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Das war der SPIK 2025
from Blaulicht 3/2025
by IV Group
Grösser, länger, besser – und 2026 an einem neuen Ort
Nach dem Rekordanlass vom 27. März 2024 hatte der Vorstand von Swiss Police ICT dieses Jahr erneut Grund zum Feiern. Denn der SPIK 2025 war ein solcher Erfolg, dass er 2026 in eine grössere Lokalität übersiedelt.
Im Jahr 2024 hat sich der Schweizer Polizei Informatik Kongress (SPIK) von innen heraus neu erfunden – mit identischem Konzept, aber professionellerer Vermarktung, verbesserter Kommunikation sowie effizienter Optimierung der Eventorganisation vonseiten der Agentur ZONE B.
2025 nun kam nochmals eine Schippe obendrauf. 47 Aussteller (plus 6), 32 Fachreferate (plus 6) und mehr als 1’000 Gäste (plus gut 200) markierten am Traditionsevent erneut Rekordzahlen. Zudem dauerte der Anlass länger – dank des MSK-Halbtags am Vortag des eigentlichen SPIK.

MSK-Halbtag am 25. März
An diesem Halbtages-Anlass, der am 25. März 2025 über die Bühne ging, drehte sich alles um das von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von PTI und Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS betreute Milliardenprojekt «Nationales Mobiles Sicherheitskommunikationssystem», kurz MSK. So waren es auch Markus Röösli, Direktor PTI Schweiz, und Dr. Michaela Schärer, Direktorin des BABS, welche die Gäste zum MSK-Halbtag begrüssten und im Eröffnungsreferat Einblicke zum aktuellen Stand der Arbeiten auf der politischen Ebene sowie zum geplanten, weiteren Vorgehen gaben. Dabei gingen sie insbesondere auf die Kombi-Variante für das MSK ein, die in der Vernehmlassung zusätzlich zur Variante «Preferred Mobile Network Operator» (PMNO) beschrieben wurde. Der Grund war einleuchtend: Die Vernehmlassung hatte ergeben, dass kein Mobilfunkbetreiber ein Netz betreiben kann, das vollständig gegen einen länger andauernden Stromausfall (72 h) gehärtet ist. Daher wird die Kombi-Variante favorisiert, welche die Vorzüge der Netze der Mobilfunkbetreiber (grosser Datendurchsatz; hohe Abdeckung des besiedelten Gebiets) mit der hohen Verfügbarkeit eines dediziert gegen Stromausfall gehärteten Netzes vereinen soll.
Zum Architektur-Konzept dieser Variante (Stand März 2025) wurde erläutert, dass durch Nutzung des PMNO-Netzes sofort eine Abdeckung von 99 Prozent der bevölkerten Schweiz erreicht werden kann, wobei das noch zu errichtende MSK-Kernnetz ergänzend eigene Basisstationen beisteuern und Air-Ground-Air Funktionen enthalten wird. Zudem werden dedizierte Basisstationen des PMNO gehärtet. Hinzu kommen die Nutzung des sicheren Datenverbundnetzes SDVN+ und hinsichtlich 72 Stunden Stromausfall gehärtete Verteilnetze. Als Rückfallebene bei einer Störung des PMNO dienen die in der Schweiz verfügbaren Netze weiterer Mobile-Network-Operatoren (MNO), also beispielsweise von Salt und Sunrise. Zugunsten maximaler Zukunftstechnologie-Eignung würden neue 3GPP-kompatible Technologien wie NTN (Satelliten-Kommunikation) beobachtet, betonten die Referenten. Diese würden bei wirtschaftlichem Nutzen und Mehrwert für die Anwender integriert. Zudem würden bei MSK, im Gegensatz zum Polycom-System, handelsübliche Endgeräte (COTS) genutzt, wobei Frontkräfte besonders robuste Varianten erhalten sollen.
Spannend zu hören war, dass die von BABS, Swisscom und PTI per März 2025 vorgenommene Überprüfung der Gesamtarchitektur und der Kostenkalkulation ergeben hat, dass die bisher kommunizierten Gesamtkosten in Höhe von 1,1 Milliarden Franken für Investitionen und 1,8 Milliarden Franken für den Betrieb bis 2046 aus heutiger Sicht bestätigt werden können. Wichtig dabei sei, betonten die Referenten, dass wesentliche Synergiepotenziale (Projekt MzD der Armee, National Roaming und andere) bestehen, die konsequent überprüft und ausgeschöpft werden sollen. Zum Vergleich führten die Referenten auch Zahlen zu den bisherigen Kosten des 2001 lancierten Polycom-Systems, das 2030 ausser Betrieb gehen soll, an. Diese betragen 1,3 Milliarden Franken für Investitionen und 1,0 Milliarden Franken für den Betrieb – ohne Armee.
Im Anschluss an das Eröffnungsreferat gab Key-Speaker Tero Pesonen, Chairman der Critical Communications Broadband Group (CCGB) der The Critical Communication Association TCCA, eine Übersicht über laufende Projekte zur Einführung von Mission-Critical-Broadband-Netzen in anderen Ländern. Dabei ging er vertieft auf das VIRVE-2System Finnlands ein, das sich derzeit in der bis 2028 dauernden Migrationsphase befindet.
Danach folgten vier Referate von Swisscom, RUAG, ViaSat und Nokia, in denen die Unternehmen ihre Technologien, Lösungen und Strategien für das Projekt MSK präsentierten, sowie ein Networking-Apéro.

