Kirche zu sein, und 15


wird zur Hure Babel, die ein schreckliches Gericht erwartet. 4. Das Opfer der Christen sind sie selbst als lebendige Leiber. Der Nachfolger verliert das Scheinleben, das Leben gemäß dem eigenen Egoismus und gewinnt das wahre Leben aus und in Christus. 5. Der doppelte Trend der westlichen Gesellschaften verbindet Individualismus und Kollektivismus. Der persönliche Rahmen wird freier zum Bösen, enger in der Meinungsfreiheit. Ausgehöhlt wird die Autorität der Eltern und die Selbständigkeit der Völker und Nationen; untergraben wird das gesellschaftliche Grundvertrauen in das Recht und ehrliches Wirtschaften, begünstigt werden die auf Pump lebenden Staaten und Banken. 6. Gesellschaftlicher Vertrauensverlust impliziert einen Verlust an Sicherheit und Frieden, wenn auch vorerst vielfach nur auf der Ebene des Empfindens. 7. Man versucht, den Verlust an Grundvertrauen bzw. gesellschaftlichem Zusammenhalt durch mehr und tiefer in den Alltag eingreifende Gesetze sowie durch zunehmende Bevormundung (»nudging«) und Überwachung aufzuwiegen. Beispiel: Wie lange noch können wir anonym eine Fahrkarte für die Bahn kaufen – oder überhaupt etwas einkaufen? 8. Gerade diese Maßnahmen aber beschleunigen den Verdruss, wie die späte DDR-Geschichte zeigte. 9. Die Welt weiß nicht, wie es am besten weitergehen soll. Christen kennen immerhin die Grundsätze. Sie können prüfen, was »das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene« ist (Römer 12,2). Darum muss unser Zeugnis auch das Bekenntnis zum heilsamen Gesetz Gottes einschließen, nicht nur das Evangelium. W 18) Parzany, S. 166. 19) Gestrich, S. 565. 20) Gestrich, S. 566. 21) Gestrich, S. 567. 22) Gestrich, S. 568. 23) Ebd. Man beachte die Anspielung auf die Götzenbilder in Dan und Bethel (1.Könige 12). 24) Wurmbrand, S. 40. 25) Vgl. Fries, S. 164. Zitierte Literatur Althaus, Paul: Der Brief an die Römer, NTD Bd. 6, Göttingen 11. Auflage 1970, 160 S. Felber, Stefan: Predigt aus Römer 12,1f., St. Chrischona, 12. Sonntag nach Trinitatis, St. Chrischona 2014. Fries, Heinrich: Der Nonkonformismus des Christen. Eine Besinnung zu Römer 12,2, in: Track, Joachim; Mildenberger, Friedrich (Hg.): Zugang zur Theologie. Festschrift für Wilfried Joest, Göttingen 1979, S. 161–172. Gestrich, Andreas: Pietistisches Weltverständnis und Handeln in der Welt, in: Brecht, Martin (Hg.): Glaubenswelt und Lebenswelten. Geschichte des Pietismus Bd. 4, 2004, S. 556–583.

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Weltfremd –– Ein Gedicht von Werner Thiede Weltfremd Wer Christus findet, Sich ihm verbündet Und ihn verkündet, Den hasst die Welt. Wer überwindet, Für den verschwindet, Was ihn noch bindet An diese Welt. Wer Gott empfindet, Vom Geist entzündet, Dessen Weg mündet Neu in die Welt. aus Werner Thiede Überm Chaos heiliger Glanz Glaubensgedichte (Seite 69) Neuendettelsau 2018 Freimund-Verlag 105 Seiten, Paperback, 9,95 Euro

Iwand, Hans Joachim: Die politische Existenz des Christen unter dem Auftrag und der Verheißung des Evangeliums von Jesus Christus [1954], in: Iwand, Hans Joachim (Hg.): Um den rechten Glauben. Gesammelte Aufsätze, Theologische Bücherei Bd. 9, München 1959, S. 183–201. Kuby, Gabriele: Die globale sexuelle Revolution. Zerstörung der Freiheit im Namen der Freiheit, Kißlegg 2012, 453 S. Lüthi, Walter: Der Römerbrief, 2001, 311 S. Schachtschneider, Karl Albrecht: Erinnerung ans Recht. Essays zur Politik unserer Tage, Rottenburg 2015, 319 S. Schaeffer, Francis August: Die große Anpassung. Der Zeitgeist und die Evangelikalen, Bielefeld 3. Auflage 2008. Schlier, Heinrich: Welt und Mensch nach dem Johannesevangelium, in: Schlier, Heinrich (Hg.): Besinnung auf das Neue Testament. Exegetische Aufsätze und Vorträge II, Freiburg, Basel, Wien 1964, S. 242–253. Stählin, Wilhelm: Eine griechische Verbalform und ihre Tragweite [Imperativ Passiv], in: Köberle, Adolf (Hg.): Symbolon, Bd. 1: Vom gleichnishaften Denken. Zum 75. Geburtstag, Stuttgart 1958, S. 80–89. Wurmbrand, Richard: Karl Marx und Satan, HESA-Reihe, Uhldingen 3. Auflage 1978, verfügbar zum Download unter www. stefan-felber.ch/downloads. JUNI 2019

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Tolle Welt oder Horrorwelt? 5G-Interview mit Werner Thiede zur neuen Broschüre »Digitalisierung als Weltanschauung«

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ie Versteigerung der 5G-Frequenzen läuft. Der Theologieprofessor, Weltan­ schauungsexperte und Pub­lizist Werner Thiede zählt zu den differenziert argu­men­tie­renden Kritikern. Nach seiner 5G-Broschüre »Die digitale Fortschrittsfalle«, die jetzt in 2. Auf­lage vorliegt, lässt er nun eine weitere folgen: »Digitalisierung als Welt­ anschauung. Wie die rigorose Vernetzungspolitik mit 5G-Mobilfunk ideologische Züge offenbart« (90 S.). Peter Rath-Sangkhakorn vom www.pad-verlag.de hat dazu folgendes Interview mit Pfarrer Thiede geführt. Frage: Herr Professor, manche Leitmedien der deutschen Presse preisen den kommenden Mobilfunkstandard der 5. Generation (5G) wie eine Erlösungsmacht. Laut Tomaso Duso (»Der Spiegel«) er­möglicht er »eine tolle Welt«, in der die Menschen – so Thomas Heuzeroth (»Die Welt«) – zum Beispiel »da­von pro­fitieren, wenn ihre Sensoren, darunter für Strom, Wasser, Über­wachung, Tempe­ra­tur und Rauchmelder mitein­ander vernetzt sind«. Sie als Publizist und theo­logischer Ethiker sehen 5G anders? Werner Thiede: Die Vorteile, die 5G-Mobilfunk mit sich bringt, muten mitunter geradezu magisch an und faszinieren deshalb manche Zeitgenossen. Sie bedeuten allerdings kaum Ab­hilfe von lästigen Übeln, sondern Luxus – wie etwa selbstlenkende Autos und automatisch funk­t ionierende Haustechniken, die dann in Echtzeit funktionieren, also rasend schnell. Doch größere Teile der Bevölkerung können und wollen darauf gern verzichten. Sie sorgen sich zu­recht wegen der mit 5G verbundenen Strahlenbelastung. Dürfte doch der hundertmal schnellere Datendurchsatz mit einer vielleicht hundertmal höheren Strahlenbelastung auf der Straße und in manchen Häusern einhergehen! Der Nutzen steht dann meiner Meinung nach in keinem Ver­ hältnis zum Gesund­ heits­ risiko. Gilt das auch für den Nutzen auf dem Gebiet der Industrie 4.0? Hier ist das Hilfreiche der Echtzeit-Funktion bei 5G eventuell nachvollziehbarer als im priva­ ten Haushalt oder beim Telefonieren. Aber selbst unter diesem Aspekt gilt der ge­sund­heit­liche Vorbehalt, sofern etwa in den betreffenden Fabriken Menschen arbeiten. Schon gar nicht kann ich es begreifen, dass ein noch schnelleres HerunterINFORMATIONSBRIEF 316

