
13 minute read
University Games
Nachdem die Chengdu FISU World University Summer Games Corona-bedingt zwei Mal verschoben wurden, finden diese nun vom 28. Juli bis 8. August 2023 statt. Erwartet wird eine deutsche Delegation von etwa 250 Teilnehmenden.
Taekwondo, als eine von insgesamt 18 Sportarten, trägt seine Wettkämpfe vom 29. Juli bis 4. August im Wangjiang Campus Gymnasium der Sichuan Universität aus. 23 GoldMedaillen werden in diesen Tagen an studentische Spitzensportler in den Disziplinen Poomsae und Zweikampf vergeben.
Advertisement
Die Organisation der Taekwondo-Delegation liegt in den Händen von Sebastian Lehmann. Aktuell arbeitet er gemeinsam mit dem adh auf Hochtouren an den notwendigen Formalitäten. Das geht von Visa-Angelegenheiten über Flüge bis hin zur Planung der Einkleidung. Das Team wurde bereits am 13.6. nominiert. Mit 18 Sportlerinnen und Sportlern stellt die Sportart Taekwondo, hinter der Leichtathletik, das zweitgrößte Team der gesamten Delegation.
„Wir haben es tatsächlich geschafft 18 Sportlerinnen und Sportler sowie vier Trainer nach China zu entsenden. Mit mir als Disziplinchef umfasst unser TaekwondoTeam somit 23 Teilnehmende. Besonders erfreulich ist es, dass ein komplettes Formen- und Damenzweikampfteam an den Start gehen kann“, so Sebastian Lehmann.
Sechs Poomsae-Läufer und zwölf Zweikämpfer werden sich in Chengdu in ihren Disziplinen und Kategorien mit den studentischen Spitzensportlern der Welt messen. Adrian Wassmuth, Balazs Toth, Sasan Darlirnejad und Dong-Eon Lee werden das Team vor Ort sportartspezifisch betreuen.
Sebastian Lehmann stand selbst viele Jahre im Dress der deutschen Nationalmannschaft auf der Fläche und war 2011 Teil des adh-Teams bei der Universiade in Shenzhen. Multisportveranstaltungen wie Olympische Spiele, Europaspiele, Militärspiele oder aber auch die Universiade haben stets ihren eigenen Charme. Das sieht auch Sebastian Lehmann so: „Das Besondere an einer Universiade ist, dass es das zweitgrößte Multisportevent hinter den Olympischen Sommerspielen ist. Die Qualität und Quantität der Teilnehmenden ist sehr hoch. Schon häufig waren zukünftige oder aktuelle Medaillengewinner von Olympischen Spielen am Start. Aber auch der interkulturelle Austausch neben den sportlichen Wettkämpfen ist etwas Außergewöhnliches.“

Die Tatsache, dass beide Disziplinen bei der Universiade vertreten sind, vereint auch in unserer Sportart die Teilnehmenden. Poomsae und Zweikampf-Sportler tretten zusammen in einem Taekwondo-Team auf und unterstützen sich gegenseitig bei ihren Wettkämpfen. „Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als wir bei der Universiade 2011 Claudia und Thomas ‚coachen‘ durften und diese dann im Paarwettbewerb Bronze geholt haben. Das war etwas Besonderes und genau mit dieser Erwartung und Vorstellung werde ich dieses Jahr nach China reisen.“
In China wird Sebastian Lehmann erstmals die Rolle des Delegationschefs einnehmen und nicht, wie 2011, als Sportler an dem Event teilnehmen. Vor Ort kümmert er sich in erster Linie um die organisatorischen Angelegenheiten. Es sei für ihn wichtig, dass die Rahmenbedingungen für die Athleten und Athletinnen optimal sind, sodass diese sich voll und ganz auf den Wettkampf konzentrieren können. Das sei sein Anspruch und auch seine Erwartung an sich selbst.
Vom Team erwartet er, dass jeder an seine Leistungsgrenze und darüber hinausgeht, um den maximalen Erfolg für sich und den adh rauszuholen. Mit dem erfahrenen Trainerteam sei für das Team auch sportlich gesehen eine optimale Betreuung gewährleistet.
