Billeder Heimatblatt 2023

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Billeder Heimatblatt 2023

heimathaus-billed.de

Herausgegeben von der HOG Billed


Einmarsch der Trachtenpaare am Billeder Heimattag 2023. Foto: Cornel Gru-


Billeder Heimatblatt 2023

heimathaus-billed.de

Dezember 2023 | 36. Ausgabe

Inhalt 110 Ein Fest der Gemeinde Billed, Werner Tobias 3 Vorwort, Werner Gilde 112 Südosteuropafahrt der DJO BW, Folke Wittmann 4 Das 25. Billeder Heimattreffen in Karlsruhe..., 114 Aufgeschriebene Erinnerungen, Christine Chang Elisabeth Martini 119 Übernahme des Vorlasses von Peter Krier 14 Ansprache am Billeder Denkmal, Peter Krier 120 Banater Struwwelpeter billedrisch, 16 Predigt – Billeder Treffen 2023, Marius Frantescu Elisabeth Martini 18 Was lange währt, wird endlich gut, Elisabeth Jung 124 Wie ich hinkumm sin, hat ne gepiff un et hat 20 Jahrgangstreffen 1962/1963, Renate Klein gschloof, Erika Weith, 24 Klassentreffen des Jahrgangs 1960, 126 Die Zeit der Ballzauberer ist vorbei, Redaktion Katharina Martini-Cherchi 128 Handball: „Nationalsport“ der Banater 30 Faschingsball in Karlsruhe, Heidi Müller Deutschen, Johann Steiner 32 13. Sommerfest des Kreisverbandes der LBSK, 134 Baden-Marathon 2023 in Karlsruhe, Vorstand Katharina Senn 36 Eine Vortänzerin aus München bei der 136 Die Einsamkeit des Langstreckenläufers, Billeder Kirchweih 2023, Hans Rothgerber Hans Hartmann 40 Das jährliche Handballturnier bei den Billeder 140 Jubiläum Pfarrer Frantescu, Monika Bergbauer Tagen, Brunhilde Klein 144 Katarina Graf feiert 100. Geburtstag 42 Herbstfest in Nürnberg, Renate Frombach Carmen Keller 44 Kathreinen Ball 2023 in Billed, Hans Rothgerber 146 Ein Prachtstück für unser Heimatmuseum, 48 Allerheiligen 2023, Kerstin Klein Werner Tobias 52 Allerheiligen in Billed, Roswitha Csonti 148 Urne mit Heimaterde restauriert, Werner Gilde 56 Hoher Besuch aus Baden-Württemberg, 149 Ulmer Schachtel Modell, Museum Billed, Cornel Gruber Christa Barth-Schoof 64 Reise nach Rumänien ins Banat, Ursula Mösle 150 Musikant ein Leben lang, Adam Tobias 78 Wenn Heimat nirgendwo ist, Johann Steiner 151 Johann Gehl ist von uns gegangen, 90 Ich habe Angst um meine Erinnerungen…, Elisabeth Martini Alexander Buza 152 Statistik der Störche in Billed 2023, Adam Csonti 94 Erinnerungen an die Jahre 1956-1960 in 154 Schachmeisterschaft 2023, Alfred Selpal Lippa, Elisabeth Martini 156 Statistik unserer Landsleute weltweit, 106 Ein letzter Gruß von eurer euch liebenden Hans Herbst und Werner Tobias Mutter, Gabriela Şandor Impressum Umschlag: Stillleben im Forum der Billeder Deutschen. Foto: Hans Rothgerber Herausgeber: Heimatortsgemeinschaft Billed e.V. | Druck: PRINT 4 RESELLER | Auflage: 1.050 Redaktion: Elisabeth Martini | Grafik, Layout, Satz und Redaktion: Hans Rothgerber


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In eigener Sache

Unser Heimatblatt

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rundsätzlich wird das Billeder Heimatblatt allen Landsleuten kostenlos zuge­stellt. Da wir für Druck und Versand je Buch 10.- € leisten müssen, bitten wir Sie, eine Spende auf das Konto der HOG Billed, IBAN: DE95661900000000111791 BIC: GENODE61KA1 zu überweisen, ein entsprechender SEPA-Überwei­sungsschein ist beigelegt. Achtung, er muss entsprechend ausgefüllt werden! Spenden können auch auf unser Paypal-Konto überwiesen werden. konto@heimathaus-billed.de Um ihre Überweisung einordnen zu können, schreiben Sie bitte auf den Überweisungsschein Vorname (auch der E­he­frau), Fami­lienname, Ortschaft und Zweck. Wir erwarten keine Spende von Landsleu­ten mit geringer Rente, von Arbeitslosen und von den Landsleuten aus Billed. Wir freuen uns, dass wir Ihnen unser Heimatblatt als Zei­chen unserer Verbundenheit übermitteln können. Wir bitten jedoch um Verständnis dafür, dass wir wohlsi­ tuierten Landsleuten ohne Ge­genleistung die nächste Ausgabe nicht mehr zusenden. Landsleute, deren An­schrift sich geändert oder in deren Familien ein Ereignis (Geburt, Hochzeit, Todesfall) stattgefunden hat, bitten wir um Mitteilung an Hans Herbst, Freiligrathweg 14, 76571 Gaggenau Tel. 07225-77233, hans.herbst@billed.de Ihre Meinungen und Äußerungen zum Heimatblatt, Ihre Vorschläge und Ideen richten Sie bitte an die Redaktion: Elisabeth Martini, Kronenstraße 36, 76133 Karlsruhe, Telefon 0721/379214 Druckfehler, Änderungen und Irrtümer vor­behalten. Au-

torenbeiträge sind namentlich gekennzeichnet und die inhaltliche Verantwortung liegt bei diesen. Die Redak­ tion dankt allen diesjährigen Mitarbeitern für ihre Beiträge und Bilder und möchte gleichzeitig alle Landsleute auffordern, Artikel bzw. Anregungen für das Heimatblatt auch im nächsten Jahr zu senden. Der Vorstand der HOG Billed Gewählt am 8.06.2019 bei der Hauptversammlung in Karlsruhe Ehrenvorsitzender: Peter Krier Vorsitzender: Werner Gilde, Tel. 0721-863891 Stellvertreter: Ralf Gilde: ralf.gilde@googlemail.com Schriftführer: Adelheid Müller, Tel. 0721-1331547 Kassenwart: Jakob Muttar, Tel. 0721-784177, Email: j.muttar@web.de Beisitzer: Elisabeth Martini, Tel. 0721-379214, Email: emartini@gmx.net Hans Rothgerber Email: joharo@gmx.de Hans Herbst, Tel. 07225-77233 Email: hans.herbst@billed.de Adam Tobias, Tel. 0721-865315 Email: ea.tobias@web.de Werner Tobias, Tel. 06138-941031 Email: werner.tobias@billed.de Mitglieder unserer HOG, die auch nach Weihnachten das Heimatblatt nicht erhalten haben, mögen sich unmittelbar an Werner Gilde oder Hans Herbst wenden.


Vorwort

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Liebe Landsleute, liebe Freunde, wieder ist ein Jahr vergangen und wieder halten Sie ein

Ende August waren einige Billeder zum Kirchweihfest

neues Heimatblatt in den Händen, mit vielen interes-

nach Billed gereist. Es war ein gelungenes Fest und ich

santen Beiträgen und Bildern.

möchte mich für die herzliche Gastfreundschaft, die wir

Die viele Arbeit und die unzähligen Stunden, die in ihm

erfahren durften, bedanken.

stecken, sind dem Heimatblatt auf den ersten Blick nicht

Zu Allerheiligen hat wie jedes Jahr eine Gedenkfeier am

anzusehen. Jedoch entsteht es keinesfalls von selbst. Auf

Billeder Gedenkstein stattgefunden.

der einen Seite sind es die Autoren, auf der anderen Sei-

Mit dem Herbstfest der Billed Alexanderhausener Blas-

te sind es diejenigen, die das ganze „Drumherum“ er-

musik in Nürnberg hat unsere Gemeinschaft die Jahres-

ledigen. Denn bis so ein Heft fertig gedruckt auf dem

aktivitäten abgeschlossen.

Tisch liegt, braucht es viele fleißige Hände.

Über alle Aktivitäten können Sie in den Berichten Nä-

Ich freue mich, dass es auch in dieser Ausgabe wieder

heres erfahren.

Einiges zu lesen und zu erfahren gibt.

Ich bedanke mich im Namen unseres Vorstandes bei al-

Nach Corona hat zu Pfingsten wieder unser Heimattref-

len, die sich in irgendeiner Form aktiv in unserer Ge-

fen in Karlsruhe stattgefunden. Es waren mehr als 300

meinschaft einbringen.

Gäste anwesend. Es hat sich als positiv erwiesen, beim

Im Namen des Vorstandes der Heimatortsgemeinschaft

Heimattreffen auch Jahrgangstreffen zu organisieren.

Billed e.V. wünsche ich allen Billedern und Freunden

Bei der Jahreshauptversammlung wurde der alte Vor-

unserer Gemeinschaft ein fröhliches Weihnachten so-

stand für weitere vier Jahre im Amt bestätigt. Wir „Al-

wie ein gutes und glückliches Jahr 2024!

ten“ wünschen uns und sehen es auch als notwendig an, wenn in Zukunft mehr Jüngere im Verein Verantwortung übernehmen würden.

Werner Gilde, Vorsitzender der HOG Billed


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Heimattag

Das 25. Billeder Heimattreffen in Karlsruhe – ein Fest der Wiedersehensfreude Von Elisabeth Martini

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m 27. Mai fand in Karlsruhe-Neureut das langersehnte 25. Heimattreffen der Billeder unter zahlreicher Beteiligung aller Altersgruppen statt: vom Kleinkind bis zur fast 96-jährigen Elvira Slavik, Lehrerin und zeitweilig Direktorin der deutschen Abteilung der Billeder Schule. Sie erkannte die meisten ihrer einstigen Schüler, für die sie in schweren Zeiten Unermessliches geleistet hat. Das Fest begann – wie immer – auf dem Karlsruher Hauptfriedhof mit dem Erklingen der Billeder Kirchenglocken und dem ergreifenden „Über den Sternen“ der Bläsergruppe. Zwischen den Chorliedern „Wohin soll ich mich wenden...“ und „Segne du Maria“ hielt Peter Krier, Ehrenvorsitzender unserer HOG, eine zutiefst emotionale Gedenkansprache, geprägt durch das Gefühl der Erinnerung und der Zusammengehörigkeit, indem er auf die Symbolik und Deutung der Bilder auf dem Gedenkstein, auf die Historie der Banater, der Billeder einging, auf die Verbundenheit von Heimat und Glauben, von Tradition und Gemeinschaftssinn. Auf den Gedichtvortrag von Hans Dama durch Melanie Bednar erfolgte ebenda die Kranzniederlegung durch Werner und Ralf Gilde. Werner Tobias nahm sodann die Ehrung der im letzten Jahr Verstorbenen vor, verwies auf Altersgruppen und geschlechtsspezifische Unterschiede, während die Bläsergruppe „Zum ewigen Schlaf“erklingen ließ.

Wie immer betete Elisabeth Luckhaub mit den Anwesenden und unser Heimatpfarrer Marius Frantescu segnete sie mit heimatlichem Weihwasser, bevor der Chor unter der Leitung von Ortwin Meinhardt die zu Herzen gehenden „Glocken der Heimat“ sang und die Bläsergruppe „Die güldene Sonne“ erschallen ließ. Werner Gilde, der die Totenehrung eröffnet hatte, schloss sie, indem er allen Beteiligten dankte und ihnen anschließend ein schönes, erfüllendes Fest wünschte. Ein Höhepunkt desselben war der Festgottesdienst in der St. Judas-Thaddeus-Kirche mit Heimatpfarrer Marius Frantescu, umrahmt vom Chor der Banater Schwaben Karlsruhe – eine spirituelle Erfahrung der Verbundenheit von Heimat und Glauben. In seiner Predigt - in Billedrisch – hob der Geistliche hervor, dass er in all den Jahren nur viermal sein Heimatdorf besucht hat, aber immer noch die Freude am Billeder Dialekt und an den Begegnungen mit den Billedern empfindet, wie z. B. auch den Aufenthalt bei Familien Martini, Russ, wo Heimatliches serviert wurde (Vinetesalat, Quetscheleckwar). Obwohl die Gemeinschaft der Billeder schrumpft, tut es gut, sich alle zwei Jahre zu treffen, um der Verstorbenen zu gedenken, die Heilige Messe wie einst daheim zu zelebrieren, ausgelassen zu feiern. Wie die Jünger Jesu einst nicht verzweifelt auseinander gingen, mögen auch die Billeder den Heimattag mit Gottesdienst, Begegnungen, Gesprächen, Tanz und Unterhaltung begehen. Dazu wünschte er wei-


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Gedenkveranstaltung auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Fotos: Cornel Gruber

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Festgottesdienst in der St. Judas-Thaddeus-Kirche mit Heimatpfarrer Marius Frantescu. Foto: Cornel Gruber

terhin Freude an den donauschwäbischen Wurzeln und Treue zur Heimatgemeinschaft. Im Festsaal begrüßte sodann im Namen des Vorstandes der HOG ihr Vorsitzender Werner Gilde die Anwesenden, wobei er alle Anwesenden der Billeder Gassen grüßte, doch auch die jüngeren Besucher, die nicht mehr in Billed geboren wurden, sich jedoch auch zur Gemeinschaft bekennen. Auch die anwesenden Ehrengäste: Dietmar Giel- HOG Kleinjetscha; Josef Göpfrich – HOG Alexanderhausen Werner Wolf – HOG Triebswetter begrüßte er recht herzlich. Außerdem den Ehrenvorsitzenden Peter Krier mit Frau und erwähnte neben den vielen Auszeichnungen besonders die Verdienstmedaille des

Bundesverdienstordens und das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Gegrüßt wurde unser Heimattreffen vom Bundesvorsitzenden Peter Dietmar Leber und dem gesamten Bundesvorstand, von unserer Schirmherrin, der Ersten Bürgermeisterin Gabriele Luczak-Schwarz, vom Ortsvorsteher Neureut Achim Weinbrecht. Alle wünschten ein gutes Gelingen des Festes, auch Landsmann Adam Csonti mit Frau Roswitha, die wegen der Heimattage in der Kulturhauptstadt Temeswar diesmal nicht nach Karlsruhe kommen konnten, die aber auch erwähnten, dass die Heimatstube die Hauptattraktion in Billed ist, wo sie fast täglich Besucher aus Europa und Ameri-


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Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe beim Festgottesdienst in der St. Judas-Thaddeus-Kirche Foto: Cornel Gruber

ka empfangen, die begeistert und dankbar das ForumHaus verlassen. Gemeinsam wurde dann im Karlsruhe-Neureuter Festsaal die Deutsche und die Banater Hymne gesungen, bevor das Kulturprogramm durch die Tanzgruppe auf der Bühne erfolgte, der kleine Fritz Gilde in Tracht war die Attraktion des Moments. Erwähnenswert wäre noch die Foto-Ausstellung im Foyer von Cornel Simionescu-Gruber und die Vorführung des rumänischen Films aus dem Jahre 1961, worin die damals noch zahlreiche deutsche Bevölkerung ganz übergangen, nicht erwähnt wurde. Die Jahreshauptversammlung verlief wie gewohnt mit

Diskussionen, Vorschlägen für die Zukunft (z.B. Kirchenfahne) und Neuwahlen. Der krönende Abschluss bildete der ersehnte Unterhaltungsabend mit Tanzmusik (Astrid und Sig – AS Musik) und bester Stimmung. Es war die Feier der gemeinsamen Wurzeln, des Zusammenhalts der Gemeinschaft, der Erinnerungen und der neuen Bekanntschaften. PS – Die Jahrgänge 1955, 1960 und 1962-63 feierten jeweils ihr Treffen im Rahmen dieses Billeder Heimattages und dankten den anwesenden Lehrkräften Elvira Slavik und Elisabeth Martini für ihren Einsatz in der Billeder Schule mit kleinen Geschenken. Diese Art des Wiedersehens wünscht man sich auch für die Zukunft...


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Abbildung oben Im Festsaal begrüßte im Namen des Vorstandes der HOG ihr Vorsitzender Werner Gilde die Anwesenden, wobei er alle Anwesenden der Billeder Gassen grüßte, doch auch die jüngeren Besucher, die nicht mehr in Billed geboren wurden, sich jedoch auch zur Gemeinschaft bekennen. Abbildung rechts Gemeinsam wurde dann im Karlsruhe-Neureuter Festsaal die Deutsche und die Banater Hymne gesungen, bevor das Kulturprogramm durch die Tanzgruppe auf der Bühne erfolgte, der kleine Fritz Gilde in Tracht war die Attraktion des Moments. Fotos: Cornel Gruber. QR-Code zu einem Video von Cornel Gruber

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Abbildung links Plakat der Fotoausstellung von Cornel Gruber Abbildung rechts Die Fotoausstellung von Cornel Gruber im Foyer der Badnerlandhalle beim Billeder Heimattag


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Billeder Heimattag 2023 in der Badnerlandhalle. QR-Code zu einem Video von Edi Thöresz (2:30 min.)

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Billeder Heimattag 2023 in der Badnerlandhalle. QR-Code zu einem Video von Edi Thöresz (10:07 min.)

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Ansprache am Billeder Denkmal Von Peter Krier

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n einem Gedicht auf unsere Heimat schreibt der Banater Heimatdichter Hans Kehrer: Ich hör die Stamper Fluppe un die Männer keiche, ich gsin de Schwees die Backe nunerlaafe, sie stampe mit arweitssteife Fingre Hoffnung in die dicke Wänd und baue for die Ewigkeit. Die Ewigkeit is rum, zwaa große Krieche han se abgekerzt. So haben die damaligen Siedler unser Dorf erbaut und durch Arbeit erworben. Sie sind dem Ruf der deutschen Kaiserin Maria Theresia in das Banat gefolgt, die Besiedlung unseres Dorfes begann 1765, Billed sollte und wurde ein Musterdorf im Banat. Doch die Siedler kamen nicht an gedeckte Tische, es erwarteten sie Hungerjahre und Not mit vielfachem Seuchentod. Aber sie hielten durch, sie haben gegraben, gedämmt, geackert, gesät und geerntet so viel, dass auch andere satt wurden. Langsam kamen die Jahre des Segens mit blühenden Fluren, die Häuser wurden größer und schöner. Die Kirche in der Dorfmitte ist Zeugnis unseres Glaubens und unserer Kultur. Nach den Jahren des Werdens kamen Jahre des Aufblühens, die Billeder liebten ihr Heimatdorf, in dem auch tüchtige Handwerker lebten. Der Hauptberuf der Billeder war jedoch der Ackerbau. Liebe Landsleute, die Vergangenheit Billeds ist in mehreren Schriften niedergeschrieben, dabei sind als Erstes zu erwähnen „Billed Chronik einer Heidegemeinde“ von Franz Klein und das von Hans Wikete erarbeitete Ortssippenbuch Billed wie auch unsere von Elisabeth Martini

und Johann Rothgerber redigierten Billeder Heimatblätter bis heute in ihrer 35. Ausgabe. Um die Erinnerung an Billed und seine deutsche Bevölkerung noch lange zu erhalten, haben wir die wichtigsten Botschaften über unsere Heimatgemeinschaft in Stein schlagen lassen und diesen Stein hier auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe aufgestellt. Der 2,5 Tonnen schwere und 2,5 m hohe Marmorstein wurde aus Italien gebracht, sein Stellplatz wird von der Stadt Karlsruhe betreut und ist jederzeit begehbar. (Danke Stadt) Aus der Frontansicht zeigt das gestufte Kreuz ein von der Billeder Heimatgemeinschaft entworfenes Relief mit symbolischer Darstellung vom Werden, Sein und Vergehen der deutschen Gemeinde Billed im Banat. Das erste Bild links oben ist dem Einwanderungstriptychon von Stefan Jäger nachempfunden und zeigt zwei Einwanderer, Vater und Sohn, an ihrer Tracht als Deutsche zu erkennen, beide kommen mit einem Wanderstab und einem kleinen Bündel, führend legt der Mann seine Hand auf die Schulter seines Sohnes, für ihn will er im Banat eine segensreiche Heimat schaffen. Das zweite Bild zeigt den Pflüger im Ackerfeld bei seiner Arbeit mit dem Pflug, dem schönsten Wappen der Welt und dem Kranich als Zeichen für Aufbau und Frieden. Der Bauer in der Mitte des Reliefs stellt den freien initiativen Menschen dar, der durch seine Arbeit Segen schuf, er wurde in dem Weizenfeld in die Zeit des Aufblühens und des Brotes gestellt. Das Weizenfeld ist auch


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Peter Krier während seiner Ansprache am Billeder Denkmal auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Foto: Cornel Gruber

das Bild der Gnade. Das Dorf überragend stehen die mächtige Kirche rechts und der symbolhafte Kalvarienberg links dargestellt. Die suchende Frau hält Ausschau nach ihren Angehörigen, die nicht mehr kommen. Dargestellte Gräber erinnern an die Opfer von Krieg, Flucht und Vertreibung. Aus unserer Gemeinde sind im 1. und 2. Weltkrieg 241 Männer gefallen, während der Russlanddeportation sind 76 Billeder gestorben, mehrheitlich verhungert, und während der ­Baragandeportation sind nochmals 59 Billeder gestorben und auch beim Einsatz im Rumänischen Heer sind 28 Billeder zu Tode gekommen.

Wir wenden uns heute ihnen zu, ihnen und allen Anderen, die ihr Leben nicht leben durften. Wir gedenken von hier aus aller Opfer von Krieg und Gewalt und bitten um Frieden. Möge unser Gruß von hier aus alle Billeder erreichen, gleich, wo sie heute leben. Wir blicken nicht zurück im Zorn, sondern mit dem Angebot von fester Freundschaft an die Gemeinde Billed, besonders zu der Gruppe der in Billed verbliebenen Landsleuten. Das rechte Bild links unten zeigt nochmals einen Mann mit Wanderstab und auch er trägt nur ein kleines Bündel, das ist alles ,was er nach 300 Aufbaujahren an Materiellem zurückbringt, sein Gang durch diese Zeit ging er aber stets aufrecht.


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Heimatpfarrer Marius Frantescu beim Festgottesdienst in der St. Judas-Thaddeus-Kirche. Foto: Cornel Gruber

Predigt – Billeder Treffen – 2023 Von Marius Frantescu

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iewe Landsleit, liewe Billeder, liewe Gäst!

Heute Vormittag bei dem Totengedenken auf dem Karlsruher Zentralfriedhof bin ich gefragt worden, ob ich dieses Mal wieder im Dialekt predigen würde. Ja, keine leichte Aufgabe. Die Predigt stand schon auf dem Blatt zum Thema des Wochenendes – Pfingsten und dazu im Hochdeutschen (nach der Schrift). Im Dialekt zu predigen oder eine Predigt zu schreiben ist eben nicht so einfach. Da ich selber den Billederdialekt oder besser gesagt „Schwowisch“ nur noch im engsten Familienkreis spreche.

Eine schwere Aufgabe – eine Mammutaufgabe! Nach der Andacht auf dem Friedhof habe ich mir Gedanken gemacht, in welcher Form könnte ich die Predigt auf „schwowisch“ halten. Liewe Landsleit, heit – am Samstag vor Pfingsten haben wir uns in der Pfarrkirche St. Judas Thaddäus in Neureut versammelt, um das Billeder-Treffen mit einem KerweihErinnerungsgottesdienst fern der alten Heimat zu feiern. Auch wenn ich als gebürtiger Billeder nur noch selten (4x seit der Auswanderung) in die alte Heimat gekommen bin, freue ich mich, wenn ich Menschen aus meiner Kindheit begegnen darf und mit dem „Billeder“ - Dialekt


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in Berührung komme. Einen Hauch von „Billed“ durfte ich an diesem Pfingstwochenende in Karlsruhe verspüren. Die fast familiäre Gastfreundschaft bei der Familie Martini, das leckere Essen (Vinetesalat), die unbeschreibliche Freude und lange Gespräche bis tief in die Nacht, die Quetscheleckwar uf me Butterbrot und de Duft der Akazebeem (….wie in Billed!!!). Ein wohltuender Hauch aus der Vergangenheit und noch immer Realität. Und auch wenn die Gemeinschaft der Billeder immer mehr schrumpft, tut es gut, wenn man in bestimmten Abständen zusammenkommt, um gemeinsam über die sogenannten „alten Zeiten“ zu reden. Im Pfingstevangelium haben wir gehört, dass auch die Jünger nach der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu nicht auseinander gegangen sind, sondern sich an einem besonderen Ort versammelt haben, um gemeinsam zu beten und über die Zeit zu sprechen, die sie mit Jesus verbracht haben. Die Jünger Jesu haben nicht aufgegeben. Am Anfang noch ängstlich hinter verschlossenen Türen.

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Aber sie vertrauten der Botschaft Jesu und, gestärkt durch den Hl. Geist, haben sie die Türen und Fenster weit geöffnet und sind zu Menschen gegangen und haben von den Heilstaten Jesus und der frohmachenden Botschaft Gottes durch Jeus gesprochen. Wohlgemerkt, sie haben nicht aufgegeben…..!!! Es ist schön zu sehen, dass auch die Billeder Gemeinschaft, obwohl sie Jahr für Jahr immer mehr schrumpft, nicht aufgibt und sich von ihrer besten und schönsten Seite zeigt – indem sie alle zwei Jahre zum Billeder Heimattreffen einlädt, der Verstorbenen mit einer Andacht gedenkt, einen feierlichen Gottesdienst wie in der alten Heimat am „Kerweihtaach“ feiert und anschließend einen breitgefächerten Nachmittag / Abend (Reden, Musik, Tanzvorführungen, viele Begegnungen und Gespräche und vieles mehr…….in der Badnerlandhalle. Ich wünsche allen Billedern weiterhin Freude an ihren donauschwäbischen Wurzeln und Treue zur (Heimat-) Gemeinschaft.

Heimatpfarrer Marius Frantescu beim Festgottesdienst in der St. Judas-Thaddeus-Kirche. Foto: Cornel Gruber


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Was lange währt, wird endlich gut Klassentreffen Jahrgang 1955 Von Elisabeth Jung

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chon 2019 wurde mit der Planung eines Klassentreffens begonnen, es sollte im schönen Bayern stattfinden. Es wurde viel telefoniert, jeder sollte sagen können, wann es ihm am besten passt und ob er/sie kommen kann, oder will, (denn wo ein Wille, da ist auch ein Weg). Schließlich stand die Anzahl der Personen, die kommen konnten, fest, und es wurde nach einem Gasthaus mit einem Raum zum Feiern, mit Möglichkeit zum Übernachten, mit Restaurant mit feiner Küche gesucht. Nachdem dieses theoretisch gefunden war, gingen die Organisatoren Nikolaus Hellberg und Hans Schiller zum Probeessen hin und reservierten sogleich für das kommende Jahr die Räumlichkeiten. Dann wurde nur noch ein Alleinunterhalter mit einem freien Termin gesucht und in der Person von Gerry Kegler gefunden. Jetzt war alles in trockenen Tüchern, man konnte sich entspannt zurücklehnen und auf das Treffen im nächsten Jahr freuen, auf das Wiedersehen mit Kollegen und Freunden. Dann kam Corona,...die Welt stand still, kein Treffen war erlaubt, nicht mal mit der Familie, geschweige denn mit Freunden. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt, alle dachten, bis im Herbst ist alles vorbei, wir treffen uns wie geplant! Pustekuchen, der Termin wurde auf 2021 verschoben, das Ergebnis ist bekannt. Auch 2022 war Corona immer noch da, sodass unser Klassentreffen bis Pfingsten 2023 verschoben werden musste.

Dann war es endlich soweit, im schönen Monat Mai, an Pfingsten, bei herrlichem Sommerwetter, trafen sich 16 (von ehemals 44) Klassenkollegen im Rahmen des Billeder Treffens. Auch unsere geschätzte Klassenlehrerin Elvira Slavik war dabei, wir haben uns alle sehr gefreut darüber, wir haben von ihr viel gelernt, sie hat uns für unsere Zukunft geprägt. Helmut Slavik überreichte ihr als Dank und Anerkennung eine Schachtel Pralinen und eine schöne Orchidee. Wie im Flug vergingen die Stunden, man hatte sich viel zu erzählen, obwohl bei mir das Erzählen gefühlt etwas zu kurz kam. Beim Treffen war ein strammes Programm, morgens auf dem Karlsruher Hauptfriedhof am Billeder Gedenkstein, nachmittags Gottesdienst in der St. Judas Thaddäus Kirche, dann die Ansprachen in der Badnerlandhalle, eine Filmvorführung. Anschließend waren wir essen, dann die Jahreshauptversammlung der HOG, man wollte und sollte überall dabei sein. Schnell noch ein Gruppenfoto, bevor es Abend wurde, da machten die Ersten sich schon auf den Heimweg. Nach der Feier ist vor der Feier! Wie wäre es mit einem Klassentreffen 2025, vielleicht auch im Rahmen des Billeder Treffens, oder an Pfingstsonntag, schließlich ist der Montag auch noch ein Feiertag? Wir haben in zwei Jahren alle einen runden Geburtstag und wir werden nicht jünger! Carpe diem!


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Gruppenfotos vor der Badnerlandhalle mit den Teilnehmern des Jahrgangstreffens 1955

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Jahrgangstreffen 1962/1963 Von Renate Klein

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ch bin Jahrgang 1963 und war gemeinsam mit dem Jahrgang 1962 in der Klasse. Wir hatten eine schöne Schulzeit. Mit einigen ehemaligen Klassenkameradinnen und Klassenkameraden hatte man im Laufe der Zeit noch Kontakt gehalten, andere sah man gelegentlich beim Billeder Heimattreffen. Ein richtiges Klassentreffen ist schon viele Jahre her.

Bei Gesprächen mit Hans Hahn hatte dieser die Idee, eine WhatsApp-Gruppe zu gründen. Fredi Selpal hat sich die Mühe gemacht und die Gruppe „Klasse 1-8 B“ erstellt, in der sich viele beteiligen. Dadurch hat man nun Kontakt mit den Klassenkameraden, von denen man schon lange nichts mehr gehört hat. So kam dann auch der Wunsch auf, ein Klassentreffen zu organisieren.


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Abbildung oben: Die Jahrgänge 1962/63 bei der Erstkommunion. Einsender: Hans Hahn Abbildung unten: Die Jahrgänge 1962/63 mit Klassenlehrerin Margarethe Pierre. Einsender: Hans Hahn

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Jahrgangstreffen 1962/63 beim Billeder Heimattag 2023 in der Badnerlandhalle an den Tischen im Bild hinten links

Das Billeder Heimattreffen 2023 war dazu die beste Gelegenheit. Leider kamen nicht so viele wie erhofft, was sehr schade war. Wir hatten trotzdem viel Spaß und es wurden Erinnerungen aus der Schulzeit ausgetauscht. Es gab sogar eine Anreise aus Italien. Henriette hat einen leckeren Kuchen mitgebracht, Helmut hat den Kaffee gespendet und Hans Hahn den Sekt. Somit war der Grund-

stein für ein geselliges Beisammensein gelegt. Natürlich hatten wir auch an die anwesenden ehemaligen Lehrerinnen Frau Martini und Frau Slavik gedacht. Sie wurden von Hannelore mit Blumen begrüßt. Es wäre schön, wenn wir das an Pfingsten 2025 wiederholen könnten, dann aber hoffentlich mit mehr Beteiligung. Die Zeit vergeht viel zu schnell, wir werden nicht jünger.