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laden von Videos die riskante 5G-Technologie rechtfertigen soll. Sind denn die Risiken überhaupt bewiesen oder nur gering? Das Bedenkliche besteht darin, dass eine Unschädlichkeit der neuartigen 5G-Strah­lung nicht bewiesen ist. Im Gegenteil: Es gibt einige Studien, die bei 5G durchaus kritische Effekte zei­gen. Eine ethisch bedachtsame Einstellung wäre deckungsgleich mit dem Vorsorgegebot, das in der EU eigentlich festgeschrieben ist und Experimente an der Bevölkerung verbietet. Warum wird 5G dann in der EU und weltweit aufgebaut? Ist das gegen alle Vernunft? Ganz so würde ich es nicht sagen: Es ist beim Rollout von 5G schon eine Vernunft dahinter, aber eben eine andere Grammatik, ein anderes Wertesystem, das eine andere Logik zur Folge hat. Man kann auch sagen: Beim 5G-Mythos herrscht ein anderes Paradigma, eine andere Weltanschauung vor. Da wird technischer Fortschritt absolut gesetzt und dafür die Würde und Gesundheit des Menschen zwar nicht einfach preisgegeben, aber doch eben ris­k iert! Sie stehen nicht mehr im Mittelpunkt, wie das christliche und neuzeitliche Denktraditionen vorgegeben haben. Deshalb konnte man aus dem Gesund­heits­kom­ missariat der EU hören, die An­wendung des Vorsorgeprinzips auf die Mobilfunk­tech­no­lo­gien sei »eine zu dras­t ische Maß­nah­me«. So zu denken ist jedenfalls kein moralischer Fortschritt! Hängt das mit einem veränderten Menschenbild zusammen? Durchaus. Treuherzige Beteuerungen von Politikern und Technokraten, es werde wei­terhin um das Wohl des Menschen gehen, meinen damit inzwischen den Menschen auf dem Weg zur Selbst­ optimierung, der zum Cyborg werden soll. Das ist das Menschenbild der Kyber­netik, aber nicht mehr das der Auf­k lärung, das noch im Kern an ein tradi­tionelles Ethos ge­bunden war. Und es ist erst recht nicht das Menschenbild der Kirchen – es sei denn, dass die Kirchenleitungen immer mehr auf Digitalisierungskurs gehen. Könnte man das christliche Menschenbild nicht als altmodisch bezeichnen?

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Wenn man sich am Begriff der Mode orientiert, dann mag man das in manchen Teilen unse­ rer heutigen Welt tun. Aber das Verständnis des Menschen in seiner Bestimmung vor Gott ist nicht abhängig von Moden oder Philosophien. Die Botschaft des Christentums basiert auf Jesus Christus als dem ein für allemal Mensch gewordenen Gott. Da geht es nicht um eine Selbstoptimierung des Menschen in einer selbstfabrizierten Zukunft, sondern im Gegenteil darum, dass die Vollkommenheit von Mensch und Welt Gottes Geschenk an seine Schöpfung sein wird, wenn er sein Werk vollendet und mit dem Kommen seines Reiches auch seine Liebe und Gerechtigkeit universal offenbaren wird. Diese Botschaft nennt sich frohe Bot­ schaft, also Evangelium, weil sie den Menschen frei macht von jeglichen Zwängen, sich quasi selbst zu erlösen. Demnach wäre die digitale Revolution ein weiterer Versuch, den Himmel auf Erden zu schaf­fen und dabei vielmehr die Hölle auf Erden zu bereiten? Ja, nur wegen der smarten Technologien noch folgenreicher als bisher. Für viele Menschen sind die Verheißungen, die mit der Einführung von 5G ein­hergehen, eine Horrorvorstellung. Sie empfinden es keineswegs als »Profit«, wenn das »Internet der Dinge« auch noch ihre Bettdecke vernetzt, wenn funkende Strom-, Gas- und Was­serzähler, ja sogar Funkrauch­mel­der ihre privatesten Räume mit Elektrosmog überziehen. Oder wenn sie ihr Auto nicht mehr selbst steuern können. 5G spal­ tet die Gesellschaft in den Teil der Technikvernarrten, die dem unendlichen Fortschritt frö­nen, und in den Teil der Be­sonnenen, die verant­wor­ tungsbewusst die Risiken sehen und bedenken, dass Unend­lichkeit eine Eigenschaft Gottes und nicht der Welt ist. Meist sind die­so gegensätzlich orien­ tierten Bevölkerungsteile iden­ tisch mit denen auf der einen Seite, die immer mehr Be­schleu­ nigung wollen, und denen, die darin einen Irrweg für das Wohl von Mensch und Welt sehen, also eher auf Ent­schleunigung aus sind. Also läuft 5G dem Entschleunigungsdenken zuwider? Natürlich, zumal die technisch einzusparende Zeit dann oft auch wieder den technologisch vernetzten Spielen, Kommunikationen oder Virtualitäten gewidmet wird. Ich halte das alles für keine erstrebenswerte Realität – und kann zum Beispiel nur noch den Kopf schütteln, wenn ich in einem führenden Presseorgan zu 5G lese: »Wer will, kann in seinem Auto künftig 500 Stundenkilometer fahren und trotzdem noch das mobile Internet nutzen.« Für viel Non­sense wird ein großes Risiko eingegangen. Ich frage mich: Wann wachen die Entschei­ dungs­ träger in der Politik

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endlich auf, statt weiter einen »Überwachungskapitalismus« zu för­dern, wie das Shoshana Zuboff nennt? Und wann wacht die Bevölkerung auf, um ­Widerstand zu leisten? Es geht nicht um Widerstand an sich, wohl aber darum, dass sich die Menschen gegen den technokratischen Umbau der Gesellschaft und ihrer Identität wehren, der von Silicon Valley aus diktiert wird. Die Mehrheit möchte keineswegs zu einem Maschinen-Menschen wer­den, ständig ausgespäht und in Wolken von Elektrosmog! Aber bislang verschlafen die Mas­sen ihre Möglichkeit, gegen die technologische Versklavung aufzustehen. Sie sind gro­ßenteils bereits manipuliert und bestochen von den zauberhaften Möglichkeiten neu­es­ter Technik. Man hört immerhin viele Stimmen, die wie zum Beispiel Richard David Precht sagen, wir könnten uns entscheiden und müssten nicht der Logik des Silicon Valley folgen, nach der alles schon vorgezeichnet ist. Demgegenüber meine ich: Mit jedem Jahr, ja mit jedem Monat schmilzt das Maß unserer bürgerlichen Entscheidungsfreiheit dahin. Heutiger Fortschritt bedeutet ein Fortschreiten in Richtung eines neuartigen Totalitarismus. Gilt das auch im Blick auf die Mobilfunkpolitik? Leider! Man sieht das daran, was derzeit gerichtlich verhandelt wird: das Ausmaß der Pflicht zur möglichst vollständigen sogenannten »Versorgung« mit dieser wissenschaftlich doch so umstrittenen Strahlung, nicht aber Fragen der Gesundheitsgefahren! Derzeit formieren sich zwar erste Aktionsbündnisse gegen 5G, aber die Durchsetzungsmacht liegt bereits stark auf Seiten der digitalen Revolutionäre. So weist das EU-Gesundheitskommissariat gesundheit­li­che Bedenken gegenüber 5G zurück; meine Hoffnung ist gering, dass die Wahl zum Europa­parlament im Mai daran etwas ändern wird. Arbeitet man nicht sogar schon am 6G-Mobilfunk? Da ist wie gesagt ein gewaltiges Paradigma am Werk, und ich fürchte mit Tausenden Wis­ sen­ schaftler-Kollegen weltweit: ein verheerendes! Dem Internationalen 5G-Appell zufolge, den bislang über 54 000 Forscher, Ärzte, Umweltorganisationen und Bürger aus vielen Län­dern unterzeichnet haben, stellt der Einsatz von 5G ein nach internationalem Recht straf­ba­res Ex­periment an Menschheit und Umwelt dar. Im tiefsten Grunde ist es aber ein Weltan­schauungskampf, der über die weitere Weltgestaltung entscheidet. Ich hoffe, mit meinen beiden Bro­schüren auf diesen Sachverhalt aufmerksam machen zu können. W JUNI 2019