Für Sebastian ist es besonders erfreulich, dass bei diesem großen Event auch jüngere Sportlerinnen und Sportler die Chance erhalten, sich auf so einem hochkarätigen Wettkampf zu präsentieren und wichtige Erfahrungen zu sammeln. Dies ist mit Hinblick auf die nächsten World University Games, die 2025 in Deutschland stattfinden, vielleicht auch schon ein guter Aufbau für ein leistungsstarkes Team 2025. „Wir haben dieses Mal schon ein sehr großes Team dabei und mein Wunsch ist es, dass wir zu den Heimspielen ein komplettes Taekwondo-Team stellen können.“
Schon jetzt in China werden die Augen vom Disziplinchef sehr wachsam die organisatorischen Abläufe verfolgen, um diese Erfahrungen in den Planungen für die Spiele in Deutschland zu beachten. Gemeinsam mit der Ausrichtergesellschaft des adh, mit der DTU und mit seinem Bruder Christoph Lehmann wird Sebastian versuchen eine bestmögliche Organisation der TaekwondoWettbewerbe 2025 in Essen auf die Beine zu stellen. „Wir können uns auf die Weltspiele freuen und vielleicht können durch solch ein Event in Deutschland weitere Talente für unsere tolle Sportart gewonnen werden. Und wer weiß, vielleicht schaut 2025 ein zukünftiges Taekwondo-Talent zu und holt irgendwann eine Medaille bei den Olympischen Spielen für Deutschland.“
Für den Formenbereich gehen folgende Sportlerinnen und Sportler an den Start:

1. Berger, Jules Kategorie Team männlich
2. Briechle, Marina Kategorie Einzel weiblich
Kategorie Paar
Kategorie Team weiblich
3. Erdemir, Emir Can Kategorie Einzel männlich
Kategorie Paar
Kategorie Team männlich
4. Heinrich, Laura Kategorie Team weiblich
5. Lawall, Leah Kategorie Team weiblich
6. Tragkos, Nico Kategorie Team männlich
Im Zweikampf:
Herren: Damen:
Mirza, Takrim - 54 kg
Tipecska, Michael - 63 kg
Omeirat, Mohamed - 68 kg
Pörsch, Jona - 74 kg
Düz, Selina - 46 kg
Kisskalt, Supharada - 49 kg
Folgmann, Madeline - 53 kg
Drucklieb, Franziska - 57 kg
Hörmann, Emily - 62 kg
Valentino, Viviana - 67 kg
Hadzic, Alema - 73 kg
Di Sinno, Sarah > 73 kg
Das Trainerteam umfasst folgende Trainer:
• Adrian Wassmuth
• Balazs Tott
• Sasan Darlirnejad
• Dong-Eon Lee
SAVE THE DATE: SUPPORT TEAM GER!
Alle Technikinteressierten, die schon immer einmal das ganze Spektrum von Poomsae auf hohem Niveau trainieren und erleben wollten, haben am 16. September 2023 an gleich zwei Standorten die Chance dazu: In Gehrden (bei Hannover) und Feucht (bei Nürnberg) veranstaltet die DTU parallel zwei sogenannte Supportlehrgänge, mit denen das Team, das zur Poomsae-Europameisterschaft Ende November in
Innsbruck/Österreich fahren wird, unterstützt werden soll. Die Technik-Bundestrainer werden die Einheiten leiten, zahlreiche Mitglieder des Bundeskaders werden ihnen dabei helfen. Die Ausschreibung zu diesem besonderen Event gibt es demnächst auf www.dtu. de und unseren Social-Media-Kanälen.
Erfahrungen Mit Dopingkontrollen
Die ersten offiziellen Dopingkontrollen bei Olympischen Spielen wurden 1968 durchgeführt. Vereinzelte Kontrollen gab es aber schon vorher. Sie wurden durch die internationalen Verbände organisiert. Insgesamt führt die NADA jährlich rund 13.000 Kontrollen durch und nimmt bei einzelnen Kontrollen zuweilen mehr als eine Probe, sodass rund 15.000 Proben genommen werden. Seit 2015 ist die NADA für alle Wettkampfkontrollen in Deutschland zuständig. Zuvor haben einige Verbände diese Kontrollen noch selbst organisiert. Derzeit werden rund 4.000 bis 5.000 Wettkampfkontrollen in Deutschland durchgeführt.
Spitzensportlerin Vanessa Körndl – aktuell im ATP (Allgemeinen Testpool) – berichtet über ihre Erfahrungen mit Dopingkontrollen und erklärt, wie eine Dopingkontrolle abläuft.
DTU: Welche Verpflichtungen hast du als Spitzensportlerin gegenüber der Nada?
