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Pe rsön lich
HGZ No 8
MICHELANGELO BUCOLO «PIZZA HAWAII GEHT GAR NICHT – ES SEI DENN …»
«Es gibt, was es gibt – und das ist dafür richtig gut.»
Michelangelo Bucolo, 26, geht mit der «Bierzzeria» einen neuen Weg.
Pizzerien gibt es viele in der Stadt Bern. Keine ist jedoch so jung, unkompliziert und unkonventionell wie die Bierzzeria an der Belpstrasse 34. H GZ : Michelangelo Bucolo, Sie haben die Hotelfachschule in Thun absolviert und … M I C H EL A N G ELO B U CO LO : Sorry, dass ich unterbreche. Bei uns sind alle sofort per du. Das Sie passt nicht in unser Konzept. Ich stelle mich als Migi vor.
O.k. Dann erzähle mir etwas über das Konzept? M I G I : An der Hotelfachschule in H GZ :
Z VG
Thun haben einige Kollegen und ich Ideen gesponnen … Also doch. Wie kommt ein Hotelfachschulabsolvent dazu, eine Pizzeria zu eröffnen? Oft werde ich danach gefragt. Komisch. Denn eine Pizzeria ist ein Geschäft und genauso anspruchsvoll zu führen wie ein klassisches Restaurant. Vor allem, wenn man wie wir in der «Bierzzeria» nur mit Frischprodukten arbeitet. Das sollte keine Unterstellung sein. Mich interessiert deine Geschichte. Nach der Schule wollte ich reisen, hatte aber nur wenig Geld. In Barcelona jobbte ich in einer Pizzeria. So bin ich in die Gastronomie hineingerutscht. Mein Vater betreibt
A N Z E I G E
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ist übrigens für das Wasser bestimmt. Das Bier servieren wir im Weinglas.
Mehr Informationen unter: www.bierzzeria.ch
seit 18 Jahren einen florierenden Und? Ist es so gekommen, wie Take-away. Er hatte den Wunsch, du dir das vorgestellt hast? ein richtiges Restaurant zu betrei- Ja und Nein. Dass es um Bier und ben. Nach zwei Jahren ist er aber italienische Küche gehen sollte – zur Einsicht gekommen, dass bei- in Italien trinkt man eher Bier zur des zusammen nicht richtig funk- Pizza –, war von Anfang an klar. tioniert. Er wollte sich wieder auf Bier + Pizza = Bierzzeria. Das war das Take-away konzentrieren. Ich der Arbeitstitel. Zusammen mit hatte alle Prüfungen abgelegt, Elina Knutti, die ich an der übernahm das Restaurant und er- Hotelfachschule kennenlernte, öffnete mit einer Kollegin und suchten wir Berner Brauereien. zwei Kollegen der Hotelfach- Wusstest du, dass Bern die schule kurzentschlossen ein Hauptstadt der Craft-Brauereien ist? Auch das «Es gibt, was Pop-up. es gibt» war von der Hotelfachschule her noch sehr präsent. Ich Wie hat das funktioniert? Das Konzept war familiär und wie wollte wenige Gerichte auf der bei Freunden in Italien: Es gibt, Karte. Diese dafür richtig gut. was es gibt. Wir tischten auf und Wie wenn man zu Freunden auf die Gäste bezahlten, was es ihnen Besuch geht. wert war. Wo gab es Probleme? Im Mai, während des Pop-up-Projekts haben wir mittags entweder aus der Küche gekocht oder aus dem Pizzaofen gebacken. Um an den Pizza-Tagen nicht im Seich zu sein, haben wir die Pizza stückweise angeboten, um in Spitzenzeiten Wartezeiten zu vermeiden. Das kam sehr gut an und hat uns später zum Bierzzeria-Konzept inspiriert. Dieses haben wir dann am 20. September 2016 umgeDas ist aber