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Von Zeit zu Zeit als Seelsorger in einer Reha-Klinik Ein kurzer Erfahrungsbericht Walter Rominger

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ehrmals habe ich inzwischen für jeweils eine Woche seelsorgerliche Dienste in der Reha-Klinik Bad Sebastiansweiler bei Tübingen übernommen. Das Schwefelbad gehörte über viele Jahre der Basler Mission. Diese zog sich aber mehr und mehr zurück. Heute ist die Reha-Klinik in der Trägerschaft der Evangelischen Heimstiftung, die in Württemberg eine ganze Anzahl von diakonischen Einrichtungen betreibt. Außer der Reha-Klinik gehören zur Einrichtung Bad Sebastiansweiler GmbH noch ein Pflegeheim mittlerer Größe, in dem auch 16 Wachkomapatienten betreut werden, betreutes Wohnen, das erst kürzlich durch einen großzügigen Neubau beträchtlich erweitert wurde und ambulante Pflege in Bad und Therapieräumen, zu der Patienten aus der Umgebung zur jeweiligen Behandlung anreisen.

Walter Rominger Die Anschrift des Autors finden Sie auf Seite 30 INFORMATIONSBRIEF 316

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Das schöne Gebäudeensemble liegt in einem großzügigen Kurpark, der auf der einen Seite gleich neben einer dicht befahrenen Bundesstraße beginnt, ohne dass von deren Verkehrslärm viel hereindringt und dann auf den drei anderen Seiten in eine offene Wiesen- bzw. Waldlandschaft übergeht. Spazierwege laden Patienten, deren Angehörige und Besucher und Ausflügler zur Bewegung im Freien ein, die zahlreich aufgestellten Ruhebänke zum Verweilen. Dies ist das Ambiente, neben einer guten therapeutischen Betreuung und leiblichen Versorgung, in welchem geistig-geistliche Betreuung erfolgen soll. Diese geschieht in aller Regel durch wöchentlich oder 14-tägig wechselnde evangelische Seelsorger, meist Ruheständler, die jedoch Ansprechpartner für alle Konfessionen, aber auch für Konfessionslose und Fremdreligiöse sind. 1924 als die Basler Mission Bad Sebastiansweiler erwarb, wurde mit der seelsorgerlichen Begleitung begonnen. Diese segensreiche Tradition ist nie unterbrochen worden, nicht einmal während der nationalsozialistischen Diktatur. Fest im Tagesablauf steht das Tischgebet zum Mittag- und Abendessen. Von Montag bis Freitag findet um 19 Uhr jeweils eine Abendandacht statt, deren Ablauf in etwa festgelegt ist: zwei bis dreimal wird gesungen, ein Psalm im 19


Wechsel gebetet und eine kurze Auslegung zu einem Wort der Heiligen Schrift gegeben, wobei der jeweilige Seelsorger hierin recht frei verfahren darf; mit Gebet, Vaterunser und Segen findet die Abendandacht nach etwa 20 Minuten ihr Ende. Am Sonntag ist um 10 Uhr Gottesdienst, der im Ablauf dem württembergischen entspricht. Andachten und Gottesdienste werden in Ton und Bild auf die Zimmer übertragen. Nachdem über Jahre Abendandachten und Gottesdienste in der Bibliothek stattfanden, gibt es seit Frühjahr 2017 einen speziellen Andachtsraum, welcher Platz für gut 50 Besucher bietet, der auch für die zahlreich stattfindenden Musikund kulturellen Veranstaltungen genutzt wird. Dessen Gestaltung, vor allem die der Fenster, hat der in Kirchenkreisen und auch überregional bekannte Künstler Andreas Felger entworfen, der aus der direkten Nachbarschaft stammt und wohnt. Dazu kommen Andachten auf den Stockwerken. Der Sonntagsgottesdienst ist nach meiner Erfahrung ordentlich besucht, wenn auch vor allem an Zahl der Jahre Reiferen. Die Abendandachten sind recht unterschiedlich besucht, was sicher nicht allein mit der kirchlichen Sozialisation der gerade anwesenden Patienten zu tun hat, sondern auch mit deren Beweglichkeit und ob sie zur Andachtszeit eventuell gerade pflegerisch behandelt werden. So verhält es sich meiner Beobachtung nach ebenfalls bei den Stockwerksandachten am späten Nachmittag, die so manches Mal spärlich in Anspruch genommen werden, weil zu dieser Zeit Therapien angesetzt sind oder auch für die, welche nicht zum Abendessen in den Speisesaal gehen können, dieses unter Umständen schon kurz darauf ausgegeben wird. Wie viele die Möglichkeit der Andachts- und Gottesdienstübertragung auf die Zimmer nutzen, entzieht sich freilich meiner Kenntnis. Bislang habe ich immer darauf Wert gelegt, meine Andachten sowie die Predigt im Gottesdienst zeugnishaft auszurichten und damit zum Glauben an Jesus einzuladen. Ob mir das stets so recht gelungen ist, kann ich nicht feststellen. Jedenfalls habe ich immer wieder dankbare Reaktionen vernommen. Die Andachten im Pflegeheim hält normalerweise der im Kirchenbezirk Tübingen tätige »Altenheimpfarrer«. Der Kurseelsorger springt in Ausnahmefällen ein, etwa bei Verhinderung oder Urlaub. Ich habe diesen Vertretungsdienst bereits mehrmals gerne übernommen. Meine Überzeugung ist, dass die Andachten und Gottesdienste keineswegs reduziert werden sollten. Sie bieten in kurzer Zeit nicht wenigen Vergewisserung des bestehenden Glaubens oder laden auch ganz neu dazu ein. 20

Der jeweilige Kurseelsorger findet täglich in seinem Brieffach die Liste mit den »Zugängen« vor. Ich habe versucht, diese zeitnah, noch am Tag ihrer Ankunft oder auch am darauffolgenden Tag zu erreichen. Meist ist mir dies auch gelungen. Doch manches Mal waren sie auch bereits bei einer Anwendung oder aus irgendeinem anderen Grund nicht auf ihren Zimmern. Dann hinterließ ich einen schriftlichen Gruß auf einer Spruchkarte. Meine Besuche fielen meist kurz aus, was schon damit zusammenhing, dass pro Tag mit etwa fünf bis zehn Neuzugängen zu rechnen ist und/oder auch damit, dass der eine Patient sogleich zur Aufnahmeuntersuchung oder bereits zu einer Therapie muss. Nach meiner Erfahrung sind diese kurzen Kontakte in aller Regel kaum mehr als eine schnelle Begegnung und was den seelsorgerlichen Tiefgang anlangt, nicht überzubewerten. Mehr zu erwarten wäre wohl zu viel erwartet. Ähnlich verhält es sich bei den Geburtstagsbesuchen von RehaPatienten, die ja mitunter auch vorkommen. Bei jedem Besuch überließ ich beim Weggang eine Spruchkarte mit wenig, aber gutem Text; einem Bibelvers und/oder einer Liedstrophe, die ich als Gebet vorlas und empfahl, diese Worte weiterhin zu bedenken. Meine Besuche wurden aber meist auf diese Weise honoriert, dass mich die Besuchten, wenn ich ihnen danach begegnet bin, freundlich grüßten oder auch ein paar Worte mit mir wechselten. Zu einigen derer, die im Altenheim oder im betreuten Wohnen sind, konnte ich inzwischen ein Vertrauensverhältnis aufbauen und mich auch über geistlich tiefergehende Dinge austauschen. Wenn ich die Dienste betrachte, so ist mir freilich deren Stückwerkscharakter bewusst. Ich erkenne bei diesen mich durchaus erfüllenden Diensten immer wieder, wie zutreffend die Erkenntnis des Apostels Paulus ist, wonach »wir« »im Glauben und nicht im Schauen« »wandeln« (2.Korinther 5,7). Trotz alledem habe ich die Gewissheit, dass der Herr meinen schwachen Dienst zum Segen wirken lassen kann und auf diese Weise so unter Kranken und Gebrechlichen Frucht entstehen darf, so dass in schwieriger Situation der Glaube an Jesus Christus gefestigt wird bzw. auch ganz neu entsteht. W Bad Sebastiansweiler GmbH Hechinger Straße 26 72116 Mössingen Telefon (07473) 3783-0 Fax (07473) 3783-291 info@bad-sebastiansweiler.de www.bad-sebastiansweiler.de JUNI 2019