Vanessa: Ich gehöre bei der Nada dem ATP (Allgemeinen Testpool) an. Bei diesem Testpool ist man einmal im Jahr verpflichtet, seine Trainingsorte, Trainingszeiten, den Hauptwohnsitz, Nebenwohnsitz, und die Arbeitsstätte oder Schule anzugeben. Bei Änderungen innerhalb des Jahres muss das der Nada mitgeteilt werden. Es gibt auch noch den NTP oder RTP. Beim Taekwondo sind in diesem Pool nur die Olympiakaderathleten. Diese Athleten müssen in einer App (Adams) stündlich ihren genauen Aufenthaltsort angeben und bei einer Kontrolle immer am angegebenen Ort sein. Ansonsten bekommt man einen Strike (bei drei Strikes wird man zwei Jahre gesperrt).

DTU: Welche Art von Kontrollen erwarten dich und wie häufig wirst du kontrolliert?
Vanessa: Die Kontrolle erfolgt durch eine Urinprobe und manchmal wird zusätzlich zum Urin noch Blut abgenommen. Ich werde etwa ein- bis zweimal im Jahr zu Hause oder im Training kontrolliert und zusätzlich an manchen Turnieren, meist bei Medaillengewinn. Die Athleten im ATP werden nicht so häufig kontrolliert wie Athleten im NTP oder RTP. Diese werden deutlich häufiger kontrolliert.
DTU: Was war bisher für dich eine besonders seltsame Situation während einer Dopingkontrolle?
Vanessa: Meine erste Dopingkontrolle bei der Jugend
Weltmeisterschaft in Taiwan war besonders für mich. Nach meinem Finalkampf wurde ich sofort an der Fläche abgefangen und musste zusammen mit dem Physiotherapeuten der Kontrolleurin folgen. Für mich war diese Situation völlig neu und ich wusste nicht, was ich machen muss. Die Kommunikation zwischen Taiwanesisch, Englisch und Deutsch war nicht so einfach. Aber am Ende hat dann geklappt.
DTU: Weißt du vorher Bescheid, wann du kontrolliert wirst?
Vanesssa: Nein, man kann jederzeit und überall kontrolliert werden.
DTU: Wie läuft so eine Kontrolle ab?
Vanessa: Wenn dich der Kontrolleur (bei Frauen weiblich, bei Männern männlich) antrifft, wird man ab dem Zeitpunkt überall hinbegleitet. Zuerst geht man in einen Raum mit Tisch. Bei Kontrollen an einem Turnier gibt es extra vorbereitete Räume für Dopingkontrollen. Man muss seinen Ausweis vorlegen, damit alle Daten ausgefüllt werden können. Als nächstes kontrolliert man selbst, ob alles richtig geschrieben wurde. Anschließend trägt man alle Medikamente, die man in den letzten sieben Tagen eingenommen hat, in die Formulare ein. Während dem Ausfüllen heißt es trinken, trinken, trinken. Sobald man auf die Toilette muss, nimmt man sich einen Becher, der versiegelt eingepackt ist und kontrolliert diesen auf Verpackungsbeschädigungen. Dann geht man zusammen mit dem Kontrolleur ins Bad, wäscht sich die Hände nur mit Wasser und geht auf die Toilette. Dabei muss man den Becher mit 90 Milliliter Urin füllen. Wenn man es nicht beim ersten Mal schafft, wird der Becher bis dahin verschlossen und bleibt immer unter Aufsicht. Sobald die 90 Milliliter erreicht sind, sucht man sich ein Probeentnahmepaket aus und kontrolliert dies wieder auf Beschädigungen. In diesem Paket befinden sich zwei Flaschen (für die A- und B-Probe), diese sind separat versiegelt. Jetzt befinden sich Codes auf den Flaschen, Deckeln und auf der Verpackung. Erst nach dem Kontrollieren aller Codes kann der Urin in die Flaschen umgefüllt werden.
Zwei Drittel kommen in die A-Probe und ein Drittel in die B-Probe. Anschließend verschließt man die Flaschen und dreht den Verschluss so lange, bis man ihn nicht mehr drehen kann. Somit können die Flaschen bis zur Öffnung im Labor nicht mehr manipuliert werden. Zum Schluss verpackt man die Flaschen einzeln in Plastikbeutel, verschließt diese und legt sie zurück in das Paket. Jetzt fehlt nur noch die letzte Kontrolle aller Daten und eine Unterschrift des Athleten und vom Kontrolleur. Wichtig: Alle Handgriffe, die nicht mit dem Ausfüllen des Formulars zu tun haben, tätigt der Sportler selbst.
