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BORS-Drohnen-Workshop von Remote Vision
from Blaulicht 4/2025
by IV Group
Neueste Drohnentechnologien für BORS
Am 27. Mai 2025 organisierte die Remote Vision GmbH, Spezialistin für professionelle Drohnen-Services, einen BORS-Day für behördliche Anwender. Rund 50 Angehörige von Schweizer Blau- und Gelblichtkräften nutzten die Gelegenheit, sich über die aktuellen Technologien zu informieren.

Drohnen sind heute ein nahezu unverzichtbares Einsatzmittel für Blaulichtkräfte und so verwunderte der Andrang beim BORS-Day der Remote Vision GmbH nicht. An diesem Tag präsentierte nicht nur das Team um Firmenchef Ueli Sager aktuelle Neuigkeiten, sondern es plauderten auch Vertreter der Blaulichtkräfte «aus dem Nähkästchen». So berichtete Roger Suter von der Kantonspolizei St. Gallen über seine Einsatzerfahrungen mit der DJI Zenmuse H30T, Rolf Frischknecht von der Kapo Ausserrhoden stellte eine von Remote Vision entwickelte Helmhalterung für die DJI Goggles vor und der Zivilschutz Nidwalden war mit seinem Drohneneinsatzfahrzeug vor Ort. Weitere Gastreferenten waren Eugen Achtnich vom Bundesamt für Zivilluftfahrt BAZL, Marc Rief vom TCS (Drohnentrainings), Giacomo Vianini (3DFlow Zephyr; Photogrammetrie-Software) und Thomas Ingold von DroneControl (siehe Bericht in Ausgabe 02-2025).
Das DJI-Matrice-4-Universum
Zum Auftakt des Tages präsentierte Ueli Sager das aktuelle Spektrum der von DJI entwickelten Matrice-4-Drohnen. Zunächst ging er kurz auf die neue, eher für Zivilnutzer zugeschnittene Mavic 4 Pro ein. Diese trägt nun eine Hasselblad-Kamera mit 100-MP-Weitwinkelobjektiv und erlaubt eine WiFi-Bildübertragung via Fernsteuerung mit bis zu 80 MB/sec. Da der Kameragimbal zudem drehbar gelagert ist, ergeben sich für kreative Videofilmer ganz neue Perspektiven. Zudem sorgt eine Lidar-Hinderniserkennung für mehr Sicherheit bei Nachflügen und das Ladegerät kann bis zu drei Akkus parallel laden.
Für behördliche Anwender weitaus interessanter ist freilich die neue Matrice-4-Drohne. Diese ist mit und ohne Thermalkamera (E- oder ET-Modell) und sowohl als konventionelle Drohne als auch als Dock-Version (D- oder DT-Modell) erhältlich. Letztere ist zwar nicht klappbar, dafür aber regenfest – und endlich auch als Stand-alone-Drohne, also ohne Dock, erhältlich.
Allen Matrice-4-Modellen gemeinsam sind zwei Telekameras (bis zu 112-faches Zoom) sowie eine kalibrierte Weitwinkel-Kamera. Neu sind zudem die grosse Fernbedienung (RC Plus 2 Enterprise), eine verbesserte Hindernisvermeidung, optionale 4G-Datenübertragung und integrierte KI-Features, die Einsatzkräfte bei zahlreichen Aufgaben unterstützen –beispielsweise beim Zählen grösserer Menschenmengen oder beim Scannen von Nummernschildern. «Natürlich haben die Chinesen hier eine enorme Bandbreite an Ideen für die grossflächige Überwachung», scherzte Ueli Sager. Doch natürlich ist nicht alles, was in China erlaubt und im Einsatz ist, beispielsweise die Luftkontrolle der Helmtragepflicht bei Bauarbeitern inklusive Gesichtserkennung für die reibungslose Bussenverteilung am Feierabend desselben Tags, bei uns wünschenswert und auch zugelassen. Doch es zeigt, wie weit die Bandbreite der Einsatzfähigkeiten moderner Drohnen vonseiten DJI bereits gediehen ist.