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Abbildung oben: Jahrgangstreffen 2023 in der Badnerlandhalle Abbildung unten: Jahrgangstreffen 2008. Einsender: Hans Hahn

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Klassentreffen des Jahrgangs 1960 Von Katharina Martini-Cherchi

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uf meinem Handy fand ich eine Nachricht: Klassentreffen in Karlsruhe, bist du dabei? ….Selbstverständlich!!! Ich freue mich jetzt schon. Gilde Werner hatte die Idee, im Rahmen des Billeder Treffens ein Klassentreffen anzubieten. Also, Pfingsten kam, ich fuhr mit meinem Mann voller Vorfreude von Schorndorf Richtung Karlsruhe. Wir dachten, da nehmen wir unser Mittagessen ein und gehen dann zum Treffen. Nun, der Verkehr hielt uns 4 Stunden auf der Autobahn auf. Kein Problem, es wartete ja niemand auf uns. Zum Kaffee waren wir dann endlich an der Halle, wo das Billeder Treffen stattfand. Wir gingen rein und Edi Slavik kam uns entgegen. Was für eine Freude! Der erste Klassenkamerad umarmte mich herzlich. In der Halle fanden wir den Tisch mit der Aufschrift Jahrgang 1960. Das ist unser Tisch. Erika Otto, Monika Krier, Alfred Backhaus, Nikolaus Lahni, Roland Rusz und Hans Grosz saßen schon am Tisch. Adam Tobias saß bei seiner Blaskapelle auf der Bühne. Die Vertrautheit war sofort wieder da. Ich fühlte mich zurückversetzt in meine Kindheit. Das Glück, wieder unseren Dialekt zu hören und zu sprechen, erfüllte mich. An einem anderen Tisch saßen Frau Elvira Slavik und Frau Elisabeth Martini. Wir begrüßten uns herzlich. Frau Slavik, Frau Martini und Herr Töpfer waren und sind bis heute ganz besondere Vorbilder aus meiner ehemaligen Schule in Billed was Pädagogik betrifft. Ich habe Herrn

Töpfer nach meiner Auswanderung 1974 nie wieder gesehen, seinen Platz in meinem Herzen hat er behalten. Auf dem Weg zu dem Tisch der Lehrerinnen begegneten mir einige ältere Damen, die mich durch die Ähnlichkeit zu meiner Mutter erkannten. Bewegt hielt die eine und die andere meinen Arm ganz lange fest und erkundigten sich nach meiner Mutter. Ein Gefühl von zu Hause stieg in mir hoch. Man kennt dich, man erinnert sich an dich. Unbeschreiblich. Die Kapelle spielte bekannte Lieder meiner Kindheit. Die Füße begannen zu zucken. Mal wieder eine Polka tanzen. Es wurde ein Film in rumänischer Sprache gezeigt, der in Billed gedreht wurde. Eine Tanzgruppe in Banater Tracht marschierte auf und zeigte Volkstänze. Mit den Klassenkameraden verließen wir die Halle, um ein Gruppenbild aufzunehmen. Lange blieben wir noch stehen und unterhielten uns. Erinnerungen von Streichen, die wir den Lehrern spielten, wurden wach. Was haben wir herzlich gelacht, denn wirklich zu Schaden kam niemand. Nach dem Abendessen wurde getanzt. Viel Polka. Das hat Spaß gemacht! Wann habe ich denn sonst die Gelegenheit Polka zu tanzen? Dazu muss ich sagen, dass das gemeinsame Hobby mit meinem Mann Tanzen ist und wir jede Woche zum Tanztraining und ab und zu auf Bälle gehen. Dort geht es sehr gesittet zu. Diese fröhliche Ausgelassenheit und die Freude an der Bewegung findet man


Heimattag

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Jahrgang 1960 beim Billeder Heimattag, v.l.n.r: Roland Rusz, Werner Gilde, Johann Grosz, Monika Krier/Jans, Erika Otto/ Redinger, Nikolaus Lahni, Katharina Martini/Cherchi, Adam Tobias. Auf dem Bild fehlen Alfred Backhaus und Edi Szlavik.


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Begegnungen

Der Jahrgang 1960 beim Billeder Heimattag, v.l.n.r.: Werner Gilde, Johann Grosz, Erika Otto/Redinger, Nikolaus Lahni, Monika Krier/Jans, Edi Szlavik , Katharina Martini/Cherchi, Adam Tobias.

in einem Ballsaal nicht. Ich genoss es sehr, die Lieblingslieder meiner Eltern laut mitzusingen. Einige bekannte Gesichter tauchten auf der Tanzfläche noch auf. In den kurzen Tanzpausen blieben die meisten auf der Fläche stehen und hakten sich in kleinen Gruppen unter, um sich auch hier zu unterhalten. Wir tanzten bis zum letzten Lied: “Zora je“ wurde gesungen. Die Melodie ging mir ins Herz, ich spiele sie bis heute immer wieder auch zu Hause ab. Es erinnert mich an einen Abend, an dem ich mich heimisch gefühlt habe. Mit den anwesenden Menschen, den ausgetauschten Erinnerungen und den Liedern.

Die Menschen um uns herum empfanden es wohl genauso. Lange nach Schluss standen noch Gruppen zusammen und unterhielten sich. Zögerlich gingen sie auseinander. Mit Nikolaus Lahni und seiner Frau machten wir uns auf den Weg zu unserem nahe gelegenen Hotel. Mit diesen beiden Menschen noch am nächsten Tag zu ­frühstücken, war ein schöner Abschluss dieses Treffens. Ein Dorftreffen mit Jahrgangstreffen zu verbinden, war eine wunderbare Idee. Man sitzt mit Menschen zusammen, die man noch kennt. Ich hoffe sehr, dass das nächste Treffen wieder so organisiert wird.


Begegnungen

Jahrgang 1960 beim Billeder Heimattag 2023 in der Badnerlandhalle an den Tischen im Bild oben links

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Heimattag

Kinder, wie die Zeit vergeht: Die Familie Fost war beim Billeder Heimattag stets in 3 Generationen dabei. Im Bild im Jahr 2017 in der Badnerlandhalle mit der Ausstellung über die Billeder Feuerwehr im Hintergrund.


Heimattag

Die Familie Fost in 3 Generationen beim Billeder Heimattag 2019 (Foto unten) und 2023 (Foto oben)

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Veranstaltungen

Die Palomas heizten von Anfang an die bunt gekleideten Tänzer ein, so dass den ganzen Abend über, eine ausgelassene und gute Stimmung herrschte. Foto: Cornel Gruber

Faschingsball in Karlsruhe Von Heidi Müller

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er Kreisverband feiert wieder!“ Mit diesen Worten wurden die Gäste beim diesjährigen Faschingsball, am 28 1.2023, in Karlsruhe begrüßt. Waren die tanzfreudigen Gäste zahlreich von Nah und Fern gekommen, um nach drei Jahren endlich wieder feiern zu können? Die Palomas heizten von Anfang an die bunt gekleideten Tänzer ein, so dass den ganzen Abend über eine ausgelassene und gute Stimmung herrschte. Die Guggemusik „Die Dodderdabber“ boten bei ihrem Auftritt bekannte Lieder, auf die man gut mitschun-

keln konnte. Diese Gruppe feiert dieses Jahr ihr 22. Jubiläum und präsentierte uns ihr neues Kostüm. Eine Überraschung hatten Hans und Fredy Herbst vorbereitet. Sie imitierten Roland Kaiser und Maite Kelly mit ihrem Lied „Warum hast du nicht Nein gesagt“ und ernteten viel Begeisterung und Applaus vom Publik und ihren mitgebrachten Fans. Bis in die frühen Morgenstunden wurde getanzt. Es war nach langer Zeit ein schöner unterhaltsamer Abend mit vielen Bekannten, Freunden und neuen Gästen, der wohl einige Zeit in Erinnerung bleiben wird.


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Abb. oben: Die Guggenmusik „Die Dodderdabber“ boten bei ihrem Auftritt bekannte Lieder, auf die man gut mitschunkeln konnte. Abb. unten: Eine Überraschung hatten Hans und Fredy Herbst vorbereitet. Sie imitierten Roland Kaiser und Maite Kelly mit ihrem Lied „Warum hast du nicht Nein gesagt“ . Fotos: Cornel Gruber. QR-Code zu einem Video von Cornel Gruber.


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Höhepunkt der Veranstaltung, der Auftritt der Tanzgruppe. Foto: Cornel Gruber. QR-Code zu einem Video von Cornel Gruber

13. Sommerfest des Kreisverbandes der LBSK Von Vorstand

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m 24.Juni 2023 fand das 13. Sommerfest des Kreisverbandes der Landsmannschaft der Banater Schwaben Karlsruhe statt. Das Vereinsgelände des FC Südstern lud in strahlender sommerlicher Atmosphäre die Gäste zum Verweilen ein. Den Organisatoren muss man ein Lob aussprechen, denn es war für alles gesorgt: Schattige Sitzgruppen, Musik ertönte von der Billed-Alexanderhausener Blaskapelle, in der Luft lag der Duft von Mici und

Gegrilltem, kalte Getränke standen bereit, all das lud die Menschen ein, sich wohlzufühlen. Werner Gilde, der 1. Vorsitzende des Kreisverbandes, eröffnete die Veranstaltung mit einer Begrüßung aller Teilnehmer. Günter Weber, der Ehrenvorsitzende des TSV Südstern, zeigte sich erfreut, dass das Sommerfest der Banater Schwaben auch in diesem Jahr wieder auf dem Gelände stattfand. Er hieß alle herzlich willkom-


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Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe eröffnete sein Programm mit Volkslieder und Schlager. Foto: Cornel Gruber

men und wünschte eine gute Unterhaltung. Im Namen der Tanzgruppen begrüßte Heidi Müller alle Anwesenden und wünschte den Mitwirkenden gutes Gelingen. Im Namen aller anwesenden Chormitglieder hieß Dietmar Giel, der 1. Vorsitzende des Chores der Banater Schwaben Karlsruhe, die Gäste willkommen und wünschte allen ein fröhliches Beisammensein. Der Chor, der in diesem Jahr sein 40. Jubiläum feiert, hatte sich in vielen Proben für dieses besondere Fest vorbereitet und eröffnete sein musikalisches Programm mit Volksliedern und Schlagern, die über Sehnsucht, Liebe, Abschied und Heimat handeln. So erklangen, passend zum Sommer, altbekannte und schöne Lieder wie „Wenn der Wein

blüht...“, „Wo die Donau fließt nach Süden…“, „Lebe wohl Jasmina…“, Schönes Mädchen aus Arcadia…“ „Wo mein Zuhause war …“ und viele mehr. Ortwin Meinhardt begleitete den Gesang mit dem Akkordeon. Von den Klängen der Blasmusik getragen, fieberte man dem Höhepunkt der Veranstaltung entgegen, dem Auftritt der Tanzgruppe. Die Gruppe der Tänzerinnen und Tänzer war in diesem Jahr schwarz, weiß mit lachsfarbenen Schürzen gekleidet. Bei ihrem Einmarsch auf dem grünen Rasen des Fußballplatzes ernteten sie reichen Applaus. Zum Tanzen war der Rasen zwar nicht gerade vorteilhaft, aber die Tänze waren für Kenner dennoch eine Augenweide, denn es wurden wie immer viele


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Die Blaskapelle Billed-Alexanderhausen mit den Solisten Melitta und Dietmar. Foto: Cornel Gruber

­ iguren und Kombinationen gezeigt. Begonnen wurde F mit der Polka „Veilchenblaue Augen“, gefolgt von dem „Donauschwabenwalzer“ und anschließend wurde die Polka „Susi heb dich“ getanzt, ein sehr abwechslungsreicher Tanz, der besonders gut gefiel. Besonderen Dank gilt der Wirtin von „Yangda“, die mit ihrer Mannschaft für die Bewirtung und das leibliche Wohl der Gäste sorgte und bei den sommerlichen Temperaturen so manchen Schweißtropfen verlor.

Auch die Kuchentheke mit den reichhaltigen Kuchen und Torten, alle selbst gebacken und gespendet, war gut besucht. Das bestens gelungene Sommerfest ging mit Tanz und guter Laune zu Ende. Man war sich einig, dass es mal wieder ein schönes und gelungenes Fest war und es nächstes Jahr ein Wiedersehen gibt. Danke an alle Helfer und Helferinnen, ohne deren Einsatz so ein Fest nicht möglich wäre.


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Anstehen am begehrten Tortenbuffet. Foto: Cornel Gruber Die Trachtengruppe der Banater Schwaben Karlsruhe. Foto: Cornel Gruber

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Eine Vortänzerin aus München bei der Billeder Kirchweih 2023 Von Hans Rothgerber

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ingeladen zur Billeder Kirchweih hatten das Banater Forum, das Demokratische Forum der Billeder Deutschen, die Verwaltung der Gemeinde Billed und die Trachtengruppe Billeder Heiderose. Zahlreiche Gäste aus Deutschland und dem Banat waren eingetroffen, darunter auch Werner Gilde, Vorsitzender der HOG Billed, mit einem Bus mit Gästen aus Karlsruhe. Treffpunkt war das Billeder Heimathaus, wo die Vortänzerin aus München, Victoria Ziegler, abgeholt und die zahlreichen Gäste auch verköstigt wurden. Selbst tropische Temperaturen konnten die Festfreude nicht trüben. Die Trachtenpaare unter der Leitung von Tanzlehrer und Kerweihvater Hansi Müller, begleitet von vielen Gästen, marschierten durch die Großgemeinde im Takt der Blaskapelle Banater Musikanten aus Temeswar zum Einladen des Bürgermeisters Ioan Ovidiu Oprișa und zum Festgottesdienst in die katholische Kirche. Mit dabei neben der Billeder Heiderose unter der Leitung von Edith Barta sind die Gästetanzgruppen Vergissmeinnicht Busiasch, Wilderose Neupalota, Buntes Sträußchen Großsanktnikolaus, Banater Spatzen aus verschiedenen Ortschaften und Banater Kranz aus Temeswar. Zuletzt gibt es ein Kulturprogramm auf dem Sportplatz der Gemeindeschule, bei dem auch auch die kleine Gruppe der Billeder Heiderose beteiligt ist. Am Abend spielten die Banater Musikanten unter der Leitung von Iosif Dorel Antal zum Tanzen auf, zuletzt gab es Disco.

Die Vortänzerin Victoria, zusammen mit ihrem Partner Claudiu, marschieret an der Spitze des Kirchweihzuges vorbei an dem ehemaligen Haus ihrer Urgroßmutter, die in ihrer Jugend auch den Strauß ersteigert bekam.


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Astrid Ziegler interviewt von Adi Ardelean von TVR1 im Forum der Billeder Deutschen. Im Bild der QR-Code, ab min. 13:20

Astrid Ziegler interviewt von Adi Ardelean von TVR1 (öffentlich-rechtlicher Fernsehsender Rumäniens) Ich habe vorhin an dem Kerweihstrauß geschnuppert, es riecht wirklich sehr gut und mir gefallen die bunten Bänder dran. Es ist ein Zeichen der Lebensfreude, also wie auch die Kerweih für uns ein Zeichen des Feierns, der Gemeinschaft und der Freude ist, die man mit diesem Fest ausdrücken möchte. Dazu gehören natürlich auch das Juchzen, dazu gehört das Tanzen, dazu gehören Essen und Trinken und dass man sich auch austauscht, dass man sich auch wieder sieht, nach langer Zeit.

Was muss alles eine Mutter der Vortänzerin organisieren? Also vor allem mit der Tochter darüber sprechen, was es mit dem Fest auf sich hat. Ich habe versucht zu erklären, dass sich die Kerweih verändert hat, dass wir nicht mehr die bäuerliche Gesellschaft haben, die es einst im Banat gegeben hat, und die starke deutsche Minderheit, dass das Fest verändert ist. Aber es ist sehr, sehr lebendig und mit großer Unterstützung vor Ort durch die Dorfgemeinschaft, die heute hier lebt, und durch die verbliebenen Deutschen, die heute hier sind, ist das noch möglich.


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Wie ist das für Sie persönlich, dass ihre Tochter an diesem Fest ganz aktiv mitmacht? Stolz und aufgeregt... Dankbar auch, dass sie so nett aufgenommen wurde in die hiesige Gemeinschaft und für mich ist es auch eine Art Initiationsritus. Also früher galt die Kirchweih der Partnerfindung. Die jungen Leute haben sich gefunden als Kirchweihpaare. Heute ist das ja nicht mehr so, aber für mich ist es eine Initiation. Das heißt, meine Tochter wird hier in die Gemeinschaft eingeführt und nimmt das mit in ihr weiteres Leben. Egal wo das Leben sie hin verschlägt, sie hat als Basis ihre Wurzeln, die zu ihrer Identität immer dazu gehören werden. Meine Familie stammt ja aus Billed. Meine Großmutter hat in der Zwischenkriegszeit auch den Strauß ersteigert bekommen. Insofern ist es eine Tradition, die sehr spät fortgeführt wird, aber fortgeführt wird. Wir sind seit ungefähr 20 Jahren wieder ein Stück weit ins Banat zurückgekehrt über ein ganz altes Haus, aus dem meine andere Großmutter stammt und das wir also Stück für Stück vor dem Verfall gerettet haben. Und über das Gebäude sind wir zurückgekehrt und haben natürlich dann Kontakt zur deutschen Minderheit gesucht. Haben auch Kontakt zu den ausgewanderten Banater Schwaben gesucht. So sind wir also wieder ein Stück weit ins Banat zurückgekehrt. Nicht ganz, denn wenn man so jung ausgewandert ist, mit 11 Jahren, dann hat man eine Identität, die kompliziert ist, sage ich jetzt mal. Also man fühlt sich dazugehörig, man fühlt sich aber natürlich auch in München zugehörig bzw. an dem Ort, zu dem man hingewandert ist.

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Und wo ist die Heimat? Die Heimat ist ein kompliziertes Phänomen, das nicht nur mit einem Ort zu tun hat. Das hat mit Sprache zu tun. Das hat für mich auch mit Gerüchen zu tun. Rosmarein gehört für mich absolut auch dazu, das ist ein heimatlicher Geruch. Heimat hat mit Küche auch zu tun, mit Gerichten. Also zum Beispiel gefülltes Kraut ist für mich auch Heimat. Manche Lieder sind für mich Heimat. Es geht da nicht nur um einen Ort und es kann für mich auch kein Ort sein, denn ich bin in Temeswar geboren, ich bin oft in Paulisch gewesen und habe dort meine schönsten Ferien verbracht. Ich bin sonntags hier in Billed gewesen. Natürlich betrachte ich das Banat auch als ein Stück Heimat. QR-Code zum Video von banat-tour.de Kerweih ist Kult - Folge 2 (10:36 min) über die Billeder Kirchweih 2023

Astrid Ziegler und ihre Tochter Victoria Ziegler auf dem Vorschaubild des Videos „Kerweih ist Kult - Folge 2“


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Nach dem Festgottesdienst begeben sich die Trachtenpaare, begleitet von zahlreichen Gästen, auf den Handballplatz der Schule, wo zum Abschluss ein Kulturprogramm unter der Choreografie von Tanzlehrer Hansi Müller stattfindet.


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Das jährliche Handballturnier bei den Billeder Tagen Von Brunhilde Klein

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nmitten der Sommerhitze und der aufregenden Atmosphäre der Billeder Tage, die alljährlich im August stattfinden, versammelten sich Handball-Enthusiasten und Sportbegeisterte, um ein aufregendes Turnier zu erleben, das mittlerweile zu einer festen Tradition geworden ist. Das Turnier brachte die drei talentierten Juniorenmannschaften Voința Biled, Avântul Periam und UVT Temeswar zusammen. Die jungen Spielerinnen und Spieler zeigten ihr Können und lieferten spannende Wettkämpfe, die die Zuschauer begeisterten. Die Spiele waren von hoher Intensität geprägt und zeigten das enorme Potenzial der Nachwuchstalente. Aber nicht nur die Junioren, auch die Seniorenmannschaften waren vertreten. Voința Biled, Avantul Periam, Știința Lovrin und SCDA Lovrin traten gegeneinander an und lieferten sich packende Duelle auf dem Spielfeld. Die Erfahrung und das Können der Senioren waren beeindruckend. Die Fans feuerten ihre Teams leidenschaftlich an und sorgten für eine tolle Stimmung auf dem Billeder Sportfeld. Der Gewinner des diesjährigen Turniers war, sowohl bei den Junioren als auch bei den Senioren, Avântul Periam. Die Senioren von Voința Biled sicherten sich den zweiten Platz. Neben den Teams wurden auch individuelle Leistungen gewürdigt. Fanu Cristian aus Billed erhielt den begehrten Pokal als bester Torwart, was seine Fähigkeit und Zuverlässigkeit im Tor würdigte. Der Titel des Goalgetters ging an Musta Kevin ebenfalls aus Billed,

Einladung und Programmablauf des Handballturniers

Drei Billeder Handballspieler: Mischi, Werner und Adi


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Das Handball-Team Voința Biled

der mit seinen Torerfolgen das Publikum begeisterte und die gegnerischen Verteidigungen herausforderte. Der Pokal für den Spieler mit der besten Technik wurde an Ceapa Cosmin von Avântul Periam vergeben, der mit seiner Ballführung glänzte. Das jährliche Handballturnier bei den Billeder Tagen ist nicht nur ein sportliches Ereignis, es repräsentiert auch die Tradition und die Gemeinschaft in der Region.

Die Billeder Tage bieten den Teilnehmern und Besuchern die Möglichkeit, die Gastfreundschaft der Bewohner zu genießen. Das Handballturnier bei den Billeder Tagen bleibt ein fester Bestandteil des Sommers, und es wird in den kommenden Jahren weiterhin spannende Wettkämpfe bieten. Es dient als Grundlage, auf der die Liebe zum Handball und die Stärke der Gemeinschaft gleicher­ maßen gefeiert werden.


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Herbstfest Genossenschaftssaalbau, Nürnberg. Foto: Heidi Müller

Herbstfest in Nürnberg Von Renate Frombach

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m 28. Oktober 2023 fand nach einer dreijährigen Pause, Corona bedingt, das Herbstfest der Blaskapelle Billed-Alexanderhausen in Nürnberg statt. Vor der Veranstaltung waren bereits viele Platzreservierungen eingegangen. Durch die intensive Werbung waren viele Freunde der Blasmusik zum Fest gekommen, sodass der Saal schon bald mit froh gelaunten, tanzlustigen Gästen gut gefüllt war.

Das berühmte und schon zur Tradition gewordene Kuchenbuffet wurde dann gegen 15.30 Uhr eröffnet. Köstliche Torten und viele Kipfel wurden zum Verkauf angeboten. Vielen Dank an dieser Stelle für die zahlreichen Spenden der fleißigen Bäckerinnen und Bäcker. Den ganzen Nachmittag über und bis spät in die Nacht hinein spielte die Kapelle am laufenden Band die gefühlvollen, melodiereichen Tanzstücke, deren Stil


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Das berühmte und schon zur Tradition gewordene Kuchenbuffet wurde dann gegen 15.30 Uhr eröffnet. Köstliche Torten und viele Kipfel wurden zum Verkauf angeboten. Foto: Heidi Müller

schon vor 150 Jahren ein Bestandteil des Brauchtums der Deutschen war und sich in das Gemüt ihrer Nachkommen festgesetzt hat. Die altbekannten und auch neuen Stücke der Kapelle riefen viele Erinnerungen an die Feste in den Banater Dörfern ins Gedächtnis und sorgten für eine ausgelassene Stimmung. Es wurde gejuchzt, getanzt, gestampft und es gab immer wieder Zugabe-Rufe. Auf der Tanzfläche, welche bis zum allerletzten Stück,

das die Kapelle spielte, immer gut gefüllt war, begegneten mir lauter fröhliche Gesichter. Die Zeit verging wie im Flug. Ein herzliches Dankeschön an Fam. Hipp, Fam. Frombach, an die Musikanten, an die Torten- und Kipfelspender und an alle Gäste, die das Herbstfest besucht und somit eine Banater Tradition unterstützt haben. Bis nächstes Jahr, hieß es beim Auseinandergehen.


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Kathreinen Ball 2023 in Billed Von Hans Rothgerber

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athreinen Ball 2023“ steht auf der Einladung der „Ansamblul Billeder Heiderose“, der Trachtenund Tanzgruppe unter der Leitung von Edith Barta. Der Kathreintanz bildet am letzten Samstag vor dem 25. November den Abschluss der im Volkstum traditionellen Tanzsaison und ist eines der letzten Heiligenfeste vor dem Advent, der als Bußzeit zur Vorbereitung auf das Weihnachtsfest dient. Daher wurden „Bass und Geigen eingesperrt“. Das Tanzverbot ist weitgehend Geschichte. Der Ball in Billed, inzwischen Tradition geworden und von der Gemeindeverwaltung gefördert, ist im Vorfeld mit einer Verköstigung verknüpft, nämlich Gulasch-Essen. Gulasch, ein Ragout ungarischen Ursprungs, ist auch im Banat sehr beliebt und wurde häufig in den Wintermonaten, früher Zeit der Schweinschlacht, zubereitet. Die Veranstaltung, gefördert von der Gemeindeverwaltung, ist inzwischen Tradition und mit Wettbewerben verknüpft: „Wer kocht das beste Gulasch“ und „Wer sind die besten Tänzer“ im Saal! Die Jugendlichen der Tanz- und Trachtengruppen sind heute nicht nur in den sozialen Medien verknüpft, sie sind auch mobil. Und so kommt es, dass zur Feier auch viele Gäste aus dem weiteren Umfeld der Gemeinde angereist sind. Dabei laufen alle Fäden bei Hansi Müller zusammen. Er ist Organisator, Moderator, Choreograf, hatte an dem Tag Geburtstag und sich auch als GulaschKoch dem Wettbewerb gestellt. Er kam auf Platz 2 von 6 Bewerbern, die jeweils einen nicht kleinen Kessel Gu-

Der Einladungsflyer Kathreinen Ball 2023, Ausschnitt

lasch zur Auswahl für die Verköstigung aller Gäste vorbereitet haben. Der beste Koch, durch eine Jury geheim ermittelt, kam aus Buziaș, rund 60 km von Billed entfernt. Vucan Cristian, zum erstenmal dabei, hatte ein Rindergulasch kreiert. Angetreten waren noch der Clubul pensionarilor Biled (Billeder Rentnerklub) Jolti Moț aus Billed, Joseph Tencuț aus Palota und Blajovan Adrian aus Billed. Vor und nach der Mahlzeit wurde immer wieder getanzt auf Musik von DJ Roberto. Letzter Höhepunkt war der mit viel Begeisterung getanzte Wettbewerb zur „Miss“ und zum „Mister“ Kathrein: Gewinner waren Paula Veszele und Bogdan Jitaru.


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Die Jury wählt geheim das Gulasch, das ihnen am besten bekommt. Die Wettbewerber stellen ihre Koch-Kreationen dem Publikum zur Auswahl vor

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Gulasch zur Auswahl für alle Teilnehmer Der Tisch des Rentnervereins

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Tanzwettbewerb zur Miss und Mister Kathrein 2023 Wahl Die Sieger: Paula Veszele Miss- und Bogdan Jitaru Mister Kathrein 2023

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Allerheiligen 2023 Von Kerstin Klein

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ch wurde hier geboren. Hier in Karlsruhe. Der Geburtsort meiner Eltern und Großeltern, deren Eltern und Großeltern ist drüben, drüben in Rumänien, im Banat. Früh wurden mir die Traditionen und Werte meiner Familie und das Banater Brauchtum übermittelt. Eine Tradition war und ist, an Allerheiligen auf Friedhöfe zu gehen. Fester Bestandteil von Allerheiligen war früher, und ist heute ebenso, am Nachmittag zur Gedenkfeier ans Billeder Denkmal hier auf den Hauptfriedhof zu kommen, den Reden zuzuhören, die Namen der Verstorbenen zu hören und den Klängen des Chores zu lauschen. Als Kind hatte ich keine Ahnung davon, was Allerheiligen bedeutet. Erwachsene zündeten Kerzen an, sprachen ein Gebet, laut oder im Stillen, brachten Blumen oder Gestecke ans Grab und nach einer Weile ging es auf den nächsten Friedhof. Es wiederholte sich: die Kerzen, die Blumen oder das Gesteck, das Gebet und eine weitere Fahrt auf den nächsten Friedhof. Die Erwachsenen erzählten sich Geschichten von früher, sprachen über Menschen, die sie von früher kennen oder von denen sie schon länger nichts gehört haben. Manche Menschen waren fröhlich, manche Menschen weinten. So verging Jahr um Jahr, Allerheiligen um Allerheiligen. Heute kenne ich die Bedeutung von Allerheiligen und die Bedeutung der Gedenkfeier hier auf dem Hauptfriedhof. Ich meine nicht den historischen Hintergrund oder den religiösen Sinn des Feiertages. Ich denke hierbei vielmehr an die emotionale Bedeutung von Allerheiligen und

Kerstin Klein am Billeder Denkmal auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe. Foto: Cornel Gruber


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der Gedenkfeier, welcher wir hier heute gemeinsam beiwohnen. Und ebenso die Wichtigkeit und das Bedürfnis des Gedenkens, der emotionalen und gedanklichen Zuwendung an Menschen, die uns fehlen, weil deren Leben vor unserem zu Ende ging. Mein Opa väterlicherseits hat das Grab meiner Oma, seiner Frau, viele Jahre gepflegt. So lange, bis er dies selbst nicht mehr konnte. Er hatte einen Ort, an den er gehen konnte. Meine Oma mütterlicherseits hatte keinen Ort, an den sie regelmäßig gehen konnte, kein Grab, das sie bepflanzen und pflegen oder an dem sie Kerzen anzünden konnte. Mein Opa, ihr Mann, ist viele Jahre vor meiner Geburt im Banat gestorben und ist dort beigesetzt worden. Häufig kam ich als kleines Mädchen und später als Jugendliche von der Schule nach Hause und Oma hatte eine Kerze angezündet. Am Geburtstag, am Todestag oder an einem anderen Tag, den sie mit ihm verbunden hatte. Inzwischen sind alle meine Großelternteile verstorben. Ich vermisse sie oft und ich vermisse sie sehr. Wenn ich sie vermisse, dann zünde ich eine Kerze an oder denke an schöne Momente mit ihnen, die mir immer in Erinnerung bleiben werden. Und ist das Vermissen stärker als sonst, dann fahre ich zu ihnen auf den Friedhof. Manchmal kaufe ich vorher noch Blumen. Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, ein Grab aufzusuchen und auch heute Morgen war ich am Grab meiner Großeltern. Einige von euch/von Ihnen konnten heute das Grab einiger Angehörigen nicht besuchen, ihnen keine Blumen aufs Grab legen und keine Kerze darauf anzünden, da sie schon vor der Übersiedlung nach Deutschland verstorben sind und ihre letzte Ruhe auf einem der Fried-

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Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe umrahmt die feierliche Veranstaltung. Fotos: Cornel Gruber

höfe im Banat gefunden haben, oder aber gar nicht erst nach Deutschland übersiedeln wollten, sondern sich für den Verbleib in Rumänien entschieden haben. Oder Angehörige, die im Krieg oder während der Deportation ihr Leben ließen. Für all diejenigen, seien es die Eltern, Großeltern, Geschwister, Tanten, Onkel oder Freunde. Für all diejenigen treffen wir uns in jedem Jahr hier an diesem Gedenkstein, hier auf diesem Friedhof, um für sie eine Kerze anzuzünden, an sie zu denken. Um ihrer zu gedenken. Mit einer Träne, weil wir sie vermissen. Mit einem Lachen, weil wir die schönen Erinnerungen an sie immer in uns tragen. Vielleicht ein bisschen mehr an einem Tag wie heute, Allerheiligen. Vielleicht ein bisschen mehr an einem Ort wie diesem, an diesem Gedenkstein.


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Allerheiligen am Billeder Denkmal auf dem Hauptfriedhof in Karlsruhe. Foto: Cornel Gruber

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Allerheiligen in Billed Von Roswitha Csonti

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s war ein warmer windstiller Herbstabend. Die Kerzen brannten sehr schön. Pfarrer Bonaventura Dumea und der Kirchenchor gedenkt durch Gebete und Gesang an dem Gedenktag aller Verstorbenen aus Billed und aller, die fern der Heimat verstorben sind.

Die Totenehrung fand in diesem Jahr auf dem Sauerländer Friedhof statt, welcher, durch die Friedhofsverwaltung und mit Unterstützung der Gemeinde, mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet worden war.

Gedenkveranstaltung mit Pfarrer Bonaventura Dumea und dem Billeder Kirchenchor auf dem Sauerländer Friedhof. Foto: Roswitha Csonti


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Ansicht Sauerländer Friedhof in Billed an Allerheiligen. Foto: Roswitha Csonti

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Ansicht Neugässer Friedhof in Billed an Allerheiligen. Foto: Roswitha Csonti

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Ansicht Neugässer Friedhof in Billed an Allerheiligen. Foto: Roswitha Csonti

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Hoher Besuch aus Baden-Württemberg im Forum der Billeder Deutschen Fotos von Cornel Gruber

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u den Heimattagen der Banater Schwaben in Temeswar war hoher Besuch aus Baden-Württemberg angereist. An der Spitze einer Delegation besuchten der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister des Bun-

deslandes, Thomas Strobl, sowie Gunter Czisch, Oberbürgermeister der Stadt Ulm, am 2. Juni in der ehemaligen banatschwäbischen Gemeinde Billed das Forum der Billeder Deutschen und die Heimatausstellung. Auch aus Deutschland waren zahlreiche Gäste anwesend.

Adam Csonti und der Billeder Bürgermeister Ovidiu Ioan Oprișa (rechts im Bild) empfingen die hohen Gäste (von links Gunter Czisch, Oberbürgermeister der Stadt Ulm und den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Innenminister des Bundeslandes Baden-Württemberg, Thomas Strobl) und begleiten sie ins Forum der Billeder Deutschen


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Adam Csonti präsentiert dem hohen Besuch den Spieltisch der Kartenpartie. Links im Bild der Abgeordnete des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), Ovidiu Victor Ganț.


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Adam Csonti führt den hohen Besuch durch die von Hans Rothgerber kreierte Ausstellung „Streifzug durch das alte Billed“. Rechts im Bild Peter-Dietmar Leber, Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben e. V.


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Verköstigung für die Gäste im Speisesaal des Hauses (früher war es ein Stall). Der Raum wurde von Hans Rothgerber mit großformatigen Reproduktionen von Malereien der Banater Maler Stefan Jäger und Franz Ferch dekoriert.