DTU: Stimmt es, dass der Kontrolleur/die Kontrolleurin beim Urinieren zuschaut?
Vanessa: Ja, das stimmt. Um Manipulation zu vermeiden, muss man die Hose bis zu den Knien ziehen, die Ärmel bis zum Ellenbogen frei machen und das Oberteil bis zur Brust ziehen. Dies ist eine Sicherheitsmaßnahme, da so schon oft versucht wurde, auf diese Weise fremden Urin abzugeben.
DTU: Welche Besonderheiten hast du als Spitzensportlerin in Sachen Medikamenteneinnahme zu beachten?
Vanessa: Als Sportler darf man nicht alle Medikamente einnehmen, da manche verbotene Substanzen enthalten oder enthalten können. Dies ist manchmal gar nicht so ein-
Definition von Doping
fach. Deshalb gibt es eine App der Nada mit allen erlaubten Medikamenten.
Bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ist es nicht ganz so einfach. Dafür gibt es aber zur Erleichterung die Kölner Liste, die einem hilft, getestete Produkte zu finden. Dort wird immer die getestete Charge angegeben, die getestet und sicher ist.
DTU: Gab es mal eine Situation, in der du dir nicht sicher warst, ob du das Medikament nehmen darfst? Was hast du dann gemacht?
Vanessa: Bei Medikamenten noch nicht, aber bei Nahrungsergänzungsmitteln. Da achte ich sehr darauf, keine Produkte einzunehmen, die nicht auf der Kölner Liste aufgeführt sind.
DTU: Wie störend ist diese tägliche Kontrolle im Trainingsalltag?
Vanessa: Da ich aktuell nicht im stärker kontrollierten Pool bin und nicht täglich bzw. stündlich meinen Aufenthalt angeben muss, fühle ich mich eigentlich nicht unter ständiger Kontrolle. Im NTP/RTP fühlt man sich schon sehr kontrolliert, aber man weiß auch, dass jeder Sportler gleich kontrolliert wird und so Manipulationen verringert werden können.
Für den Leistungssport hat die WADA klar geregelt, welche Tatbestände als Doping gelten, und ein Regelwerk aufgestellt, das auf der ganzen Welt verbindlich ist.
Doping wird definiert als das Vorliegen eines oder mehrerer festgelegter Verstöße gegen Anti-DopingBestimmungen. Im WADC und im NADC findet man diese Bestimmungen in Artikel 2. Als Verstöße gegen die Anti-Doping- Bestimmungen und damit als Doping gelten:
Für den deutschen Sport ist der Nationale Anti-Doping Code (NADC) das wichtigste, sportartübergreifende Regelwerk im Bereich der Anti-Doping-Arbeit. Die durch die WADA im WADC definierten Regeln, sind im NADC zwingend wortgetreu umzusetzen. Mit der Annahme des WADC seitens des deutschen Sports am 10. Dezember 2003 in Leipzig hat sich die NADA zusammen mit dem damaligen Nationalen Olympischen Komitee für Deutschland (heute Deutscher Olympischer Sportbund, DOSB) zur Umsetzung verpflichtet.
Nadamed
Die NADAmed Medikamenten-Datenbank soll es sowohl Sportlerinnen und Sportlern, als auch Betreuerinnen und Betreuern ermöglichen, eine leicht zugängliche und schnelle Auskunft über die Dopingrelevanz von Medikamenten zu erhalten. Die Datenbank enthält eine Auswahl häufig verschriebener oder angefragter Medikamente, die in Deutschland als Arzneimittel zugelassen oder als homöopathisches Arzneimittel registriert sind. Medikamente aus anderen Ländern sind nicht aufgeführt.
Organisation Der Nada
Die Stiftung Nationale Anti Doping Agentur Deutschland ist die maßgebliche Instanz für sauberen Sport in Deutschland. Im Juli 2002 wurde die NADA mit einem Festakt im Alten Rathaus in Bonn gegründet und am 21. November des gleichen Jahres von der Stiftungsaufsicht anerkannt. Seither verfolgt sie ihren Stiftungszweck und setzt sich für Fairness und Chancengleichheit im Sport ein.