Wesentlich erhellender – im wahrsten Wortsinn – für unsere BORS ist die nahezu unglaubliche Nachtmodus-Leistung der Matrice-4-T-Modelle. Diese liefern auch ohne IR-Unterstützung begeisternd helle und farbige Bilder, und zwar bei effektiver Dunkelheit und nicht nur in der Dämmerung. Kombiniert mit der IR-Kamera (640 x 512 px; IR-Superauflösung 1’280x1’024 px) samt NIR-Beleuchtungslaser und Laserdistanzmesser (bis 1’800 m) wird die Nacht annähernd zum Tag – und die Suche nach Personen, Fahrzeugen oder Tieren ebenso effektiv und effizient.
Eine weitere Neuerung der Matrice-4-Reihe ist die Software «Flighthub 2». Diese läuft neu on premise auf einem eigenen System, was den Datenschutz stark verbessert. Zudem verfügt die Drohne über Non-GPS-RTH (Return to Home), was es ermöglicht, die Drohne innert nur 20 Sekunden zu starten.
Dank integriertem GNSS- und Vision-Positionierungssystem sowie 8-Antennen-System bietet die Matrice 4-Serie enorme Reichweiten (bis 20 km) und kehrt selbst in GNSS-freien Zonen sicher zum Startpunkt zurück. Eine optionale D-RTK3-Multifunktionsstation sorgt für zentimetergenaue Positionsbestimmung und erweitert die mögliche Bildübertragungsdistanz nochmals. Zudem sind weitere Optionen wie Gimbal-Spotlight, Echtzeit-Lautsprecher mit bis zu 114 dB Lautstärke und Flarm-Powermodule erhältlich.

Zubehör und 1.-Hand-Erfahrungen
Letztere sind eine Eigenentwicklung von Remote Vision und können ohne Umbauten an jeder DJI-Drohne befestigt werden. Sie eignen sich für Flarm-Module des Typs Aurora und Atom, wiegen nur 44 Gramm und versorgen die Module für bis zu 2,5 Stunden mit Strom. Geladen und mit dem FlarmModul verbunden werden die Powerbanks via USB-C-Kabel.
Ebenfalls eine Inhouse-Entwicklung ist die von der Sondereinheit der Kantonspolizei Appenzell Ausserrhoden bei Remote Vision in Auftrag gegebene taktische Helmhalterung für die DJI Goggles Integra, 2 und 3. Mit ihr können die DJIVideobrillen sehr einfach an Einsatzhelmen montiert werden. Dazu muss die Brille nicht umgebaut werden, wodurch insbesondere die Herstellergarantie erhalten bleibt. Die Umkonfiguration der Brille zum Tragen ohne Helm erfolgt werkzeuglos und blitzschnell, wie Rolf Frischknecht von der Kapo AR während der ersten Live-Session am BORS-Day zeigte. Kombiniert mit einer Einhand-Fernsteuerung für die Drohne erlaubt das Tool es den Einsatzkräften, die Drohne einhändig zu steuern und neben der Drohnensicht auch die eigene Umgebung uneingeschränkt wahrnehmen zu können.
Eine andere Art von Brille präsentierte das Schweizer Unternehmen React. Dieses hat Schutzbrillen entwickelt, deren Gläser dank Flüssigkristalltechnologie in Kombination mit Photodiodensteuerung ihre Tönung innerhalb von nur 0,1 Sekunden verändern – und das ohne Batterie oder Akku, nur mit Solarenergie. Die Brillen sind mit 40 Gramm extrem leicht, dank Grilamid-Rahmen robust und bieten UV400-Schutz sowie eine stufenlose Tönung von S2 bis S4.
