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Die Anwender:innen sind Mitentwickler:innen

© Darwin

Living Labs als Motor der Innovation und Beteiligung im Gesundheitswesen

Um Innovationen, insbesondere bei digitalen Produkten und Dienstleistungen, im Gesundheits- und Sozialwesen nachhaltig umzusetzen, bedarf es häufig eines Ökosystems sich ergänzender Fachgebiete. Die frühzeitige Einbeziehung externer Interessengruppen in den Innovationsprozess stellt eine wichtige Ressource dar und fördert die Akzeptanz sowie Anwendbarkeit der entwickelten Produkte und Dienstleistungen bei den Endanwenderinnen und -anwendern.1 Eine der jüngsten und bekanntesten Methoden für solch nutzerbezogene Innovationen sind sogenannte Living Labs. Die Entwicklung dieser Labs wurde insbesondere durch EU-Förderprogramme und internationale Gemeinschaften wie das European Network of Living Labs (ENoLL) – mit über 500 Living Labs weltweit aus unterschiedlichen Bereichen von Gesundheit, Sozialer Inklusion, Energie und Umwelt bis hin zu Artificial Intelligence – in den letzten Jahren massiv vorangetrieben.2

AKTUELL

Um die Entwicklung innovativer Lösungen für ältere Menschen voranzutreiben, wird im Rahmen des kürzlich in Graz eröffneten Hauses Esther gemeinsam mit lokalen Partnern auch ein auf Altenpflege und soziale Innovation spezialisiertes Living Lab realisiert. Bei Interesse, Partner:in dieses Netzwerkes zu werden oder die Leistungen eines Living Labs für die eigene Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu nutzen, lädt das Albert Schweitzer Institut für Geriatrie und Gerontologie Graz zur Kontaktaufnahme ein:

Tel.: +43 316 7060 1061 E-Mail: ggz.asigg@stadt.graz.at

Im realen Umfeld testen

Doch was genau versteht man unter einem Living Lab? Der Begriff wurde erstmals in den späten 1990er Jahren von dem MediaLab des Massachusetts Institute of Technology (MIT) geprägt. Dabei definierte die Europäische Kommission eine Living-Lab-Umgebung als ein nutzerinnen- und nutzergesteuertes, offenes Innovationsökosystem, das auf einer Partnerschaft zwischen Wissenschaft, Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern und Regierung basiert. Den Nutzerinnen und Nutzern ermöglicht diese Umgebung, sich aktiv an verschiedenen qualitativen und quantitativen Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsprozessen zu beteiligen. Häufig werden noch in Entwicklung befindliche Services und Produkte in einem realen Umfeld getestet, wobei der Schwerpunkt auf dem Zugang zu den Ideen und dem Wissen der Anwenderinnen und Anwender liegt.1,2

Praxisbeispiel: Rollator der Zukunft

Wie sieht das nun in der Praxis aus? Man stelle sich vor, man möchte einen Rollator der Zukunft entwickeln. Einen Rollator, der die Wünsche und Bedürfnisse der Endanwenderinnen und -anwender erfüllen soll. Genau das war unter anderem das definierte Ziel des EU-Projekts I-Care-Smart. So wurde gemeinsam mit älteren Menschen, Nutzerinnen und Nutzern von Rollatoren sowie Vertreterinnen und Vertretern der Medizintechnik, des Ingenieurwesens, der Gesundheitswissenschaft und Sozialarbeit in einem mehrjährigen Entwicklungsprozess an der Entstehung dieses sogenannten intelligenten Rollators gefeilt. Die Einbeziehung der Seniorinnen und Senioren geschah im Zuge von partizipativen Workshops, in denen das Produkt von ihnen getestet und angewendet wurde und man in direkten Gesprächen von ihnen erfuhr, was sie mögen und was sie nicht mögen. Eine der Seniorinnen, die am Entwicklungsprozess beteiligt war, erzählte: „Ich bin voller Ideen und kann meine Vorstellungen ideal einbringen. Die Leute hören mir zu und finden interessant, was ich sage. Vielleicht kann jemand meine Ideen nutzen. Die Testungen sind interessant und wir arbeiten nicht nur zusammen, sondern wir lachen auch gemeinsam; das ist schön. “

Gastautor:innen: Kerstin Löffler, BA MA, Dr. Wolfgang Kratky, MBA, Mag.a Dr.in Judith Goldgruber

Quellen: 1 Ballon P et al., (2018). Telematics and Informatics. doi.org/10.1016/j.tele.2018.02.003 (28.09.2021). 2 Schuurman D et al., (2019). Technology Innovation

Management Review. 63–73. doi.org/10.22215/ timreview/1225 (28.09.2021). 3 Schuurman D & De Marez L (2012). Technology Innovation Management Review. 31–38. Verfügbar unter: timreview.ca/article/606 (28.09.2021).

Auszug aus: Löffler K, Kratky W & Goldgruber J (2021). ProCare,26(9): 44-47.

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