DOPING UND MEDIKAMENTENMISSBRAUCH –EIN GESAMTGESELLSCHAFTLICHES PROBLEM
Die Bereitschaft, befindlichkeits- und leistungssteigernde Mittel einzunehmen, entwickeln manche Kinder und Jugendliche bereits sehr früh. Von klein auf lernen sie von den Eltern, anderen Erwachsenen ihres Umfelds oder auch Ärztinnen und Ärzten, dass gegen fast jedes Unwohlsein ein Mittel zur Verfügung steht. Gegen Kopfschmerzen helfen Tabletten, und auch gegen Nervosität oder Unruhe lässt sich etwas einnehmen. So lernen sie auch, dass sie durch „kleine Helfer“ aktiv etwas bewirken können – und das nicht nur bei Krankheit oder Unwohlsein. Wenn etwa Eltern ihrem Kind Vitaminpräparate geben mit der Begründung, dass es sich dadurch in der Schule besser konzentrieren kann, dann handelt es sich zwar um vermeintlich harmlose Mittel – entscheidend aber ist die Argumentation, die sich die Kinder aneignen: Ich nehme etwas, damit ich bessere Leistungen erbringen kann oder mehr Energie habe. Wenn Kinder auf diese Art und Weise lernen, Mittel zu nehmen, die Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit steigern, kann sich das später negativ auswirken.
Darum ist Aufklärung, wachsam sein und informieren in unserer heutigen Gesellschaft, die von Leistungsdruck geprägt ist, eine wichtige Aufgabe von Eltern, Trainern und Funktionären.
Der Irrglaube, Doping bzw. Medikamentenmissbrauch sei ein Phänomen des Hochleistungssportes ist allein durch unsere Einleitung schon widerlegt. Unser Verbandsarzt Dr. Frank Düren geht etwas tiefer in die Thematik ein und klärt auf.
DTU: Man glaubt, Doping bzw. Medikamentenmissbrauch kommt nur im Hochleistungssport vor. Ist das so oder ist es ein gesamtgesellschaftliches Problem?
Dr. Frank Düren: Sowohl Doping als auch Medikamentenmissbrauch sind auf keinen Fall nur ein Phänomen des Hochleistungssports. Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass die Einnahme von verbotenen Substanzen im ambitionierten Breitensport deutlich größer ist als im Leistungssport. Medikamentenmissbrauch ist ein allgemeines gesellschaftliches Problem und nicht nur auf den Sport begrenzt.
DTU: Wo liegt der Unterschied zwischen Doping und Medikamentenmissbrauch?
Dr. Frank Düren: Doping bezieht sich aus Sicht des Sports auf einen Verstoß gegen den WADA (World Anti Doping Agency) Code. Im engeren Sinne somit auf die Einnahme einer nach der „WADA Prohibited List“ verbotenen Substanz. Unter Medikamentenmiss brauch versteht man den nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Medikaments, also außerhalb des Indikationsgebietes, über die verschriebene Dosis hinaus oder in einer anderen als der bestimmungsgemäßen Anwendungsform.

DTU: Kannst du ein Beispiel nennen, wo ein Sportler Medikamentenmissbrauch betreibt, aber kein Doping?
Dr. Frank Düren: Ein klassisches Beispiel ist die Einnahme von Ibuprofen. Dieser Wirkstoff steht nicht auf der Verbotsliste der WADA, ist aber sicher eines der Medikamente, die im Sport häufig missbraucht werden.
DTU: Voltaren, Diclofenac sind Wirkstoffe, die man vor allem auch in unserer Sportart kennt und gebraucht. Wo kann man hier eine Grenze setzen, was Medikamentenmissbrauch ist und was nicht, Stichwort: medizinische Indikation.
Dr. Frank Düren: Die Grenze zu setzen ist genau das Problem, der Übergang zwischen Gebrauch und Missbrauch ist ja durchaus fließend. Wenn allerdings eine sportliche Aktivität nur noch unter Einnahme von schmerzstillenden Medikamenten, vielleicht sogar unter vorbeugender Einnahme der Medikamente möglich ist, dann ist die Grenze zum Missbrauch eindeutig überschritten.
DTU: Sport ist sicher ein großer Bereich, wo Medikamentenmissbrauch bzw. Doping ein Thema ist. Wie sieht es aber mit der Berufswelt aus. Hast du hier Erfahrungen bzw. den Eindruck, dass da auch schon mal die ein oder andere Schmerztablette oder z.B. das im Sport streng verbotene Aspirin Complex eingenommen wird, um fit am Schreibtisch zu sitzen?