Am Tisch gleich nebenan stand Roger Suter von der Kantonspolizei St. Gallen Rede und Antwort zu den praktischen Erfahrungen mit der DJI Zenmuse H30T. Diese ist vergleichsweise gross und schwer, aber auch entsprechend leistungsstark. Ohne nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Details zu verraten, kann festgehalten werden: Die HightechDrohne leistet bei der Kapo SG wertvolle Dienste bei einer Vielzahl von polizeilichen Aufgaben und hat dort bis heute stets zuverlässig ihren Dienst versehen.
Staatsluftfahrtverordnung und Pilotenausbildung
Nach der Mittagspause erläuterte Eugen Achtnich vom BAZL den aktuellen Stand der Rechtslage zum Einsatz von Drohnen durch Blaulichtkräfte in der Schweiz. Dabei wurde vor allem eines deutlich: Bis zu dem Tag, an dem die lang angekündigte neue Staatsluftfahrtverordnung (SLV) in Kraft treten wird, werden gewisse Unsicherheiten und Graubereiche aufgrund der bisher unzureichenden Regelungen Tagesordnung sein und bleiben. Der Ansatz, dass BORS keine Bewilligungen benötigen, sondern auch künftig Deklarationen der Betreiber die Basis bilden, gilt laut Achtnich als gesetzt. Dennoch ergeben sich für BORS nicht zu unterschätzende Herausforderungen, angefangen von der Registrierung der Drohnen über Risikobewertungen für den Betrieb von Drohnen bis hin zum Nachweis der Fähigkeiten der Drohnenpiloten.
Wichtige Informationen zu deren Aus- und Weiterbildung, gerade auch mit Blick auf die künftige SLV, lieferte Marc Rief vom Touring Club Schweiz TCS im Rahmen des 2. LiveSession des BORS-Day 2025.

Dock-Lösungen von DJI und Remote Vision
BORS können in absehbarer Zukunft bei Remote Vision DJIDocklösungen für den behördlichen Einsatz erwerben – oder entsprechende Dock-Dienstleistungen in Auftrag geben. Dabei wird in den allermeisten Fällen heute das 2024 lancierte Dock 2 in Kombination mit Matrice-3D- oder 3DTDrohnen verwendet – oder aber das erst in diesem Jahr auf den Markt gekommene Dock 3 mit Matrice-4D- oder 4DTDrohnen. Letzteres ist mit 55 Kilogramm zwar schwerer als Dock 2 (34 kg), bietet aber neben allen Neuerungen der Matrice-4-Baureihe auch Fahrzeug-Fähigkeiten.
Die Systeme, aus denen Drohnen automatisiert gestartet und eingesetzt werden können, sind als reine Kauflösung für Anwender interessant, die über die nötigen technischen und luftrechtlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen und eine Individuallösung mit eigenem SORA erstellen möchten.
Institutionen, die sich dies nicht zutrauen, können eine DockLösung inklusive SORA-Dokumentation und Sicherheitszubehör bei Remote Vision beziehen. Diese erhalten dann ein schlüsselfertiges System (Grundinstallation), das bedarfsgerecht um zusätzliche Docks erweitert werden kann. Voraussetzungen für dieses Modell sind die Erfüllung der Anforderungen gemäss SORA, eigene Piloten mit entsprechender Lizenzierung (A1, A2, A3), ein geeigneter Aufstellort für das Dock (Betriebssicherheit, Strom, Datenkommunikation) und ein NTRIP-Serviceabo.
Behörden, die nur Resultate sehen wollen, können den gesamten Aufwand für den Betrieb einer Dock-Lösung auch an Remote Vision auslagern. Im Sinn einer Servicelösung können sie alles Benötigte formulieren – und Remote Vision betreibt das System im Kundenauftrag.