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In der Gartenlaube des Forums: Zu der Begegnung waren mehrere Billeder aus Deutschland sowie einige Vorstandsmitglieder der HOG Billed angereist


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Am zweiten Tisch Gäste aus Deutschland, BZ-Redaktionsleiter Siegfried Thiel, der Personenschutz der Politiker, Cornel Gruber mit Ehegattin und Roswitha Csonti. Foto: Hans Rothgerber


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Gruppenbild der hohen Gäste und ihrer Delegation mit Vertretern der Landsmannschaft, der Gemeinde Billed, der Deutschen Banater Jugend und Trachtengruppen, des Forums der Deutschen in Rumänien und dem Forum der Billeder Deutschen.


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Reisebericht

Reise nach Rumänien ins Banat 21.08.-28.08.2023 Von Ursula Mösle

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ontag, 21.08.2023

Um 17:30 geht es ab Busbahnhof Karlsruhe endlich los Richtung Rumänien: meine erste Reise ins Banat. Was hat mich als Nicht-Banater dazu bewogen, diese Reise mitzumachen? Die Neugier, die Erzählungen von Werner Gilde über seine Heimat der Kindheit und Jugend, das Nichtwissen über die Banater Schwaben, das Interesse, Land und Leute kennen zu lernen, jemanden als Reiseführer zu haben, der das mit Herzblut organisiert und die Landessprache spricht und nicht zuletzt die Tatsache, dass Temeswar in diesem Jahr eine der Kulturhauptstädte Europas ist. Über Augsburg führt unsere Route vorbei an München, Braunau am Inn, Linz, Kloster Melk, Wien, Bratislava, Györ, Budapest, Szeged und Arad nach Temeswar. Dienstag, 22.08.2023 Gegen 10:30 Grenzübertritt von Ungarn nach Rumänien. Wir haben nur einen Fahrer, was bedeutet, dass relativ viele Pausen gemacht werden müssen, um die Lenkzeit einzuhalten. Wir fahren mit einer zweiten Gruppe zusammen, zu denen wir in Augsburg am Vortag eingestiegen sind. Auch dies sind Banater Schwaben, die in ihr früheres Dorf fahren und in Arad ins Hotel einchecken, während wir weiter nach Temeswar fahren, wo wir gegen 14:00

entweder im Hotel Central oder im Hotel Timisoara absteigen. Nach einer kurzen Erfrischungspause treffen wir uns um 15:30 am Fischbrunnen auf dem Corso, um mit einer kleinen Führung durch Werner Gilde einen ersten Eindruck der Stadt zu gewinnen. Wir können Geld wechseln, erfahren, wo wir Tickets für die Straßenbahn kaufen können, flanieren an der Orthodoxen Kirche vorbei zum Dom, es geht an der Oper und teils sehr schön renovierten alten Gebäuden vorbei zu einer Brauerei, wo wir das Abendessen einnehmen. Ich probiere Mici, die an Cevapcici erinnern. Anschließend gehen wir in kleiner Gruppe mit einem Eis auf die Hand durch die Stadt, bevor wir zum Hotel zurückkehren. Mein Mann und ich erfrischen uns und machen uns noch einmal auf den Weg: Wir laufen zum Begakanal und an diesem entlang, um noch ein bisschen Bewegung nach dem vielen Sitzen der langen Fahrt zu haben. Es ist ein sehr warmer Sommerabend, die Restaurants sind gut gefüllt und für unser Empfinden sind relativ viele junge Leute mitten unter der Woche am späten Abend noch unterwegs. Mittwoch, 23.08.2023 Wir logieren im Hotel Central, ein einfaches **Hotel, aber mit Klimaanlage, was uns bei diesen heißen, trockenen Tagestemperaturen von über 35° C nachts gut schlafen lässt. Das Frühstück ist einfach, aber ausreichend. So


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So beginnen wir unseren ersten kompletten Tag in Temeswar frisch gestärkt und treffen uns mit Astrid Ziegler zur Stadtführung an der Theresienfestung.

beginnen wir unseren ersten kompletten Tag in Temeswar frisch gestärkt und treffen uns mit Astrid Ziegler zur Stadtführung an der Theresienfestung. Vorbei geht es an der Protestantischen Kirche, einem klassizistischen Palast (Justizpalast) zum Domplatz, an dem der Katholische Georgs-Dom, die Serbische Kirche, der im Byzantinischen Stil errichtete Serbische Bischofspalast und viele schön renovierte Gebäude stehen. Von dort geht es weiter zum Haus zum „Prinz-Eugen-Tor“, wo früher ein Stadttor stand, durch das Eugen von Savoyen geritten war, als er das Osmanische Reich besiegt und Temeswar befreit hat.

Durch das Judencarré vorbei an der Synagoge spazieren wir weiter zum Freiheitsplatz, vorbei am Deutschen Rathaus mit schönem Fries zum Georgsplatz. Unsere Stadtführerin erklärt uns die Stadt und ihre Geschichte im Dialog, immer wieder können wir Fragen stellen, die sie fachkundig und interessant beantwortet. Das Hunyadikastell, ältestes Gebäude der Stadt, ist wegen Bauarbeiten im Moment leider nicht zu besichtigen. Vorbei an der Oper gehen wir zum Corso, wo diese sehr interessante Stadtführung endet. Ein herzliches Dankeschön an Astrid Ziegler, die sehr gekonnt durch ihre Heimatstadt geführt hat!


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Vorbei an der Oper gehen wir zum Corso, wo diese sehr interessante Stadtführung endet. Im Bild die Straße Alba Iulia.

Nach einer kleinen Mittagspause, die mein Mann und ich mit einem kleinen Picknick in einem Park verbringen und dabei die anderen Menschen in ihrer Mittagspause beobachten, laufen wir noch einmal zur Synagoge. Dort stellt die in Temeswar geborene Künstlerin Veronica Taussig, die mit ihrer Familie in den 60er Jahren ausgewandert ist, zum ersten Mal ihre Werke in ihrer Geburtsstadt aus. Ich finde die Ausstellung sehr bunt und interessant, die Synagoge als „Rahmen“ ausgefallen. Nach einer kleinen Erfrischung im Hotel geht es mit der Gruppe weiter: Auf dem Programm steht die Besichtigung des

Altenheims der Stiftung Adam-Müller-Guttenbrunn, das 1994 eröffnet wurde. Im Vorgarten des Heimes entdecke ich eine maßstabsgetreue Nachbildung der „Ulmer Schachtel“. Sehr informativ und mit viel Enthusiasmus führt uns der Verantwortliche, Herr Helmut Weinschrott, gekonnt und informativ durch das Gebäude. Das Altenheim wird aus drei Quellen finanziert. In erster Linie sind es die Beiträge der Heimbewohner – 80 Prozent der Rente, unabhängig davon, wie groß die Rente ist. Es sei denn, die Rente ist so klein, dass ihnen nicht 25 Euro monatlich als Taschengeld bleiben… Diese Mittel stellen 35 Prozent


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Im Dachgeschoß (AMG-Haus) bin ich fasziniert von der Einrichtung mit den alten, bäuerlichen Gegenständen. Foto: Hans Rothgerber

der Gesamtkosten dar. Dann gibt es Subventionen vom rumänischen Staat (etwa zehn Prozent der Gesamtkosten) und den Rest und somit den Großteil der Mittel sichert die deutsche Bundesregierung. Das Heim ist sauber, es riecht überhaupt nicht nach „Altenheim“, wie ich das aus den deutschen Heimen kenne. Die Wände sind liebevoll geschmückt, es gibt eine Kapelle, einen Sportraum, Gemeinschaftsräume. Die Umgangssprache im Heim ist deutsch. Im Dachgeschoss bin ich fasziniert von der Einrichtung mit den alten, bäuerlichen Gegenständen. Ich bedaure, dass mir nicht genug

Zeit bleibt, die Geschichte der Deportation zu lesen, die dort auf Tafeln zu lesen ist, denn es geht weiter. Im Erdgeschoss bewundere ich das Triptychon der Einwanderung von Stefan Jäger, der aus Hatzfeld stammt. Wir müssen uns beeilen, denn der nächste „Führer“ wartet schon auf uns: Domarchivar Dr. Claudiu Sergiu Calin erwartet uns bereits im Eingangsbereich des Altenheims und begleitet uns zum Dom. Spannend und interessant bringt er uns die Geschichte des Doms nahe, erklärt, beantwortet Fragen, zeigt uns die Sakristei mit ihrem wunderbaren, geschnitzten Wandschrank und lässt


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Auf dem Temeswarer Domplatz. Foto: Hans Rothgerber

uns zum Schluss noch unter die Kirche in die Krypta, in die Grablege der verstorbenen Bischöfe schauen. Eine rundum gelungene Führung, die mit fundiertem Wissen vermittelt wurde. Im Anschluss daran kauft sich ein Teil der Gruppe ein Straßenbahnticket und wir fahren hinaus an den Lacul Balaurului ins Restaurant „La Renaissance“, wo wir zu Abend essen. Ich probiere sehr gut schmeckende Sarmale (Krautwickel) mit Polenta und Rahmsoße und dazu ein Gläschen rumänischen Weißwein. Ein gelungener Ab-

schluss eines langen und sehr informativen Tages mit einer etwas abenteuerlichen Heimfahrt! Donnerstag, 24.08.2023 Um 9:00 treffen wir uns am Bus: Der einheimische Fahrer Emil wird uns heute fahren. „Sein“ Bus hat bereits fast 1.000.000 km gefahren, vorsichtig muss er schalten, damit er den Gang einlegen kann. Er kennt seinen Bus und macht das prima. Unser Ziel ist der Wallfahrtsort


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Innenaufnahme des Temeswarer Doms. Foto: Hans Rothgerber

Maria Radna, wo Pfarrer Andreas Reinholz uns erwartet. Sehr engagiert bringt er uns die Geschichte des ehemaligen Franziskanerklosters nahe, zeigt und erklärt uns das Marienbild, weshalb die Kirche eine Wallfahrtskirche ist, spricht über früher und heute. Er wohnt ganz alleine in diesem riesigen Komplex, zu dem in den Sommermonaten immer noch Wallfahrten stattfinden. Wie bei allen Führungen, die wir hier erleben dürfen, ist auch hier das Thema Krieg und Auswanderung präsent, wird ein Bogen in die Gegenwart geschlagen. Viel zu schnell

ist die Führung vorbei und nach einem herzlichen Abschied geht es nur wenige Kilometer weiter nach Zâbrani, dem Geburtsort von Adam Müller Guttenbrunn, wo wir das gleichnamige Museum besichtigen. Adam Müller Guttenbrunn war Literat und Theaterdirektor, konnte auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Die Führung war leider in rumänischer Sprache, trotzdem sehr interessant und aufschlussreich. Im Anschluss ging es zurück nach Temeswar, wo wir uns nach einer kurzen Erfrischung im Hotel wieder auf den


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Der Wallfahrtsort Maria Radna, wo Pfarrer Andreas Reinholz uns erwartet. Sehr engagiert bringt er uns die Geschichte des ehemaligen Franziskanerklosters nahe.

Weg machten. Mit dem öffentlichen Verkehrsmittel Vaporetto fahren wir ab der Haltestelle Kathedrale für 1 Leu zur Endhaltestelle Elektrizitätswerk, für einen Leu wieder zurück. An der Kathedrale steigen wir wieder aus und nehmen im Restaurant „Rivière“ das Abendessen ein. Ein warmer, schöner Sommerabend ist das, keine wirkliche Abkühlung, wir haben tagsüber um 36° C und nachts nicht deutlich weniger. Auf dem Rückweg treffen wir Mitreisende, zu denen wir uns an den Tisch setzen und austauschen, bevor wir ins

Hotel nach einem langen, mit vielen Eindrücken gespickten Tag, zurückkehren. Freitag, 25.08.2023 Wir fahren wieder mit Emil, über Sâcâlaz/Sackelhausen geht es nach Lenauheim, wo wir das Geburtshaus und das „Nikolaus-Lenau-Museum“ besichtigen. Ein ehemals sehr herrschaftliches, langgezogenes Gebäude, das dem Lyriker Nikolaus Lenau (eigentlich Nikolaus Franz Niembsch


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Über Sâcâlaz/Sackelhausen geht es nach Lenauheim, wo wir das Geburtshaus und das „Nikolaus-Lenau-Museum“ besichtigen.

Edler von Strehlenau) gewidmet ist und ein Lenau-Manuskript, Fotokopien, biographische, literaturhistorische und volkskundliche Zeugnisse ausstellt. Als Besonderheit bewundern wir Puppenpaare mit der Kirchweihtracht eines jeden Dorfes. Mit wieviel Liebe und Fingerfertigkeit der Schmuck der Kirchweihhüte hergestellt wurde! Und die farbigen Trachten der Damen erst! Mit diesen Eindrücken geht es weiter nach Hatzfeld, wo die Besichtigung des Pressemuseums „Sever Bocu“ ansteht. Dieses Museum existiert seit etwas mehr als vier Jahren und ist das einzige

Pressemuseum in ganz Rumänien! Es wurde auf Initiative des verstorbenen Lyrikers, Übersetzers und Sammlers Petre Stoica (1931 -2009) eröffnet und beherbergt eine seltene Pressesammlung aus dem 18. Jahrhundert, aber auch geschriebene Presse aus dem heutigen Rumänien und aus dem Ausland, vorwiegend in deutscher Sprache. Auch Druckerzeugnisse in Ungarisch oder Rumänisch werden archiviert, ebenso alle Zeitschriften aus dem Banat. An den Wänden im ersten Raum hängen alte Zeitungsseiten, Poster, Karrikaturen, ­Druckmaschinen sind ausge-


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Mein Mann und ich machen uns nach dem Ausstieg aus dem Bus direkt auf den Weg in den Rosengarten: Hier wird heute Abend „Aida“ von Verdi Open Air gegeben ... Was für ein ereignisreicher und spannender Tag! Foto: Hans Rothgerber

stellt, die älteste Publikation im Museum ist eine Ausgabe der Zeitung »Albina românească« (dt. »Die rumänische Biene«) aus dem Jahr 1837. Im folgenden Raum ist eine Sammlung von Kalendern und Jahrbüchern zu sehen, sowie eine Sammlung älterer Visitenkarten. Der wichtigste Teil des Museum ist allerdings die Bibliothek, die auch als Leseraum und Archiv verwendet wird. Hier stapeln sich gut sortiert die Exponate. Ich blättere zufällig in einer Zeitung von 1944: Der Autor des Artikels berichtet über die finanziellen Verluste Englands durch abgeschos-

sene Jagdflugzeuge, auch über Kampfhandlungen auf der Krim wird berichtet – Geschichte und doch brandaktuell! Im Eingangsbereich liegen Stapel von Zeitschriften, die noch gesichtet und katalogisiert werden müssen – viel Arbeit! Herr Sergiu Deman und seine Frau Cristina betreuen das Museum mit viel Engagement, das merkt man vor allem an den Erläuterungen während der Führung – herzlichen Dank dafür! Wir besichtigen im Anschluss das Stefan-Jäger-Museum, das dem 1962 verstorbenen Maler gewidmet ist. Er lebte überwiegend von Auftragsar-


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beiten, hat das Einwanderungs-Tryptichon gemalt, aber auch Heiligenbilder, Stillleben und Landschaften. Überwiegend in Öl, Bleistift- oder Aquarelltechnik sind seine Bilder meist kleinformatig. Von hier aus setzen wir die Fahrt fort, weiter geht es nach Alexanderhausen. Dort erwartet uns der Bürgermeister Herr Luchian Savu, um uns die Kirche zu zeigen, bevor er mit uns ins „Schwabenhaus“ geht, das heute ein hervorragendes Restaurant ist. Schön renovierte alte Schwabenhäuser zum Übernachten, liebevoll mit alten Gegenständen eingerichtete Gebäude, die trotzdem auf dem Stand der Zeit sind. Eine gelungene Symbiose von Alt und Fortschritt. Von hier aus bittet uns der Bürgermeister ins Rathaus, wo er uns mit einem Imbiss bewirtet: Wir stärken uns mit einer liebevoll gerichteten Schlachtplatte, Wasser, Bier, Weiß- und Rotwein und Kaffee, bevor es zum letzten Halt des heutigen Tages, nach Billed geht. Im „Demokratischen Forum der Deutschen aus Billed“ erwarten uns bereits Roswitha und Adam Csonti. Zuerst dürfen wir uns mit Schnaps (wer möchte) und sehr schmackhaftem Gulasch stärken, bevor uns Adam Csonti das Heimatmuseum im Schnelldurchlauf zeigt. Das Museum ist sehr gut verständlich aufgebaut, es ist so schade, dass uns nicht genug Zeit bleibt, alles in Ruhe zu lesen und zu betrachten. Eigentlich hat man uns bereits um 15:30 in Billed erwartet, aber wir kommen deutlich später hier an. Das zieht sich wie ein roter Faden durch: Unsere Führer berichten alle durchweg so viel Interessantes, dass der vorgegebene Zeitrahmen nicht einzuhalten ist. Und so fahren wir auch deutlich später von Billed zurück als geplant. Mein Mann und ich machen uns nach

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dem Ausstieg aus dem Bus direkt auf den Weg in den Rosengarten: Hier wird heute Abend „Aida“ von Verdi Open Air gegeben. Wir ergattern ziemlich weit vorne am Rand noch freie Sitzplätze und genießen diesen kostenlosen Genuss: ein warmer Sommerabend, ein sehr gutes Orchester unter Leitung von Mihnea Ignat, mit hervorragenden Stimmen: Lăcrimioara Cristescu als Aida, Marius Goșa als Il Re d‘Egitto (Der König von Ägypten), Gabriela Tader als Amneris und Azer Zada als Radamès. Was für ein ereignisreicher und spannender Tag! Samstag, 26.08.2023 Wir fahren heute das letzte Mal mit Emil. Es geht nach Billed zur „Kerweih“. Wir halten am Rathaus und werden dort vom Bürgermeister, Herrn Ovidiu Oprișa, begrüßt und empfangen, der leider kein Deutsch spricht. Im Anschluss zeigt er uns die neu gebaute orthodoxe Kirche, in der gerade Innenarbeiten gemacht werden. Weiter besichtigen wir die neue Aussegnungshalle: sie soll umgerechnet etwa 100.000€ gekostet haben, wäre aber nur 50.000€ wert, erzählt man mir hinter vorgehaltener Hand. Das lässt mich darauf schließen, dass nach wie vor viele geöffnete Hände gefüllt werden müssen, bevor ein Vorhaben umgesetzt werden kann. Ohne „Bakschisch“ scheint es nach wie vor kein Vorankommen zu geben, wie schade. Von hier aus gehen wir über den Friedhof. Auffallend viele Gräber sind mit einer Grabplatte versehen. Verständlich, wenn keine Verwandten mehr vor Ort sind, um das Grab zu pflegen. Urnenbestattungen gibt es, so lasse ich mir berichten, für die Billeder, die im Ausland sterben und im Grab ihrer Vorfahren beerdigt werden möchten.


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Ansonsten ist der Trend zur Urnenbestattung hier noch nicht angekommen. Mit Werner Gilde nutzen wir die Zeit und unternehmen einen Rundgang durch einen Teil des Dorfes. Wir sehen uns sein Elternhaus, das Haus seiner Großmutter mütterlicherseits von außen an, er erklärt uns anschaulich den Baustil der Häuser und ihre Veränderung im Lauf der Jahre, und vieles andere mehr. Zurück im Forum, warten wir auf die Kapelle und den Kirchweihzug, die das Kirchweihmädel Victoria Ziegler, die dann den Zug zusammen mit ihrem Kirchweihbub Edi und dem Kirchweihstrauß anführen wird, abholt. Farbenprächtig, der Kirchweihzug mit den verschiedenen Trachten! Es gibt einen Imbiss für die Ankommenden, bevor der Zug sich auf den Weg zum Haus des Bürgermeisters macht, um diesen abzuholen. Auch dort erwarten Erfrischungen den Zug, die bei diesen heißen Temperaturen sehr willkommen sind. Vom Haus des Bürgermeisters aus setzt der Zug seinen Weg zur Kirche fort. Dort haben wir den Gottesdienst mit Pfarrer Bonaventura Dumea gefeiert, der ihn in drei Sprachen (rumänisch, ungarisch und deutsch) gehalten und die Kirchweihpaare, den Kirchweihstrauß samt Gemeinde gesegnet hat. Und dann ging es auf den Sportplatz, wo die verschiedenen Gruppen und Paare ihre Tänze dargeboten haben. Unterdessen wurden Lose ans Publikum verkauft: Der Gewinn war ein echter Kirchweihhut und ein Kirchweihtuch als Erinnerung an dieses Fest. Nach der Ziehung der Lose wurde der Kirchweihstrauß versteigert und damit das Paar bestimmt, das im kommenden Jahr den Kirchweihzug anführen wird. Weitere Trachtengruppen zeigten uns ihre Tänze, bevor die Tanzfläche für das Publikum freigegeben wurde. Zu den Klän-

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gen der Banater Musikanten haben wir das Tanzbein geschwungen, gegessen, getrunken und uns ausgezeichnet unterhalten, bevor wir die Rückfahrt nach Temeswar angetreten haben. Sonntag, 27.08.2023 Mein Mann und ich haben uns von der Gruppe abgesetzt und den Tag mit eigenem Programm in Temeswar gestaltet. Nach dem Frühstück haben wir uns auf den Weg zum Markt gemacht. Die Piața Timișoara 700, ein großer Marktplatz, der auch sonntags geöffnet ist, hat uns enttäuscht: Nur ganz wenige, geöffnete Marktstände sind da. Ich habe mir sagen lassen, dass es sich für viele Bauern nicht mehr lohnt, hier einen Stand zu betreiben und zu verkaufen. So machen wir uns zu Fuß auf den Weg durch den Botanischen Garten in die Iulius Mall: Diese ist großzügig gestaltet, klimatisiert mit vielen auch in Deutschland bekannten Ketten. Für uns weniger interessant, da kaum typisch rumänische Geschäfte darunter sind und uns die Waren eher teuer vorkamen. Nach den vielen Eindrücken der letzten Tage, der enormen Hitze, gönnen wir uns eine Verschnaufpause, sprich Mittagsschläfchen, bevor wir uns wieder auf den Weg machen: Ab der Anlegestelle „Kathedrale“ nehmen wir das Vaporetto und fahren dieses Mal bis zur Endstation in die andere Richtung, vorbei an schönen Gebäuden im Dornröschenschlaf (sprich: warten auf Restaurierung), aufgegebenen Industriebauten und dem Wasserturm, der wohl gerade saniert wird. Auf dem Rückweg steigen wir etliche Stationen vor der Kathedrale aus und spazieren durch die Josefstadt, die Elisabethstadt, bis zur Deutschen ­Botschaft. Es gibt hier so


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Zurück im Forum warten wir auf die Kapelle und den Kirchweihzug, die das Kirchweihmädel Victoria Ziegler, die dann den Zug zusammen mit ihrem Kirchweihbub Edi und dem Kirchweihstrauß anführen wird, abholt.

viele wunderschöne alte Gebäude, die auf ihre Sanierung warten. Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, dass offensichtlich kein Geld dafür in die Hand genommen wird. Liegt das an ungeklärten Besitzverhältnissen? Mangelndem Kapital? Es gibt aber auch wunderschön instand gesetzte Gebäude, die die Schönheit der Stadt in der Vergangenheit erahnen lassen. Zurück am Bega-Kanal, suchen wir ein Lokal und speisen zu Abend. Ich möchte schon die ganze Zeit wenigstens einmal einen Kaffee trinken und Dobosch-Torte dazu essen, bisher fehlte Zeit und Gelegenheit, jetzt

v­ ersuchen wir das. Aber leider kommen wir erst kurz vor Ladenschluss in das Café: Damit ist der Kaffee gestrichen und wir kaufen die Dobosch-Torte, um sie außerhalb auf einer Parkbank zu genießen. Sehr lecker und nach Kalorien fragen wir nicht! Wir kehren noch einmal ins Hotel zurück, um uns umzuziehen, denn heute Abend wird „La Traviata“ gegeben, und das wollen wir unbedingt miterleben. Wieder erwischen wir einen Platz ziemlich weit vorne, dieses Mal auf der anderen Seite. Und wieder erleben wir einen einmaligen Abend unter freiem Himmel mit ausgezeichneten Sängerinnen und Sängern auf der


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... Zurück am Bega-Kanal suchen wir ein Lokal und speisen zu Abend. Foto: Hans Rothgerber

Bühne im Rosengarten und einem sehr guten Orchester! Zum Abschluss drehen wir noch eine Runde durch die Straßen der belebten Altstadt, genießen den Abend, machen letzte Fotos und kehren müde und zufrieden zurück in unser Hotel. Montag, 28.08.2023 Um 8:30 erwartet uns das Busunternehmen Feil aus Augsburg zur Rückfahrt. Zuerst geht es nach Arad, wo wir zur Gruppe zusteigen, mit der wir hierher gefahren sind.

Heute soll der heißeste Tag dieser Woche mit 39° C sein, und wir kehren ins kalte und regnerische Deutschland zurück! Gegen 11:00 kommen wir an der rumänisch-ungarischen Grenze an, wo wir dieses Mal die Pässe vorzeigen müssen. Ohne Probleme können wir unsere Fahrt fortsetzen und kommen gegen 14:30 an der ungarisch-österreichischen Grenze an. Die Fahrt geht weiter über Wien, Kloster Melk, Braunau am Inn, München, Augsburg. Ab Österreich regnet es und wir sehen das Wasser auf den Feldern stehen. Die Temperaturen sinken auf 16° C, es ist kalt. In Augsburg steigen wir um und legen die letz-


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te Etappe bis Karlsruhe zurück, wo wir in der Nacht gegen 2:00 ankommen. Eine spannende, interessante und ereignisreiche Woche liegt hinter mir, viele Eindrücke, die ich verarbeiten muss. Ich habe nur einen kleinen Teil von Rumänien kennen gelernt, sehe krasse Unterschiede: Sind die Häuser noch so ärmlich, steht oft ein deutsches, großes, teures Auto vor der Tür. Statussymbol, das sein muss? Womit verdienen die Leute so viel Geld? Die Korruption scheint ungebrochen. Wird Rumänien den Schritt aus der Armut schaffen, so dass mehr Bürger ein gutes Auskommen haben werden? Ich wünsche es der Bevölkerung! Was mich sehr beeindruckt hat, war die Freundlichkeit der Landbevölkerung, die Offenheit. Das multikulterelle Erbe, das Zusammenleben verschiedenster Nationen und Religionen im letzten Jahrhundert soll weiter Vorbild sein. Ebenso beeindruckend war die Bereitschaft vieler Mitreisender, mir ihre Geschichte und Beweggründe der Ausreise zu erzählen. Für das Vertrauen möchte ich mich herzlich bedanken. Es war eine sehr angenehme Reisegruppe, in der ich mich sehr wohl gefühlt habe. Viele einzelne Puzzleteile fügen sich zu einem ganz neuen Bild über Rumänien und das Banat zusammen. Ausgesprochen gut waren die Führer, die Werner Gilde gewinnen konnte, und die uns an ihrem Wissen kompetent haben teilhaben lassen. Astrid Ziegler hat mir ihr Büchlein „alte Heimat neu“ überreicht, das ich noch auf der Heimfahrt komplett gelesen habe. Es verdeutlicht einmal mehr den Spagat der „Banater Schwaben“, die ihre Wurzeln im Banat und eine neue Heimat woanders in Europa gefunden haben.

... Viele einzelne Puzzleteile fügen sich zu einem ganz neuen Bild über Rumänien und das Banat zusammen.

Danke auch an Adam Csonti, der mir aktuelle Zeitungen und Unterlagen über das Heimatmuseum in Billed geschenkt hat. Ein großes Dankeschön geht vor allem auch an Werner Gilde: Vielen Dank für diese hervorragend organisierte Reise mit vielen Höhepunkten, deine sehr gute Reiseleitung und die vielen Hintergrundinformationen. Adje – und vielleicht auf ein Wiedersehen im Banat?


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Wenn Heimat nirgendwo ist Während eines Besuchs in Billed notiert Von Johann Steiner

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m August kehren die Rumänen zurück ins Land, um sich ins Gedächtnis zu rufen, weshalb sie es verlassen haben.“ Diese Nachricht hat mich kurz vor meinem Besuch in Billed im September 2023 in rumänischer Sprache erreicht. Für mich gilt diese Aussage nicht. Ich erinnere mich noch lebhaft an das, was mir angetan worden ist und Ursache dafür war, dass ich dem Banat den Rücken gekehrt habe. Der Kurzbesuch im jüngsten September ist auf Wunsch meiner Tochter zustande gekommen. Ich hatte überhaupt kein Verlangen nach einem Wiedersehen mit Billed, meinem Geburtsort, den ich nie als richtige Heimat empfunden habe, aber auch nicht nach dem Banat, das viele meiner Landsleute als Heimat betrachten, was ich ihnen nicht übel nehme. Heute, wo ich 75 bin, behaupte ich noch immer: Ich hatte nie eine Heimat. Auch das Rheinland ist mir nicht zur Heimat geworden, obwohl ich mich gut eingelebt habe, drei Monate nach meiner Ankunft meinen Beruf ausüben konnte und bis zur Rente nie arbeitslos war. Ich komme mit Rheinländern gut zurecht, habe mit ihnen und Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten weite Teile der Eifel, des Westerwalds, des Taunus, des Hunsrück oder des Bergischen Landes erwandert und kennen gelernt. Ich bin mehrmals zu Fuß durchs Rheintal von Bonn bis Wiesbaden gegangen - und zurück, auf beiden Ufern. Saar, Mosel, Nahe und Lahn kenne ich eben-

so gut wie den Mittelrhein. Aber lediglich zwei richtige Freundschaften haben sich im Laufe der Jahrzehnte entwickelt. Mit Uli Hartmann aus Breslau, der 14 Jahre älter war als ich und mit 80 gestorben ist. Wir haben manche Wandertour gemeinsam bestritten. Gleich nach der Ankunft in Krefeld hatte ich Hans-Jürgen Räthke (Jahrgang 1940) kennen und schätzen gelernt. Auch er, der 1953 zusammen mit Schwester und Eltern aus Wendisch Priborn an der Mecklenburger Seenplatte in den Westen gekommen ist, weilt nicht mehr unter uns. Er hat mir und meiner Familie in den Anfängen geholfen. Mit ihm habe ich die ersten Spiele in der Fußball-Bundesliga in der Krefelder Grotenburg-Kampfbahn, dem Heimatstadion von Bayer Uerdingen, erlebt, ferner Begegnungen in Düsseldorf, Leverkusen, Schalke oder Dortmund gesehen. Doch zurück nach Billed. Mit dem Besuch habe ich meiner 1975 geborenen Tochter einen Wunsch erfüllt. Ulrike, die als Fünfjährige 1980 nach Krefeld, 30 Kilometer westlich von Düsseldorf, umgesiedelt ist, wollte wissen, woher sie kommt. Sie hatte reichlich wenig von Billed und Temeswar in ihrem Hirn gespeichert. Präsent waren ihr Nebensächlichkeiten. Ich hatte auch aus einem anderen Grund keine Sehnsucht nach dem Banat: Ich bin kein Nostalgiker. Wörterbücher definieren Nostalgie als lebhafte, sentimentale Sehnsucht nach Personen, Ereignissen, Orten oder Gegenständen aus der Vergangenheit. Nostalgisch bin ich


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wahrscheinlich deshalb nicht, weil ich im Banat nie ein Heimatgefühl entwickeln konnte. Als Dreijähriger bin ich 1951 mit der Familie in die Donautiefebene (Bărăgan) deportiert worden. 1956 war ich zurück in Billed, 1962 wieder weg auf dem Gymnasium in Temeswar und im Internat, 1971 habe ich die Hochschule in Temeswar beendet, um danach bis 1977 in Bukarest zu arbeiten. In Billed war ich die wenigste Zeit meines Lebens. Im Bărăgan waren die Hälfte der Bewohner unserer Siedlung Deutsche, die andere Rumänen. Ich ging mit Rumänen in die Schule. Weder dort noch auf den Straßen dieser Hüttensiedlung bin ich oder ein anderer als Deutscher beschimpft oder bedroht worden. Wenigstens ist mir nie dergleichen zu Ohren gekommen. Wir saßen alle in einem Boot. 1956, mit der Ankunft aus der Verbannung in Billed, hat mir plötzlich ein anderer Wind entgegengeweht. Die Nachkommen der Kolonisten, die 1945 ins Dorf eingefallen waren, haben mir feindselig gegenübergestanden. Handgreiflichkeiten blieben nicht aus. Flüche auch nicht. Sie hatten mit Mutter und Hitler zu tun. Das sollte sich auch nie mehr ändern, bis zum 10. November 1980, als wir den Zug in Richtung Nürnberg bestiegen haben. Fazit: Man kann einen nicht nur dadurch heimatlos machen, indem man ihn vertreibt, aus dem Land jagt. Auch das Bleiben, die ständigen Reibereien, die Vergleiche mit Hitler, die Diskriminierung können einem die Heimat entfremden, verleiden, ja nehmen. Dabei hatten wir den in Billed Neuangekommenen nichts getan. Im Gegenteil: Sie waren die Täter, die den als vogelfrei geltenden Deutschen, geschützt vom Gesetz, alles wegnehmen durften. Sie haben bei den wehrlosen alten Frauen

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und Männern, die 1945 im Dorf mit den Kindern zurückgeblieben waren, so lange gestohlen, bis nichts mehr zu holen war. Denn die wehrfähigen Männer waren noch im Krieg oder in Gefangenschaft, die arbeitsfähigen jungen Frauen und Männer in Stalins Arbeitslagern. Bei allem Elend waren bei der Ankunft unserer Familie aus der Verbannung 1956 sämtliche Häuser meiner Großeltern von der LPG besetzt. Wir wurden von stolzen Hütteneigentümern im Bărăgan zu Mietern in Billed. Für solche, die wie meine Familie 1944 beim Nahen der ach so glorreichen Sowjetarmee nach Österreich geflüchtet, 1946 mit von ungarischen Grenzern ausgeräumten Rucksäcken auf dem Buckel zurückgekehrt ist und vor einem geplünderten und besetzten Haus stand, war das eine Belastung und ein Rückstand, der bis Ende der 1960er Jahre nicht aufzuholen war. Wir mussten Miete bezahlen, und als Mieter hatten wir nicht einmal einen Obstbaum, von dem wir eine Frucht hätten ernten können. In den Gärten der Häuser, die wir nach Jahren von der LPG zurückbekommen haben, war auch kein Obst zu ernten. Die LPG hatte alle Bäume gefällt. Als die neu gepflanzten Bäume zu tragen begonnen haben, sind wir ausgewandert. Noch in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre habe ich zu hören bekommen: Geh doch zu Hitler, du isst rumänisches Brot. Weil das aber stets vor Zeugen geschehen ist, konnte man den Brüdern kein Paroli bieten. Wie gerne hätte ich ihnen gesagt, sie sollen mir einen Pass geben, dann bin ich sofort weg. Oder: dass der Spruch von dem Brot keine rumänische Erfindung ist. Das haben unsere Schwaben, aber auch die Rumänen vor der Annexion des Banats an Rumänien nach dem Ersten Weltkrieg nicht


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Das ehemalige Haus der Familie Gilde ist überholt und erstrahlt in neuem, ungewöhnlichen Glanz: Säulenimitationen, Stuck oberhalb des vergoldeten Tores und ein neuer Sockel zieren die Fassade. Foto: Johann Steiner

nur einmal von den Ungarn zu hören bekommen. Damals war das gegessene Brot angeblich nicht rumänisch, sondern ungarisch. Dass Weizen manchmal auch importiert sein kann, hätte ich ihnen auch gerne gesagt. Doch nun, im September 2023, sind wir wieder in Billed, meine Tochter nach 43, ich nach vier Jahren. Sie erinnert sich an fast nichts mehr, sie will Eindrücke sammeln. Ich schaue mir das Dorf an. Ich bin nicht entsetzt, das eine Mal staune ich, das andere Mal auch nicht.

