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Aktiv für starke Knochen
Bewusstsein für Osteoporose zu schaffen, ist auch auf Ärzteseite wichtig
Am Weltosteoporosetag (WOT), dem 20. Oktober, fordert die International Osteoporosis Foundation (IOF) alljährlich Aufmerksamkeit für die Osteoporoseprävention und -nachsorge ein. In Zeiten der Coronapandemie waren und sind auch der Rückstand mit Osteoporoseabklärungen, Verzögerungen bei Behandlungen und zu wenig Bewegung wichtige Themen. Der 1996 vom britischen Osteoporoseverband ins Leben gerufene Aktionstag wird mittlerweile in rund 90 Ländern weltweit ausgerichtet. Über 265 nationale Patienten- und Medizingesellschaften – Einzelpersonen und Gesundheitsbehörden – rufen auch heuer wieder dazu auf, die Themen Knochengesundheit und Prävention von Frakturen zu priorisieren. Bewusstsein für Osteoporose zu schaffen, ist nicht nur auf Patienten-, sondern auch auf Ärzteseite wichtig: Denn nur jeder fünfte Betroffene wird angemessen behandelt. Und das, obwohl es heute viele Möglichkeiten gibt, der Krankheit vorzubeugen bzw. sie zu therapieren.
„Dafür gibt es keine Entschuldigung“
Bei der Osteoporose handelt es sich bekanntlich um eine progressive metabolische Knochenkrankheit mit erniedrigter Knochendichte und Zerfall der Knochenstruktur. Die Anfälligkeit des Skeletts führt zu Frakturen nach geringen oder stummen Traumata, v. a. an der thorakalen und lumbalen Wirbelsäule, am Handgelenk und an der Hüfte. Weltweit ist laut IOF bis zu jede dritte Frau und jeder fünfte Mann im Alter ab 50 Jahren von Fragilitätsfrakturen betroffen. Diese haben enorme Auswirkungen auf Patienten und ihre Familien sowie auf die Gesundheitssysteme. „Osteoporosebedingte Frakturen stellen eine der Hauptursachen von Schmerzen, Behinderung und Verlust der Unabhängigkeit bei älteren Menschen dar. Solche lebensverändernden Verletzungen sind vermeidbar, indem ein Leben lang auf die Knochengesundheit geachtet wird und Risikopatienten eine frühe Diagnose und angemessene Behandlung erhalten“ , hebt IOF-Präsident Prof. Dr. Cyrus Cooper hervor. „Trotz der immensen Belastung durch Fragilitätsfrakturen wird Osteoporose weiterhin in viel zu geringem Maße diagnostiziert und therapiert. Selbst nach einer osteoporotischen Fraktur werden rund 80 % der Patienten nicht auf die zugrunde liegende Ursache untersucht oder entsprechend behandelt. Das steht in krassem Gegensatz zur Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen – dafür gibt es keine Entschuldigung!"
(Weitere) Fragilitätsfrakturen vermeiden
Die IOF fordert alle älteren Menschen auf, regelmäßig Sport zu treiben, genug Vitamin D durch Sonneneinstrahlung oder Nahrungsergänzungsmittel aufzunehmen und Lebensmittel zu essen, die mit Kalzium, Protein und anderen wichtigen Nährstoffen der Knochengesundheit förderlich sind. Der Osteoporose-Risiko-Check der IOF (riskcheck. osteoporosis.foundation) ist ein OnlineFragebogen und bietet eine einfache Möglichkeit für Patienten, persönliche Risikofaktoren der Krankheit zu erkennen. Erste Anzeichen der Osteoporose wie dumpfe Rückenschmerzen ohne ersichtliche Ursache oder der Verlust an Körpergröße sollten ernst genommen werden. Eine ärztliche Untersuchung ist darüber hinaus indiziert, wenn sich Patienten nach dem 50. Lebensjahr bereits einen Knochen gebrochen oder eine Familienanamnese mit Osteoporose haben. Für die Knochendichtemessung bei erhöhtem Risiko hat sich die DualEnergy X-ray Absorptiometry (DXA) bewährt. Wurde bereits eine Osteoporose diagnostiziert, bilden Kalzium, Vitamin D und Bewegung ebenfalls die Basisbehandlung. Die medikamentöse Therapie erfolgt in Abhängigkeit vom individuellen Frakturrisiko. Zur Verfügung stehen sowohl Medikamente, die eine erhöhte Knochenabbaurate reduzieren, als auch solche, die den Knochenaufbau stimulieren (siehe Kasten). Ziel ist immer,
den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. „Ohne eine schützende Nachbehandlung verdoppelt sich nach dem ersten gebrochenen Knochen das Risiko weiterer potenziell lebensbedrohlicher Frakturen“ , stellt Prof. Cooper klar.