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Aus Kirche und Gesellschaft Künstliche Intelligenz –– keine gute Gabe Gottes Zur größten existenziellen Bedrohung für die Menschheit und zur Haltung des Kongresses Christlicher Führungskräfte Der Geist der Unfreiheit geht um – immer mehr im Zeitalter der Digitalisierung. Davon zeugt der merkwürdige Umstand, dass beim Kongress Christlicher Führungskräfte (KCF), der vom 28. Februar bis 2. März 2019 in Karlsruhe stattfand, der stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer (AEU), Friedhelm Wachs (Leipzig), dazu aufrief, christliche Chefs sollten das christliche Menschenbild bei der Digitalisierung durchsetzen. »Die Verankerung des christlichen Menschenbildes in der digitalen Welt und besonders bei der Künstlichen Intelligenz ist die fundamentale Aufgabe christlicher Führungskräfte«, so Wachs laut Evangelisches Gemeindeblatt in Württemberg, das sich auf den Evangelischen Pressedienst (epd) beruft. Die fortschreitende Digitalisierung, mit Verve weltweit vorangetrieben, hat den Zweck, die gewollte weltweite Globalisierung voranzubringen, hinter der nicht der Geist Jesus Christ steht, sondern die viel eher den Weg dem Gegenspieler, dem Antichristen, ebnen hilft. Insofern will Wachs die Kirchen vor den falschen Karren spannen, wenn er neben den Führungskräften auch die Kirchen in die Pflicht nehmen möchte und darin eine Lösung für die Krise der Kirchen erblickt. »Wir müssen die Kirchen zwingen, sich daran zu beteiligen«, meinte Wachs. Sie sollten denselben Aufwand, den sie für das 500. Reformationsjubiläum getrieben haben, in die Gestaltung des Digitalen investieren. Einmal abgesehen davon, dass beim 500. Reformationsjubiläum so mancher Aufwand fehl am Platze war und das Gesamtergebnis dieses Groß­ereignisses recht bescheiden anmutet, ist es gerade nicht Aufgabe der Kirchen, einen mehr als fragwürdigen Technologisierungstrend noch zu unterstützen, sondern vor den bereits realen und zukünftig lauernden Gefahren zu warnen. Sie sollen nicht ihre Stimme erheben im Chor der mächtigen Digitalisierungslobby, sondern im Gegenteil für deren bereits vorhandenen und in Zukunft vermehrten Opfer. Wenn Wachs schließlich fordert, bei der Digitalisierung müsse sichergestellt sein, dass weiterINFORMATIONSBRIEF 316

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Friedhelm Wachs hin der einzelne Mensch zähle, und Vergeben und Vergessen sollten möglich sein, so ist dem entgegenzuhalten: Es ist ja geradezu Zweck der Digitalisierung, den Menschen soweit als möglich durch Maschinen zu ersetzen, was an sich schon gegen den Menschen gerichtet ist und keineswegs gottgewollt. Zudem: Das Netz vergisst nichts, und ganz tiefsinnig heißt ein Kabarettstück eines württembergischen Pfarrers: »Gott vergibt – Facebook nie«. Es ist also schlichtweg illusorisch, was Wachs anmahnt. Weiß er es nicht besser, oder ist dies Zweckoptimismus? Bei derselben Veranstaltung pries der Informationswissenschaftler Professor Klaus Henning (Aachen) »Künstliche Intelligenz« als »eine gute Gabe Gottes. Drei Ausrufezeichen!« Doch auch andere gefährliche Technologie wurde schon als gute Gabe Gottes angehimmelt. Davon, dass Künstliche Intelligenz kaum mehr beherrschbar ist und so – etwa durch von ihr ausgelöste Kriege – in chaotische Zustände führen und einen Weltenbrand auslösen kann, war offensichtlich nicht die Rede. Kein Geringerer als Tesla-Chef Elon Musk warnt: »Künstliche Intelligenz ist die größte existenzielle Bedrohung für die Menschheit. Wir beschwören den Teufel.« Mehr Nüchternheit im Umgang mit Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz widerstreitet aller Euphorie und lässt zum Schluss kommen: Entfesselte Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sind 21


keinesfalls einfach gute Gaben Gottes, sondern wachsen sich zu existenziellen Bedrohungen für die Menschheit aus. (Quellen des Kommentars: Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg 10/2019 vom 10. März 2019, S. 3, nach epd; ideaSpektrum 10/2019 vom 7. März 2019, S. 7, siehe dort auch S. 6, 16-22, 32).

Mit neuen Regelungen soll die Zahl der Organspender erhöht werden In deutschen Krankenhäusern sollen in Zukunft mehr Organspenden entnommen werden für tausende Patienten, die auf Nieren, Herzen oder Lebern warten. Dazu wurde im Bundestag mit breiter Mehrheit das Transplantationsgesetz geändert. Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bekämen die Krankenhäuser dadurch »mehr Zeit und Geld, geeignete Spender zu finden«. Dadurch könne die Zahl der Organspender steigen. So sollen in den Kliniken die Transplantationsbeauftragten für ihre Aufgaben freigestellt werden, sich also ausschließlich um Organspenden kümmern. Das soll helfen, mehr potenzielle Spender zu identifizieren. Die Kosten für die Freistellung bekommen die Krankenhäuser vollständig erstattet. Bisher seien, so der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, Kliniken, die sich um Organspenden kümmern, »eher finanziell bestraft« worden. Deshalb soll Geld künftig nicht nur für den Transplantationsbeauftragten, sondern generell für Entnahmekrankenhäuser fließen. Nicht im Gesetz geregelt ist die Frage, ob in Zukunft hierzulande jeder als Organspender gilt, solange er nicht ausdrücklich widerspricht; dies wird als Widerspruchslösung bezeichnet. In Ländern wie Frankreich, Polen, Tschechien oder Österreich ist dies normal. (Quelle der Nachricht: Südwestpresse vom 15. Februar 2019, Politik, Hajo Zenker)

DEA gegen eine Pflicht zur Organspende Der Vorstand der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) ist gegen eine Pflicht zur Organspende. Dies wäre ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht und damit die Würde des Menschen. Ausgangspunkt war ein Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, eine so genannte doppelte Widerspruchslösung einzuführen. Ebenfalls strittig ist die Definition des Hirntodes. Nach Ansicht des AllianzVorstandes ist es ethisch bedenklich, die Argumentation umzukehren. Eine Gesellschaft dürfe nicht verdrängen, dass der Tod zum Leben gehöre. Menschen stürben, weil sie krank seien, 22

nicht weil ihnen Dritte Organe vorenthielten. Deutschland müsse sich für eine Eindämmung des internationalen Menschenhandels zur Entnahme von Organen engagieren. Dies sei ein grausames, menschenverachtendes Geschäft. (Quelle der Nachricht: EiNS. Das Magazin der Deutschen Evangelischen Allianz, 1/2019, S. 31, Magazin)