Wir nehmen uns die Bahnhofsgasse vor. Das JostHaus (Nummer 299) gegenüber der katholischen Kirche, wo 1948 die deutsche Schule nach ihrer Wiedergründung eine Bleibe gefunden hat, steht nicht mehr. Die deutsche Schule war 1945 einfach beschlagnahmt und in eine rumänische verwandelt worden. Sie gehörte ab sofort den Eindringlingen. Die Lücke an der Ecke Kirchen-/Bahngasse, wo einst das große L-förmige Haus stand, nimmt sich schlecht aus. Aus der ehema-


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Das neu gestaltete Tor in goldenem Glanz. Foto: Johann Steiner

ligen Ruine daneben ist wieder ein bewohnbares Haus geworden. Das in der Kirchengasse stehende ehemalige LinsterHaus (298), in dem die Rumänen nach dem Einzug ins Dorf ihre Kirche eingerichtet hatten und der Pope mit Familie wohnte, ist neu eingedeckt und bis auf eine kleine Lücke isoliert und frisch verputzt. Das nächste Haus (297), es gehörte einst meinen Gilde-Großeltern, ist bunter geworden, wenigstens das große Holztor, das die trockene Einfahrt zum Hof abschließt. Es leuchtet golden.

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Neue Einwohner seien da, heißt es. Sie haben offensichtlich einen anderen Geschmack. An der anderen Ecke in der Kirchengasse steht noch ein erbärmlicher Rest dessen, was einmal das Wirtshaus Nothum (290) war. Ein Schwenk links in die Kreuzgasse führt am ehemaligen Haus der Familie Welter/Thöres (252) vorbei. Auch es erstrahlt in einer neuen Aufmachung, die der Schwabe als fremd empfindet. Auf derselben Straßenseite an der Ecke Vertgass klafft eine Lücke. Das Eichert/Jobba-Haus (162) steht schon lange nicht mehr. Wer rechts um die Ecke abbiegt, kommt aufs Dämmche. Dort, wo sich früher oft Wasser ansammelte, ist ein Neubaugebiet ausgewiesen worden. Die ersten Häuser stehen, die meisten im Rohbau, einige sind schon fertig. Wir kehren um und gehen die Vertgass entlang. An der nächsten Ecke auf der linken Seite fehlt das letzte Haus (171). Es wurde abgerissen, weil es einsturzgefährdet war. An herrenlosen Hunden (sie sind noch immer nicht alle nach Deutschland gerettet worden) geht es an der alten Schule vorbei zur katholischen Kirche. Um 18 Uhr liest Pfarrer Bonaventura Dumea eine Messe. Ulrike will die Kirche von innen sehen. Wir wohnen dem Gottesdienst bei, wir beiden erhöhen die Zahl der GottesdienstBesucher auf sieben. Sechs Sängerinnen gestalten zusammen mit Kantorin Brunhilde Klein die Messe musikalisch. Die Zahl der Gottesdienst-Besucher spricht für sich. Der Pfarrer predigt dreisprachig. Der Chor singt deutsche und rumänische Lieder. Ungarisch liegt den Sängerinnen zum Unterschied von Pfarrer Dumea anscheinend nicht. Wir setzen unseren Spaziergang fort in Richtung Zwetgass. Das ehemalige Herrschaftshaus (300), Kastell genannt, hebt sich positiv von anderen ab. Es wird eben


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Herabgekommen sieht das ehemalige Billinger-Haus an der Ecke Alt-/Bahngasse inzwischen aus. Foto: Johann Steiner

gestrichen. Nichts erinnert daran, dass es vor Jahren zur Ruine herabgekommen war. Davor steht noch immer die uralte Pappel. Sie ist wohl der älteste Baum in Billed. Ich zeige Ulrike das Haus meiner Steiner-Urgroßeltern. Sie haben es sich gebaut für den Lebensabend, nachdem sie ihre Kinder verheiratet hatten. Auch dieses Gebäude war bei unserer Rückkehr aus der Deportation 1956 von der LPG belegt. Direkt daneben steht die neue orthodoxe Kirche mit dem schlanken Turm. Im Kirchgarten wächst Unkraut. Dahinter, in den ehemaligen Gärten, ist das neue Medi-

zinische Versorgungszentrum. Vom Eingang des Medizinischen Versorgungszentrums ist der Blick rechts frei in die Zwetgass. Eines der Bauernhäuser steht nicht mehr. Darin war in kommunistischer Zeit der Dorfkindergarten untergebracht, der erste, den Ulrike besucht hat. An der Ecke erreichen wir das gepflegte Rathaus, dem gegenüber das ehemalige Große Wirtshaus, seit kommunistischer Zeit Kulturheim. Die Fassade gehörte überholt, der Putz bröckelt. Weiter geht es in Richtung Altgasse. Auf der linken Seite steht der missglückte Versuch, Wohnblocks im


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Dorf zu bauen. Der Bau aus sozialistischer Zeit gleicht einer Ruine. Wir überspringen einiges und stehen vor dem Haus des ehemaligen Konditors Vetter Steffi (Stefan Unger). Das Haus ist renoviert. Der Stil passt nicht zu den Barockgiebel der Banater Schwaben, aber er ist nicht so auffällig wie das Gilde- und Thöres-Haus. Der Kinosaal hinter dem Steffi-Haus mit ehemaliger Konditorei wird aufgestockt. Ein neuer Palazzo prozzo entsteht. Leider oder Gott sei Dank wird er von der Straße aus nicht zu sehen sein. Wir machen einen Sprung in die Neugasse. Links auf der Ecke eine leere Fläche. Dort stand einst das Wirtshaus Vastag (614). Seit Jahrzehnten ist es verschwunden. Wir kehren um und folgen der Bahngasse auf der anderen Seite zurück. An der Ecke Altgasse das ehemalige Billinger-Haus (548). Es hat schon bessere Zeiten gesehen. Auch der Hambar (Schuppen) wird allmählich baufällig. Eigentlich war er das Vorzeige-Exemplar im Dorf wegen der Klinkerbauweise, weshalb er auch in die Ausstellung zur Geschichte Billeds im Deutschen Forum aufgenommen wurde. Am gegenüberstehenden ehemaligen RiederHaus geht es vorbei zu einem in neuerer Zeit gebauten, das in schlechtem Zustand ist. Das zur Ruine herabgekommene Schmidt-Haus daneben ist inzwischen abgerissen worden. Auf dem Grundstück liegen Ziegel zur Wiederverwertung. Der Bauherr will entweder sparen oder er setzt auf Nachhaltigkeit. Und daneben das zweite Schmidt-Haus, in dem das Deutsche Forum untergebracht ist, es präsentiert sich als Schmuckstück. Es ist nicht der einzige Lichtblick im Dorf, in dem der Zerfall auf Tritt und Schritt auszumachen ist. Vom Hof des Deutschen Hauses fällt der Blick auf halb abge-

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deckte, einsturzgefährdete Gebäude in der Altgasse. Sie waren einmal Eigentum der Familie Braun (469), die im Herbst 1944 die Flucht nach dem Westen angetreten hat und nicht zurückgekehrt ist. Aus dem einen Hotelzimmer im Deutschen Haus kann der Gast beim Blick nach Osten einen riesigen Neubau mit reichlich Solarzellen auf dem Dach ausmachen, der an der Zwetgass auf dem ehemaligen Muschte/Engrich-Grundstück (427) steht. Es gehört einer Familie, die unter anderem eine Transportfirma ihr eigen nennt. Es ist nicht der einzige Neubau, den es heute in Billed gibt. Wir machen einen Sprung und stehen in der Kirchengasse an der Ecke, wo einst die Ballmann-Mühle stand. Heute nehmen Betriebshallen und Verwaltungsgebäude die Stelle der Mühle und der Wohngebäude ein. Sie dehnen sich inzwischen über das Gartengelände in Richtung Vertgass aus. Heute werden dort Treppenlifte und Forstbewegungshilfen für Behinderte gebaut. Am Dorfende in Richtung Alexanderhausen steht neben dem Fußballplatz eine neue Sporthalle. Vielleicht ist sie fertig, wenn diese Zeilen erschienen sind. An der Zwetgass nutzt eine Firma die ehemalige Steiner-Mühle, in der in kommunistischer Zeit die Maschinen- und Traktorenstation untergebracht war. Sie erzeugt Plastikteile. Und weiter in Richtung Alexanderhausen stehen riesige Treibhäuser, in denen Tomaten gezüchtet werden. Sie nutzen das Wasser der Thermalquelle zum Heizen. Weitere Lichtblicke. Billed bekommt eine Kanalisation. Die Arbeiten sind im Gang. Die meisten Straßen sind asphaltiert, die Haushalte werden längst mit Gas versorgt. Auf den beiden gepflegten Friedhöfen (dafür sorgt Adam Csonti) stehen inzwischen Trauerhallen. Ganz ist


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Kontrast: Die aus einem zwischen den Straßen liegenden Garten gemachte Aufnahme zeigt die einsturzgefährdeten Gebäude auf dem Hof der Familie Braun in der Altgasse ...

der Fortschritt nicht am Dorf vorbeigegangen. Zu den neuesten Errungenschaften gehören Schilder mit neuen Straßennamen. Der Gemeinderat hat sich für Blumenund Baumnamen entschieden. Die alten Hausnummern wurden aber nicht abgeschafft, denn das hätte bedeutet, dass alle Erwachsenen ihre Ausweise und eine Reihe von Urkunden hätten umtauschen oder ändern müssen. Ein Aufwand, der in kurzer Zeit nicht zu bewältigen gewesen wäre und viel gekostet hätte.

Die Landwirtschaft hat einen Wandel erfahren. Die Viehzucht ist so gut wie verschwunden. Seit das Ehepaar Katharina und Hans Herbst (Milche) gestorben ist, ist Erwin Csonti der letzte Landwirt, der noch Milchkühe hält. Neben seinen 30 Stück hat ein halbes Dutzend Familien im Dorf noch eine Kuh zur Eigenversorgung. Doch in Billed wird nicht nur gearbeitet, sondern auch gefeiert. Zum Beispiel Kirchweih. Das Fest 2023 haben wir verpasst. „Leicht verändert, zeitlich gerafft und


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... und die Neubauten auf dem ehemaligen Muschte/Engrich-Grundstück in der Zwetgass. Foto: Johann Steiner

die Reihenfolge abgeändert“, so beschreibt der Vorsitzende des Billeder Deutschen Forums, Adam Csonti, das derzeitige Kirchweihfest und dessen Ablauf in der ehemaligen deutschen Gemeinde. Trotz der notwendigen Anpassungen und unter neuen Voraussetzungen feiert ein Teil der wenigen in Billed gebliebenen Deutschen weiterhin Kirchweih. Sie versuchen die Tradition zu pflegen und Kirche, Tracht und Tradition in Ehren zu halten. Viel Zeit dazu ist ihnen nicht gegeben. Zwei Dutzend Deutsche zählt die Gemeinde noch, weitere zwei Dutzend sprechen auch Deutsch. Die meisten Deutschen woh-

nen in der Sauerländer Gasse. 41 Paare aus gleich mehreren Ortschaften waren diesmal bei der Kirchweih aufmarschiert. Mehr Akteure als die Zahl der noch in Billed lebenden Deutschen. Vortänzerin war die Victoria Ziegler aus München. Sie hat Billeder Wurzeln. Der HOG-Vorsitzende Werner Gilde war mit 23 Mann in einem Bus aus Karlsruhe als Gast angereist. Gilde schätzt, dass etwa ebenso viele mit anderen Fahrgelegenheiten aus Deutschland gekommen waren. Im Kirchweihzug unter der Leitung von Kirchweihvater Hansi Müller (nicht zu verwechseln mit dem aus dem


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Nach dem Abriss des Jost-Hauses ist der Blick frei auf die katholische Kirche. Das Pfarrhaus daneben bedürfte einer Renovierung. Ganz rechts das ehemalige Linster-Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite wird zur Zeit überholt. Darin war nach dem Krieg die orthodoxe Kirche untergebracht. Foto: Johann Steiner

Westbanat stammenden ehemaligen Fußball-Profi vom VfB Stuttgart) waren Tänzer und Mitglieder der Trachtengruppen Vergissmeinnicht Busiasch, Hatzfelder Pipatsche, Buntes Sträußchen Großsanktnikolaus, Kornblumen Nitzkydorf, Wilde Rose Neupalota, Banater Kranz Temeswar, Banater Spatzen und Billeder Heiderose als Veranstalter des Festes. Es spielten die Banater Musikanten zum Aufmarsch und Tanz auf. Die Mitglieder dieser Gruppen sind fast durchweg Rumänen. Ein Gewährs-

mann aus Billed bestätigt die Vermutung, dass die Jugend nur deshalb mitmacht, weil sie sich Vorteile erhofft. Beispielsweise Reisen ins Ausland. Diese Vermutung lässt Tanzlehrer Hansi Müller nicht gelten. Müller treffen wir rein zufällig. Am Samstag, 23. September, steigen wir vor dem Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus in Temeswar aus dem Auto. Beim Betreten der Eingangshalle des Kulturhauses spricht uns ein gedrungener, kräftig gebauter Mann an. Es ist Hansi Müller.


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Die Zeit ist nicht stehen geblieben: Billed bekommt seine erste Sporthalle zwischen Zwet- und Kirchengasse in unmittelbarer Nähe des Fußball-Platzes. Sie ist kurz vor der Fertigstellung. Foto: Johann Rothgerber

Er hat mehr als ein halbes Dutzend Tanzgruppen aus dem Banat und Siebenbürgen nach Temeswar zu einem kleinen Festival mit Fortbildung eingeladen, finanziert vom Rat für interkulturelle Beziehungen in Rumänien, von Einrichtungen in Deutschland und dem Deutschen Forum. Für den Tanzlehrer sind die Jugendlichen aus Spaß an der Freude bei der Sache. Wie dem auch sei, eines steht fest: Müller ist der Garant der letzten Kirchweihfeste im Banat. Ohne Müller und seine Tanzgruppen gäbe es keine Kirchweih mehr im Banat. Bürgermeister einer Reihe

von Gemeinden laden Müller und seine Tänzer immer wieder zum Aufmarsch an den Kirchweihfesten ein. Dafür stellen sie Geld bereit. Müller lädt uns ohne Umschweife ein zu den Tanzvorführungen am Nachmittag. Wir nehmen an. Mit Verspätung geht es nach 16 Uhr los mit dem Auftritt der Billeder Heiderose. Fünf Paare tanzen Walzer und Polka vor vollem Haus. Hansi Müllers Choreographie gefällt. Neben den jugendlichen Tänzern ist etwa ein Dutzend erwachsene Zuschauer im Saal: Drei Mitglieder einer Delegation


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Der Vorstellungssaal im Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus ist am 23. September 2023 gut besetzt: In erster Linie sehen sich Jugendliche aus den zum Festival gemeldeten Tanzgruppen die Vorführungen an. Bei anderen Zuschauern hat die Veranstaltung kaum Interesse geweckt. Foto: Johann Steiner

aus Deutschland, die zufällig in demselben Hotel wie ein Teil der Tänzer untergekommen sind und von der Veranstaltung erfahren haben. Gleich hinter ihnen sitzen Ulrike, meine Frau und ich. Das Interesse an der deutschen Kultur des Banats strebt gegen null. Die Jugend fehlt, und die potenziellen Zuschauer lässt der Kulturbetrieb offensichtlich kalt. Eine nächste Reise Hansi Müllers und eines Teils seiner Tänzer soll nach Brasilien zu den Donauschwaben in Entre Rios führen. Für Herbst 2023 war eine nach Nord-

amerika geplant. Ob sie stattgefunden hat, konnte bis Redaktionsschluss nicht ermittelt werden. Müller ist seit 2013 Tanzlehrer im Banat. 1980 war er nach Deutschland ausgewandert und 2013 nach Rumänien zurückgekehrt. Wie die Banater Zeitung berichtet, wollte er die Firmen seines Vaters in Arad übernehmen, hat aber in Temeswar eine Gaststätte am Domplatz eröffnet, die er nach einem halben Jahr aufgegeben hat. Danach nimmt er Kontakt zum Deutschen Forum auf,


Reportage

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Festgottesdienst bei der Billeder Kirchweih 2023 mit Pfarren Bonaventura Dumea. Foto: Hans Rothgerber

das im vorschlägt, als Tanzlehrer in Warjasch anzufangen. 2014 wird er Choreograph der Tanzgruppe Warjascher Spatzen. Inzwischen betreut er eine ganze Reihe von Tanzgruppen. Wir nehmen wieder einmal Abschied vom Banat. Während des Aufenthalts in Billed habe ich auf den ­Stra­ßen keinen einzigen Bekannten getroffen. Im Haus der Deutschen in der Bahngasse haben sich am Sonntag, dem 24. September, fünf Mann ein Stelldichein gegeben

zu einer Kartenpartie. Außer Adam Csonti habe ich zwei erkannt, die beiden anderen konnte ich erst einordnen, nachdem sie sich vorgestellt hatten. Auch in Temeswar ist mir kein Bekannter über den Weg gelaufen. Fazit der Reise: Billed ist mir noch fremder geworden, als es schon vor 43 Jahren war. Es zieht mich nichts mehr nach diesem Ort. Die Geschichte wiederholt sich; die Völker kommen und gehen, die kleinen verschwinden vor den Großen.


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Begegnungen

Ich habe Angst um meine Erinnerungen… Von Alexander Buza (Hausnummer 428)

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it diesem Gefühl bin ich im August 2023 nach vielen Jahren wieder in mein Heimatdorf Billed gefahren. Mit im Gepäck meine Frau und meine beiden Söhne. Doch der schwerste Koffer waren meine Gedanken. Würde ich mich mit Freude in meine hier erlebte Kindheit zurückversetzten können, würde ich Menschen treffen, die mich oder meine bereits verstorbene Familie kannten oder würde ich ein Dorf vorfinden, in welchem ich mich fremd fühlen würde, würde ich meine schönen Erinnerungen vielleicht sogar zerstören und mit traurigem Herzen nach Hause fahren? Ja, ich hatte tatsächlich Angst um meine Erinnerungen. Doch Gott sei Dank waren es wundervolle Tage, die mir hier geschenkt wurden. Tage, die ich mir schöner und herzerfüllender nicht hätte vorstellen können – Dank zweier Menschen, die, so bescheiden sie auch sind, unfassbar große Werke vollbringen: Adam und Roswitha Csonti. Nach langer Autofahrt trafen wir abends im Forum ein und wurden von der lieben Roswitha schon herzlich empfangen. Schon gleich nahm sie uns mit zum Rudi und seiner Bar. Ein kaltes Bier in einem eisigen Glas, Mici mit Brot und Senf – schon waren wir in einem Billed, wie ich es mir wünschte. Geselligkeit in froher Runde und leckere Mici – war das gut. Satt und zurück im Forum bekam ich doch Herzklopfen: Nach all den Jahren würde ich zum ersten Mal wieder in Billed übernachten, zuletzt als Kind und heute mit meinen eigenen Kindern. Selt-

sam. Gefühle, die ich vergessen hatte, wurden geweckt, geweckt von den Grillen, den „Krotten“, den bellenden Hunden und dem Geklapper der Störche, … . Nun wurden meine Erinnerungen und meine Erzählungen auch für meine Kinder Wirklichkeit. Mit vielen Geräuschen aus meiner Kindheit schlief ich nun also wirklich wieder in Billed. Gleich früh morgens huschte ich auf den Balkon und traute meinen Augen kaum: Riesige Tannen ragten zwischen den Häusern hervor, genau neben dem Haus, in dem ich aufgewachsen war. Diese Tannen hatte einst meine Mama gepflanzt. Sie hatte sie herangezogen, bis sie Rumänien verlassen hatte, und heute standen sie noch da. Oft hatte sie mir davon erzählt, als sie noch lebte, umso größer war meine Freude, sie wieder zu erblicken. Ich spazierte schließlich durch mein Dorf und wurde mit jedem Schritt zurückgeholt. Ich ging Wege, die ich als kleiner Junge mit meinem roten Spieltraktor entlanggefahren war, ich sah in Gedanken meine Oma mit Gothi, die mir zuwinkten, meine Freunde, mit denen ich mich damals im Straßengraben versteckte, ich erinnerte mich an die Frösche, die wir einfingen und die kleine Babyeule, die ich rettete. Aber ich stand nun auch vor meinem Haus. Eiskalt lief es mir über den Rücken und eine Gänsehaut überkam mich. Tränen stiegen in meine Augen, ich wischte sie weg. Das Haus war zwar verändert, aber es war es trotzdem noch – mein Haus, meine Heimat, denn hier verbrachte ich Jahre meiner Kindheit mit Freude, Liebe und kindlichem Glück.


Begegnungen

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Ganz ohne Vorbereitungen, ohne Helm, ohne Outfit, ohne Proviant, ohne alles und mit in die Jahre gekommenen Rädern radelten wir zur Sauerländer Hutweide.

Atemberaubend, wie aus einem Bilderbuch bestaunten wir die Landschaft, den angelegten See und die Weite der Banater Heide.

Ich hätte so gerne nach einem Tannenzapfen und einem Samen gefragt, war aber so ergriffen, sodass ich dies nicht fertigbrachte, denn je älter ich werde, desto größer wird mein Heimweh. Mein Weg führte mich auch zum Friedhof, auf dem ich meine Uroma besuchte. Meine Uroma, die hier begraben liegt, alleine, ohne Grabschmuck, ohne Besuche. Wie hilfreich ist da unser Glaube, dass wir doch irgend-

wann im Himmel versammelt sind. Meine Kerze für sie kam von Herzen, genauso wie die wortlose Umarmung meines Sohnes, die ich gerade zum richtigen Augenblick geschenkt bekam. Nach so vielen emotionalen Erlebnissen ging es geschichtlich weiter: Adam präsentierte uns mit einem großartigen historischen Wissen eine Führung durch das Museum im Forum. Gespannt lauschten wir als Fami-


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Adam präsentierte uns mit einem großartigen historischen Wissen eine Führung durch das Museum im Forum.

Begegnungen

Roswitha beglückte uns an einem anderen Tag mit leckeren Zwetschgenknödeln


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lie seinen Worten. Durch die vielen Bilder und die ausführlichen Erklärungen konnten wir sehr gut der beeindruckenden Zeit folgen. Respekt und Achtung gebührt den Billeder Vorfahren, Respekt und Achtung aber auch Adam, der durch die Arbeit und Wertschätzung diesen Respekt erst ermöglicht. Wo ich doch gerade von Adam erzähle – unvergessen bleibt für mich und meine Familie die Fahrradtour, die er mit uns unternommen hatte. Ganz ohne Vorbereitungen, ohne Helm, ohne Outfit, ohne Proviant, ohne alles und mit in die Jahre gekommenen Rädern radelten wir zur Sauerländer Hutweide. Wir fuhren durch Billed, über Feldwege, durch üppige Landschaft, vorbei an Kühen, Störchen, Hunden, …, allerlei Lebendigem. Atemberaubend, wie aus einem Bilderbuch bestaunten wir die Landschaft, den angelegten See und die Weite der Banater Heide. Dann passierte es: Auf den abenteuerlichen Pfaden fiel plötzlich ein Pedal ab und auch ein Klapprad verlor eine Schraube und wollte beim Fahren immer wieder zusammenklappen. Aber wir fuhren weiter und weiter über ganz schön holprige Wege, mit herzhaftem Lachen und letztendlich mit kreativer Lösung: Schnur, Draht, …, alles, was man als Ersatzteile so brauchen könnte, fand Adam selbstverständlich - im Müll vom Friedhof. Noch viel mehr mussten wir lachen, als Roswitha bei unserer Rückkehr mit großen Augen von der misslichen Lage erfuhr und verwundert, fast erschrocken und zweifelnd fragte: „Vom Kerchhof?“. Ja, jetzt wissen es noch mehr. Aber wie einfach, geduldig, kreativ und großartig dies doch war. So etwas erlebt man sonst nicht. Das werden wir im Leben nicht mehr vergessen. Die Gelassenheit, ein Problem anzugehen, es zu lösen – einfach so. „Ich werd‘s

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schon richte“, all das war Wellness für unseren Geist und Balsam für die Seele. Und für den Körper, da gab‘s den Schnaps. Der war gut. Roswitha beglückte uns an einem anderen Tag mit leckeren Zwetschgenknödeln und von Adams Bruder und dessen Frau kosteten wir schmackhaften selbstgemachten Käse. Herrlich! Auch saftige Melone vom Straßenrand, riesiger Langosch und duftender Kerwesstrudel genossen wir, ganz wie früher. Natürlich durfte ein Besuch auf dem Kalvarienberg nicht fehlen, denn auch hier spielte sich viel Zeit meiner Kindheit ab, mit Blick auf mein schönes Billed. In den paar Tagen durften wir noch so viel erleben, Temeschburg, den Otschko in Lovrin, viele nette Menschen treffen, wie Adam und Roswitha, den Rudi, aber auch Nikolaus und Edith Hellberg mit ihrem Enkel Florian. Es gäbe noch so viel zu berichten. Was nun aber einfach als Abschluss zu sagen ist, ist von Herzen Danke. Danke an Adam und Roswitha, die sich so familiär um uns gekümmert haben und dafür gesorgt haben, dass sich die Angst vor meinen Erinnerungen in Luft auflöste, dass ich hier in meinem Heimatdorf mit meiner Familie wunderschöne Tage verbringen durfte, voller Freude und Glück und dass ich mich von Herzen freue, bald wieder frohen Herzens mein Billed besuchen zu dürfen. Danke auch an all die lieben Menschen, denen wir im Dorf und im Forum begegneten. Es waren Momente der Gemütlichkeit und Geselligkeit, der Zugehörigkeit und der Freundschaft. Wenn ich wiederkomme, dann ohne Besorgnis. Dann mit Freude, tolle Menschen in meinem Biled zu treffen und mit Freude, mich erinnern zu dürfen.


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Erinnerungen an die Jahre 1956-1960 in Lippa Die Heimfahrt Lippa – Billed per Bahn – ein kleines Abenteuer!

Von Elisabeth Martini

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in Billeder Lehrer, J. Gehl, in Lippa tätig, hat in den Jahren 1955-58 auch in Billed überzeugende Werbung für das Lippaer Lyzeum mit deutscher Abteilung gemacht und Kinder von mehreren Familien, verteilt auf vier Jahrgänge, nach Lippa „gelockt“: Hans Schmid, Victoria Tamas, Richard Hehn, Glatz Isolde (1955-59); Marliese Holzinger, Arntrud Schäfer, Elisabeth Frick (1956-60); Elisabeth Zimmer, Elisabeth Schwendner, Karl Packi (1957-1961), Elisabeth Mayer (1958-62), davon haben manche nur 2 Klassen hier beendet. Einige der Jahrgänge feierten immer wieder Klassentreffen, in Rumänien oder Deutschland, anderen fehlte der treibende Organisator – so auch uns. Wir wünschten uns ein Erinnerungsbüchlein als Zeichen des späten Zusammenfindens ehemaliger Klassenkolleginnen und Klassenkollegen des Jahrgangs 195657, der Absolventen 1960 der deutschen Abteilung des Lippaer Theoretischen Lyzeums, die noch kein Klassentreffen organisiert hatten. Dabei stimmten wir doch alle Jean Paul (1763-1825) zu, dass Erinnerung das einzige Paradies ist, aus dem man nicht vertrieben werden kann, auch wir nicht, die meist anhand eines Vertriebenen-Ausweises unseren Anfang hier in der BRD gemacht haben. Laut Psychologie weiß man, dass die Erinnerungen das Wiedererleben früherer Erlebnisse und Erfahrungen sind durch das Überprüfen der eigenen Gedächt-

nisinhalte oder die der Zeugenaussagen. Sie stammen aus dem Langzeitgedächtnis, wo sie in komprimierter Form enthalten sind und aktiviert werden müssen, entweder mit beinahe fotografischer Schärfe oder nur vage. Sie sind meist multimedial, enthalten bildhafte Elemente, Szenen, Geräusche, Klangfarben, oft auch Gerüche und vor allem Gefühle. Manchmal verschmelzen mit der Zeit Ereignisse zu einem mentalen Schema und lassen sich dann nicht mehr als einzelne Erinnerung abrufen, wie z.B. unsere beiden Großausflüge durch Rumänien. Dass Erinnerungen emotional aufwühlen, erkannte auch Sandor Petöfi (1823-1849): „Ein Strauch zittert, weil ein Vogel darüber flog, ein Herz zittert, weil Erinnerung es durchzog.“ Von Joachim Ringelnatz (1883-1934) erfahren wir: „Die Stunden, nicht die Tage, sind die Stützen unserer Erinnerung.“ Honore de Balzac (1799-1850) jedoch wusste: „Die Erinnerungen verschönen das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich.“ Paul Hörbiger (1894-1981) mahnte: „Für angenehme Erinnerungen muss man im Voraus sorgen.“ Wertvoll sind gewiss gemeinsame Erinnerungen, die es gilt, auszugraben, aufzufrischen, auszutauschen, dankbar zu behalten. Woody Allen (1935) wirft eine Frage in den Raum: „Und ich frage mich, ob Erinnerung etwas ist, das man hat, oder etwas, das man verloren hat...“ Vielleicht ist es – auch was uns betrifft – beides.