Regelmäßige Überprüfung der Therapie
Wichtig: Da Osteoporosepatienten eine lebenslange Therapie benötigen, sollten das Frakturrisiko und die Therapie alle drei bis fünf Jahre überprüft werden. Ein Umstieg von einem Medikament auf ein anderes ist unter anderem bei Unverträglichkeiten oder fehlender Effektivität indiziert. Bei der Medikamentenwahl ebenfalls von Bedeutung ist die Therapieadhärenz. Diese kann im individuellen Fall z. B. bei halbjährlichen subkutanen Injektionen höher sein als bei einem oralen Therapieregime.
PA/KaM
Quellen: worldosteoporosisday.org osteoporosis.foundation aktionsbündnis-osteoporose.de
Medikamentöse Therapien
Es gilt, die Hinweise der jeweiligen Fachinformation zu berücksichtigen.
Bisphosphonate sind die Therapie der ersten Wahl. Indem sie die Knochenresorption hemmen, können sie die Knochenmasse erhalten und die Frakturrate an Hüfte und Wirbelsäule um bis zu 50 % verringern.
Östrogen kann die Knochendichte erhalten und Frakturen verhindern. Wird mit der oralen Östrogengabe innerhalb von vier bis sechs Jahren nach der Menopause begonnen, kann sie den Knochenverlust am effektivsten verlangsamen.
Raloxifen ist ein selektiver Östrogenrezeptormodulator (SERM), der für die Therapie der Osteoporose bei Frauen geeignet ist. Er wird einmal täglich oral verabreicht und verringert Wirbelbrüche um etwa 50 %, konnte aber nicht zur Reduzierung von Hüftfrakturen beitragen.
Denosumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen RANKL (Rezeptoraktivator des nukleären Faktors Kappa-B-Liganden) und reduziert die Knochenresorption durch Osteoklasten. Denosumab kann u. a. bei Patienten hilfreich sein, die andere Therapien nicht tolerieren oder nicht darauf ansprechen, oder bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion. Es wurde festgestellt, dass dieses Medikament bei zehn Jahren Therapie ein gutes Sicherheitsprofil hat.
Romosozumab ist ein monoklonaler Antikörper gegen Sklerostin (kleines Protein, von Osteozyten gebildet, das die Knochenneubildung durch Osteoblasten hemmt), der seit 2019 verfügbar ist. Es hat sowohl antiresorptive als auch anabole Wirkungen und erweitert die Therapieoptionen der manifesten postmenopausalen Osteoporose von Hochrisikopatientinnen.
Anabolika sind für bis zu zwei Jahre Therapie während eines Lebens verfügbar. Teriparatid (synthetisches PTH) und Abaloparatid (menschliches PTH-Analogon, das an den PTH-Typ-1-Rezeptor bindet) werden täglich durch subkutane Injektion verabreicht und erhöhen die Knochenmasse, stimulieren die Knochenneubildung und verringern das Risiko von Frakturen.
Quellen & weiterführende Infos: msdmanuals.com, dv-osteologie.org/osteoporose-leitlinien