etwas“. Und ich hörte ab Juni 1977 nichts mehr von ihm. Erst im August 1978 besuchten wir ihn in Frankreich und konnten uns aussprechen. Ute erhielt die Genehmigung, auszuwandern, ohne zu heiraten. Ihr „Verlobter“ hatte inzwischen in Deutschland geheiratet. Trotzdem war er so nett, Ute ein Papier zu schicken, in dem stand, dass er schwer krank wäre und nicht zur Heirat nach Rumänien reisen könnte. Die Heirat müsse in Deutschland stattfinden. Bei mir wollte keine Freude aufkommen, obwohl Teil eins unseres Plans in Erfüllung gegangen war. Denn zwischen Ute und mir wird zunächst der Eiserne Vorhang stehen. Für Ute und mich war es ein schwerer Abschied auf dem Flughafen BukarestOtopeni. Nach dem Start des Flugzeugs wollte ich Dan sprechen, um ihm mitzuteilen, dass ich bereit war, alles zu riskieren, obwohl ich das Gegenteil versprochen hatte. Von Daniela, Dans Frau, erfuhr ich, dass Dan seit zwei Wochen in Deutschland war. Daniela, die meine Verzweiflung sofort erkannt hatte, machte mir aber neue Hoffnung. Sie wolle mit Vasile Bolos sprechen, mit dem Dan zum ersten Mal durch die Donau geschwommen war. Vasile sei aber auch bei einem zweiten Versuch gefasst worden, weil niemand in Serbien auf ihn gewartet hatte, um ihm weiterzuhelfen. Nach mehreren Wochen meldete sich Daniela telefonisch mit der Nachricht, dass Vasile mir helfen wolle. Vasile Bolos, klein, dunkelhäutig und anfangs misstrauisch, stets ernst, lachte nie, hatte einen stechenden Blick, er war ein Zyniker. Sind das die Spuren der Gefängnisjahre? Ich fuhr in jenem Herbst immer wieder zu ihm. Ich hatte Glück, allmählich vertraute Vasile mir. Die Sache hatte allerdings einen Haken: Vasile wollte eigentlich nicht mehr weg. Er brauchte nur Geld, weil er eben ein Haus baute, das viel Geld kostete. Deshalb wollte Vasile mit seinen Grenzgänger-Erfahrungen lediglich ein bisschen Geld verdienen. Ich sagte Vasile, dass auch mein Freund Hermann gerne mitginge. Hermann und ich hatten in der Zwischenzeit die Köpfe zusammengesteckt und die Idee geboren: Wir sollten die Donauüberquerung in einem Schlauchboot bei Neumond versuchen. Hermann saß noch der Schock von Oktober 1972 in den Knoebens auf dessen Bruder gewartet hatte. Seit damals wusste er, zum Schwimmen ist es im Herbst zu kalt, aber mit einem Gummiboot, das man in einen Rucksack stauen kann, könnte die Flucht gelingen. Wir hatten in Hermannstadt einen Freund, genannt Bürste, der ein kleines Schlauchboot verkaufen wollte, nur 150 Lei sollten es kosten. Das Boot trägt drei Personen, Paddel sind dabei, sagte er uns. Aber da war noch etwas. Vasile hatte zwei Freunde, die auch weg wollten. Jetzt waren wir schon zu viert. Das größte Problem war aber noch zu lösen: Wir brauchten einen Fluchthelfer auf dem anderen Ufer der Donau, der an maximal
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