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Elisabeth Frick-Martini am Ufer der Marosch, vor unserer Schule

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Wir Mädchen per Lastwagen auf dem Weg nach Billed – Eins. Elisabeth Lesch Empfang durch die Direktorin E. Slavik im Schulhof Billed (vor dem Programm). Eins. Elisabeth Frick-Martini

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Um nicht noch mehr zu verlieren, oder gar alles, wollen wir gemeinsam zurückblicken und erkennen, dass es so viele Jahre her ist, dass die meisten von uns zum ersten Mal nach Lippa kamen, in das Städtchen an der Marosch, wo uns der Test das Tor öffnen sollte zu höherem Wissen und Können. Ein schüchterner Haufen waren wir schon, aus etwa 20 verschiedenen Ortschaften der Banater Heide und Hecke mit eigener Mundart und recht engem Horizont. Dass Lippa (Lipova) seine Bezeichnung vermutlich aus dem slawischen Lipa = Linde ableitet, weil es wahrscheinlich immer schon im Marosch-Tal Linden gab, wussten wir damals nicht und viele erfahren es auch jetzt erst. Dass das Städtchen eine reiche historischeVergangenheit hat, haben wir kaum oder nur so nebenbei erfahren, wobei der Ort schon v. u. Z. von Dakern und Römern besiedelt war, was Ausgrabungs-Funde belegen. Anfand des II. Jahrtausends war Lippa ein Marosch-Hafen mit großem Salz-Durchgangslager in feudalem Besitz. 1241- nach dem Einfall der Tataren – wurde die Lippaer Burg erneuert und befestigt, 1278 die Schoimoscher Burg – heute nur noch eine Ruine – dokumentarisch erwähnt. Zwischen1307 und 1342 erlebte Lippa unter König Karl Robert von Anjou eine Blütezeit. Auch ein katholisches Kloster mit der Kapelle der Franziskanermönche ließ er 1325 erbauen, die vor den Türken ans rechte Maroschufer flohen und dort ein Kloster errichteten. Das 1686 gestiftete Marienbild ist das einzige Objekt, das bei einem verheerenden Brand übrig geblieben ist und heute als das Gnadenbild von Maria Radna ver-

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ehrt wird. Die erste schriftlich belegte Wallfahrt hierher fand 1709 statt. Zwischenzeitlich fiel Lippa Iancu von Hunedoara zu, wurde von Gh. Doja besetzt und 1529 königliche Freistadt, die 1550 von den Türken erobert wurde, bis Prinz Eugen von Savoyen 1716 das Banat für immer von den Türken befreite. Schon 1724, während des I. Schwabenzugs, wurden in Lippa 200 deutsche Einwandererfamilien angesiedelt; weitere Zuzüge erfogten in den Jahren 1738-39, deshalb gab es auch schon den Unterricht in deutscher Sprache. Nach 1784 wurde die Feudalherrschaft aufgelöst, demzufolge entwickelte sich das Handwerk und auch der Ort. Von 1849-1866 gehörte Lippa zu Österreich, von 1867-1919 zu Ungarn, danach bis heute zu Rumänien. Es war einst eine wichtige Festung, die das Tal der Marosch sperrte, auf deren rechter Seite die Burg Schoimosch lag, die während der letzten Türkenkämpfe zerstört wurde, auch die Lippaer Festung wurde durch Prinz Eugen geschleift. Der Ort wäre bedeutungslos geworden, wären nicht tausende Menschen jährlich zum Gnadenort Maria Radna gepilgert, auch erhielt der Ort mit der Zeit ein halb städtisches Gepräge durch die kleine Beamtenkolonie. „Auch über das Kloster und die Nonnen, die in unserem Schulgebäude bis 1948 gewirkt haben, wussten wir wenig oder gar nichts.“ Weil der Bischof Alexander Csajaghy bei seinem Amtsantritt 1851 die Jugend im Banat religions- und sittenlos, liederlich vorfand, besuchte er in München Mutter Theresia, die Gründerin des Ordens der Armen Schulschwestern von unserer Lieben Frau, die er von seinem


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Plan überzeugte. 1858 kamen die ersten Schulschwestern in den unbekannten Süden, alle jugendlich, in der Vollkraft ihres Lebens, denn viel Arbeit und Armut erwartete sie. Bis 1948 wirkten sie segensreich für die Banater, obwohl sie großen Schwierigkeiten ausgesetzt waren: ungesundes Klima, ungeeignete Räume, politischer Druck, Ungarisch und Rumänisch schnell zu lernen... Ihre Erziehung jedoch kam ohne Prügel und böse Worte aus, machte das Bravsein leicht. Sie vermittelten nicht nur Wissen, sondern auch eine an christlichen Werten orientierte Lebensführung. Ihre Leitlinien waren: Fordern und Fördern, Gemeinschaftssinn, Verantwortung für den Schwächeren, Stärkung der eigenen Fähigkeiten, christliches Weltbild. Ein Leitsatz war: „Fordere nie von anderen etwas, was du vorher nicht von dir selbst verlangt hast.“ Ein anderer: „Liebe hat, wer gibt und opfert, nicht wer fordert und begehrt.“ Das erste Kloster gab es in der Innenstadt von Temeswar, 1860 schon Filialen in der Fabrikstadt und Perjamosch, als 3. Filiale 1862 die Klosterschule in Lippa, die als „Maria Immaculata“ eingeweiht wurde (weil in der Nähe von Maria Radna). Der Bischof Alexander Bonnaz hatte dazu das schönste Haus am Maroschufer gekauft, das auch einen schönen Garten hatte. Drei Schulschwestern und eine Kanditatin wurden in das neu eingerichtete Haus eingeführt, danach wurden laufend Verbesserungen und Erweiterungen vorgenommen, es barg sodann eine sechsklassige Elementarschule und Internatsräume für 60 Zöglinge. Die späteren Klosterschulen in Werschetz, Orawitza, Szegedin, Lugosch, Mehala, Elisabethstadt, Großsankt-

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nikolaus, Pankota, Arad wurden im I. Weltkrieg Reservespitäler und die Schwestern Pflegerinnen der Verwundeten. !919, nach der Gründung Groß-Rumäniens, erhielt der Orden seine Schulen wieder zurück: Es blieben von den 32 Ordenshäusern 10 bei Ungarn, 3 bei Serbien und 19 mit dem Mutterhaus in Temeswar, davon 7 in Temeswar, je eine in Perjamosch, Lippa, Lugosch, Tschakowa, Detta, Neuarad, Großsanktnikolaus, Orzydorf... Die Schwestern mussten jetzt alles Ungarische vermeiden, besuchten rumänische Sprachkurse, lernten rumänische Geschichte und Erdkunde. 1932 stürzten durch die Überschwemmung der Marosch in Lippa über 100 Häuser ein, das Kloster war ringsum von Wasser umspült, in der Kapelle und an anderen Stellen senkte sich der Fußboden, Wände bekamen Risse, Vieles musste danach renoviert werden. 1942 wurden die konventionellen Schulen der Volksgruppe übergeben, ein schwerer Schlag für die Schwestern und Eltern. Durch die Intervention des Heiligen Stuhls blieben die Schwestern 1945 von der Russlanddeportation verschont, sie mussten aber hierzulande schier Unmögliches leisten. Zumal sie 1948 ihre Ordenstracht nicht ablegen wollten, wurde der Orden der Armen Schulschwestern in Rumänien aufgelöst, wodurch 436 Schwestern brotlos wurden, sie hatten nicht mal eigene Zivilkleidung. Die reichsdeutschen Schwestern durften 1949 in ihre Heimat ausreisen, andere kehrten in ihre Familien zurück, 54 kamen in das verwüstete und ausgeplünderte Franziskaner-Kloster in Maria Radna, wo es kein Trinkwasser und keinen Strom gab: 17 sind im dortigen Friedhof beerdigt, 33 kamen nach Popesti-Leorde-


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ni, waren dem winterlichen Crivat ausgesetzt, 30 wurden im Bellu-Friedhof beerdigt. Seit 2002 gehört der weiterführende Orden in Temeswar zum Mutterhaus in München, die erste Gelübdeablegung nach 50 Jahren fand 1999 in der Klosterkirche statt. Die politische Wende vom 23. August 1944 hat die Deutschen im Banat schwer getroffen: Politische, wirtschaftliche, kirchliche und kulturelle Organisationen wurden aufgelöst, das Leben ging unter völlig neuen Bedingungen weiter, denn vertrieben wurden die Deutschen nicht, nur schikaniert. 1945 wurden die arbeitsfähigen Männer und Frauen zum Wiederaufbau in die Sowjetunion deportiert; durch die Bodenreform der überwiegend bäuerlich-ländlichen Bevölkerung die Existenzbasis entzogen. Dadurch änderte sich auch die Wertschätzung der Menschen: Statt des Grundbesitzes erhielten Schule und Berufsausbildung einen höheren Stellenwert. Mit der Schulreform von 1948 wurden alle konfessionellen und privaten Schulen verstaatlicht, es entstand die siebenjährige Elementarschule als allgemein verpflichtende Schulform. Es fehlten jedoch qualifizierte Lehrkräfte und entsprechende Lehrbücher. Als Ausdruck der Nationalitäten-Politik der RVR wurden die deutschen Schulen bald Dreh- und Angelpunkt des kulturellen Lebens in den einzelnen Ortschaften, übernahmen viele Funktionen der früher so zahlreich existierenden Vereine, trugen so zur nationalen Identitätsbewahrung bei. Jedoch wurde das Vertrauen der Bevölkerung in den Neuanfang mehrmals erschüttert: durch die Baragan-Verschleppung, die Säuberungsaktion der 50er Jahre … In Lippa sollte 1953-54 eine zehnjährige Mittelschule mit

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abschließender Reifeprüfung, Hochschulreife, gegründet werden und auf Drängen des damaligen Direktors der Lippaer deutschen Elementarschule Josef Luckhaup und des Lehrers Johann Gehl, mit der Unterstützung des Arader Schulinspektors Pankratz Beller auch eine Klasse mit deutscher Unterrichtssprache. Es gehörte jedoch Mut dazu, ohne deswegen als Nationalist, Faschist oder Feind des Regimes abgestempelt zu werden. Ein beherzter 15-Jähriger hat damals maßgeblich mitgewirkt, dass die erste deutsche Mittelschulklasse in Lippa aus der Taufe gehoben wurde. 1938 in Semlak geboren, hat Georg Schmidt, politisch bedingt, nur die Landwirtschaftliche Mittelschule in Großsanktnikolaus besuchen dürfen, da ihm die Aufnahmeprüfung am Deutschen Lyzeum in Temeswar verwehrt wurde. Schon nach einem Jahr wusste er jedoch, dass diese Schule nicht die Voraussetzung für ein beabsichtigtes Studium schaffen konnte. Vom Deutschen Lyzeum in Lippa erfuhr er leider erst, als es für die Aufnahmeprüfung schon zu spät war. Für die Klassengründung jedoch fehlte es noch an Schülern. Mit Hilfe seiner Deutschlehrerin überzeugte er in 3 Tagen noch 9 Semlaker Familien, ihre Kinder ohne Aufnahmeprüfung in die deutsche Klasse des Lippaer Lyzeums zu schicken. Die so gerettete Deutsche Lyzealklasse umfasste die Jahrgänge 1937, 1938, 1939, 1940, aus 13 Ortschaften um Arad und Temeswar, die anfangs verschiedene Mundarten sprachen, mit der Zeit eine Mischmundart, gespickt mit rumänischen Ausdrücken und Neuschöpfungen. Auch war es da die einzige Klasse, die Englisch als Fremdsprache hatte, alle anderen hatten Russisch. Musische Fächer wurden erst 1955/56 eingeführt. Anfangs hatte nur Lehrer Franz Lindner Deutsch als Mutterspra-


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4. Jahrgang (1956 -1960). Unser Klassenfoto mit Klassenlehrer Josef Maly

che, später kamen Johann Gehl (1955-58) als stellvertretender Schulleiter an die deutsche Abteilung des Lyzeums und des Schülerheims, die Mathe-Lehrer Erich Siegmeth und Stefan Kussmann, die Deutschlehrerin Elisabeth Kyri, die Biologie-Chemie-Lehrerin Anna Spinner, der Sozialwissenschafts-Lehrer Ignatz Hoffmann. Von den ursprünglich 40 Schülern der ersten deutschen

Klasse blieben zuletzt 24, eine Klasse, die zu den landesbesten gehörte, 10 haben die Hochschule absolviert. Georg Schmidt, ihr Wortführer, hält fest: „Was durften und was mussten wir nicht alles erleben in dieser Zeit!“ Auch ich stimme dem zu: Denn, wenn auch manches nicht schön, nicht angenehm oder vorteilhaft war, war es ein Teil unserer Jugend, der uns mitgeprägt hat. Manche


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fühlten sich sogar wohl und geborgen, denken heute gerne und mit Wehmut an diese Zeit zurück. Willi Krisch, Wortführer des Jahrgangs 1954-1957, berichtet, dass sie als letzter Jahrgang nach 10 Klassen absolviert haben, sich aber so verbunden fühlten, dass sie sich danach schon fast ein Dutzend Mal getroffen haben. Auch erinnert er sich an politische Ereignisse während der Schulzeit, so an den Freiheitskampf der Ungarn von 1956 und den Bezug zu Radna, der damaligen Garnisonsstadt der Roten Armee. Anschaulich erlebten Schüler vom 23. Oktober bis 4. November was Krieg bedeutet, wie die Diktatur des Proletariats funktioniert, wie der real existierende Kommunismus wirklich aussieht. „Endlose Züge mit Panzern, Kriegsgerät und Mannschaften rollten von Radna Richtung Budapest und wir schauten vom Schulgebäude am anderen Maroschufer sprachlos zu, erschlagen von der Gewalt des Geschehens. Jedoch nachts brachten die Züge von Budapest Verwundete und Tote. Letztere wurden nach orthodoxem Ritus im offenen Sarg mit Ehrenwache auf den Heldenfriedhof in Lippa gebracht. Wochenlang ging das so weiter, aber gesprochen wurde darüber kaum, schon gar nicht mit den Lehrern. Mitgefühl überkam uns, denn die toten Soldaten waren in unserem Alter. An der ersten Kathrein-Feier am 5. November 1956 durfte auch unsere Klasse mitwirken: Rosl Messer und ich haben als Moderatoren durchs Programm geführt. Für uns überraschend kamen auch Soldaten der Roten Armee, nicht viel älter als wir, sauber in neuer Uniform, die Walzer und Polka bei der Tanzunterhaltung freudig mittanzten, aber nur miteinander. Da blieb uns die Spucke weg, so etwas hatten wir noch nicht gesehen. Dass alles

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friedlich verlief, war in dieser Zeit schon viel wert.“ Erhard Recktenwald, der Klassensprecher des 3. Jahrgangs, Matura 1959, berichtet, dass von den 34 ursprünglichen Schülern nur 23 zur Matura kamen, aber alle eine weiterführende Schule besucht haben. Er erinnert sich vor allem an Stefan Kussmann und Johann Gehl, die im Sinne dieser Schuleinheit in den umliegenden und entfernteren Gemeinden die Werbetrommel gerührt haben, wobei sich im charismatischen Charakter J. Gehls Selbstsicherheit, Selbstvertrauen und Mutterwitz vorteilhaft paarten, was auch auf die Schüler übergriff. Jedoch kehrte abends manchmal in den Jungen-Schlafräumen keine Ruhe ein, ertönte die sonore Stimme von Herrn Gehl, gingen schnell die Lichter aus und es wurde still. Die Eltern freute es, denn so einen Mann brauchte die Schule. Auch vom Klostergeist war im Schulalltag noch manches zu spüren, zumal die Möbel aus dem Kloster stammten, wie auch ein Teil des Personals, das mit der Zeit den späteren Säuberungsaktioen zum Opfer fiel. Recktenwald ist es gelungen, die „Lustigen“, wie Frau Kyri sie nannte, schon mehrmals zum Jahrgangstreffen zu mobilisieren, obschon auch ihre Reihen sich inzwischen gelichtet haben... Die 8. Klasse haben 38 Hoffnungsträger des 4. Jahrgangs (1956-1960) mit Bangen und Zuversicht begonnen, obwohl es für die Meisten das erste Mal war, dass sie sich selbst überlassen waren. Auch an das systematische Lernen mussten sie sich erst gewöhnen, das durch den strengen Tagesablauf geregelt war und durch Erzieher und Lehrer kontrolliert wurde. Seine einmalige Art, uns Wissen beizubringen, schätzten wir an Lehrer Franz Lindner,


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trotz seiner sprunghaften Strenge, ein von der Mathematik Besessener, der sich leidenschaftlich weiterbildete, aber nie das Wohl und Wehe seiner Schüler aus dem Auge verlor. Wir gedenken seiner mit Dank und Ehrerbietung. Bei Victor Hulita und Peter Kleckner habe ich auch heute noch ein schlechtes Gewissen, denn sie hätten uns vielmehr geistig bereichert, wenn wir aufnahmewilliger, respekvoller gewesen wären. Unser Klassen- und Chemielehrer Josef Maly konnte uns damals Chemie nicht schmackhaft rüberbringen, so dass die Meisten sich bei unserem Bakkalaureats- Monstrum (8 Prüfungen an einem Tag) grottenschlecht präsentierten. Für alle unsere Lehrkräfte haben wir uns in den letzten Schultagen stimmlich ins Zeug gelegt, indem wir ihnen zu Hause ein Ständchen brachten, nur Gh. Nicoli nicht, der uns nicht besonders gewogen war und uns das Aufhängen des Absolventenbildes neben den anderen verwehrte, das dann irgendwo verstaubte, vergammelte. Im Rückblick war für uns nicht immer alles lustig, manchmal aber doch... Die Russischlehrerin Eleonora Iliescu z.B. kam an einem Montag ohne ihre Ringe in die Klasse. Als sie es merkte, schickte sie Erika Holzinger während des Unterrichts zu sich nachhause um die Ringe. Bei der Haushälterin verlangte sie die vergessenen „inele“ und „verigheta“ aus dem Schlafzimmer. Damit kam sie geplagt zurück, weil sie nicht wusste, was „verigheta“ heißt. Bei der Übergabe erst wurde ihr blitzartig klar, dass das nur Ehering heißen konnte. Unser Rumänisch war eben noch lange nicht perfekt. Auch unsere Umgangsformen waren es noch nicht. So

Rückblick

kam Herr Kussmann während des Abendessens in den Speiseraum, ließ seinen Blick prüfend über uns gleiten und schon drang es tadelnd an mein Ohr: „Frick, das Messer führt man nicht zum Mund!“ Woher sollte ich unerfahrenes Landei das denn wissen? Jedoch habe ich den Tadel beherzigt und bis heute nicht vergessen. Herr Lindner ist uns allen durch die Autorität seines Wissens und Könnens in bester Erinnerung, auch wenn wir oft vor ihm gezittert haben. Oft lockerte er die Spannung durch witzige Einfälle auf, kümmerte sich auch stets um das Wohl und Wehe der Schüler. Während unseres Bahn-Ausflugs durchs Land gab es auch Momente der Fröhlichkeit, des gemeinsamen Gesangs, wobei Herr Lindner bemerkte, dass ich mich dabei etwas abseits hielt. Auf seine Frage, wieso ich denn nicht singen kann, kam prompt meine Antwort: „Man muss ja nicht alles können!“ Seine Gegenfrage, was ich denn schon könne, ließ mich beschämt verstummen, auch heute schäme ich mich noch dieser - aus jetziger Sicht – etwas arroganten Antwort. Dabei dachte ich nur, dass ich im Lernen recht gut bin, auch im Sport, physisch arbeiten kann, nur singen eben nicht. Während unser erster „Erzieher“ seinen Militärdienst leistete, hatte wir natürlich einen neuen, dessen Namen ich zwar vergessen habe, nicht aber seine arrogant-provozierende Art im Umgang mit uns 17-18-Jährigen. Absichtlich schuf er Spannungen und behauptete eines Nachmittags: „Ich bin nicht verrückt, ich war beim Arzt und der hat das bestätigt.“ Da muss mich wohl der Teufel geritten haben, dass meine Replik darauf war: „Auch Ärzte können sich irren!“ Natürlich war das krass und durfte nicht unbestraft bleiben.


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Strahlende Gesichter mit Herrn Gehl auf Ausflug in Siebenbürgen.Eins. Erika Holzinger-Junker

Ins Lehrerzimmer zitiert, gab es bei den Zurechtweisungen von Herrn Lindner Tränen in Strömen, auch weil ­außer mir noch zwei Kolleginnen betroffen waren. Herrn

Lindner zuliebe versprachen wir Besserung, jedoch das Verhältnis zum „Erzieher“ blieb gespannt, aber ohne weitere Folgen.


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Sommerlich und gut gelaunt: Mariechen Scholpp, Elfriede Weiglein, Elisabeth Frick, Magdalena Heidecker, Erika Holzinger, Arntrud Schäfer, Brigitte Schiller. Eins. Erika Holzinger-Junker

Und noch ein paar ungelenke Reime zum Schluss: Wir sind zur Zeit recht weit im Land und in der Welt zerstreut, jedoch die Jahre einst in Lippa und Umgebung fast keiner hat bereut, und manche heute sich noch gerne Freund und Freundin nennen, obwohl sie doch inzwischen viele andre Menschen kennen. Fast Kinder wir einst waren, als das Schicksal uns dorthin geführt, nicht alle hielten durch und Ehre drum, wem Ehre auch gebührt! Es war – doch damals ahnten wir es nicht – vielleicht die schönste Zeit, trotz strenger Regeln, Aufsicht und Kontrollen durch die „Obrigkeit“. Wir wünschten uns mehr Freiheit und nicht nur Ausgang mit Erlaubnisschein,


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im Freien, auf der Burg, am kühlen Nass der Marosch auch zu sein; die Pilger dort in Radna zu bestaunen, den Kreuzweg hoch zu geh‘n, die Inci, den Rudi zu besuchen, Quellwasser trinken, ins Tal hinab zu seh‘n. Schön brav in Uniform, mit saubren Nägeln, Kopfband und geputzten Schuh‘n allmorgentlich die Klasse sich dem Päda musste offentun, dabei man angewiesen wurde, dies und das zu tun oder zu lassen, damit in Ordnung waren unsre Sachen und die Klasse. Die Lehrer meist zu streng und fordernd schienen sie uns damals, wobei auch Güte, Nachsicht und Verständnis in zu hohem Maß bei uns nicht folgerichtig Eifer, Fleiß und Ausdauer bewirken sollten, so wie Ergebnisse in Latein, Geschichte und Chemie belegen konnten. Und manchen Unfug haben wir auch ausgeheckt, dafür grad‘ gestanden, auf dem Katheder getanzt, uns verliebt, heimlich wir auch verschwanden durchs Fenster, wenn‘s dunkel war und die andern schliefen, einander wir neckten, manchen zur Weißglut wir dabei trieben. Doch auch verzeihen, vergeben haben wir gelernt, einander helfen in der Not, wenn mal der Spickzettel bei der Klausur vom Bein zu Boden flog und selbst der Lehrer tat, als wäre so rein gar nichts gescheh‘n, als könnte man mit einem Lächeln verständnisvoll drüber hinwegseh‘n. Zurückgeschaut auf unsre Jahre dort am linken Ufer „unsrer“ Marosch wird manchem von uns feucht das Aug‘ und Wehmut in die Stimme kommt, zumal das Schicksal rücksichtslos zu früh gelöscht manch Lebenslicht der einstigen Kollegen, Lehrer; ein Wiederseh‘n mit ihnen gibt es nicht. So hin ud wieder denken wir an sie, bedauern innig dann und warm, dass kurz und oft recht schmerzhaft ihr Erden-Dasein war. Wir schauen trotzdem zuversichtlich der uns beschiednen Zukunft entgegen, obwohl es scheinbar für uns kein organisiertes Wiederseh‘n mehr gibt.. Bleibt wohlgemut und stolz auf das, was war, und lebt jetzt jeden Tag als ob‘s der letzte wär‘, verzeiht, genießt die Stunden, Tage! Schön, dass ihr da ward...


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Ein letzter Gruß von eurer euch liebenden Mutter Ein 80 Jahre alter Brief Von Gabriela Şandor

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m Haus unserer Großmutter brannte am 24. Dezember immer eine Kerze in Gedenken an ihre Mutter, Josefine Podgorski (geb. Tomaszek), die am 20. Dezember 1943 in Warschau gestorben war und am 24. Dezember dort begraben wurde. Unsere Oma hatte das Grab ihrer Mutter seitdem nie wieder besuchen können. Ihre Familie war am 6. Dezember 1940 aus Brodina in der Bukowina nach Deutschland geflüchtet, wo sie zunächst auf Schloss Tännich bei Rudolstadt/ Thüringen, danach in der Dürrenbacher Hütte in Weimar (damals ein Lager für rumäniendeutsche Aussiedler) und 1942/43 sogar im Durchgangslager Litzmannstadt (Lodz/ Polen) untergebracht waren. In dieser Zeit hatte unsere Oma die Handelsaufbauschule in Weimar und die Landesbauernschule auf Schloss Hummelshain besucht. 1943 wurden unsere Oma Gertrud, ihr Vater Stanislaus und einer ihrer Brüder, Josef, nach Zamosc/ Polen geschickt. Der zweite Bruder, Anton, musste zur deutschen Wehrmacht, während die schwer erkrankte Mutter im über 200 km entfernten Warschauer Krankenhaus lag. Unsere Oma arbeitete in dieser Zeit in Zamosc als Sekretärin in der Deutschen Emissionsbank in Polen. Aus ihrer Familie war sie die Einzige, die ihre sterbende Mutter noch besuchen konnte, und sie musste sich als Achtzehnjährige auch um das Begräbnis in einer vollkommen fremden Stadt kümmern.

Es folgten schwere Zeiten: Flucht zurück nach Deutschland, dann nach Österreich, russische Besatzung, abenteuerliche Flucht aus dem Zug nach Sibirien. Nach vielen Zwischenstopps in Rumänien sind meine Oma und ihr Bruder Josef schließlich in Billed gelandet – um durch das Rote Kreuz Nachrichten aus Deutschland von ihrem Vater und dem zweiten Bruder zu erwarten. Die Rückreise nach Deutschland zur Familienzusammenführung wurde nicht genehmigt, sodass beide sich in Billed niedergelassen haben. Unsere Oma heiratete 1948 den aus Bessarabien stammenden Ioan Ciobanu. Am 19. Juni 1951 wurden beide mit ihrem zweijährigen Kind in die Bărăgansteppe deportiert und kehrten erst 1956 nach Billed zurück. Über diese unglaublich schwere Zeit hinweg hat unsere Oma zwei Andenken an ihre Mutter retten können: den Ehering ihrer Mutter und ihren letzten Brief aus dem Krankenhaus. Den Ehering hat sie uns vor ihrem Tod 2017 anvertraut. Den Brief durfte ihr Bruder Anton bei einem Besuch 1985 nach Deutschland mitnehmen. Wir besitzen eine Abschrift, die uns umso wertvoller ist, da sie zwei kluge Frauen unserer Familie vereint: die letzten Worte unserer Urgroßmutter und die Handschrift unserer Großmutter. Dieser kurze und einfache Brief spricht über die Werte, nach denen unsere Großmutter gelebt hat, und die sie an ihre Tochter und Enkelinnen weiter-


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Das letzte gemeinsame Foto der Familie Podgorski, Weimar, 1941 (sitzend die Eltern Josefine und Stanislaus, stehend v.l.n.r. Josef Leopold, Gertrud und Anton)

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gegeben hat: Glaube, Liebe, Güte, Gottvertrauen, innere Stärke, Bescheidenheit, Geduld. Am 24. Dezember brennt auch in unserem Haus eine Kerze in Erinnerung an ein Grab in Warschau, das es heute nicht mehr gibt, und das niemand je besucht hat.

Meine lieben Kinder,

Hochzeitsfoto von Stanislaus Podgorski und Josefine geb. Tomaszek, Radautz, 1920

ich begrüße euch alle von Herzen, da es heute Sonntag ist und ich so gerne mit euch sprechen möchte, aber das Schicksal will es so, da muß man sich hart und offen selbst sagen, das Menschenleben ist wie ein Schiff auf offener See, es wird bei Sturm hin und her von den Wellen geworfen, so könnte jeder von seinem Leid und Freud‘ erzählen. Ich habe mit euch, liebe Kinder, Freude gehabt, von der Wiege, in der Schule und zu Hause. Ihr habt gefolgt und das war meine schönste Zeit im Leben, alles ging in Ruhe, ohne viel schimpfen. Daher möchte ich gerne ein paar Worte an euch richten. Bleibt weiter miteinander gut, liebt euch, dann hilft Gott, der Vater oben, jedem. Erinnert euch an meine Worte: Gott verläßt niemanden, der ihn bittet und an ihn glaubt. Laßt alle um euch toben und lachen, jeder weiß, wie er für seine Gesundheit und für sich leben soll. Oft denkt man, es geht nicht mehr, aber der Mut, der Glaube, erhält uns. Vielleicht wird mir noch vergönnt, wieder bei euch und mit euch mich zu freuen, das kann niemand wissen. Ich hätte es mir gewunschen, aber das kleine Wort wenn, das spielt im Leben eine große Rolle. Wenn es euch im Leben sehr gut gehen sollte, so denkt nach und behandelt eure Untergebenen gut, seid edel im Herzen und nie gewalttätig. Nie Böses mit Bösem vergelten.


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Der letzte Brief und der Ehering von Urgroßmutter Josefine

Wir hoffen, daß die Zeiten sich ändern. Ihr seid erwachsene Menschen, wenn ihr euch einen Lebensgefährten gefunden habt, dann müßt ihr erst recht euch gegenseitig so manchesmal dulden und alles saget euch im Guten, kein Zank soll in eurer Familie sein. Liebt euch, das ist das Schönste auf der Erde, denn das Leben ist kurz und warum sollte man sich es selbst verbittern. Das ganze Leben ist ja nur ein Kampf, aber jeder muß es durchkämpfen. Wir leben in einer Zeit, wo niemand weiß, was der morgige Tag bringt, aber geben wir doch den Mut nicht auf.

Alles ist doch in Gottes Hand. Seid wachsam, laßt euch nicht von bösen Menschen verlocken. Seid wachsam, denn es heißt, der Teufel schläft nicht. Die freuen sich, wenn die einem schaden. Zum Schluß möchte ich euch alle herzlich grüßen. Der liebe Gott segne euch, ihr sollt nie Not haben auf dieser Erdenlaufbahn. Ich wünsche dir, lieber Josef, Anton und Gertrud, die beste Gesundheit. Geschrieben im November 1943 von eurer euch liebenden Mutter


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Ein Fest der Gemeinde Billed Fünfundzwanzigjähriges Jubiläum des Notärs Jakob Thöreß Ehre, dem Ehre gebührt Von Werner Tobias

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ürzlich wurde uns ein sehr interessantes Zeitdokument zugespielt, über ein Ereignis in Billed von vor 110 Jahren. Ein Artikel aus der Temeswarer Zeitung vom 19. April 1913, den ich hier teilen möchte. Der Beitrag handelt von einer Feier zu Ehren unseres Landsmannes Jakob Thöreß *1862, seines Zeichens Notar. Er wird geführt im Ortssippenbuch Billed unter t157, Seite 584 als 5. von zehn Kindern des Michael Thöreß und der Barbara Zimmer. Der Bericht zeugt davon, welch große Feste und Empfänge die Gemeinde imstande war auszurichten, als Billed noch eine große deutsche Einwohnerzahl hatte. Man muss sich die Zeit vorstellen, nachdem das Dorf schon viele Auswanderer nach Übersee eingebüßt hatte, aber die Welt noch nichts wusste von einem Ersten und Zweiten Weltkrieg, sowie den folgenden Katastrophen, die unserem Volk so große Verluste zugefügt haben. Ebenso erfahren wir aus dem Artikel von beeindruckend vielen Vereinen, Körperschaften und Institutionen, die es damals schon in unserer Gemeinde gab. Es kommen viele Billeder Persönlichkeiten zu Wort, ebenso werden Namen von Beteiligten genannt, die manchen Leser vielleicht dazu anregen, seine Verwandtschaft zu ihnen im Sippenbuch nachzuschlagen… Anschließend die

Transkription eines Auszuges der in Gotischer Druckschrift verfassten Abhandlung aus jenen Tagen. Die reiche Torontaler Gemeinde Billed beging gestern eine schöne und erhebende Feierlichkeit. Ein viertel Jahrhundert ist verstrichen, seitdem der verdienstvolle, allgemein geachtete und beliebte Gemeindenotär von Billed Jakob T h ö r e ß zum Notär gewählt wurde. Als vor kurzem die Einwohner der Gemeinde von dem Jubiläum Kenntnis erhielten, initierten sie eine begeisterte Bewegung, welche gestern in der festlichen Verehrung des geschätzten Notärs ihren würdigen Abschluss fand. Die Gemeinde feierte auf eigene Initiative ihren ersten Beamten, der um die Aufblühung Billeds sich große und unvergängliche Verdienste erworben. Die Ovationen für den Jubilar hatten schon Mittwoch Abend ihren Anfang genommen. Mit Anbruch des Abends zog die ganze Gemeinde, sämtliche Vereine und Körperschaften in einem farbenprächtigen Lampionzug vor das Gemeindehaus, wo der Notär Jakob Thöreß durch den Kantor-Lehrer Josef Goschy aufs herzlichste begrüßt wurde. Auf die Ansprache antwortete der Jubilar in einigen Worten und dankte für die seltene Feier, welche ihm zuteil wurde. Die eigentliche Festlichkeit hat gestern Donnerstag stattgefunden. Schon zeitlich Früh durchstreifte die wackere Musikkapelle den Ort und Groß und Klein bereitete sich zur Fei-


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sprach in sehr schmeichelhaften Worer vor. Die Häuser waren festlich geten über die schöne Feierlichkeit Bilschmückt, die Straßen belebt und gar leds, welche im ganzen Komitate AufViele strömten zum Bahnhof, um die sehen erregen wird… auswärtigen Gäste zu erwarten. Mit Der weitere Verlauf der Generaldem Temesvarer Personenzug trafen versammlung fand unter freiem Himeine Anzahl Fremde, sowie die Kollemel im Hofe des Gemeindehauses gen des Jubilars ein. Es kamen Oberstatt, wo sich die ganze Bevölkerung stuhlrichter und Notäre unter anversammelte. Neben vielen höheren derem aus Gertianosch, Uiwar, AuPersönlichkeiten werden der Gemeinrelheim, Berksoff, Bobda, Tschene, dearzt Dr. Josef Szentirmay, DechantKleinjetscha, Tschadat, Großjetscha, Pfarrer Peter Uitz, Apotheker Johann Lovrin, Kleinsanktpeter usw. Becker, Tierarzt Julius Halaß, Die Nach einem opulenten GabelfrühKaufleute Ignaz, Oskar und Andor stück im gastfreundlichen Hause des Tenner, Nikolaus Roman, Nikolaus Notärs Thöreß zog unter klingendem Klein, Nikolaus Burian, Johann AleMusikspiel der Billeder SchützenTemeswarer Zeitung vom 19. April 1913 xius und andere genannt. und Kriegerverein und der Jugendverein vor das Gemeindehaus, von wo sich alle Festgäste in Die Redner in der dann folgenden Aufwartung waren: Hilfsdie Kirche begaben. Um 10 Uhr hielt Dechant-Pfarrer Pe- notär Nikolaus Mayer seitens der Gemeindevorstehung, Diter Uitz einen Festgottesdienst ab, welcher mit einem Se- rektor Spiricza für den Lehrkörper, Jakob Berg seitens der genspruch auf den Jubilar endete. Als der Notär in Beglei- Schulkommission, Johann Schmidt im Namen des Leichentung seiner Familie ins Gemeindehaus zurückkam, wurde er vereins, Nikolaus Habu seitens des Bauernvereins, Ignaz Tenvon einem Spalier weißgekleideter reizender Schulmädchen ner seitens der Ersten Billeder Sparkassa, Johann Eichert seiempfangen und von der kleinen herzigen Elisabeth Gehl be- tens der Kreditbank, Johann Greiling im Namen des Kasinos, Mathias Thöreß seitens der sozialdemokratischen Pargrüßt. Vormittags elf Uhr fand im Beratungssaal des Gemeinde- tei, Dechant-Pfarrer Uitz seitens des Kriegervereins, Peter hauses eine Festgeneralversammlung der Repräsentanz statt. Steiner seitens des Sängerbundes, Andreas Senz im Namen Gemeinderichter Johann Braun eröffnete die Sitzung und des Gewerbebundes, Josef Szlavik für den Arbeiter-Invalientsendete zur Einholung des Oberstuhlrichters und einer den-Verein usw. Deputation der Mitglieder Nikolaus Krier, Adam Welter, Aus dem Fundus: Jakob Mayer und Adam Tobias. … Der Oberstuhlrichter begrüßte die Anwesenden und Digitales Forum Mittel- und Osteuropa e.V.