Auf dem Weg in eine häretische Kirche? Württembergische ­Landeskirche ­ermöglicht öffentliche Segnung ­gleichgeschlechtlicher Partnerschaften Steter Tropfen höhlt den Stein. Mehrmals wurde von interessierter Seite versucht, auch in der württembergischen Landeskirche die Segnung homosexueller Partnerschaften durchzusetzen. Und nun ist es so gekommen, wie zu befürchten war, dass es komme. Auch die württembergische Landeskirche ist jetzt eingeschwenkt in den Mainstream evangelischer Landeskirchen in Deutschland und will nun auch Segnungsgottesdienste für gleichgeschlechtliche Partnerschaften anbieten. Dass bei diesem Beschluss, zu dem eine ZweiDrittel-Mehrheit nötig war, auch Synodale des evangelikalen Gesprächskreises »Lebendige Gemeinde«, für eine solche, der Heiligen Schrift und dem Konsens der Christenheit widersprechende »Segenshandlung« votiert haben, vorgeblich um Schlimmeres zu verhindern, gottesdienstlichem Wildwuchs zu wehren und die Einheit der Landeskirche zu erhalten, wobei gerade letztere in Wahrheit nicht erhalten, sondern JUNI 2019

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zerstört wird, mag zwar enttäuschen, aber nicht mehr wirklich überraschen. Nun können und wurden bereits gegen eine solche »Segenshandlung« eine ganze Reihe von Argumenten vorgebracht, etwa, diese widerspreche dem gesamten biblischen Befund, sie bedeute die Aufgabe jüdisch-christlicher und den Abbruch abendländischer Tradition und stehe eklatant gegen die Schöpfungsordnung. Hinweise darauf sind angebracht und wichtig. Sie sollen jedoch nicht noch einmal im Einzelnen genannt werden. Vielmehr soll lediglich der ekklesiologische und gesamtkirchliche Aspekt berücksichtigt werden.

biblischen Norm zu behandeln und homosexuelle Lebensgemeinschaften als eine Form persönlicher Liebesgemeinschaften neben der Ehe anzuerkennen, eine solche Kirche stünde nicht mehr auf dem Boden der Schrift, sondern im Gegensatz zu deren einmütigem Zeugnis. Eine Kirche, die einen solchen Schritt tut, hätte da­ rum aufgehört, evangelische Kirche in der Nachfolge der lutherischen Reformation zu sein.« Das Verlassen des gesamtkirchlichen, ökumenischen Konsens’ der Christenheit legt nahe, dass damit der Weg in eine häretische/ketzerische Kirche bzw. Sekte beschritten wird. Ökumenische Fortschritte, auf die immer geschielt wird, werden sich so keinesfalls erreichen lassen. (Quellen des Kommentars: Südwestpresse vom 25. März 2019, Süd­ westumschau, nach dpa; ideaSpektrum 13/2019 vom 27. März 2019, S. 32f. und 42; Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg 13/2019 vom 31. März 2019, S. 4-6; Wolfhart Pannenberg, in: ders., Beiträge zur Ethik, Göttingen 2004, Vandenhoeck & Ruprecht, S. 99ff.)

Wolfhart Pannenberg Um zu ermessen, was solch ein Beschluss unter diesen beiden Gesichtspunkten bedeutet, erscheint es angebracht, einen wahrlich Großen der Christenheit aus der jüngsten Vergangenheit zu diesem unerquicklichen Thema zu Wort kommen zu lassen, den weltweit über die Konfessionsgrenzen hinaus geachteten und beachteten langjährigen Münchner Professor für Systematische Theologie, Wolfhart Pannenberg (1928–2014): »In der Gesamtheit des biblischen Zeugnisses wird […] praktizierte Homosexualität ausnahmslos zu den Verhaltensweisen gerechnet, in denen die Abwendung des Menschen von Gott besonders eklatant zum Ausdruck kommt. […] An dieser Stelle liegt die Grenze für eine christliche Kirche, die sich an die Autorität der Schrift gebunden weiß. Wer die Kirche dazu drängt, die Norm ihrer Lehre in dieser Frage zu ändern, muss wissen, dass er die Spaltung der Kirche betreibt. Denn eine Kirche, die sich dazu drängen ließe, homosexuelle Betätigung nicht mehr als Abweichung von der INFORMATIONSBRIEF 316

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Nur wenige Zugewanderte wollen sich integrieren Endlich wagt einmal einer, der es wissen muss, sich deutlich zu den Zugewanderten zu äußern. Nach Ansicht des Präsidenten des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Uwe Brandl (CSU), haben viele Zugewanderte kein Interesse an Integrationsangeboten. Brandl ist Bürgermeister der niederbayerischen Stadt Abensberg (bei Kehlheim an der Donau). Integration bleibe eine Daueraufgabe, die er zwiespältig betrachte. Eine funktionierende Integration setze auch das Wollen voraus, aktiv mitzumachen. »Ich sehe in meiner kleinen Stadt, dass es nur einen verschwindend geringen Prozentsatz ech23


ter Integrationswilliger gibt. Der Großteil der Zugewanderten hat an unseren Angeboten kein Interesse.« Sprachkurse werden geschwänzt, Auflagen von Behörden nicht eingehalten, so Uwe Brandl. »Nach jetzigem Stand wird ein Großteil der Zugewanderten aber auf Dauer in den sozialen Netzen bleiben.« (Quelle der Nachricht: ideaSpektrum 7/2019 vom 13. Februar 2019, S. 7)

»Warum nicht, wenn er ein guter Politiker ist und unsere Werte und politischen Ansichten vertritt«, was von Realitätsferne zeugt, braucht einen die Ernennung eines türkischen Moslems zum Vizepräsidenten des Verfassungsschutzes nicht einmal verwundern. (Quellen der Nachricht: Kurier der Christlichen Mitte Nr. 3, März 2019, S. 2 und ideaSpektrum 9/2019 vom 27. Februar 2019, S. 18)

Erschreckend –– Psychologin: »Digitaler Exhibitionismus« zunehmend bereits im Kindesalter Weil Kinder immer früher ein Smartphone besitzen, stehen bereits Grundschüler unter einem enormen Druck, in sozialen Medien aktiv zu sein und möglichst viel von sich preiszugeben. Vor dieser Entwicklung warnt die Psychologin Julia von Weiler (Berlin) und spricht von einem »gesellschaftlich verordneten digitalen Exhibitionismus«. »Bereits Kinder im Alter von acht bis elf Jahren schicken sich per Smartphone Nacktbilder und -videos.« Zum Teil schickten sie solche auch an Freunde und Freundinnen. »Viel häufiger aber leiten sie Gewalt- oder Sexvideos weiter – zum Teil auch solche, die als Kinderpornographie die Runde machen.«

Türkischer Moslem ist Vizepräsident des Verfassungsschutzes Der von der Bundesregierung Ende vergangenen Jahres neu geschaffene Posten des Vizepräsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist mit einem türkischen Moslem besetzt, mit Sinan Selen. Er ist 46 Jahre alt, ist in Istanbul geboren und gilt als Terrorabwehrexperte. Er ist der erste Allah-Gläubige, der im deutschen Geheimdienst eine Spitzenfunktion erhält. Die »privat-depesche« sieht in der Ernennung Sinan Selens durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Versuch, die SPD zu besänftigen, die derzeit eine AfD-Beobachtung und eine noch größere Zahl von Menschen mit Migrationshintergrund in deutschen Führungspositionen fordert. Auszuschließen sei auch nicht, es sei ein »symbolischer Schritt, der auf die Annäherung an Deutschlands türkische Gemeinde zielt«, oder ein Versuch, »den türkischen Präsidenten Erdogan zu beruhigen«. Angesichts der Antwort auf die Frage: »Kann ein Muslim im Jahr 2030 für die CDU Bundeskanzler werden?« des katholischen CDU/ CSU-Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus: 24