Gut zu wissen für alle Varianten ist, dass Remote Vision eigene Software-Entwicklungen für BORS inhouse erledigt und mit den hohen Anforderungen bezüglich Einsatzfähigkeit, Verfügbarkeit, Datenschutz und Rechtssicherheit der Beweismittel vertraut ist. «Wir haben reichlich investiert, um gute Lösungen anbieten zu können», betonte Ueli Sager –und verweist auf die potenziellen Fähigkeiten solcher Systeme, die Remote Vision bereits für die SBB (Kontrolle von Baustellen) und andere Kunden betreibt: «Ein Beispiel ist Cham/Zug mit einem Radius von ungefähr vier Kilometern. Vom See aus haben BORS dort innerhalb von vier Minuten Einblick auf jeden Punkt innerhalb es Radius – sei es bei einem Brand oder anderen Vorkommnissen. Dasselbe gilt für eine Vermisstensuche irgendwo in der Pampa. Innert vier Minuten starten Sie eine Personensuche in einem VierKilometer-Umkreis – inklusive IR-Suche, Zielbeleuchtung via Gimbal-Scheinwerfer sowie KI-Unterstützung. Und in Winterthur, das einen Drei-Kilometer-Kreis bedeckt, erhalten Sie innert nur rund drei Minuten ein Lagebild, können ein bestimmtes Auto auffinden oder eine Person lokalisieren.»
Herausforderungen gäbe es natürlich durchaus, gibt Ueli Sager offen zu. Insbesondere gelte es, vielfältige Regeln und Verordnungen zu beachten, beispielsweise hinsichtlich Flugverbotszonen (Flughafen), Datenschutz und natürlich beim Ground Risk (Absturzrisiko) über urbanem respektive bewohntem Gebiet. Doch er ist auch überzeugt: DockLösungen im BORS-Dienst bieten enormes Potenzial für die Zukunft.

Drohnendetektion
Für BORS ist es nicht nur eminent, selbst Drohnen einsetzen zu können, sondern auch, Drohnen detektieren und nötigenfalls abwehren zu können. Hierzu eignet sich der am BORSDay präsentierte Portable Drohnen Detektor PDD. Das semistationäre System detektiert neben DJI-Drohnen auch UMV anderer Hersteller, wobei bei DJI-Drohnenmodellen durch die C2-Intrusion Lage und Pilotenposition darstellbar sind. Erkennungen werden wahlweise auf dem internen Web-GUI oder einem externen Server dargestellt, wobei im letzteren Fall die Daten mehrerer PDD auf dem Server konsolidiert werden können, was die Überwachung auch grösserer Räume ermöglicht.
Ergänzend zum PDD gibt es mit dem Handheld DJI Drone Detector HDDD ein etwa funkgerätkleines FeldeinsatzSystem für die Detektion von DJI-Drohnen inklusive Aufzeichnung von Position, Pilotenstandort und DrohnenDetails. BORS können das System mit Zusatzservices von Remote Vision vielseitig nutzen, beispielsweise in den Bereichen Intervention, Event-Sicherheit oder Fahr- und Flugkonvoi-Sicherung.
Transportdrohnen
Flycarts, also Drohnen mit besonders hoher Traglast, waren in der Schweiz lange Jahre nicht zugelassen. Zwischenzeitlich sind die meisten Probleme gelöst und eingeschränkte Bewilligungen möglich. Gelingt dies, können die fliegenden Lastesel vielfältig genutzt werden – für Materialtransporte und zur Versorgung von in unzugänglichen Gebieten operierenden Einsatzteams. DJI bietet diverse Modelle an und steigert deren Transportfähigkeit kontinuierlich. So soll die für 2027 angekündigte T100 beachtliche 85 Kilogramm transportieren können. Die bereits lancierte Flycart 30 packt immerhin schon 40 Kilogramm – und lieferte zum Abschluss des BORS-Day 2025 gut gekühlte Getränke auf den Balkon im fünften Stockwerk. Mit dieser Flugshoweinlage endete ein lehrreicher Tag, von dem die Gäste sicher viel Wissenswertes mitgenommen haben.