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Südosteuropafahrt der DJO Baden-Württemberg, 23. Juli - 13. August 1983

Von Folke Wittmann geb. Löffler

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m Sommer 1983 hat eine extra für diese Fahrt zusammen gekommene Gruppe (14 Leute im Alter von 15 45 Jahren) deutsche Ortschaften im Kanaltal (Italien), in Ungarn, im Banat und in Siebenbürgen besucht. Einen Abend kamen wir auch nach Billed. Hier ein Auszug aus meinem Reisetagebuch: Am Nachmittag waren wir in Guttenbrunn, wo wir spontan einem Brautpaar ein Ständchen sangen. Daraufhin wurden wir noch zum Essen eingeladen und der Zeitplan geriet komplett durcheinander, obwohl wir das Abendessen im Hotel schon gestrichen hatten. Um 20 Uhr kamen wir wieder in Temeschburg am Hotel an (da hätten wir eigentlich schon nach Billed abfahren sollen). Jetzt mussten wir uns erst noch für den Auftritt umziehen und vor allem noch die Busse (VW-Bus und Ford Transit) tanken, was gar nicht so einfach ist hier. In Billed angekommen, bekamen wir noch den Schluss des Theaterstücks mit, welches dort aufgeführt wurde. Die Mundart war für uns etwas schwierig zu verstehen, aber das machte nichts. Nun waren wir an der Reihe. Unser Begleiter Horst Samson (Redakteur bei der „Neuen Banater Zeitung“) hatte alles arrangiert. Der Vorhang ging auf und wir sangen, tanzten und schwitzten. Das Publikum war so begeistert, dass wir sogar noch zwei Lieder mehr singen mussten als geplant. Anschließend mussten wir zusammen mit den Spielern des Theaterstücks zwei Ehrentänze absolvieren.

Theatervorführung in Billed am 30.07.1983

Das war sehr lustig, da die Musik für uns ungewohnt war. Aber es hat geklappt und wir hatten viel Spaß. Zur Stärkung bekamen wir dann Kipferl (Hörnchen) und Bier. Die Nicht Biertrinker mussten sich später am Brunnen ihren Teil abholen. Nun mischten wir uns unters Volk und die Leute kamen freudig auf uns zu. Es wurde viel erzählt, getanzt und schließlich auch die ein oder andere Adresse ausgetauscht. Vor der Rückfahrt nach Temeschburg, so gegen 2 Uhr, mussten wir noch den Clubraum der freiwilligen Feuerwehr besichtigen. Die Nacht wird kurz, um 5.30 Uhr ist Aufstehen, da wir um 11 Uhr den Gottesdienst in Wolfsberg besuchen wollen. Aber für den schönen Abend in Billed kann man ruhig auf ein bisschen Schlaf verzichten.


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Die Billeder Laien-Theatergruppe, die mit Mundartstücken wie „Iwerraschung for de Vetter Matz“ und „Zu viel Weiwer im Haus“ 1981-1983 in Billed und anderen Banater Ortschaften aufgetreten ist.


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Aufgeschriebene Erinnerungen Von Christine Chang geb. Leidecker

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bwohl ich im hohen Norden von Deutschland geboren und aufgewachsen bin und bisher noch nie die Heimat meines Vaters besucht habe, so ist doch das Banat irgendwie auch ein kleiner Teil von mir. Immerhin wuchs ich neben den typischen norddeutschen Gerichten meiner Mutter mit selbstgebackenem Strudel, einigen ungarischen Gerichten, Dampfnudeln, viel Knoblauch und Paprika auf. Mais hieß bei uns manchmal „Kukuruz“ und Kartoffeln waren auch „Grumbiere“. Mein Vater, Jakob Leidecker, zweiter Sohn von Mathias Leidecker und Barbara, geborene Wilhelm erzählte gern von seiner Kindheit in Billed. Als ich älter wurde, notierte ich mir ein paar dieser Erinnerungen. Mein Vater starb im Januar im Alter von 92 Jahren. Bevor er ging, fragte ich ihn, was er davon hielte, wenn ich diese Erinnerungen an das Heimatblatt sendete, das er selbst gern las. Er war einverstanden. Die aufgeschriebenen Erinnerungen sind nicht viele und auch nicht filmreich, aber geben vielleicht trotzdem einen kleinen Einblick in die Kindheit in den späten 30er und frühen 40er Jahren im Banat. Zunächst möchte ich aber etwas schreiben, das über meine Großeltern noch bekannt ist: Mein Großvater Mathias wurde im Ort der „Färbersch Mats“ genannt, weil dessen Vater oder Großvater mal eine Blaufärberei besessen hatte, die die Familie aber verlor. Er selbst wurde Maurer. Als junger Mann war er im Ersten

Weltkrieg in Italien. Als der Krieg vorüber war und mein Großvater mit einigen Kameraden auf dem Rückweg war, tauschte er bei italienischen Bauern seine Wolldecke gegen eine Mahlzeit. Offenbar hatte das Ehepaar Rattengift unter das Gericht gemischt. Seine Freunde bauten eine Art Trage und nahmen ihn darauf mit. Zum Glück überlebte er. Seine Frau Barbara stammte aus Klein-Betschkerek. Als junge Frau arbeitete sie in einem ungarischen Haushalt. Die Ehe kam wohl so zustande, dass jemand meinem Großvater sagte, dass im Hause Wilhelm heiratsfähige Töchter wären. „Da hat er sich die Barbara ausgesucht“ sagte mein Vater. Das klingt vielleicht nicht sehr romantisch, tatsächlich soll die Ehe laut meinem Vater recht harmonisch gewesen sein. Es gab viel Humor im Hause Leidecker. Das erste Kind meiner Großeltern, ein Mädchen, starb im Alter von elf Monaten. Meine Großmutter schwor sich damals, dass ihr das nicht wieder passieren sollte. Sie wurde dann sehr bewandert in Naturheilkunde. Tatsächlich überstand die Familie später eine Diphteriewelle problemlos durch eine Eigenurin-Therapie. Leider musste meine Großmutter Barbara Jahre später doch noch einmal ein Kind beerdigen. Ihre jüngste Tochter starb an einer Infektion während der Flucht. Es herrschten damals Minus 20 Grad. Mein Vater wurde auch in Klein-Betschkerek geboren,


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zog aber bald nach Billed. Später ging die Familie für kurze Zeit nach Lugosch und von Klein-Betschkerek aus dann auf die Flucht nach Deutschland. Die meiste Zeit seiner Kindheit verbrachte mein Vater aber in Billed. Wohnen/ Familienleben/ Essen Wo auch immer meine Großeltern mit ihren Kindern wohnten, die einstöckigen Häuser hatten von innen immer den gleichen typischen Schnitt: Kam man zur Tür herein, befand man sich im ersten der drei Zimmer. Es diente als Koch-, Ess- und Wohnraum. Rechts führte eine Tür ins Elternschlafzimmer, links eine ins Kinderschlafzimmer. Mein Vater und seine Geschwister mussten sich je zu zweit ein Bett teilen. Bis zur Flucht 1944 gab es neun lebende Kinder in der Familie. Geld war knapp in einer so großen Familie, besonders wenn es im Winter kein Gehalt gab, weil wenig gebaut wurde. Trotzdem war es eine schöne Kindheit für meinen Vater. Die Mutter las täglich etwas aus dem Gebetsbuch oder der Bibel, abends las sie den Kindern Märchen vor. Von seinem Vater hatte mein Vater vor allem ein Bild im Kopf: In dem oben beschriebenen Wohn-/Essraum stellte mein Großvater manchmal einen großen Topf übers Feuer und machte Popcorn. Der Topf war offen, so dass irgendwann der aufgeplatzte Mais in alle Richtungen flog. Die Kinder sprangen dann hinterher, um ihn zu fangen und zu essen. Das amüsierte meinen Großvater immer. Die Familie kam über die Runden, weil sie stets einen Garten bebaute. Der Boden war lehmig und fruchtbar. Nach Regen klebte er unter den Füßen, so dass man mit jedem Schritt größer wurde. Mein Vater erinnert sich an

eine Kürbissorte, die man den ganzen Winter über draußen liegen lassen konnte, ohne dass die Früchte matschig wurden. Er liebte auch reife Melonen. Er erinnerte sich an das Bild, wie sie als Kinder aussahen, nachdem sie sich an Melonen satt gegessen hatten: Der nackte Oberkörper grau von Staub mit lauter Streifen durch den heruntergelaufenen Melonensaft. Als mein Vater in Deutschland die erste Banane seines Lebens aß, war er enttäuscht. Sie schmeckte ihm wie eine mehlige Melone. Kartoffeln gab es selten, da die Sorten, die man damals im Banat kannte, wohl nicht so besonders schmackhaft waren. Die Sommer waren trocken und heiß. Die Winter zwar kalt, aber auch so trocken, dass es gut auszuhalten war. An das nasskalte norddeutsche Wetter gewöhnte er sich nie so richtig. Die Winter überlebte die Familie, weil sie vieles von der Sommerernte einmachte. Man konnte damals zum Beispiel Dosen mit Selbstgekochtem füllen und in einem Laden versiegeln lassen. (Auch auf der Flucht später half es, dass es damals üblich war, Vorrat anzulegen. In den verlassenen Häusern fand sich oft etwas Essbares. Meine Eltern hatten bis ins hohe Alter einen Garten und Vorrat. Auch wir haben heute immer eine gut gefüllte Kammer.) Meine Großmutter konnte Strudelteig so dünn ziehen, dass man die Zeitung dadurch hätte lesen können. Da sie für Ungaren gearbeitet hatte, konnte sie auch ungarisch kochen. Ein typisches Sonntagsessen der Familie wurde vermutlich aus dem Elsass ins Banat mitgebracht: Es wurde Rindfleischsuppe gekocht. Als Vorspeise gab es die Brühe mit Mehlklößchen. Danach wurde das Rindfleisch mit dem mitgekochten Gemüse und scharfem Meerrettich serviert. Durch Ahnenforschung wissen wir, dass einige Vorfahren meiner Großeltern aus dem Elsass kamen.


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Später - als jungverheirateter Mann - arbeitete mein Vater im Elsass. Dort aß man die Rindfleischsuppe genauso. Wenn es in der Familie meines Vaters Brot gab, wurde dies dick abgeschnitten, nicht in Scheiben. Sie aßen manchmal nichts dazu, manchmal Butter ODER Wurst, Schmalz oder Ähnliches. Meine Großmutter konnte in Deutschland nicht verstehen, wie man zusätzlich zur Butter etwas aufs Brot geben konnte. Es machte sie sauer wegen der Verschwendung. Ein Frühstück, das mein Vater gern mochte, war Maisbrei, der in Milch gekocht war. Auch Milchsuppe aß er als Kind oft. Er mochte sie bis zuletzt. Einmal war er als Kind so satt, dass er seine Schüssel mit Milchsuppe nicht leer aß. Später auf der Flucht, als er Hunger hatte, dachte er immer an diese Schüssel Milchsuppe und wünschte, er hätte sie leer gegessen. In Billed gab es einen Imker, der den Kindern erlaubte, die Kannen, in denen zuvor Honig war, auszukratzen. Es war einmal so viel, dass meinem Vater schlecht wurde. Schule Unterrichtet wurde, wie die meisten Leser vermutlich wissen, auf Deutsch. Rumänisch war ein Schulfach und wurde als Fremdsprache gelehrt. Seine Lehrerin mochte mein Vater gar nicht. Sie strafte viel. Einmal kam er im sehr kalten Winter fünf Minuten zu spät. Seine Hände waren steif vor Kälte. Er musste diese ausstrecken und bekam Schläge mit dem Stock darauf. Danach konnte er seinen Stift nicht mehr halten und bekam deshalb nochmal Schläge. Das fand er sehr ungerecht und unsinnig. Von zu Hause kannte er so etwas nicht, dort wurde er nicht geschlagen. Nur einmal, da

hatte er mit der Zwille seines großen Bruders geschossen und seinen kleinen Bruder an der Stirn getroffen. Seine Mutter bekam so einen Schreck, dass sie ihm eine Backpfeife gab und die Waffe ins Feuer warf. Deshalb bekam mein Vater an diesem Tag noch ein zweites Mal Schläge, nämlich als der Bruder nach Hause kam, dem die Zwille gehört hatte. Ein Pfarrer schlug auch mal einen Nachbarsjungen, weil dieser eine Unterrichtsstunde oder den Gottesdienst verpasste. Der Junge hatte aber nur gefehlt, weil er seinem Vater auf dem Feld helfen musste. Daraufhin stapfte der wütende Vater zum Pfarrer. Dieser öffnete nicht die Tür. So schlug der Vater ein Fenster ein, kletterte in das Haus und verabreichte dem Herrn Pfarrer eine Tracht Prügel. Mein Vater selbst hat aber eine gute Erfahrung mit diesem Pfarrer gemacht: Sein einziger Mantel hatte einen Riss, so dass auch er vom Gottesdienst fernblieb. Der Pfarrer erkundigte sich, was los war. Als mein Vater sagte, dass er sich wegen des Mantels schämte, sagte der Pfarrer: „Jakob, Gott sieht nicht auf deine Kleidung, er sieht auf deine Seele.“ und lud ihn ein, wieder zu kommen. In der Nazizeit kam einmal die Woche ein Junker in die Schule. Das war ein junger Mann, der zuvor in der Hitlerjugend aufgestiegen war und nun die Kinder in der entsprechenden Ideologie unterrichten sollte. Mittwochs gab es eine Art militärischen Drill. Einmal sollten alle Kinder gemäß der Kommandos des Junkers laufen und sich hinwerfen. Als der Befehl zum Hinwerfen kam, befand mein Vater sich gerade vor einer Pfütze. Deshalb lief er ein paar Schritte weiter. Der Junker war der Meinung, man müsse gehorchen, egal ob da eine Pfütze ist oder nicht. Mein Vater sollte die Übung wiederholen. Er


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lief also auf Befehl wieder los. Als er aber gerade hinter einer Hausecke war, wo der Junker ihn nicht sehen konnte, hatte mein Vater die Nase voll und lief einfach weiter nach Hause. Zum Glück schien der Ausbilder es bis zur nächsten Woche vergessen zu haben. Andere Erinnerungen an die Nazizeit An Feiertagen (wie Hitlers Geburtstag) sollten die Leute Naziflaggen aus den Fenstern hängen. Da meine Großeltern keine besaßen und mein Vater und sein Bruder auch so gern eine Flagge aufhängen wollten, nahmen sie einen alten Sack und hingen den zum Spaß aus dem Fenster und vergaßen diesen dann. Das hätte Ärger geben können. Ein Nachbar sprach meine Eltern an. Die Jungs entfernten den Sack und erklärten die Situation. Da bekam die Familie eine Flagge von der Gemeinde geschenkt. Einmal reiste Hitler selbst durch einen der Orte in der Gegend. Ob es Billed war, weiß ich nicht. Die Leute wurden aufgerufen, sich bei der Durchreise an die Straße zu stellen. Mein Vater sah Hitler in einem dreirädrigen Motorrad, umringt von drei Männern mit geladenen Gewehren. Alle Menschen sollten entsprechend der damaligen Zeit grüßen. Die Situation fand mein Vater so absurd, dass er beim zweiten Mal (Rückreise) nicht hinging. Freizeit Mein Vater erklärte mir zwei Spiele, die sie als Jungs spielten: Für ein Spiel gruben sie eine kleine Kuhle, in die sie eine Art Holzball hineinlegten, der an den Seiten abgeschrägt war. Die Form war etwa einem Basket-

ball ähnlich, nur viel kleiner und dünner. Es galt, diesen „Ball“ mit einem Stock, an den ein weiteres Stück Holz genagelt war, so dass er einem Golfschläger ähnelte, am weitesten wegzuschlagen. Für das andere Spiel wurden fünf Löcher gegraben. Eines in der Mitte, die anderen als Kreis drumherum. Vier Kindern gehörte jeweils eines der äußeren Löcher, das fünfte Kind musste mit einem Stock versuchen, einen Ball in das mittlere Loch zu bringen. Schaffte es dies, hatte es gewonnen. Die anderen Vier versuchten, den Ball ebenfalls mit Stöcken abzuwehren. Nahmen sie allerdings ihren Stock aus dem eigenen Loch, um das in der Mitte zu verteidigen, konnte das fünfte Kind seinen Stock dort hineinhalten und wurde so zum Verteidiger, während das andere Kind nun den Ball in das mittlere Loch bringen musste. Die Kinder sagten beim Spielen den Spruch: „Kessel rum, Kessel rum, wer kein Loch hat, der ist dumm.“ Die deutschen Kinder spielten auch oft mit den serbischen Kindern im Dorf. Das mochte während des Krieges nicht jeder. Die Kinder ließen sich davon aber eher nicht beeindrucken. Es gab eine Tradition am Ostermorgen. Da liefen die Kinder mit Glocken durch den Ort und riefen einen Spruch, mit dem sie eine Osterbotschaft verkündeten. In Billed gab es eine Lehmkuhle, durch die ein kleiner Fluss lief. Sie war zu einem trüben Teich geworden, in dem man gut fischen konnte. Die Berufsfischer fertigten sich quadratische Netze von zwei mal zwei Metern an. Sie mussten Steuern für den Fang zahlen. Netze von höchstens einem Quadratmeter waren steuerfrei. Der große Bruder meines Vaters knüpfte ein Netz von ein


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mal einem Meter aus Hanf (ein typisches Material dort), an dessen Ecken Stangen befestigt und überkreuzt wurden. Dieses Konstrukt wurde an eine weitere Stange gehängt, die ein Scharnier hatte und in den Boden gesteckt wurde. Diese Vorrichtung hatte mein Vater „gebastelt“. Dann konnte man das Netz für einige Minuten ins Wasser lassen und wieder herausheben. Mit Glück waren Fische drin. Es gab dort Karpfen und Rotbarsche. Aus der Familie fischte meistens mein Vater. Einmal war da ein Berufsfischer, der einfach nichts fing, während das Netz meines Vaters jedes Mal voll war. Da verjagte der verärgerte Fischer meinen Vater von seinem Platz. Mein Vater stellte sich dann dorthin, wo zuvor der Mann stand, und ließ sein Netz ins Wasser. Er zog es voll heraus. Der Fischer fing wieder nichts. Im September 1944 verließ die Familie das Banat und erlebte noch einige gefährliche Ereignisse (z.B. Beschuss, tagelanges Verstecken, Flucht aus der russischen Zone) bis sie größtenteils wohlbehalten in Niedersachsen ankam. Mein Vater heiratete in Schleswig- Holstein, wo er bis kurz vor seinem Lebensende hauptsächlich lebte. Lange vermisste er die Heimat schmerzlich, bis er 2013 endlich Gelegenheit hatte, mit seinem Enkel Billed zu besuchen. Ich hatte die Freude, ihn sein letztes halbes Jahr bei uns wohnen zu haben. Dank des Heimatblattes konnte

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mein Vater noch kurz vor seinem Ableben etwas erledigen, von dem er nicht gedacht hätte, dass das noch möglich wäre. Eine Geschichte aus seiner Schulzeit blieb im Artikel noch unerwähnt. Diese erzählte er sehr oft. Sie ist eine kleine Ergänzung zu dem Artikel über das erste zivile Opfer des Krieges in Billed. Anna Lind schrieb dort über ihren verstorbenen Bruder Jakob, der nicht nur den gleichen Vornamen wie mein Vater hatte, sondern auch im gleichen Jahrgang und ein Freund meines Bruders war. Mein Vater hatte sich immer Kontakt zu dessen Schwester gewünscht, wusste aber nicht, wie sie hieß oder wo sie wohnte. Er dachte oft an Jakob und wollte wissen, wie es seiner Familie später ging. Im Dezember blätterte ich im Heimatblatt von 2022 und stieß auf den Artikel. Mein Vater hatte noch nicht drin gelesen, weil die Augen nachließen. Ich dachte, das müsse sein alter Freund gewesen sein und zeigte ihm das Foto und las ihm den Artikel vor. Mein Vater erkannte den Jungen von damals und über Hans Herbst bekamen wir die Adresse von Anna. Dem Brief meines Vaters an sie kann der Leser die Erinnerung meines Vaters entnehmen. Ich stehe weiterhin mit Anna in nettem Kontakt und möchte mich auf diesem Wege für die Arbeit bedanken, die sich alle Beteiligten für das Fortbestehen des Heimatblattes machen.


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Im Arbeitszimmer von Peter Krier: Peter Krier, Dr. Daniela Simon und Peter Leber

dGL Tübingen: Übernahme des Vorlasses von Peter Krier

A

m 23. November 2022 waren Dr. Daniela Simon und Dr. Cristian Cercel in Schweinfurt, wo sie für das Archiv des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen den Vorlass von Peter Krier übernommen haben. Am 22. Januar 1935 in Billed geboren, hat sich Peter Krier nach seiner Ansiedlung in der Bundesrepublik (1970) für die Interessen der Banater Schwaben engagiert. Unter anderem war er Geschäftsführender Bundesvorsitzender der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Vorsitzender des Hilfswerks der Banater Schwaben, Gründungsvorsitzender des Kreisverbands Schweinfurt der Landsmannschaft der Banater Schwaben, Gründer und langjähriger Vorsitzender der Heimatortsgemein-

schaft Billed, Vorsitzender des Kreisverbandes Schweinfurt des Bundes der Vertriebenen. Die wertvollen Archivbestände, die Peter Krier dem Archiv des Instituts übergeben hat, widerspiegeln die banatschwäbischen sozialen, politischen, und kulturellen Bestrebungen in der Bundesrepublik und in Rumänien nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach einem Prozess der Verzeichnung und Katalogisierung wird der im Archiv des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde aufbewahrte Vorlass Krier für die Forschung zugänglich. Unterstützt wurden die Wissenschaftler aus Tübingen bei der Übergabe der Archivalien von Peter-Dietmar Leber, dem Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft der Banater Schwaben.


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Dialekt

Banater Struwwelpeter billedrisch Von Elisabeth Martini

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Geft et so was, froot sich jede, 844 hat der Frankfurter Arzt Heinrich Hoffmann so e grausliche Struwwlpheder?! (1809-1894) für seinen dreijährigen Sohn ein selbstgefertigtes Erziehungsbuch unter den Weihnachtsbaum Eine der damals erzieherisch gedachten Geschichten – gelegt, das dann so erfolgreich war, dass es nicht nur in heute drastisch-grausam eingestuft - ist „Die Geschichte zahlreichen Fremdsprachen, sondern auch in vielen Dia- vom bösen Friedrich“ – in Billedrisch klingt‘s so: De Friedl, de schlemme Friedrich, lekten, so auch in zig Banater Mundarten, erschienen ist. de is so aarich unmenschlich! Auch in Billedrisch durch Elisabeth Martini: De fangt die Micke all im Haus Mei Billedrisch, mei Mundaart on mei Mottersproch on roppt ne alle Flitsche raus. es anerscht wie die anre, awer scheen es se doch, De brecht die Stiel, schlaat Vegl tot, aa wamer gspott genn, iwer ons aa lacht, die Katze färchte de Falott. ons das wenich steert, gaarnix ausmacht. Awer, stell dr vor, wie grob ne waar, On wann mr was net welle, noh saan mr änfach: „Nää!“ sei Gredl mit dr Peitsch hat ne vrschlaa! on stehn, wann‘t reent „mit äm Pään im Billeder Lähm“. Am Wortaanfang hamer kä B, D, G; das O zum Am Bronnetroch de Waldi steht, U hinzieht, well Wasser saufe, dass sei Dorscht vrgeht. on onser E is manchmol sowas zwischn E on I. Do schleicht sich dann de Friedl aan Mer ehre onser Billedrisch, mer schreiwe, rede et gäre, on schlaat de Hund, wie ne nor kann. well onsre Eltre waare onser erschte, beschte Lähre. De heilt on heilt so jämmerlich, On jetz zum „Struwwelpeter“ vom Heinrich Hoffmann de Friedl schlaat nor drof wie außer sich. in Billedrisch: De Waldi knappt jetz zu on beißt Schau mol aan, do steht ne dem beese Lauskerl tief ent Fleisch. de abscheilich Struwwlpheder! De krääscht on kreischt so jämmerlich, Pall e Johr losst ne net schneide kä Mensch ihm beisteht metleidich. an de Henn sei Nägl, leider, De Waldi is derweil net faul, wachse schon wie Veglkralle, laaft hem on hat die Peitsch em Maul. kenne so äm gaar net gfalle. Net gekhamblt schon e Johr Die Hunne zecke, met dr Peitsch vrschlaan, sen sei lange struppiche Hoor.


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Struwwelpeter (auch Der Struwwelpeter) ist der Titel eines Werkes des Frankfurter Arztes und Psychiaters Heinrich Hoffmann aus dem Jahr 1844 und zugleich die Titelfigur des Buches. Das seit 1845 gedruckte Bilderbuch enthält mehrere Geschichten, in denen oft Kinder nach unvorsichtigem Verhalten drastische Folgen erleiden, die von einem Sturz ins Wasser bis zum Tod reichen. Der Struwwelpeter gehört zu den erfolgreichsten deutschen Kinderbüchern und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Die vielen Adaptionen werden Struwwelpet(e)riaden genannt. https://de.wikipedia.org/wiki/Struwwelpeter

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das kann doch nor e bees End hann. Em Bett leit jetz de Friedl lang, sei Bään tout weh, er fielt sich krank. De Dokter-Baatschi kommt on geft dem schlemme Bu, was jetz dem helft: ganz bettre Saft on Pille aa, wo helfe bei dem Hunnebess on Maa. De Waldi setzt drhem sich an de Tisch, fresst Kuche, Lewerworsch on Fisch, on geger Dorscht trinkt ne aa Wein, denkt gaarnet an dem Bu sei Pein. Die Peitsch, die hängt am Stuhl drbei, dorch‘t Sappltuch sei Fell bleibt fleckefrei. Eine einzige Mahnung geht auch an die Mädchen der damaligen Zeit vermittels Der traurigen Geschichte mit dem Feuerzeug, billedrisch als Maläär met de Reibhälzer Et Nantschi waar ganz lään drhem, sei Leit mol all ent Dorf gang sen. On wie et so dorch‘t Zimmer hoppst,,,,, ganz außer sich aa singt on juxt, do gsitt et Nantschi vor sich stehn e Spillzeich mit vill Hälzer drenn. Ei, sapperlott, wie es das scheen! Do muss ich neekschter hin jetz gehn. Ich brenn mr schnell e Reibholz aan, so macht die Motter das jo aa. Verschrock die Minzis wehre ab, for‘t Nantschi es das Papperlapapp. On wann de Vater das aa net erlaabt, ich senn jetz läänich, kääne gsitt was iwerhaapt.

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Et Nantschi horcht net of die Katze, das Reibholz fangt schon aan zu flackre, et brennt on knischtert, dass mr‘t heert, nor onser Nantschi das net steert; et hoppst em Zimmer hin on här, wie wann en Ordnung alles wär... Die Katze schreie, touwe, kralle: ‚Do loss das Reibholz liewer falle! Vrbrennscht sonscht dich on aa et Haus, on kääne kommt lewendich raus.‘ Schon brennt et Klääd on aa et Schärz, e riesich Feier, net e Kärz. Dem Nantschi brenne Hand on Hoor, jetz brennt et wirklich lichterloh. Die braave Minzis kräsche wie am Spiss: ‚Do hälft dem Kend bes et zu spoot es!‘ On das steht jetz em Feierballe, brennt lichterloh, kann kääm so gfalle.

Vrbrennt es ganz et Nantschi gaar, nex es geblieb von Haut on Hoor. E klääne Haufe Äsch leit do on raacht, wo‘ t Nantschi streng Vrbotnes hat gemach. On nor sei Schuh drvor noch leie, die Katze nidergschlaa jetz kreische, met Rotz on Wasser ehre Trauer weise. Die aarme Eltre sen nor zu bedaure, die han kä Nantschi meh, han lang zu traure. Die Kätzcher han et aa nimmi so gut, wel‘t Nantschi nimmi se vrwehne tout.


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Wie ich hinkumm sin, hat ne gepiff un et hat gschloof Von Erika Weith, geb. Leidecker

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n meinem Artikel im letzten Billeder Heimatblatt habe ich mich mit den Verben, also den Tätigkeitswörtern beschäftigt. Es ging um die Frage, welche Wörter es im Billedrischen gibt, die in der Hochsprache so nicht verwendet werden und auch um die Bildung dieser Wörter, also welche Endungen diese Verben haben können. Heute will ich mich mit der Vergangenheitsform der Tätigkeitswörter beschäftigen. Im Deutschen gibt es verschiedene Arten, die Gegenwart und die Vergangenheit auszudrücken, z.B. ich gehe, ich ging, ich bin gegangen. Die meisten deutschen Dialekte (vor allem die südlichen Dialekte bis hin zur Moselgrenze) kennen aber nur die erste und die dritte Form. Man würde im Dialekt nicht sagen ich ging in die Stadt. Das gilt natürlich auch für das Schwowische. Im Billedrischen sagt man: ich sin in die Stadt gang. Auch sagt kein Billeder ich schlief in meinem Bett, sondern: ich han in meim Bett gschloof. Hier nun ein paar Beispiele, wie die Vergangenheitsform im Billedrischen gebildet wird: Mit der Vorsilbe ge- (so wie auch im Hochdeutschen) werden gebildet: laafe – gelaaf greische – gegrisch bollre – gebollert puddle – gepuddelt bringe – gebrung

lunze – gelunzt peife – gepiff binne – gebunn gatschle – gegatschlt geipe – gegeipt knuppe – geknuppt bille – gebillt (Noch bei Goethe hat der Hund gebollen. Doch bereits im 19. Jahrhundert hat sich in der Schriftsprache dann aber gebellt durchgesetzt) Das e in der Vorsilbe ge- kann auch wegfallen: schloofe – gschloof falle – gfall saan – gsaat halle – ghall frooe – gfroot finne – gfunn schneide – gschniet selche – gselcht sprutse – gsprutst hann – ghatt Die dritte Möglichkeit, die Vergangenheit zu bilden, sieht man an folgenden Wörtern, bei denen die Vorsilbe ganz wegfällt: kumme – kumm gehe – gang genn – genn kaafe – kaaft


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krien – kritt flangeere – flangeert pitangeere – pitangeert eschtimeere – eschtimeert Eine weitere Besonderheit im Billedrischen und auch in anderen Dörfern ist die Verwendung von haben und sein. Es wird oft genau umgekehrt wie im Hochdeutschen verwendet. Nach der Schrift sagt man: ich habe vergessen – im Billedrischen: ich sin vergess Umgekehrt ist es bei: da ist er gestanden – do hat ne gstann das Buch ist auf dem Tisch gelegen – das Buch hat uffm Tisch gelee In den rheinfränkisch-moselfränkischen Mundarten, also besonders im Billedrischen, ist die Bildung des Passivs etwas anders. Es wird immer mit gen gebildet und niemals mit worden. Hier einige Beispiele: Die Milone sin verkaaft gen, de Wein is getrunk gen, et is gfroot gen. Im Hochdeutschen sind die Melonen verkauft worden, der Wein ist getrunken worden und sie ist gefragt worden. Auch für andere Ausdrucksweisen wird gen gebraucht: krank gen, änich gen, damisch gen, plackich gen, wackrich gen. Wie wir sehen, ist die Mundart ein weites Feld. Unser Billedrisch ist vielfältig, nicht immer erklärbar, logisch, manchmal auch unlogisch, doch manchmal auch ganz klar, mit einem Wort einfach schön. Es hat sich im Laufe der Jahrhunderte aus verschiedenen Mundarten zu einer kraftvollen Sprache herausgebildet, ohne dass uns von

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oben vorgeschrieben wurde, wie wir zu sprechen haben. Das Billedrische wird weiterleben und frisch bleiben, solange wir es noch hegen und pflegen und vor allem sprechen werden.