(Quelle der Nachricht: ideaSpektrum 9/2019 vom 27. Februar 2019, S. 38, Medienservice)

Juden fühlen sich in so genannten rechtsgerichteten Ländern sicherer Wenn liberale Medien die eher rechtsgerichteten Länder in Ost- und Mitteleuropa kritisieren, ziehen sie schnell die Antisemitismuskarte: unter den konservativen Regimes würde Judenhass gefördert. Evelyn Gordon weist im Commentary Magazine jedoch auf das Gegenteil hin. Ein Komitee habe 893 jüdische Führungspersönlichkeiten und Prominente in ganz Europa befragt und herausgefunden, dass sich Juden bislang überall generell sicher fühlten. Dennoch gab es einen starken Unterschied zwischen dem östlichen und westliche Teil Europas – und zwar nicht in der Weise, wie es sich die eher links gerichteten Medien-Elite ausmalt: Im Osten fühlten sich ganze 96 Prozent der Befragten sicher, und nur vier Prozent nicht. Das betrifft viele kritisierte Länder wie Polen, Ungarn oder Rumänien. Im Westen dagegen – in liberalen Nationen wie Frankreich oder Deutschland – fühlten sich »nur« 76 Prozent sicher und immerhin 24 Prozent unsicher. (Quelle der Nachricht: Mitternachtsruf 1/2019, S. 19)

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Zum Zeugnis berichtet Stiller Dienst für Gott an Menschen Tettnanger Diakon Michael Hofer erhielt Preis für das stille Ehrenamt Jedes Jahr vergibt die Bürgerstiftung »Menschen für Tettnang« im Dekanat Ravensburg einen Preis für das stille Ehrenamt. Der Preis würdigt Menschen, die sich selbstlos für andere einsetzen, dafür aber nicht im Rampenlicht stehen (wollen). Das Preisgeld von 1000 Euro geben die Gewinner an eine gemeinnützige Tett­ nanger Einrichtung ihrer Wahl weiter. Im vergangenen Jahr wurde Michael Hofer mit dem Preis für das stille Ehrenamt ausgezeichnet. Diese Auszeichnung passt zu dem bescheidenen Michael Hofer. Im Berufsleben war der Diakon evangelischer Religionslehrer

und bei seinen Schülern sehr beliebt; sie wollten ihn nicht einmal in den Ruhestand gehen lassen. Gewürdigt wurde mit dem Preis M ­ ichael Hofers Gespür für Menschen, die Hilfe oder Seelsorge benötigen. Als Mitglied der Martin-LutherGemeinde kümmerte sich Michael Hofer um den Kindergottesdienst. Er besucht regelmäßig ältere Gemeindeglieder, engagiert sich beim Besuchsdienst der Klinik Tettnang und war jahrelang Fahrer für den Tafelladen. Mit 300 Euro aus seinem Preisgeld hat Michael Hofer die Äthiopienhilfe Tettnangs unterstützt und mit den restlichen 700 Euro den Diakoniefonds der Martin-Luther-Gemeinde. (Quelle der Nachricht: Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg 10/2019 vom 10. März 2019, S. 29, Mensch der Woche)

Aus dem Pietismus Drei Repräsentanten des landeskirchlichen Pietismus sind heimgegangen In den ersten Monaten dieses Jahres sind drei Repräsentanten des landeskirchlichen Pietismus heimgegangen. Der langjährige Vorsitzende der Deutschen Zeltmission (DZM/ Siegen, von 1987 bis 2007) Pfarrer Rolf Woyke (Burbach bei Siegen) verstarb im Alter von 82 Jahren. Nach seinem Theologiestudium war er zunächst Reisesekretär der Studentenmission in Deutschland (SMD) und anschließend von 1964 bis zu seiner Pensionierung 2001 Pfarrer in Burbach. Im Alter von 94 Jahren ist der Prediger Johannes Dreßler verstorben. Er war einer der führenden Repräsentanten des Pietismus in der einstigen DDR. Er hat die Gemeinschaftsbewegung in der DDR maßgeblich mitgeprägt. Von 1977 bis 1988 war er Sekretär des EvangelischKirchlichen Gnadauer Gemeinschaftswerkes, das rund 40  000 Christen in 1500 Landeskirchlichen Gemeinschaften umfasste. Für seine INFORMATIONSBRIEF 316

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haupt- und ehrenamtliche Mitarbeit im evangelischen Krankenhaus »Gottesfriede« (Woltersdorf bei Berlin) erhielt er 2006 das Goldene Kronenkreuz der Diakonie. Der ehemalige Inspektor (Personalvorstand, von 2000 bis 2004) des Evangelischen Gemeinschaftsverbandes Württemberg »Die Apis«, Richard Kuppler, wohnhaft in Herrenberg bei Stuttgart, ist im Alter von 79 Jahren verstorben. Nach seiner Ausbildung am Johanneum in Wuppertal wirkte Kuppler vier Jahre als Gemeindehelfer in Drabenderhöhe bei Köln und als Diakon auf der Ostalb. 1974 wechselte er zu den Apis, wo er als Gemeinschaftspfleger und im Tagungszentrum Schönblick bei Schwäbisch Gmünd bei Stuttgart tätig war und zuletzt zehn Jahre als Gemeinschaftspfleger in Reutlingen. (Quelle der Nachricht: ideaSpektrum 12/2019 vom 20. März 2019, S. 14, Von Personen; S. 31, Ost; S. 33, Südwest)

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Veranstaltung der Bekenntnisbewegung

Retterliebe oder Rechthaberei? »Evangelisation braucht Bekenntnis und Bekenntnis verlangt E ­ vangelisation« Bekenntnistag am 19. Oktober 2019 in Kassel mit Ulrich Parzany und Thomas Kothmann Vor drei Jahren rief Ulrich Parzany das »Netzwerk Bibel und Bekenntnis« ins Leben. Einige fühlten sich an den Aufbruch der Bekenntnisbewegung 1966 erinnert, als Evangelisten wie Gerhard Bergmann und Wissenschaftliche Theologen wie Professor Walter Künneth die Gläubigen dazu aufriefen, bei dem alten Evangelium der Bibel zu bleiben und weiterhin dem auferstandenen Herrn Jesus Christus zu vertrauen – und sich nicht beirren zu lassen durch eine Theologie, die ein Christentum ohne den lebendigen Christus propagierte und wenig später eine unheilige Allianz mit der Ideologie des Neomarxismus eingehen sollte. Die Früchte dieser Verbindung ernten wir heute in dem die Enkel der 68er, nach dem „Marsch durch die Institutionen auf Kanzeln und Kathedern, Bischofsstühlen und Ministersesseln angekommen, dem vernünftigen Denken und dem biblischen Glauben zugleich den Abschied geben zugunsten einer Zivilreligion, die durch die Abschaffung aller Gegensätze – zwischen Gut und Böse und zwischen wahr und falsch und aller Unterschiede – zwischen Geschlechtern und Kulturen und Religionen – den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gewährleisten. In dieser schönen neuen Welt braucht es keine Evangelisation mehr, denn mit der Sünde ist

ja auch das Gericht abgeschafft und Rettung nicht mehr nötig. Und Bekenntnisse können bei der allgemeinen Harmonisierung aller Gegensätze nur stören. Aber die Wirklichkeit richtet sich weder nach den Wünschen der Mächtigen noch nach wechselnden Mehrheiten. Und der lebendige Gott wird die Ordnungen seiner Schöpfung nicht aufheben, weil die Menschen es gerne anders hätten. Gottes Urteil über die Sünde steht unverändert und sein Gericht fällt nicht aus. Aber die Kirche hat das unglaubliche Vorrecht und die heilige Pflicht, den Weg zur Rettung aus dem Gericht zu weisen, indem sie Menschen zum Glauben an den Gekreuzigten und Auferstandenen Herrn Jesus Christus ruft, wie die Bibel ihn bezeugt. Wie 1966 steht auch heute neben dem Evangelisten der wissenschaftliche Theologe: Dr. Thomas Kothmann ist Professor für Religionspädagogik und als zweiter Obmann (Vorsitzender) der Gesellschaft für innere und äußere Mission im Sinne der lutherischen Kirche in Neuendettelsau verantwortlich für das Magazin CA, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Grundlagen der Kirche in Bibel und Bekenntnis ebenso klar wie verständlich dem Zeitgeist entgegenzusetzen.