nicht neu, das hat es schon gegeben. setzt. Ohne zu wissen was das ausKlar. Edith Kohler, Roger Kneu- löst, habe ich die Facebook-Seite bühler, Jonas Staub und ich waren des Pop-ups in Bierzzeria umbeübermütig. Das Projekt dauerte nannt. Vom ersten Tag an wurden nur vom 1. bis 31. Mai 2016. Unser wir regelrecht überrumpelt. Ziel war es, für alle Kosten aufkommen zu können. Als Student O.k. Zurück zu Frage zwei. hat man auch nicht viel verdient. Wie funktioniert das Konzept? Hauptsache es macht Spass. Ich Am Mittag servieren wir für machte mir keine Gedanken, was 20 Franken einen bunten Salat danach kommen könnte. Am aus der Schüssel. Danach verteiEnde des Monats konnten wir uns len wir ab Brett mit Tortenschauaber gute Löhne auszahlen. fel Pizza-Achtel à discrétion. Jede Runde in einer anderen Variation. Wer acht Achtel essen mag, hat Was kam danach? Die Sommerferien, ein Job im Ser- nicht mehr als eine konventiovice und dann begann ich die Dip- nelle Pizza gegessen, einfach auf lomarbeit, die ich zusammen mit viele Arten und immer ofenheiss. Roger Kneubühler geschrieben Am Abend ist es ruhiger und wir hatte, umzusetzen. An der Hotel- bieten wiederum Salat an, danach fachschule analysierten wir das ein Vier-Gang-Pizzamenü. Das «Tiramisù», so hiess das Restau- kostet 27 Franken. Dazu empfehrant meines Vaters, und erstellten len wir unsere Bierstrasse: fünfein detailliertes Konzept inklu- mal einen Deziliter Craft-Bier. Der Bierbecher auf dem Tisch sive Businessplan.
Luzern, den 5. April 2017
Ein halbes Jahr ist die Bierzzeria nun geöffnet. Magst du Pizza immer noch essen? Auf jeden Fall. Jeden Tag testen wir neue Kreationen. Du musst wissen, dass wir unser Pizza angebot jede Woche neu gestalten. Dabei kommen wir auf Ideen wie Guacamole-Pizza mit Riesenkrevette oder Randen-Pizza mit Gorgonzola. Bei uns wird der Pizzateig, eine Entwicklung meines Vaters, lange geführt und wir verwenden keinen Industrie mozzarella. Für die Bekömmlichkeit scheuen wir keinen Aufwand. Wo hört der Spass auf? Pizza Hawaii mit Ananas aus der Dose, das geht gar nicht. Aber mit frischer Ananas, die wir mit Basilikum und Pfeffer marinieren, ist die Pizza ein Gedicht. Viele Klassiker interpretieren wir auf diese Weise neu.
«Im Sommer möchte ich mit meiner Pizzeria an den Strand.» Wie bist du auf Craft-Bier gekommen? Dass unser Konzept mit Lager und Spezial nicht funktionieren würde, war uns von Anfang an klar. Roland Graber von der CraftGallery in Bern hat uns geholfen. Die Craft-Szene ist enorm offen und hilfsbereit. Wir sind ja keine Konkurrenten. Denn in der CraftGallery oder bei Erzbierschof kann man nichts essen, und wir verkaufen kein Bier über die Gasse. Spannend ist, dass bei uns viele Gäste Bier – im Weinglas serviert – entdecken, obwohl sie das sonst eher nicht mögen. Welche Pläne hast du für die Zukunft? An der Belpstrasse haben wir weder Terrasse noch Garten. Deshalb machen wir lange Betriebsferien. Die Gastronomie ist anstrengend und wir brauchen Zeit, um unsere Batterien zu laden. Dann würde ich gerne an einer coolen, gut frequentierten Lage einen mobilen Pizza-Stand betreiben. I N T ERV I E W G A B R I EL T I N GU ELY