Holzschnitt von Walter Andreas Kirchner aus dem Buch „Ich sin e kleene Keenich“, Banater deutsches Volksgut illustriert von Andreas Walter Kirchner. Herausgeber: Dr. Walther Konschitzky


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Veröffentlichungen

Die Zeit der Ballzauberer ist vorbei Hundert Jahre Handball im Banat/Geschichte der Sportart Nummer eins der Deutschen erschienen/ Billed auf 14 Seiten vertreten Von Redaktion

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ussten Sie, dass der Handball im Banat 100 Jahre alt geworden ist und sich im Gleichschritt mit der Sportart in Siebenbürgen entwickelt hat? Während in Siebenbürgen alles mit dem Großfeld-Handball begonnen hat, haben im Banat Frauen Házená, die tschechische Art des Kleinfeld-Handballs, praktiziert. Házená ist zuerst in Hatzfeld und Temeswar gespielt worden. Wie der Handball ins Banat gelangt ist und sich zum Sport der Banater Deutschen schlechthin entwickelt hat, beantworten Johann Steiner und Werner Gilde in einer jetzt unter dem Titel „Zeit der Ballzauberer“ erschienenen Geschichte des Banater Handballs. Weil die beiden Herausgeber Billeder sind, haben sie selbstverständlich auch den Handball in ihrem Heimatort nicht vergessen. Billed ist auf 14 Seiten vertreten. Ihnen zur Seite gestanden hat als dritter Billeder Johann Rothgerber, der den Satz besorgte. In 70 Beiträgen bringen die Herausgeber gemeinsam mit 23 Autoren dem Leser die Sportart Nummer eins der Banater Deutschen näher. Er erfährt beispielsweise, warum dem aus Lugosch stammenden rumänischen Handball-Papst Johnny Kunst der Olympische Orden in Gold verliehen wurde, seit 1975 die höchste Auszeichnung des Internationalen Olympischen Komitees und die höchste Sportauszeichnung überhaupt. Vor dem Krieg hat Carl Schelenz, der Vater des Handballs, seine Sportart wäh-

rend eines Aufenthalts in Lugosch bekanntgemacht. Neu für die meisten Handball-Liebhaber dürfte auch sein, dass der aus Triebswetter stammende Ovidiu Becea zum Schiedsrichter-Beobachter Nummer eins im Deutschen Handball-Bund (DHB) aufgestiegen ist. Berichte und Geschichten über die ersten Dorfmannschaften im rumänischen Oberhaus, über die Temeswarer Spitzenmannschaften Uni, Poli und Tehnometal gehören dazu. Ferner stellen die Autoren den HandballBetrieb in den Banater Dörfern vor. Dazwischen stehen Porträts von Banater Handball-Größen wie Hans Moser, Josef Jakob, Hansi Schmidt, Michael Redl, Christine Metzenrath-Petrovici, Hilda Hrivnak, Edeltraut FranzSauer, Gerlinde Reip, Roswitha Neurohr-Fuchs, Angela Moşu-Huber, Eva Kaspari-Antonescu, Hermine Posmor-Kitza und Anni Nemetz-Schauberger. Behandelt wird auch die Geschichte des Pipatsch-Pokal-Turniers, das sich zu einer wahren Banater Meisterschaft entwickelt hatte. Trainer, Schiedsrichter, Sportschule und Betriebsmannschaften sind auch thematisiert. Vorgestellt wird auch Franz Spier aus Rekasch, den der zweifache Weltmeister und spätere Präsident des Rumänischen Handball-Verbandes Cristian Gaţu als besten Handball-Trainer einschätzt, den Rumänien je hervorgebracht hat.


Veröffentlichungen

Die Beiträge des 440 Seiten starken Buchs sind mit mehr als 270 Fotos illustriert.

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Das Foto auf der Titelseite der Banater Handball-Geschichte zeigt die Hatzfelder Házená-Mannschaft 1922 nach einem Turnier in Temeswar.

Bestellt werden kann es unter johannsteiner@yahoo.de oder telefonisch unter 0175 609 44 31; Preis: 38 Euro (darin enthalten sind 5 Euro Versandkosten).


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Leseprobe aus dem Buch „Zeit der Ballzauberer“

Handball: „Nationalsport“ der Banater Deutschen Leseprobe aus dem Buch „Zeit der Ballzauberer“

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edes Mal, wenn die Handball-Nationalmannschaft Islands bei einer Weltmeisterschaft oder einem ähnlich wichtigen Turnier auftritt, schlägt dem Banater Sportliebhaber das Herz höher. Er fühlt sich an alte Zeiten erinnert. An die 1960er und 1970er Jahre, als der Handball bei den Deutschen im Banat noch einen ähnlichen Stellenwert hatte wie bei den Nordländern heute. Laufen die isländischen Handballer auf, kommt wohl bei vielen Zuschauern ein Gefühl der Hochachtung und des Respekts auf; der HandballLiebhaber zieht den Hut vor den Leistungen dieses Völkchens. Treten die Handballer dieser nur gut 300.000 Einwohner starken Nation aus dem hohen Norden an, kann kein Gegner sicher sein, die Halle als Sieger zu verlassen. Die Leistungen der Isländer können sich sehen lassen. Bei der Europameisterschaft 2010 haben sie die Bronzemedaille gewonnen, bei den Olympischen Spielen 2008 in China sogar Silber nach einer Endspiel-Niederlage gegen Frankreich (23:28). Bei der 2023 ausgetragenen U21-Weltmeisterschaft in Deutschland hat Island die Bronzemedaille gewonnen. Im Spiel um Platz drei hat sich das Team der Nordländer it 27:23 gegen Serbien durchgesetzt. Jedes Mal, wenn diese selbstbewussten Sportler auf dem Parkett agieren, erinnern sie einen daran, wie Banat-Deutsche Handballer einst mit dem Ball umgehen konnten, was sie geleistet haben und was sie unter anderen Umständen hätten erreichen können. Im Ostbanat war die Zahl der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg knapp unter die Einwohnerzahl Islands gesunken.

In keiner Sportart waren Banater Deutsche so erfolgreich wie im Handball. Es war die Sportart Nummer eins nach dem Zweiten Weltkrieg bei den Banater Deutschen. Handball ist in etwa zwei Dutzend Banater Dörfern organisiert in Vereinen gespielt worden, Handball-Mannschaften hatte hingegen fast jeder größere Betrieb in den Städten nach der Verstaatlichung, vor allem in Temeswar, Arad und Reschitza. Sporadisch hat die Jugend aber auch in vielen anderen Dörfern Handball gespielt. Doch weil sich dort offensichtlich keiner gefunden hat, der die Zügel in die Hand genommen hat, ist es auch nicht zur Gründung von Klub-Mannschaften gekommen. Als Beispiel seien genannt Semlak oder Kleinbetschkerek. In Moritzfeld haben Bausoldaten, die anfags der 1950er Jahre in Reschitza stationiert waren, einen Gründungsversuch unternommen. Doch etabliert hat sich dort keine Mannschaft. Mit den Soldaten ist auch der Handball verschwunden. In Großkomlosch hat Lehrer Nikolaus Schreyer Anfang der 1950er Jahre während seiner Dienstzeit im Ort die Jugend zum Handball-Spiel animiert. Doch als er dienstlich nach Marienfeld gewechselt ist, war der Handball in Großkomlosch auch schon Geschichte. In Marienfeld schrieb er die Geschichte weiter, zum Beispiel mit Hansi Schmidt. Anfang der 1960er Jahre hat der Bogaroscher Ewald Griesel an der Volksschule in Großjetscha seine Schüler Handball spielen lassen. Doch nach zwei Jahren hat er das Dorf verlassen. Danach hat keiner seine begonnene Arbeit fortgesetzt. Ein Handball-Verrückter hat gefehlt.


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Szene aus der Begegnung Poli Temeswar gegen Dinamo Bukarest. Hans Moser versucht vergeblich Roland Gunnesch am Wurf zu hindern. Rechts im Bild verfolgen Dieter Christenau und Edwin Sauer den Spielzug ihres Mannschaftskollegen. Foto: privat

Auch Nitzkydorf war ohne Handball-Mannschaft, trotzdem hat das Dorf hervorragende Handball-Spieler in Temeswarer und Lugoscher Mannschaften gestellt. In Mercydorf ist die Jugend Anfang der 1950er Jahre ebenfalls auf Handball eingestellt. Die Tageszeitung Neuer Weg berichtet vom Auftritt eines kaum 13jährigen Jungen, der in der zweiten Halbzeit einer Handball-Begegnung mit der Mannschaft aus dem Nachbarort Orzidorf zur Enttäuschung der

Zuschauer auflaufen darf. Was das Publikum damals nicht im Traum ahnen kann: Der schmächtige Jüngling sollte einmal einer der besten Handballer des Banats und Rumäniens werden. Sein Name: Josef Jakob. Doch der Handball hat sich in Mercydorf trotz eines Josef Jakob nicht lange gehalten. Wahrscheinlich hat auch dort der notwendige Fanatiker gefehlt, der die anderen mitgerissen hätte. Anfang der 1970er Jahre haben in Dreispitz hauptsächlich


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Gymnasiasten in einer Handball-Mannschaft mitgemacht, die unter dem Namen Tineretul (Jugend) 1972 den Kreismeistertitel errungen hat. Die Dreispitzer Handball-Geschichte war jedoch von kurzer Dauer. In Lippa, wo angeblich auch vor dem Krieg Handball gespielt worden ist, wurde in der Offiziersschule eine Mannschaft gegründet, die 1983 unter dem Namen Rapid und 1984 unter dem Namen ASA (Armee-Sportklub) zweimal Kreismeister geworden ist. In Glogowatz ist zwar Handball gespielt worden, aber bis Mitte der 1970er Jahre hat es nie eine in einem Verein organisierte Mannschaft gegeben. Dann kommt es zur Gründung einer Frauen-Mannschaft, die vom örtlichen Chemie-Kombinat gesponsert wird und unter dem Namen Chimia auftritt. Diese Mannschaft erringt 1978 den Kreismeistertitel. Es ist die Zeit, in der es für die Deutschen in Rumänien kein Halten mehr gibt. Im Kreis Karasch-Severin hat es in Ferdinandsberg neben dem Walzwerk eine Großfeld-Mannschaft gegeben, die sich Anfang der 1960er Jahre auf Kleinfeld-Handball umgestellt hat. Handball gespielt wurde auch in Bokschan und in Neumoldowa. Viele städtische Betriebsmannschaften haben von der Spielerzufuhr aus den Dörfern mit deutscher Bevölkerung gelebt. Das trifft fast ausschließlich auf den Männer-Handball zu. Zu den von Betrieben unterhaltenen Teams kommen Schüler- und Studenten-Mannschaften, die Höchstleistungen erbracht haben. In all diesen Teams haben Deutsche als Leistungsträger mitgewirkt, sowohl Herren als auch Damen. Aus diesem Reservoir von Spielern sind absolute Spitzenhandballer hervorgegangen. Dazu gehören Michael Redl, weltbester Torsteher jener Jahre, Weltklasse-Rückraumspieler Hans Moser und Josef Jakob, weltbester Linksaußen der 1960er Jahre. Die drei waren Garanten der Er-

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folge bei den Weltmeisterschaften 1961 und 1964. Der aus Siebenbürgen stammenden Handball-Trainer Reinhard Gottschling (1934-2007), in Reschitza Spieler und Trainer und mit der Frauen-Mannschaft von Bayer Leverkusen deutscher Meister, zog vor Jahren folgendes Fazit: Ohne Hans Moser hätte die rumänische Handball-Nationalmannschaft die Weltmeistertitel 1961 und 1964 nie gewonnen. Mosers Leistungen honoriert das World-HandballMagazin, das offizielle Organ der Internationalen Handball-Föderation, im Jahr 2000 mit der Berufung Mosers in die Jahrhundert-Sieben. Der Weltauswahl des 20. Jahrhunderts, gewählt von zehn namhaften Nationaltrainern, gehören ferner an: Torsteher Cornel Penu, Rückraumspieler Gheorghe Gruia (beide Rumänien), József Éles (Ungarn), Irfan Smailagić (Jugoslawien/Kroatien), Jerolim Karađa und Mile Isaković (beide Jugoslawien). Bei der Weltmeisterschaft in Prag 1964 war Moser Torschützenkönig. Das reichte, um im selben Jahr zum Welthandballer des Jahres gewählt zu werden. Die Hauptrunden-Begegnung zwischen der Tschechoslowakei und Rumänien in Prag 1964, die die Mannschaft unter Johnny Kunst mit 16:15 (9:7) für sich entschieden hat, bezeichnet die Handballwoche als Spiel der Giganten. Sie schreibt: Die Rumänen waren etwas eleganter in ihren Aktionen, hatten auch in Torwart Redl und dem baumlangen Moser zwei Spielerpersönlichkeiten, die auf der Gegenseite nicht zu finden waren. Das macht ihren knappen Erfolg alles in allem verdient. Neun der 16 Tore zum Erfolg der rumänischen Mannschaft steuern zwei Banater Deutsche bei: Hans Moser (6) und Josef Jakob (3). Nach dem WM-Finale von Prag vor 18.000 Zuschauern, das die rumänische Mannschaft mit 25:22 (14:13) gegen Schweden gewinnt, lobt Curt Wadmark, Trainer der Nordländer, Mo-


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ser in den höchsten Tönen. Der Handballwoche gibt er mit auf den Weg: Er kann einfach alles. Er ist perfekt, der beste Spieler dieser Weltmeisterschaft. Zum Erfolg seiner Mannschaft hat Moser im Endspiel 7 Tore beigesteuert. Was Josef Jakob für Steaua Bukarest und die Nationalmannschaft wert war, stellt er beispielsweise Anfang April 1968 in der Frankfurter Messehalle vor 8.000 Zuschauern im Europa-Pokal-Finale gegen Dukla Prag unter Beweis. In der Schlussphase des ausgeglichenen Spiels avanciert Jakob zum allesentscheidenden Spieler. Als Kavan beim Stand von 10:10 in der 50. Spielminute frei am Kreis an Steaua-Torwart Dincă scheitert, schlägt innerhalb von 120 Minuten der mit allen Wassern gewaschene Jakob gleich zweimal zu, so die Handballwoche. Seine beiden Tore und das folgende Anspiel, das Mannschaftsführer Cornel Oţelea zum 13:10 in die Maschen setzt, sorgen für die Entscheidung. Neben Jakob hat sich auch Dieter Christenau in Frankfurt über den Sieg in diesem Pokal-Finale gefreut. Weltklasse-Spieler für das Nationalteam Redl, Moser und Jakob hätten zusammen mit dem Marienfelder Hansi Schmidt auch das Rückgrat einer banatdeutschen Auswahlmannschaft bilden können, die genau so erfolgreich hätte sein können wie die rumänische Nationalmannschaft. Das Banat hatte neben den zweifachen Weltmeistern Redl und Moser (beide 1961 und 1964) sowie Jakob (1964) weitere Spieler von absolutem Weltklasseformat, mit denen jede Mannschaft hätte besiegt werden können. Dazu gehört Hansi Schmidt, der nur deshalb nicht Weltmeister geworden ist, weil er im November 1963 nach einer Tournee der rumänischen Studentenauswahl in

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Deutschland geblieben und nicht mehr ins Trainingslager der rumänischen Nationalmannschaft zurückgekehrt ist. Die Auswahl war schon seit Monaten in der Vorbereitung auf die WM in der Tschechoslowakei 1964, Hansi Schmidt eingeschlossen. Schmidt war in diesem Trainingslager auf einem Zimmer mit Redl, Moser und Jakob. Voraussetzung für einen banat-deutschen WM-Erfolg: Die Banater Auswahl hätte die gleichen Vorbereitungsmöglichkeiten haben müssen wie die rumänische Nationalmannschaft. Dazu gehörten monatelange Trainingslager; vor der WM 1964 waren es fünf Monate. Anlässlich des Todes von Redl sagte kein geringerer als Petre Ivănescu, Kollege Redls bei Dinamo Bukarest und Kapitän der rumänischen Nationalmannschaft, später erfolgreicher Trainer in Deutschland: Mischi hat uns das Tor zur Welt geöffnet. Die Handballwoche hat Moser, Jakob und Co. nach ihren Auftritten in bundesdeutschen Hallen seinerzeit als Ballzauberer gefeiert. Die Zeitung schreibt Ende 1964 nach dem Länderspiel Deutschland gegen Rumänien in der Dortmunder Westfalenhalle: Dieser Mann ist eine der Hauptfiguren in ­Johnny Kunsts Schachspiel. Hans Moser, den Besten, lässt Kunst lange auf der Auswechselbank sitzen, er hat ihn nicht nötig. In der ersten Halbzeit tritt er nur bei zwei Siebenmeter-Würfen an, und die sitzen. Erst als die deutsche Mannschaft mit frischem Wind in die zweite Halbzeit startet, beginnt die Ära ­Moser. Er übernimmt das Kommando, und schon ist es vorbei mit der deutschen Aufholjagd. Moser wirft selbst zwei Tore, die in einen Lehrfilm gehören: das eine aus einem Seitfallwurf, wobei er fast waagerecht in der Luft liegt, das andere kommt wie ein Pistolenschuss aus der Hüfte. Das Spiel vor 8.000 Zuschauern endet 14:22. Die Handball-Künste des Hans Moser sind Teil des elegantesten Handballs, den


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je eine rumänische Nationalmannschaft zelebriert hat. Was das deutsche Publikum nicht weiß: Es erlebt Handball in Perfektion, teilweise geboten von Banater Deutschen. Und deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Handball bis zum endgültigen Abschied von der alten Heimat 1990 schlechthin Nationalsport der Banater Deutschen war. Eine Mannschaft mit diesen Banater deutschen Weltklasseleuten, vervollständigt mit weiteren Spitzenspielern aus den Banater Handball-Hochburgen Temeswar, Lugosch und Reschitza oder auch aus dem einen oder anderen Dorf, hätte damals jedes Nationalteam besiegen können. Der Banater Nationaltrainer hätte sogar die Qual der Wahl gehabt, unter den deutschen Handballern des Banats die besten auszuwählen. Auch an deutschen Trainern hat es nicht gefehlt. Stellvertretend seien lediglich Adam Fischer, Franz Spier oder Roland Wegemann genannt. Die aus Siebenbürgen stammende dreifache Weltmeisterin Anna Stark-Stănişel sagt von Spier, er sei der perfekte Trainer gewesen. Cristian Gaţu, Weltmeister 1970 und 1974, zehnfacher Meister und einmaliger Europapokal-Sieger mit Steaua Bukarest und später Präsident des Rumänischen Handball-Verbandes, nennt Franz Spier, seinen Entdecker, in Horia Alexandrescus Buch Gruia. Mister Handbal den größten Trainer Rumäniens. In demselben Buch bezeichnet Oprea Vlase, Trainer von Dinamo Bukarest und der Nationalmannschaft, Spier als außergewöhnlichen Torwart auf dem Großfeld und großartigen Trainer. Bei den kommunistischen Jugend-Weltspielen in Bukarest 1953 sitzt Spier als Vize auf der Trainerbank neben dem Siebenbürger Wilhelm Kirschner. 1955 bei den Weltfestspielen in Warschau ist Spier Haupttrainer der rumänischen Herren-Nationalmannschaft. Sein Assistent ist Johnny Kunst. In der Saison

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1959/60 und von 1964 bis 1967 ist er hauptamtlicher Trainer der Frauen-Mannschaft von Rapid Bukarest. Die Stafette der alten Trainer haben inzwischen die beiden aus Warjasch stammenden Herbert Müller und Hartmut Mayerhoffer übernommen. Müller gehört zu den erfolgreichsten Trainern im deutschen Frauen-Handball. Herbert Müller hat mit seinem Bruder Helfried als Assistent zehn Meistertitel gesammelt: drei mit dem 1. FC Nürnberg und sieben mit dem Thüringer HC. Hinzu kommen noch fünf DHB-Pokal-Siege, ein Challenge-Cup- und drei DHB-Super-Cup-Gewinne. Herbert Müller ist seit 2004 zusätzlich Bundestrainer der österreichischen Frauen-Nationalmannschaft. Mayerhoffer war bis November 2022 Trainer des Bundesligisten Frisch Auf Göppingen. Doch zurück zu den erfolgreichen Banater Handballern. Auch zu den beiden weiteren WM-Titeln, die auf das Konto der rumänischen Nationalmannschaft gehen, haben deutsche Spieler beigetragen. 1970 in Paris ist der Wahl-Banater Roland Gunnesch dabei. Ebenfalls Gunnesch und der Reschitzaer Werner Stöckl gehören zum Team, das 1974 in Ost-Berlin den Titel errungen hat. Vorher, in Zeiten des Großfeld-Handballs, hatten die Siebenbürger Sachsen geglänzt. Weil die rumänische Nationalmannschaft zur Großfeld-WM 1959 nach Österreich ohne ihre besten Leute gefahren ist, musste sie sich Deutschland geschlagen geben und ist nur Vizeweltmeister geworden. Dazu der Weltmeister von 1964 Josef Jakob: Mit Leuten wie Kurt Wagner, Kurt Sauer und Walter Lingner wäre diese WM anders ausgegangen. Ein Beispiel, wie schlecht es um die rumänische Nationalmannschaft in den 1950er Jahren wegen des Boykotts der deutschen Spieler bestellt war, führt ebenfalls Jakob an. Vor der WM 1959 hat er mit seiner


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Christine Metzenratz, wie sie viele in Erinnerung haben: im vollen Lauf aufs gegnerische Tor kurz vor dem Abschluss. Foto: privat

Tehnometal Temeswar, dem Klub der Banater Deutschen, in Bukarest gegen die rumänische Nationalmannschaft 18:18 gespielt. Nach der Begegnung sagt Tehnometal-Trainer Alfred Zawadzki zu Nationaltrainer Johnny Kunst, einige der Nationalspieler hätten in der zweiten TehnometalMannschaft keinen Platz. Kunsts Antwort durch die Blume lautet sinngemäß: Wenn ich Zahnarzt wäre, und du mir Gold gibst, mache ich dir Goldzähne, gibst du mir aber nur Blei, dann kann ich dir lediglich Bleizähne einsetzen. Vor der WM 1959 trägt auch der Arbeitersportklub Reschitza zwei Testspiele gegen die rumänische National-

mannschaft in Bukarest aus und geht aus beiden als Sieger hervor. Das sei ein weiterer Beweis, dass zu dieser Weltmeisterschaft, bei der Rumänien das Finale gegen Deutschland verliert, nicht die besten Spieler fahren durften, so Reinhard Gottschling, der damals in den Reihen des ASK gestanden hat. Nach der Niederlage im WM-Finale gegen Deutschland in Österreich muss die beim Geheimdienst Securitate ansässige rumänische Passbehörde etwas kleinere Brötchen backen: Spitzenhandballer, auch deutsche, dürfen nun in der Regel ausreisen, allerdings streng bewacht.


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Leistung und Würdigung

Baden-Marathon 2023 in Karlsruhe Von Katharina Senn geb. Jobba

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ür unsere Söhne, Gerhard und Siegfried Senn, war Sport schon immer wichtig. Als wir nach Deutschland kamen, vermissten sie das Fußballspielen auf der Dorfstraße von Kleinbetschkerek. Beim Fußballspielen im Hof schimpften die Nachbarn, die ihre Autos dort geparkt hatten, und in der Wohnung gab es einige Scherben. Deshalb hat man sie in einen Fußballverein gesteckt. Nach einigen Vereinswechseln spielten sie zuletzt noch bei den Alten Herren bei Alemannia Rüppurr. Danach entdeckten sie für sich das Laufen. Nach einigen Jahren Lauferfahrung auf kürzeren Strecken und der Teilnahme an verschiedenen Läufen (u. a. Badische Meile, Rißnert-Lauf, Halbmarathon) wollte man sich an einen Marathon wagen. So ein Lauf ist etwas Besonderes und dazu braucht man auch eine gute Vorbereitung, nicht nur ab und an mal joggen gehen. Man braucht Trainingspläne mit lockeren Dauerläufen, Tempoläufen, Intervalltraining und Krafttraining, aber auch Regeneration mit Yoga und Entspannungseinheiten sind nötig. Bei den Vorbereitungen steigert man nach und nach seine Laufdistanz. Der Baden-Marathon Karlsruhe ist der drittälteste Stadtmarathon in Deutschland und wird seit 1983 ausgetragen. Am 17. September 2023 war es dann wieder soweit. Es herrschten hochsommerliche Bedingungen, in der Nacht war es nur wenig abgekühlt und am Morgen sorgte die Sonne für einen raschen Temperaturanstieg. Um 9.30 Uhr fiel der Startschuss. Die Strecke von

Gerhard und Siegfried Senn beim Baden-Marathon Karlsruhe

42,195 km war abwechslungsreich, mal Stadt mal Land. Sie führte von der Europahalle Karlsruhe am Karlsruher Schloss vorbei, durch zentrale Teile der Innenstadt, Citypark Ost und durch die ehemalige Residenzstadt des Markgrafen von Baden, Durlach. Kurz vor km 33 traf die Marathonstrecke wieder auf den Kurs der ersten Hälfte, führte erneut durch die Innenstadt und von dort ins stimmungsvolle Ziel im Carl-Kaufmann Stadion. Wegen der Hitze gab es mehr Notfälle als sonst. Bei Temperaturen von 30 Grad mussten einige wegen Kreislaufproblemen behandelt werden, trotz der vielen Versorgungsständen mit isotonischen Getränken entlang der Strecke.


Leistung und Würdigung

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Gerhard, geb.1973, landete auf Rang 99 mit einer Zeit von 3:40:54.

Siegfried, geb.1976, landete auf Rang 93 mit einer Zeit von 3:39:53.

Einige Läuferinnen und Läufer konnten sich auch auf den letzten 6 km von ihrem persönlichen Marathonengel bis ins Ziel begleiten lassen. Dies ist deutschlandweit einmalig! Gewertet wurden für den Marathon 1092 Läuferinnen und Läufer, wovon schließlich 609 das Ziel erreichten. Gerhard, geb.1973, hatte die Laufnummer 1173 und landete auf Rang 99 (männlich) und in der AK-Plazierung M50 auf Rang 9, mit einer Zeit von 3:40:54. Sieg-

fried, geb.1976, hatte die Laufnummer 1176 und landete auf Rang 93 (männlich) und in der AK-Plazierung M45 ebenfalls auf Rang 9, mit einer Zeit von 3:39:53. Für beide war es eine tolle Erfahrung und die Genugtuung, was Großes geleistet zu haben. Der diesjährige Lauf bildet zweifelsohne den bisherigen läuferischen Höhepunkt der beiden. Fortsetzung folgt, denn „nach dem Lauf ist vor dem Lauf!“, heißt es, wenn man sie fragt, wie es weiter geht und sie bei der Planung des nächsten Laufs erwischt.


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Leistung und Würdigung

Die Einsamkeit des Langstreckenläufers Von Hans Hartmann

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ie meisten von uns werden sich noch an den Spielfilm „Die Einsamkeit des Langstreckenläufers“ erinnern. Ein britisches Filmdrama aus dem Jahr 1962 – basierend auf der gleichnamigen Erzählung des britischen Autors Alan Sillitoe. Ein Film, der erstaunlicherweise der kommunistischen Zensur standgehalten hat und in den 1970er Jahren in den rumänischen Kinos lief. Es handelt sich dabei um einen Jungen, dem das Laufen Freiheit schenkt. Auf den Inhalt dieses Filmes möchte ich aber gar nicht eingehen. In den letzten Monaten drängte sich dieser Filmtitel während meiner Läufe immer öfter in meine Gedanken. Es begann damit, dass im Juli dieses Jahres Werner Gilde mich bat, einen Beitrag für das „Billeder Heimatblatt“ zu schreiben. „Zu welchem Thema?“ fragte ich. „Das kannst du dir selbst aussuchen“, war Werners Antwort. Also begann ich damit, beim Laufen darüber nachzudenken, worüber ich wohl schreiben könnte. Dabei vergingen Wochen und Monate … und es fiel mir nichts ein. Obwohl ich viel Zeit zum Nachdenken hatte, zumal ich in der Regel fast jeden Sonntag ca. 20 bis 25 Kilometer durch den Hardtwald laufe. Lange Strecken, lange Gedanken – das war mein Plan. An sich ging der Plan auch auf, denn die Länge meiner Laufstrecken konnte ich ja selbst bestimmen. Was ich aber nicht selbst bestimmen konnte, war die Art der Gedanken, die sich mir unterwegs aufdrängten. Und das kann viele Gründe haben. Meistens liegt es in erster Linie an der momentanen Qualität der Beziehung zu mir selbst. Wenn ich mich

„Der Weg ist das Ziel“ … bei meinen langen, möglichst einsamen Läufe durch den Hardtwald.