Der SPIK 2025 letztmals im Stadion
Nach dieser gelungenen Einstimmung am Vortag des SPIK öffneten sich am 26. März pünktlich um 7:30 Uhr die Türen des Stadions Wankdorf zum SPIK 2025. Dieser wurde durch Valentin Bonderer, Präsident von Swiss Police ICT, eröffnet. Und dieser liess sogleich eine «Bombe platzen». Er verkündete nämlich, dass der SPIK in diesem Jahr vorläufig letztmals im Berner Stadion Wankdorf stattfinden würde. Angesichts seines anhaltenden Wachstums stösst der Event zunehmend an seine Kapazitätsgrenzen – sowohl hinsichtlich der stetig wachsenden Zahl an Ausstellern und der Vielzahl hochkarätiger Referate als auch im Hinblick auf die kontinuierlich zunehmende Gästeschar. Daher übersiedelt der SPIK für die Jahre 2026 bis 2028 in die neue Festhalle der BernEXPO, die «mehr Raum für Innovation, Networking und spannende Begegnungen bietet», so Bonderer.
Sogar die Termine für die SPIK-Anlässe der kommenden drei Jahre wurden bereits fixiert. Sie lauten: 16./17. März 2026, 15./16. März 2027 und 13./14. März 2028 – womit klar wird, dass der Event auch künftig an zwei Tagen (immer Montag und Dienstag) stattfinden wird.