Wem es ein Anliegen ist, dass der Ruf zum Glauben auch in Zukunft weiterhin in biblischer Klarheit und gewinnender Liebe erklingt, und an seinem Teil dazu beitragen möchte, der wird an diesem Tag Ermutigung und Wegweisung erfahren. Zugleich ist der Tag eine gute Gelegenheit, die glaubensstärkende Gemeinschaft mit anderen bekennenden missionarisch gesinnten Christen zu erleben. Darum schreiben Sie diesen Termin schon jetzt in Ihren Kalender! Laden Sie ein! Sie können dazu beitragen, dass möglichst viele Christen und Gemeinden am Segen dieser ­Veranstaltung teilhaben. Als Hilfe dazu werden wir einen Handzettel erstellen, den Sie zum Weitergeben an Freunde und Bekannte oder im Hauskreis und zum Auslegen in Kirche und Gemeindehaus schon jetzt in beliebiger Anzahl in der Geschäftsstelle bestellen können (Anschrift auf der vorletzten Seite). JUNI 2019 INFORMATIONSBRIEF 316 26


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Anreise mit dem Auto Über die Frankfurter Straße und Leuschner­straße oder die Eugen-Richter-Straße und ­Leuschnerstraße. Parkplätze sind vorhanden.

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Anreise mit dem ­Nahverkehr Tram Linien 3 und 7 bis Haltestelle Helleböhn (300 m Fußweg) oder Bus Linie 11 bis Haltestelle Magazinhof (100 m Fußweg).

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Tagungsort Evangelische Gemeinschaft Kassel e. V. (L4) Leuschnerstraße 72b 34134 Kassel

Am Rennsteig

Übernachtung Benötigen Sie eine Übernachtungsmöglichkeit vom 18. auf den 19. bzw. vom 19. auf den 20. Oktober in Kassel? Dann wenden Sie sich an Dr. med. Holger Tubbesing (0561/61929) holger.tubbesing@web.de

Programm 10 Uhr Ankommen – Kaffee und Begegnung 10.30 Uhr Eröffnung 10.45 Uhr »Es gilt ein frei Geständnis in dieser unsrer Zeit …« Christliche Glaubensverantwortung heute (Professor Dr. Thomas Kothmann) 11.45 Uhr Kaffeepause 12 Uhr »Retterliebe oder Rechthaberei?« (Pfarrer Ulrich Parzany) 12.30 Uhr Aussprache 13 Uhr Mittagessen wird g ­ ereicht. Eine ­Spende zur Deckung der Kosten wird erbeten. 14 Uhr Was können wir tun? Gespräch mit den Referenten über das am Vormittag gehörte, praktische Folgerungen, bewährte und neue Wege, das Evangelium zu bezeugen. 15 Uhr Kaffeepause Gelegenheit zu Seelsorge und Beichte 16.15 Uhr »Die Wahrheit wird euch frei machen« –– Abendmahlsgottesdienst Predigt: Pastor Johannes Frey, Vorsitzender der Bekenntnis­bewegung 17.45 Uhr Ende

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Kinder willkommen Haben Sie Kinder? Bringen Sie sie mit. Es gibt einen Eltern-Kind-Raum mit ­Tonübertragung, in dem die Kinder spielen können, ­während Sie die Vorträge über Kopfhörer verfolgen können.

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Aus den Bekennenden Gemeinschaften Gutachten zum Islampapier der badischen Landeskirche von Professor Thomas Schirrmacher Der stellvertretende Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz (WEA), Professor Thomas Schirrmacher (Bonn, Theologe und Soziologe), empfiehlt der badischen Landeskirche eine Neufassung ihres Gesprächspapiers »Christen und Muslime«. Das Papier orientiert sich am Gedanken der christlichmuslimischen Weggemeinschaft. Zum Gottesverständnis heißt es. »Wir erkennen als Christen und Muslime den einen Gott, den wir Christen dreieinig bekennen.« Das Papier soll bis Weihnachten 2019 in allen Gemeinden und Bezirken diskutiert werden, bevor die Landessynode 2020 aufgrund der Rückmeldungen eine Erklärung verabschiedet. Der Theologe und Soziologe Schirrmacher erstellte das kritische 70-seitige wissenschaftliche Gutachten im Auftrag des »Netzwerks evangelischer Christen in Baden« und der Christusbewegung Baden (CBB). Das Gutachten kann für 5,– Euro (plus Porto) im CBB-Büro/FHSZ, Heidelberger Straße 32 a, 69198 Schriesheim, angefordert oder als PDF auf der CBB-Homepage unter www.cbb-baden.de gelesen und heruntergeladen und für die Diskussion in den Gemeinden verwendet werden. (mk) Siehe auch: www.netzwerk-baden.de Ebenfalls kritisch zum Islampapier der badischen Landeskirche hat sich der Religionswissenschaftler Professor Henning Wrogemann geäußert. Sein Aufsatz ist veröffentlicht im

Altlandesbischof Herrmanns wurde 80 Auf nunmehr gut 80 Lebensjahre kann der einstige Bischof von Schaumburg-Lippe (1991– 2001, heute rund 51 000 Mitglieder) Heinrich Herrmanns (Memmingen) zurückschauen. Bis heute gehört Herrmanns zum Leitungskreis der Gesellschaft für Innere und Äußere Mission im Sinne der lutherischen Kirchen (Neuendettelsau bei Nürnberg). Ihm ist das Engagement im Netzwerk Bibel und Bekenntnis wichtig. 28

Deutschen Pfarrerblatt und in den badischen Pfarrvereinsblättern. Beachtenswert ist auch die Stellungnahme des Männertreffs Friesenheim bei Lahr, welche dieser am 24. Januar 2019 an den badischen Landesbischof abgesandt hat. Diese Stellungnahme ist abgedruckt in hoffen + handeln, April/Mai 2019, Seite 6 bis 8. (Quelle der Nachricht: hoffen + handeln, April/Mai 2019, S. 15)

Laut Herrmanns sind die evangelischen Landeskirchen »längst losgelöst« von Bibel und Bekenntnis. Vom »Wort Gottes« werde in einer Stellungnahme der EKD von 2014 »nur noch in Anführungszeichen« geredet. Viele der aus der Universitätstheologie kommenden Bischöfe seien »weit entfernt von den Grundlagen der Christenheit«. Es sei ihm ein Anliegen, auch im Ruhestand bibeltreuen Christen den Rücken zu stärken. (Quelle der Nachricht: ideaSpektrum 14/2019 vom 3. April 2019, S. 26, Bayern)