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gerade nicht wirklich mag, bestehen meine Gedanken fast gänzlich aus Selbstvorwürfen oder gar Beschimpfungen, die ich mir selbst gnadenlos auftische. Vor allem kommen dabei Ereignisse und Verhaltensweisen längst vergangener Zeiten zutage, längst verdrängte Fehler in Wort und Tat, die ich mir nie verzeihen werde. Und die ich leider auch nie wieder gutmachen kann. Dann versuche ich in reiner Notwehr, diese Gedanken zu unterdrücken – wohlwissend, dass sie damit nicht wirklich weg sind und mich irgendwann doch wieder überfallen werden. Dieser Akt des Gedankenunterdrückens besteht darin, dass ich versuche, schneller zu laufen und sogar eine kleine Freude verspüre, wenn dann mein Knie zu schmerzen beginnt und dieser Schmerz die Gedanken verscheucht. Lauf des Lebens

Bei Kilometer 8 sah ich ja noch recht cool aus …

Jeden Sonntagmorgen, selbst an den heißesten Sommertagen, startete ich also im Karlsruher Hardtwald zu meinen Läufen – mit gefüllter Wasserflasche und geplanten Gedanken. Das ersehnte und so dringend benötigte Thema für den Heimatblatt-Beitrag wollte sich aber nicht einstellen. Ich dachte über früher nach und über heute – über Kindheit, Jugend und Alter. Ich dachte an Freundschaft und Feindschaft, an Siege und Niederlagen, an Liebe und Hass, an glückliche und traurige Erlebnisse … Und dabei fiel mir plötzlich auf, dass ich gedanklich schon längst im gesuchten Thema war: das Thema „Leben“! „Der Weg ist das Ziel“, soll Konfuzius gesagt haben. Hinsichtlich meiner einsamen Sonntagsläufen durch den Wald stimme ich dem zu – sowohl was den jeweiligen


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… aber es wurde immer wärmer …

Lauf an sich als auch das Leben im Allgemeinen betrifft. Ich starte morgens, um möglichst lange zu laufen, nicht um möglichst schnell irgendwo anzukommen. Man wird geboren, um lange zu leben und nicht, um früh zu sterben. Dennoch ist früher oder später jeder Lauf einmal zu Ende – genauso wie das Leben. Was ist der Zieleinlauf des Lebens? Jeder Mensch startet durch seine Geburt zu einem längeren oder kürzeren Lauf – und niemand weiß im Voraus, wie lange die Strecke sein wird. Manche laufen den Weg schnurgerade, auf einer ebenen Straße, manche aber müssen Berge und Täler überwinden oder gar einen Neustart in Kauf nehmen, weil sie irgendwo falsch abgebogen und vom richtigen Weg abgekommen sind. Doch letzteres tut man selten aus eigenem Antrieb, sondern dann, wenn äußere Bedingungen und Gegebenheiten es erzwingen. Ansonsten kehrt man nicht mehr zurück, um bereits Geschehenes anders oder besser zu machen. Trotz sichtbarer Gefahren und spürbarer Unsicherheiten läuft man einfach weiter – in der Hoffnung, dass alles (wieder) gut wird. Für die Glücklichen erfüllt sich diese Hoffnung – für die anderen eher nicht. Denn allein schon eine Verletzung oder Krankheit kann dem (Lebens) Lauf ein jähes Ende bereiten. Und dann ist es für eine Rückkehr oder für einen Neustart zu spät. Das ist der Lauf des Lebens


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Früher und heute Nicht nur mein läuferisches Hobby, das ich erst nach meinem 50. Lebensjahr für mich entdeckt habe, sondern auch andere Beobachtungen und Entdeckungen bringen mich oft dazu, über früher und heute nachzudenken. Zum Beispiel, dass man im Alter Dinge schafft, die man sich selbst während der Jugendzeit nie zugetraut hätte – oder dass man früher so manches tat, das man heute nie wieder tun würde. Bei mir selbst beobachte ich diesbezüglich doch eher unerwartete „Phänomene“. Als ich jung war, hätte mich niemand dazu bringen können, auch nur einen Kilometer am Stück zu laufen. Hingegen habe ich nun im Alter – was ich früher auch für unmöglich hielt – schon lange das Rauchen aufgegeben und meinen Alkoholkonsum auf ein paar wenige Gläser Wein pro Jahr reduziert. Auch solche unerwarteten Wendungen sind Teil des „Laufes“. Zum Schluss noch ein bescheidener Hinweis, besonders für jene, die sich vielleicht schon gedanklich mit dem Laufen befasst haben, aber noch unschlüssig sind, ob sie das überhaupt können: Ja, ihr könnt es! Legt einfach los – ihr werdet es nicht bereuen! Und nicht nur im Wald ist das Laufen schön sondern auch bei den vielen spannenden und unterschiedlichen Laufveranstaltungen in eurer Umgebung. Ein Beispiel dafür ist der Karlsruher Baden-Marathon, dem ich seit zwölf Jahren treu bin. Deshalb noch drei Bilder von meinem diesjährigen (Halbmarathon-)Lauf am (sehr sommerlichen) 17. September:

… und am Schluss war ich froh, dass diesmal nicht der Weg das Ziel war!


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Pfarrer Marius Frantescu beim Festgottesdienst.

Jubiläum Pfarrer Frantescu Von Monika Bergbauer

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berhausen. (mb) Auf zwei Ereignisse blickte Pfarrer Marius Frantescu am Sonntag dankbar. Und mit ihm taten dies viele Gläubige aus der Pfarreiengemeinschaft Englmannsberg/Griesbach/Oberhausen. Zum einen wirkt er seit 15 Jahren als Priester und zum anderen ist er seit zehn Jahren im wahrsten Sinne des Wortes „Seel-

sorger“ in „seinen“ drei Pfarreien. Dem Anlass entsprechend feierte er einen Festgottesdienst in der Pfarrkirche, die mit Blumen der Pfarrei geschmückt war. Ein Gemeinschaftschor aus allen drei Pfarreien erfüllte gerne die Wünsche des Pfarrers und studierte unter Leitung von Robert Konrad und Andrea Weinzierl eine Rei-


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Aus allen drei Pfarreien wirkten Ministranten mit.

he neuzeitlicher geistlicher Lieder ein. Zum Einzug wurde der Geistliche von einer großen Schar Ministranten aus allen drei Pfarreien begleitet. Er vertiefte in der Predigt die Aussage Jesu, wie im Evagelium gehört „Fürchtet euch nicht“. Die Apostel fanden mit ihm alles, was sie suchten: Liebe, Geborgenheit, den Blick über das irdische Leben hinaus. Dieser Ruf gelte allen Menschen. Die Welt brauche Christen, die auch den Nächsten lieben. Verschiedene persönliche Erfahrungen aus den letzten zehn Jahren ließ er in seine Gedanken mit einfließen. Für ihn war dieser Gottesdienst ergreifend. Vor allem, wenn man sehe, dass

die Kirche schrumpfe und man hier erfahren dürfe, dass sie lebe und zusammen halte; das tue gut. Er dankte für all das, was er erleben dürfe. Auch, dass er bereits kleine Ernten einfahren dürfe, von dem, was er pflanzte. Er dankte, dass Gläubige von Haingersdorf bis Obergünzkofen zusammen fanden, dass jede Altersgruppe vertreten war, vor allem auch den vielen Ministranten. Einige von ihnen taufte er bereits. Zudem dankte er allen, die ihren Beitrag zum Gottesdienst und Stehempfang leisteten. Vor dem Auszug traten die Kirchenpfleger der drei Pfarreien nach vorne. Für die gesamte Pfarreiengemein-


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Die Kirchenpfleger gratulierten offiziell.

schaft gratulierte Robert Dachs. Der Kirchenpfleger aus Oberhausen dankte für die Leitung der Pfarreiengemeinschaft mit viel Ehrgeiz. Es war nicht immer leicht. Als er kam, war sein neues Zuhause, der Pfarrhof, eine Baustelle. Er musste viele neue Menschen kennen lernen, was ihm jedoch schnell gelang. Die größte Herausforderung stellte die Corona-Pandemie mit ihren neuen Vorschriften dar. „Glauben Sie nicht, es wird leichter, die nächsten großen Herausforderungen stehen schon vor der Tür“, wenn er nur an die Zusammenlegung der Pfarreien denke. Für Oberhausen wünschte sich Pfarrer Marius Frantescu

schon länger eine Ablage für das Evangelium. Kirchenverwaltungsmitglied Hans Reichl fertigte ein Unikat. Englmannsbergs Kirchenpfleger Ralf Beham erzählte, ebenfalls mit Bezug auf die Worte des Pfarrers, dass die Pfarrei befürchtete, nicht das richtige Geschenk zu finden. Man entschied sich nicht ohne Grund für ein Taschen-Aspergil für das Weihwasser. Denn, im Kindergarten kam bei den Kindern die Frage auf, wie man so ein besonderes Wasser wie das Weihwasser in einer Getränkeflasche transportieren könne. Der Kirchenpfleger sah darin ein gutes Beispiel, dass es auf die inneren Werte an-


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Beim Stehempfang wurde das Jubiläum gefeiert.

komme. Aber trotzdem entschied man sich für besagtes Geschenk, das nun zum Einsatz kommen kann. Gemeinsam mit Bernhard Weinmann gratulierte Karl Peisl. Die Kirchenpfleger der Filiale Untergünzkofen und der Pfarrei Griesbach dankten für die immer aufopferungsvolle Seelsorge, verbunden mit dem Wunsch „Bleiben Sie uns noch lange erhalten“. Als Geschenk überreichten sie ein Messgewand für die dortige Pfarrkirche. Die Ministranten sind dem Geistlichen ebenfalls sehr verbunden und so gratulierten auch sie. Die Griesbacher hatten ein T-Shirt für den „coolen Pfarrer“ und eine Kar-

te dabei, überreicht von Oberministrantin Theresa Tiefenmoser. Für Englmannsberg übergab Oberministrantin Miriam Weikelstorfer ein Glas mit dem Primizspruch. Darin befanden sich ausgewählte Bibelzitate und persönliche Wünsche der Ministranten, und für Oberhausen gratulierte Theresa Braun mit einer Kerze und Karte. Nach dem Gottesdienst war auf dem Parkplatz neben der Kirche von vielen ehrenamtlichen Kräften alles für einen sommerlichen Stehempfang bereitet. Bei Bewirtung mit süßen und deftigen Häppchen nutzten Viele die Gelegenheit, um Pfarrer Marius Frantescu persönlich zu gratulieren.


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Katarina Graf feiert 100. Geburtstag Von Carmen Keller

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atarina Graf denkt konzentriert nach, dann kommt sie drauf , wann sie geboren ist: Am 25. Februar 1923. „Ich bin ein bisschen vergesslich“, sagt die zierliche Frau , die im Rollstuhl an einer festlich gedeckten Kaffeetafel sitzt. Mit Verwandten und Freunden aus dem AWO Seniorenheim Römerhof feiert sie dort bei guter körperlicher Gesundheit ihren 100. Geburtstag. Auch Bürgermeister Franz Krah und stellvertretende Landrätin Cornelia Wasner-Sommer sind zum Gratulieren gekommen – was die alte Dame ein wenig aus der Fassung bringt. Dass vor Freude ein paar Tränen rollen, ist dem Anlass angemessen. Tochter Rosemarie Sturz weiß die Mutter zu beruhigen und hilft ihr beim Erinnern an ein langes Leben. In welchem Jahr hat sie geheiratet, wann sind die Kinder geboren, wann die beiden Enkelkinder, wann ist sie nach Pocking gekommen? Das fällt Katarina Graf auf die Schnelle nicht ein. Dafür gelingt es der betagten Frau eindrücklich, kurze Szenen aus jungen Jahren aufleben zu lassen. „Ich hab’ immer viel gearbeitet“, sagt die Hundertjährige. Rosemarie Sturz nickt. Ja, das Arbeiten stecke in den Händen ihrer Mutter, das könne und wolle sie auch mit Hundert nicht lassen. Tatsächlich schaffe sie es noch, im Seniorenheim Geschirrtücher zusammenzulegen. „Motorisch ist Frau Graf noch erstaunlich geschickt“, bestätigt Einrichtungsleiterin Cäcilia Schaudenecker. Offensichtlich hat der Herrgott Katarina Graf mit einer guten

körperlichen Konstitution ausgestattet. Zwei Mal war sie im Krankenhaus, „aber nicht weil sie krank war“, erzählt Rosemarie Sturz. „Das war, als wir Kinder geboren wurden.“ Katarina Graf hat das Leid des Krieges auf grausame Weise erlebt. 1945 wurde sie als junge Frau aus ihrem Heimatort Billed („Hausnummer 524“ – das weiß sie noch ganz genau) in der rumänischen Region Banat nach Russland in ein Lager deportiert, wo sie als Hilfsarbeiterin auf dem Bau „den Männern zuarbeiten“ musste. „Das war sehr schlimm“, erzählt Katarina Graf von harter Arbeit und Läuseplagen. Als sie erkrankte, wurde sie im Viehwaggon nach Hause zurückgeschickt. In der Heimat heiratete Katarina (damals noch Schütz) im Jahr 1950 Nikolaus Graf. 1952 kam Sohn Waldhard zur Welt, 1954 Tochter Rosemarie. Das Familienglück währte nur kurz, schon 1955 starb der Ehemann und Vater. „Wir waren arme Leute. Es ist viel Schweiß geflossen“, fasst Katarina Graf die Zeit in Worte, in der sie in einer Kollektiv-Landwirtschaft von morgens bis abends schuftete, um sich und ihre Kinder durchzubringen. Waldhard und Rosemarie waren tagsüber bei den Großeltern untergebracht. Katarina Graf blieb Witwe. Nachdem der Sohn zuvor Rumänien verlassen hatte, kam sie 1990 im Rahmen der Familienzusammenführung nach Deutschland und landete in Pocking. Auch die Tochter zog mit ihrer Familie dort hin. Seit 2020 lebt Katarina Graf im AWO Seniorenwohn-


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Ein Gläschen Sekt gehört dazu: Mit ihrer Tochter Rosemarie Sturz hat Katarina Graf (vorne l.) auf ihren 100. Geburtstag angestoßen. Bei einer großen Kaffeetafel wurde im AWO Seniorenheim Römerhof mit Verwandten und Freunden gebührend gefeiert. Gleich nach dem Sekt gab’s die Geburtstagstorte, die Einrichtungsleiterin Cäcilia Schaudenecker (hinten r.) schon bereit hielt. Zum Gratulieren kamen auch Bürgermeister Franz Krah (hinten v.l.) und stellvertretende Landrätin Cornelia Wasner-Sommer. Foto: Keller

heim Römerhof. Von Tochter Rosemarie wird sie regelmäßig besucht. Die beiden Frauen gehen viel gemeinsam spazieren. Eine Weile geht es zu Fuß, wenn sich Katarina bei ihrer Tochter einhakt, dann setzt sie sich in den Rollstuhl und lässt sich schieben. „Ich bin ganz gesund und geh’ gern spazieren“, bekräftigt die alte Dame.

Für Cäcilia Schaudenecker war es nicht nur eine große Freude, im Römerhof einmal wieder einen seltenen 100. Geburtstag ausrichten zu können. Das Wichtigste sei, dass der Alltag bei Katarina Graf noch gut funktioniert. Auch wenn es mit dem Denken nicht mehr so gut klappt.


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Ein Prachtstück für unser Heimatmuseum

Von Werner Tobias

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m Jahr der Kulturhauptstadt in Temeswar stand für uns wieder mal ein Besuch von Billed auf dem Programm. Wie immer konnten wir uns im Heimathaus auch diesmal sehr wohl fühlen, da es uns an nichts gefehlt hat. Mit unserem Gastgeber Adam streiften wir wieder den ganzen Ort ab, hatten einige erfreuliche Begegnungen mit ehemaligen Landsleuten und bewunderten unsere Kirche im neuen Glanz, nach der Renovierung des letzten Jahres. Ein Muss ist jedes Mal wieder unser Heimatmuseum, in dem ich sofort ein schönes Stück entdeckte, das erst Tage zuvor den Weg nach Billed fand. Adam erzählte mir, dass unser Landsmann Eduard Schortje das Teil aus dem Nachlass des Vaters von Hans Schmidt bei seiner Durchreise mitbrachte. Es war das Modell unserer Heimatkirche mit Ausleuchtung, das da in der Ecke stand. Die Anschlussleitung war zu kurz für den vorgesehenen Platz, deshalb bot ich an, das Kabel auszutauschen. Der kleine Laden hinter dem Gemeindehaus war erstaunlich gut bestückt, so dass ich zu dem Kabel gleich den richtigen Stecker und einen neuen Schalter fand, den wir sofort montierten. Am selben Nachmittag konnte die erste Besuchergruppe den Kirchennachbau mit Innenbeleuchtung an prominentem Platz im Erdgeschoss der Ausstellung bewundern. Der Erbauer dieses Exponates war Josef Schmidt. Geboren 1933 in Neubeschenowa, wanderte er mit Ehefrau Elisabeth *Koch, Hausnummer 493 zu Tochter und Fa-

milie nach Niedernhausen in Hessen aus. Im Ruhestand verbrachte er seine Zeit gern im Garten, aber vor allem im Winter, am liebsten mit Bastelarbeiten in Holz. Neben dem Nachbau des Familienhauses in Billed sowie Leiterwagen, wie sie im Banat früher genutzt wurden, hat der rüstige Rentner viele Stunden in den Bau dieses nahezu maßstabgetreuen Modells der katholischen Kirche St. Michael investiert. Dazu hat er sich allerlei Werkzeug und Kleinmaschinen angeschafft, mit denen er die Modelle akribisch nachbildete. Anhand von Vorlagenbildern zeichnete sich Josef Schmidt vorab Pläne mit den passenden Maßen. Nach der Anfertigung unzähliger Einzelteile wurde das Werk in Kleinstarbeit detailgenau zusammengebaut. Seit Sommer 2023 erweitert dieses herausragende Ausstellungsstück nun unsere Sammlung im Deutschen Forum. Wir hoffen, dass sich noch viele Jahre Besucher des Heimathauses daran erfreuen. Abbildung rechts: Neben dem Nachbau des Familienhauses in Billed sowie Leiterwagen, wie sie im Banat früher genutzt wurden, hat Josef Schmidt viele Stunden in den Bau dieses nahezu maßstabgetreuen Modells der Billeder Kirche investiert. Anhand von Fotos zeichnete er sich vorab Pläne mit den passenden Maßen. Nach der Anfertigung unzähliger Einzelteile wurde das Werk in Kleinstarbeit detailgenau zusammengebaut.


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Urne mit Heimaterde restauriert Von Werner Gilde

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ach 36 Jahren hatte die Urne mit Heimaterde am Billeder Gedenkstein auf dem Karlruher Hauptfriedhof durch Umwelteinflüsse Schaden genommen. Die Urne wurde restauriert und mit frischer Heimaterde, aus Billed von Alfred Herbst mitgebracht, neu befüllt. Es ist nun auch eine kleine Edelstahlplatte mit der

Inschrift „Heimaterde beigelegt“. Die Heimaterde wurde in einem Ofen getrocknet und die Urne luftdicht verschlossen. Hoffen wir, dass sie weiter 36 Jahre oder länger vor dem Billeder Gedenkstein, neben den Steinen von der Kirche und dem Kalvarienberg, ihren Platz einnimmt.

Die Heimaterde am Billeder Denkmal in Karlsruhe

Die Edelstahlplatte mit der Inschrift „Heimaterde“


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Die kleine „Ulmer Schachtel“ in der Billeder Heimatausstellung

Ulmer Schachtel Modell, Museum Billed Von Christa Barth-Schoof

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ie Ulmer Firma Kässbohrer, Hersteller von Sonderaufbauten für LKWs und in der Vergangenheit auch von Omnibussen, hat ca. 1985 in seiner Ausbildungswerkstatt für die Stadt Ulm eine Serie von Repliken der Ulmer Schachteln herstellen lassen. Diese Modelle sind von der Stadt Ulm an Reisebürounternehmen verschenkt worden, um den Besuch der Stadt Ulm von Touristen zu fördern.

Bekannt ist, dass Vorgänger der Familie Kässbohrer auch im Schiffbau von Binnenschiffen und Stahlwasserbau engagiert waren. Es kann heute auch nicht mehr gesagt werden, ob es noch alte Pläne aus der Zeit gegeben hat. Die in Billed vorhandene Schachtel ist zu Christa Barth-Schoof über ihren Mann gekommen, als der Inhaber eines der größten Reisebusunternehmen Deutschlands verstorben ist.


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Musikant ein Leben lang Von Adam Tobias

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ls Kind lernte Nikolaus Pritz das Musizieren bei Michael Braun in den Wirren der Nachkriegszeit. Seit 1950 bis zur Aussiedlung spielte er Musik bei der Billeder Blasmusikkapelle. In Deutschland ging es dann weiter bis ins hohe Alter, insgesamt hat er dann (bis 2016) 66 Jahre lang Musik gemacht. In all den Jahren war er mit einer treuen Beständigkeit dabei. Man könnte sagen, er hat die Musik sehr geliebt, in allen Lebenslagen. Ob bei der Taufe, Kirchweih, Begräbnis, Ball, Feste der Feuerwehr, egal, Vedder Klos war da und spielte sehr zur Freude der Zuhörer. Er war der Letzte der alten Garde. Immer gut drauf und immer ein Späßchen parat. So habe ich Vedder Klos in Erinnerung. Er musste wegen Altersgebrechen aufhören, aber im Geiste war er immer noch bei seiner Blechmusik. Das habe ich bei den Telefongesprächen immer herausgehört. Er wird in guter Erinnerung in unseren Herzen bleiben Deine Musikkameraden Nikolaus Pritz,* 20. Oktober 1935 Billed, + 28. Juni 2023 Fürth


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Johann Gehl ist von uns gegangen Von Elisabeth Martini

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ohann Gehl (Janni) ist am 30.11.2023 im Alter von 97 Jahren im Pflegeheim in Karlsruhe verstorben. Viele kennen ihn als freund­ lichen, hilfsbereiten Bibliothekar im „Haus der Heimat“ Karlsruhe. Er gehörte zu dieser Begegnungsstätte wie das Amen zum Gebet, zumal er fast 20 Jahre lang dort seine Tätigkeit entfaltete, wo diejenigen sich zeitweilig und abwechselnd zusammenfinden, die noch an Billed und seinen Gewohnheiten hängen, die manchmal Rat und Orientierungshilfe brauchen. Seit der Gründung des „Hauses der Heimat“ in Karlsruhe war er dort tätig und organisierte seit 1988 die Frühjahrs- und Herbst-Treffen der Senioren. Alle kennen ihn als Gehl Jani, der auch eh­ren­­amt­licher Kassier der HOG Billed war, Vor­­standsmitglied, Herausgeber des Billeder Hei­­matblattes und weiterhin Mitarbeiter des Hei­matblattes geblieben ist. Als Sohn fleißiger, gutsituierter Bauern hatte er die Möglichkeit, die gewünschte Laufbahn einzuschlagen: Als Absolvent der Temeschburger „Banatia“ konnte er drei Jahre die deutsche Lehrerpräparandie besuchen, bis diese 1944 ihre Tätigkeit einstellen musste.

Auch 5 Jahre Demütigung und Entbehrung musste er als Russlanddeportierter im Lager 1010 Stalino-Donbaß hinnehmen. In die Heimat zurückgekehrt ist er Hilfslehrer und Erzieher im Schülerheim in Lippa (Arad) geworden, auch Leiter des Lippaer Kulturheimes. 1950 heiratete er Elisabeth Hahn und 1952 wurde in Blumenthal Sohn Herbert geboren. Nach dem Umzug nach Billed kam 1958 Tochter Karin-Karla zur Welt. 1952 gelingt es ihm, seine Lehrerausbildung mit Di­plom abzuschließen und Direktor der deutschen Allgemeinschu­le mit Schülerheim in Blumenthal (Kreis Lippa) zu wer­den. Als stellvertretender Schulleiter der deutschen Abteilung des Lippaer Lyzeums und Schülerheims hat er in den Jahren 1955-58 auch Billeder Kinder unter seine Fittiche genommen. Nach Billed zurückgekehrt, ist Gehl Jani 1958-64 als Grundschullehrer an der deutschen Allgemeinschule tätig, übernimmt auch hier ehrenamtliche Tätigkeiten im kulturellen, sportlichen und sozialen Bereich. Nach dem Umzug nach Temeschburg ist er 1964-69 dienstleitender Bibliothekar an der Zentralbibliothek der Universität Temeschburg und danach diplomierter Sportlehrer. 1984 konnter er in die Bundesrepublik ausreisen. 1996 wurde ihm der Ehrenbrief der Landsmannschaft verliehen und am 29.09.2023 wurde sein Urenkelkind, Ronja, geboren. Er bleibt für die Billeder in wunderbarer Erinnerung.


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Statistik

Statistik der Störche in Billed 2023 Von Adam Csonti

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storchenpaare haben in diesem Jahr ihr sommerquartier in Billed bezogen. Die ersten kamen am 12. März an, aber der größte Teil von ihnen am 24. März. Maria Verkündigung, sagt man, kommen Störche und Schwalben wiederum. Sie nisten ja alle auf den Strommasten. Hausnr. 72 79 81 89 96 118 129 233 252 339 363 384 409 424 435 478 499 691 903

Jungstörche 4 2 4 1 3 3 4 3 4 3 3 4 3 4 4 3 3 3 -

58 Jungstörche, ein sehr gutes Jahr. Einige von ihnen sind durch Stromschlag verendet. Da sie bei den ersten Flugübungen in die Drähte der Strommasten hieneinflogen. Um den 20. August begaben sie sich auf den Weg in ihr Winterquartier. Wie viele von ihnen dort ankommen, weiß man nicht.

Alle Störche nisten auf den Strommasten


Statistik

Erster Storch in der Sauerländergasse am 20. März 2018.

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Statistik

Schachmeisterschaft 2023 der Banater Schwaben

Von Alfred Selpal

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ie 2015 unter der Schirmherrschaft der Landsmannschaft der Banater Schwaben gestartete Schachmeisterschaft ist 2023 in die neunte Runde gegangen und erfolgreich abgeschlossen worden. Im Rückblick ist erwähnenswert, dass einige neue Spieler hinzugekommen sind und zwei Analog-Turniere stattgefunden haben. Beim ersten Turnier in Manching haben sieben Teilnehmer unserer Meisterschaft, darunter auch drei Billeder, die Gelegenheit genutzt, beim lokalen Turnier des MBB SG Manching teilzunehmen. Bester Banater, auf Platz zwei, war der aus Glogowatz stammende Josef Reingruber. Das zweite Turnier, als Gertrude-Baumstark-Gedächtnisturnier ausgetragen, fand anlässlich des in Augsburg stattgefundenen Turniers statt. Veranstalter war der Kreisverband Augsburg der Landsmannschaft. Vor Turnierstart hielt Luzian Geier (Jahrmarkt) ein Vortrag über Biographie und sportliche Laufbahn der aus Temeswar stammenden Gertrude Baumstark. Turniersieger wurde Bruno Neusatz (Lippa), aktiver Vereinsspieler beim SC Lechhausen, der sich damit auch Platz eins unserer allgemeinen Rangliste der analog ausgetragenen Turniere der Banater Schwaben gesichert hat. Innerhalb der Online-Gruppe konnte wieder der Pokalwettbewerb im k.o. System, so wie auch die Meisterschaft, aufgeteilt in zwei Gruppen, ausgetragen werden. In der Online-Meisterschaft, sowie auch im Online-Pokal, konnte Werner Billinger seine Spielstärke unter Beweis stellen und sich in beiden Wettbewerben den ersten Platz sichern. Platz drei des Pokals wurde von unserem Landsmann Harald Lenhardt belegt.

Turniere 2023 und die Plätze 1 bis 4 Manching / 17. Dez. 2022 (2.) Josef Reingruber 1. Glogowatz (3.) Jonas Rackl 2. Neuarad (7.) Alfred Selpal 3. Billed (8.) Werner Keller 4. Billed

Augsburg / 4. März Bruno Neusatz Lippa Josef Zunic Stanitschitsch Eugen Stein Tolwad Nicolas Neusatz Josefsdorf

Online-Meisterschaft Abschlusstabelle 2023 Name

A-Gruppe

1. Werner Billinger 2. Eugen Stein 3. Jochen Wollenweber 4. Paul Deme 5. Reinhard Kaiser 6. Jonas Rackl 7. Franz Labling 8. Reinhold Becker 9. Harald Lenhardt 10. Jürgen Reingruber 11. Reinhardt Kutschera 12. Manfred Wagner B-Gruppe 1. Alfred Selpal 2. Werner Rollinger 3. Simon Göpfrich 4. Eckhard Feisthammel 5. Günther Kratochwill 6. Leonid Schurr

Heimatort

Pkt

Billed Tolwad Regensburg Temeswar Kleinjetscha

Jahrmarkt

7 6 5,5 5,5 4 4 4 3 3 2,5 2 1,5

Billed Warjasch Sanktanna Keglewichhausen Warjasch Großmehring

8 7 6,5 5,5 3 0

Neuarad Temeswar Lenauheim Billed Paulisch Knees


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Spiele und Turniere 2024

Online-Pokal (Plätze 8 von 14) 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Werner Billinger Reinhold Becker Harald Lenhardt Paul Deme

Billed Lenauheim Billed Temeswar

Werner Rollinger

Warjasch

Jochen Wollenweber Reinhard Kaiser

Regensburg Kleinjetscha

Franz Labling

Temeswar

Schachmeisterschaft der Banater Schwaben - Rangliste 2023 Name 1 Bruno Neusatz 2 Josef Reingruber 3 Eugen Stein 4 Paul Deme 5 Josef Zunic (neu) 6 Andreas Mihalko 7 Josef Zammer 8 Heinrich Kirsch (neu) 9 Nicolas Neusatz (neu) 10 Jonas Rackl 11 Alfred Selpal 12 Werner Rollinger 13 Hans-Christian Menning 14 Manfred Wagner 15 Eckhard Feisthammel 16 Gerhard Keller 17 Günther Kratochwill 18 Sven Rollinger 19 Werner Keller 20 Franz Gerber

Heimatort Lippa / Temeswar I. / Augsburg Glogowatz / Gilching Tolwad / München Temeswar III. / Ingolstadt Augsburg / Stanitschitsch Darowa / Spaichingen Reschitza / Augsburg Erlangen / Sanktandres Josefsdorf / Albstadt Neuarad / Ingolstadt Billed (192) / Manching Warjasch / Bakowa / Landshut Siebenbürgen / Ingolstadt Jahrmarkt / München Keglewichhausen / Metzingen Billed (270) / Baar-Ebenhausen Warjasch / Landshut Bakowa / Warjasch / Landshut Billed (270) / Baar-Ebenhausen Nitzkydorf / Augsburg

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ür die Meisterschaft 2024 sind wieder mehrere Analog-Turniere in Planung. Diese werden gegebenenfalls auch im Internet unter: www.banater-schwaben.de bekannt gegeben. Für die neue Saison werden auch wieder der Online-Pokal sowie auch die Online-Meisterschaft als separate Wettbewerbe an den Start gehen. Die A-Gruppe der Online-Meisterschaft wird nach Schweitzer-­System gespielt. Die B-Gruppe wird wieder im System jeder gegen jeden ausgetragen. Weitere Teilnehmer aller Leistungsklassen so wie auch Landsleute, die bei der Organisation von Turnieren und Treffen mithelfen möchten, werden gebeten, sich bei Alfred Selpal unter der Rufnummer 08459/593660 oder der E-Mailadresse alfred-selpal@t-online.de zu melden, damit weitere Schachgruppen gegründet und bestehende ausgebaut werden können. Die Regeln zur Meisterschaft (Stand 2019) sind im Internet unter: www.heimathaus-billed.de/410 veröffentlicht.


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Vorwort von Werner Gilde.....................................................3 Das 25. Billeder Heimattreffen in Karlsruhe von Elisabeth Martini.................................................................4 Ansprache am Billeder Denkmal von Peter Krier.............14 Predigt – Billeder Treffen – 2023 von Marius Frantescu...16 Was lange währt, wird endlich gut Klassentreffen Jahrgang 1955 von Elisabeth Jung........................................18 Jahrgangstreffen 1962/1963 von Renate Klein..................20 Klassentreffen des Jahrgangs 1960 von Katharina Martini-Cherchi...............................................24 Faschingsball in Karlsruhe von Heidi Müller....................30 13. Sommerfest des Kreisverbandes von Vorstand............32 Eine Vortänzerin aus München bei der Billeder Kirchweih 2023 von Hans Rothgerber.................36 Das jährliche Handballturnier bei den Billeder Tagen von Brunhilde Klein......................................40 Herbstfest in Nürnberg von Renate Frombach...................42 Kathreinen Ball 2023 in Billed von Hans Rothgerber......44 Allerheiligen 2023 von Kerstin Klein...................................48 Allerheiligen in Billed von Roswitha Csonti.......................52 Hoher Besuch aus Baden-Württemberg im Forum der Billeder von Cornel Gruber.........................56 Reise nach Rumänien ins Banat von Ursula Mösle...........64 Wenn Heimat nirgendwo ist von Johann Steiner...............78 Ich habe Angst um meine Erinnerungen… von Alexander Buza ................................................................90 Erinnerungen an die Jahre 1956-1960 in Lippa von Elisabeth Martini...............................................................94 Ein letzter Gruß von eurer euch liebenden Mutter von Gabriela Şandor.............................................................. 106 Ein Fest der Gemeinde Billed von Werner Tobias........... 110

Inhaltsverzeichnis

Südosteuropafahrt der DJO Baden-Württemberg von Folke Wittmann . .......................................................... 112 Aufgeschriebene Erinnerungen von Christine Chang ... 114 Übernahme des Vorlasses von Peter Krier..................... 119 Banater Struwwelpeter billedrisch von Elisabeth Martini............................................................ 120 Wie ich hinkumm sin, hat ne gepiff un et hat gschloof von Erika Weith ................................................... 124 Die Zeit der Ballzauberer ist vorbei von Redaktion....... 126 Handball: „Nationalsport“ der Banater Deutschen von Johann Steiner................................................................ 128 Baden-Marathon 2023 in Karlsruhe von Katharina Senn ............................................................. 134 Die Einsamkeit des Langstreckenläufers von Hans Hartmann............................................................. 136 Jubiläum Pfarrer Frantescu von Monika Bergbauer....... 140 Katarina Graf feiert 100. Geburtstag von Carmen Keller................................................................ 144 Ein Prachtstück für unser Heimatmuseum von Werner Tobias................................................................. 146 Urne mit Heimaterde restauriert von Werner Gilde...... 148 Ulmer Schachtel Modell, Museum Billed von Christa Barth-Schoof..................................................... 149 Musikant ein Leben lang von Adam Tobias..................... 150 Johann Gehl ist von uns gegangen von Elisabeth Martini............................................................ 151 Statistik der Störche in Billed 2023 von Adam Csonti .152 Schachmeisterschaft 2023 der Banater Schwaben von Alfred Selpal.................................................................... 154 Statistik unserer Landsleute weltweit von Hans Herbst und Werner Tobias................................... 156


Kathreinen Ball 2023 in Billed QR-Code: Video vom Tanzen Fotos und Video: Hans Rothgerber

Das Zentrum der Gemeinde bei Nacht


Trachtenpaare vor der Oper an den Heimattagen 2023 der Banater Deutschen in Temeswar. Foto: Hans Rothgerber


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