Dr. Frank Düren: Ich sehe da wenig Unterschiede. Der Druck in der heutigen Berufswelt ist ja teilweise genauso groß oder manchmal sogar größer als im Leistungssport. Somit ist auch Anreiz zum Missbrauch von Medikamenten durchaus im Berufsleben vorhanden. Der Unterschied ist vielleicht eher, dass Leistungssportler häufig besser medizinisch und sportwissenschaftlich betreut sind und die Art der Medikamente ist sicher oft unterschiedlich.
DTU: Wie sieht es mit der Gesetzeslage aus? Ist Medikamentenmissbrauch strafbar oder darf ich meinem Körper zuführen, was ich möchte?
Dr. Frank Düren: Genau hier liegt ein Teil des Problems, Medikamentenmissbrauch ist nicht strafbar, wird ähnlich wie Alkoholkonsum oftmals sogar verharmlost. Wenn der Betroffene selbst nicht die Einsicht hat, dass es dringend notwendig ist, gegen den Missbrauch etwas zu unternehmen, gibt von außen keine Handhabe.
DTU: Gibt es Zahlen, wie weit Medikamentenmissbrauch im Breitensport verbreitet ist, wenn man zum Beispiel an die Laufszene denkt oder sogar auch in unserer Sportart?
Dr. Frank Düren: Genaue Zahlen gibt es nicht. Nach Schätzungen sind in Deutschland etwa 1,9 Millionen Menschen arzneimittelabhängig, übrigens fast genauso viele wie alkoholabhängig. Das betrifft aber die Gesamtbevölkerung und nicht nur Sportler.

DTU: Wie stehst du zum Thema Nahrungsergänzungsmittel?
Dr. Frank Düren: Nahrungsergänzungsmittel sollte man sinnvoll nutzen, d.h. sich erstmal fragen: Besteht überhaupt ein erhöhter Bedarf an einer Ergänzung und kann ich diesen Mehrbedarf eventuell über natürliche, gesunde Ernährung zuführen?
Das Problem von Nahrungsergänzungsmitteln liegt zum einen in der möglichen Verunreinigung mit verbotenen Substanzen, also Dopingmitteln, und zum anderem in einer eventuellen Überdosierung von Nährstoffen, die ebenso negative gesundheitliche Folgen haben kann.

DTU: Was ist das Gefährlichste für einen Sportler, wenn er in die Schleife der Medikamentenabhängigkeit rutscht? Was kann er tun, um da wieder herauszukommen?
Dr. Frank Düren: Das Problem ist das Medikamenten- missbrauch oft nicht wahrgenommen wird. Weder vom Umfeld noch von den Betroffenen selbst. Und da es sich im Gegensatz zum Doping ja um keine verbotene Tat handelt wird die missbräuchliche Einnahme oft lange bagatellisiert, letztendlich handelt es sich aber um eine Suchterkrankung wie eben bei Drogen oder Alkohol auch. Deshalb ist hier sicher professionelle Hilfe notwendig.
DTU: An wen sollte sich ein Trainer wenden, wenn er merkt, sein Sportler braucht für die Vorbereitung in jedem Training eine Schmerztablette (sei es „nur“ die bekannte Ibuprofen-Tablette), um das Training zu bewältigen?
Dr. Frank Düren: Neben der Thematisierung dem Athleten gegenüber, und bei Jugendlichen auch der Eltern, muss man zügig professionelle Hilfe hinzuholen. Das kann als erster Kontakt der Verbandsarzt, aber eventuell auch der Hausarzt sein. Im nächsten Schritt kommt man dann sicher nicht an psychotherapeutischer Hilfe vorbei.
DTU: Was empfiehlst du Eltern, wie stark sie in diesem Thema aufmerksam sein sollten?
Dr. Frank Düren: Eltern können hier nicht wachsam genug sein. Vor allem müssen sie aufpassen, dass sie nicht gar eine aktive Rolle einnehmen. Eine Studie im Auftrag des deutschen Apotheker Verbandes har bereits 2009 gezeigt, dass drei von fünf Eltern ihrem Kind pro Monat mindestens ein Medikament verabreichen. Und den Eltern muss auch bewusst sein, dass ihr eigener Umgang mit Medikamenten den Kindern als Modell dient.