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Buchrezensionen

Zivilreligion oder Christusnachfolge? Ausgiebig hat sich der württembergische Ruhestandspfarrer Karl Baral mit dem Phänomen der Zivilreligion befasst, die sich seit Jahren mehr und mehr als Überreligion auch unseres Staates herausbildet, obwohl eine solche in unserer Verfassung nicht vorgesehen ist. Sie prägt mehr und mehr das Selbstverständnis der Evangelischen Kirche in Deutschland. Dies führt dazu, dass die Kirche politisiert und gesellschaftskonform wird und dies inzwischen auch gar nicht anders gewollt ist. Seit einiger Zeit scheint solches Selbstverständnis sich auch bei anderen Kirchen auszubreiten. Doch zunächst geht Karl Baral nach Erklärung des Begriffes »Zivilreligion« und der Beschreibung von dessen Wurzeln bei dem Philosophen Jean-Jaques Rousseau auf die moderne Spielart der Zivilreligion ein, die sich in den USA ausgebildet hat und die Demokratie als Offenbarungsquelle kennt. Die in Deutschland heute wirksame Zivilreligion hat ihre Wurzeln großenteils in jener US-Zivilreligion, die – wie es für eine Zivilreligion üblich ist – sich als Oberreligion über allen Glaubensrichtungen versteht. Die mangelnde Unterscheidung der beiden Regierweisen Gottes (Zwei-Regimenten/ZweiReiche-Lehre) ist dafür mitverantwortlich. Die US-Zivilreligion tritt mit einem weltweiten Sendungsbewusstsein auf und schreckt deshalb auch vor kriegerischen Auseinandersetzungen nicht zurück. Karl Baral bezieht sich in seinen Ausführungen stark auf den früheren Leiter der EvangeliINFORMATIONSBRIEF 316

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schen Akademie in der Pfalz (Speyer) und späteren Sektenpfarrer Karl Richard Ziegert, der sich seit Jahren mit der Erscheinung der Zivilreligion befasst. Die Einpflanzung der genannten westlichen Spielart der Zivilreligion geschah nach dem Zweiten Weltkrieg, insbesondere auf der Kirchenkonferenz in Treysa 1945 mit dem Leitsatz: »Verkündigung ist heute eine politische Aufgabe«, sowie durch die Stuttgarter Schulderklärung vom 18. Oktober 1945. An Religion ist inzwischen weithin nur noch, ganz im Gefolge des Frankfurter Linksphilosophen und wohl wichtigsten geistigen Aktivisten der Zivilreligion in Deutschland, Jürgen Haber­ mas, deren politische Verwertbarkeit interessant. Von daher geht es auch vor allem darum, die Kirche(n) gesellschaftskonform umzubauen und das, was als gesellschaftlich und politisch en vogue gilt, vorwegzunehmen oder diese Entwicklung moralisch zu legitimieren, was an Verlautbarungen zur Abtreibung, Homosexualität und »Ehe für alle« beispielhaft deutlich wird. Ihr Interesse gilt in erster Linie dem Hier und Jetzt, weshalb ihr die transzendente Dimension weithin abhandengekommen ist, so dass Vergebung der Sünden und ewiges Leben, die Kernthemen der Kirche(n), für sie belanglos geworden sind. Karl Baral arbeitet gut heraus, dass Zivilreligion und Christusnachfolge keineswegs aufeinander bezogen sind und sich nicht komplementär zueinander verhalten, sondern konträr 29


zueinander stehen. Er formuliert seinen Buchtitel deshalb auch als Frage: »Zivilreligion oder Christusnachfolge?« Das ruft in die Entscheidung. Doch allein der Weg der Christusnachfolge hat Verheißung, da nur er zum ewigen Leben führt. Die Studie Karl Barals ist nachdrücklich zu empfehlen. Wer sie durcharbeitet, der beginnt zu verstehen, weshalb es in Kirche(n), Gesellschaft und Staat so (schlecht) läuft, wie es läuft. Er erkennt die Voraussetzungen dafür. Walter Rominger

Das Buch kann über den Fachhandel oder auch beim Verlag bezogen werden. Karl Baral Zivilreligion oder Christusnachfolge? Nürnberg 2019 VTR (Verlag für Theologie und ­Religionswissenschaft) Gogolstraße 33, 90475 Nürnberg www.vtr-online.com 150 Seiten, 12,95 Euro ISBN 978-3-95776-083-8

Die Vorträge des Studientages 2018 von Professor Dr. Dr. Rainer Mayer zum Thema »Bekennende Kirche werden. Die Bedeutung der Seelsorge für die Kirche der Zukunft« sind zum Nachhören und zum Weiter­geben auf Tonträger erhältlich (als Audio-CD oder MP3) bei: Helmut Schlee · Gartenstraße 15 a · 47506 Neukirchen-Vluyn Telefon (02845) 9490950 · E-Mail: HelmutSchlee@gmx.de PS: Sowohl von den Vorträgen des Studientages 2017 von Pfarrer Thomas Hilsberg zum Thema »Einer für alle: Christus allein« als auch vom Studientag 2016 mit Dr. Uwe Siemon-Netto sind noch Aufnahmen vorhanden und ­ebenfalls bei Helmut Schlee zu erhalten.

Weitere Exemplare des Informationsbriefes für Juli 2013, Heft 279 und für Juli 2014, Heft 286 sowie die Traktate »Falsche Propheten sind unter uns« und »Ist Gott interreligiös?« können –– auch in größerer Stückzahl –– bei der Geschäftsstelle bestellt werden.

Mitarbeiter an diesem Heft: Professor Dr. Ulrich Eibach Auf dem Heidgen 40 53127 Bonn Pfarrer Dr. Stefan Felber Chrischonarain 200 CH-4126 Bettingen Schweiz

Pastor Johannes Frey Ofener Weg 3 28816 Stuhr Telefon (0421) 5228910 E-Mail: johannes.frey@kabelmail.de

Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (07431) 74485 E-Mail: w.rominger@t-online.de Professor Dr. Werner Thiede Richard-Wagner-Straße 8 75242 Neuhausen

Für den Inhalt der Artikel sind die jeweiligen Verfasser verantwortlich. Die Meinung des Verfassers deckt sich nicht in allen Fällen mit der des Schriftleiters.

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Geschäftsführender Ausschuss Vorsitzender Pastor Johannes Frey Ofener Weg 3 28816 Stuhr Telefon (04 21) 5 22 89 10 E-Mail: johannes.frey@kabelmail.de Schriftführer Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (0 74 31) 7 44 85 E-Mail: w.rominger@t-online.de

Weitere Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses Martin Schunn Hölderlinstraße 9 75334 Straubenhardt Telefon (0 70 82) 2 02 75 E-Mail: cmschunn@gmail.com Helmut Schlee Gartenstraße 15 a 47506 Neukirchen-Vluyn Telefon (0 28 45) 9 49 09 50 E-Mail: HelmutSchlee@gmx.de

Bekenntnisbewegung »Kein anderes Evangelium« e. V. Geschäftsstelle: Walter Rominger Mehlbaumstraße 148 72458 Albstadt Telefon und Fax (07431) 74485 E-Mail: w.rominger@t-online.de www.keinanderesevangelium.de

Kassenwart Hans Lauffer Osterstraße 25 70794 Filderstadt Telefon (0 71 58) 48 31 Fax (0 71 58) 94 78 73 E-Mail: hans.lauffer@t-online.de Mit Fragen bezüglich der Spendenbescheinigungen wenden Sie sich bitte an unseren ­Kassenwart Hans Lauffer. Sie erreichen ihn telefonisch unter (0 71 58) 48 31, per Fax 94 78 73 oder per E-Mail hans.lauffer@t-online.de Bankkonten Volksbank Filder e. G., (BLZ 611 616 96) Konto-Nr. 65 500 016 IBAN DE34 6116 1696 0065 5000 16 BIC (SWIFT)-Code: GENO DE S1 NHB Postgirokonto Schweiz: Postgiroamt Bern Nr. 30-195 56-2 IBAN CH21 0900 0000 3001 9556 2 BIC POFICHBEXXX

Bitte nutzen Sie nur noch Einzahlungsscheine ab Heft April 2016.

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Wo Gottes Wort als Gottes Wort verkßndigt wird, da gibt es eine Scheidung, und zwar eine definitive. August Christian Vilmar (1800 –1868)


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