KI als dominierendes Thema
In seiner Eröffnungsrede liess Bonderer verlauten: «Unser Fokus liegt erneut auf den neuesten technologischen Entwicklungen, die zunehmend im polizeilichen Umfeld Anwendung finden. Im Mittelpunkt stehen Themen wie Künstliche Intelligenz, Drohnen, Smartphones, Vorgangsverarbeitungssysteme, Videobeweis und Cybersicherheit – ebenso wie viele weitere essenzielle IT-Aspekte.»
Anschliessend übergab er das Wort an Daniel Naeff, Leiter für Innovation & Unternehmertum am ETH AI Center, dem Kompetenzzentrum für KI der ETH Zürich. Dieser begann seine Keynote mit der Erkenntnis, dass KI grundsätzlich keine neue Erfindung sei, jedoch mit Aufkommen der generativen KI mittlerweile eine Dimension erreicht habe, in der ihre Auswirkungen nahezu jeden Lebens- und Wirkungsbereich tangierten. Gut dabei sei, so Naeff, dass die Schweiz im internationalen Vergleich nicht nur mithalte, sondern sogar über eines der dichtesten AI-Ökosysteme der Welt verfüge. Allerdings dürften neben den Chancen auch die Herausforderungen, die KI an die Sicherheit und die digitale Souveränität der Schweiz stelle, nicht unterschätzt werden.
So spannend wie die Keynote waren die nachfolgenden Referate, die eine grosse Spannweite von Themen beleuchteten. So zeigte Bruno Grünig, Experte für Conversational AI und Contact-Center-Lösungen bei der Bucher + Suter AG, auf, wie Notrufzentralen durch den Einsatz natürlicher, mehrsprachiger Sprachbots entlastet werden und Einsatzressourcen effizienter genutzt werden können, indem Anrufe bedrohungsgerecht priorisiert und automatisch disponiert werden. Bereits zuvor hatten Fabian Zwimpfer (HEXAGON Schweiz AG) und ein Vertreter der Kantonspolizei St.Gallen aufgezeigt, wie KI im Einsatzleitsystem integriert werden kann, beispielsweise, um Notrufe zu Archiv- und nachgelagerten Analysezwecken in Text zu transkribieren – und welche Hemmnisse dabei auftreten können.
Ebenfalls um KI ging es im Vortrag von Jörg Rech, der bei Axis Communications den Bereich Training in der Vertriebsregion DACH und Benelux verantwortet. Er erläuterte, wie KI-basierte Analytik und Metadaten bei der Auswertung von Videodaten genutzt werden können.
KI zum Fünften hiess es im Vortrag «KI: Wirkung an der Front». In diesem stellte Karl-Heinz Hirt von PTI Schweiz zunächst potenzielle Anwendungsfälle vor, beispielsweise Sprach- und Textarbeiten, Übersetzungen, die automatisierte Erstellung von Berichten aus Rohdaten sowie Arbeiten bei Bildanalyse und Forensik. Christian Werder, CTO und Leiter der strategischen KI-Initiative von Abraxas, zeigte danach auf, welche entsprechenden Lösungen auf der hauseigenen Plattform für KI-Applikationen, die schweizweit korpsübergreifend eingesetzt werden, kann, bereits existieren – und welchen Nutzen diese im Polizeialltag bringen.
Ein gutes Beispiel für solche im Fronteinsatz taugliche KILösungen lieferte Jérôme Berthier, Gründer des Start-ups Deeplink. Sein Unternehmen hat für die Polizei Region Morges ein KI-Tool entwickelt und implementiert, das aus via Threema-App übermittelten Sprachnotizen komplette Polizeiberichte erstellen kann.

Ein gutes Beispiel aus Belgien
Internationales Flair bescherte das Referat von Philipp Eder, Head of Drones & Robots bei Swisscom Broadcast. Er legte zusammen mit Hans Similon, General Manager von Citymesh Safetydrone, dar, welche Lehren die belgischen Behörden aus einem seit fast zwei Jahren laufenden Testbetrieb ferngesteuerter Drohnen als Unterstützung der Notfalldienste gezogen haben – und weshalb Swisscom Broadcast nun in der Schweiz ein ähnliches Netz autonom fliegender Drohnen aufbauen wird. Diese starten bereits bei Eingang eines Notrufs, noch ehe die ersten Einsatzkräfte überhaupt am Schadenplatz eintreffen. Diese können entsprechend besser informiert und vorbereitet in den Einsatz gehen und profitieren dessen von einem optimalem Lagebild.
NEDIK-«Fachtagung»
Wie schon im Vorjahr wurde auch der SPIK 2025 zu einer Art Fachtagung des Netzwerks für die Ermittlungsunterstützung in der digitalen Kriminalitätsbekämpfung NEDIK. In mehreren Referaten, zu denen nur Träger eines entsprechenden Badges Zutritt erhielten, wurde unter anderem die aktuelle Cyberkriminalitätslage in der Schweiz diskutiert und neue Ansätze für die oft aufwendigen Ermittlungen im Bereich Ransomware präsentiert. Überdies wurden internationale Kooperationen beleuchtet – namentlich zwischen Schweizer Polizeikorps und der «Cyber Matters»-Abteilung des FBI sowie zwischen dem US-Konzern Meta und den Schweizer Strafverfolgungsbehörden.

Das Persönliche kommt nicht zu kurz
Wie immer am SPIK konnten die Gäste Innovationen und neue Technologien an den Ständen der Aussteller direkt erleben und/oder Informationen zu diesen aus erster Hand einholen. Und zwischen den Referaten, in der Mittagspause sowie beim Networking-Apéro am frühen Abend konnten sich die Gäste mit den Spezialisten, Referenten sowie unter Kollegen und Gleichgesinnten austauschen, alte Kontakte pflegen, neue knüpfen und manch gutes Gespräch führen.
So bleibt als Fazit dasselbe wie 2024: Alle, die dabei waren, freuen sich auf den nächsten SPIK – und es ist durchaus denkbar, dass dann erneut Rekorde purzeln werden.

