BUCHTIPP Romani Rose – ein Leben für die Menschenrechte. Portrait eines mutigen Mannes von Behar Heinemann
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er „Porajmos“, wie der nationalsozialistische Genozid an den europäischen Sinti und Roma auf Romanes bezeichnet wird, ist wissenschaftlich umfänglich untersucht und aufbereitet worden. Dagegen ist die Geschichte der Wiedergutmachung für das erlittene Unrecht, der Kampf um die Anerkennung als nationale Minderheit, das Ringen um Wahrheit und Gerechtigkeit bisher nur bruchstückhaft und unzulänglich dokumentiert worden. Diese Lücke schließt das Buch „Romani Rose – Ein Leben für die Menschenrechte“ von Behar Heinemann, erschienen im April 2017 im Danube Books Verlag. Dieses Buch bietet dem Leser anhand von Romani Roses Lebensweg eine umfassende Dokumentation über die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma von ihren anfänglichen, noch zaghaften und unorganisierten Versuchen, sich in den ersten Jahren der Nachkriegszeit Gehör zu verschaffen, über die aufsehenerregenden Aktionen der 70er und 80er Jahre, insbesondere den Hungerstreik in Dachau 1980, bis hin zur Gegenwart. Die Autorin hat bei ihrer Retrospektive fünf Höhepunkte identifiziert, die sie zunächst jeweils einzeln herleitet, sie anschließend aber in eine Kontinuität setzt. Auf diese Weise werden die zunehmende Emanzipation der Minderheit sowie die wachsende Eigenständigkeit und Wirkung ihrer Bürgerrechtsarbeit, aber auch die Veränderungen im Umgang der Bundesrepublik Deutschland mit ihrer größten nationalen Minderheit nachgezeichnet. Dieser historische Bogen spannt sich – zumindest bis zum heutigen Tag – von der Gründung des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma (1982), über die Anerkennung der Ermordung der Sinti und Roma durch das NS-Regime als Völkermord durch Bundeskanzler Helmut Schmidt (1982), die Anerkennung der deutschen Sinti und Roma als nationale Minderheit (1995) und die Eröffnung des Dokumentationsund Kulturzentrums deutscher Sinti und Roma in Heidelberg (1997) bis schließlich zur Einweihung des Denkmals für die während des Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas in Berlin (2012). Ihren bemerkenswerten Aufschwung, ihre Durchschlagskraft, ihre Sichtbarkeit in der breiten Öffentlichkeit und letztendlich ihre Erfolge sind dabei wesentlich auf eine zentrale Figur zurückzuführen. Romani Rose, der langjährige Vorsitzende des in Heidelberg mit Hauptsitz ansässigen Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, ist der spiritus rector, die treibende Kraft hinter der Bewegung. Seiner Tatkraft, seinem unbändigen
16 RC Premium 2/2018
Die Autorin: Schon ihr Vater war ein einflussreicher Sprecher der Roma und Politiker im Kosovo. Behar Heinemann ist somit seit ihrem Kindesalter mit der Thematik von Gleichberechtigung und politischem Aktivismus vertraut. Selber engagierte Aktivistin mit Schwerpunkt Bildung und Chancengleichheit, Fotografin, Künstlerin und Publizistin, dokumentiert sie in Wort und Bild die unauflöslich miteinander verwobene Entwicklung der Bürgerrechtsbewegung deutscher Sinti und Roma und das eindrucksvolle Leben und Wirken von Romani Rose.
Die Autorin kennt Romani Rose seit vielen, vielen Jahren persönlich. Sie selber ist gebürtige Romni aus dem Kosovo und lebt seit über zwei Jahrzehnten in Deutschland. Es war ihr ein wichtiges Anliegen, als Angehörige der Minderheit der Roma und zugleich deutsche Staatsbürgerin als Brückenbauerin zu fungieren. Die Vorgehensweise der Autorin zeichnet sich durch Gründlichkeit in der Recherche verbunden mit Originalität in der Darstellung aus. Dies vermag nur ein Autor zu leisten, der so persönlich mit der Thematik und den einzelnen Personen vertraut ist wie sie. Denn noch immer beeinflussen große Unkenntnis und nachhaltige Vorurteile das Verhältnis zwischen Mehrheitsgesellschaft und Minderheit und hemmen eine unvoreingenommene und gleichberechtigte, unverkrampfte und wechselseitig befruchtende Beziehung. Das Buch ist auch insofern umso bemerkenswerter und aufschlussreich, als die bisher bestehende Wissenslücke durch eine Romni, eine Angehörige der Minderheit selbst, erstmalig geschlossen wird. Ihr Buch leistet einen wichtigen Beitrag zu mehr Toleranz und gegenseitigem Respekt …