aus dem Krankenhaus. Ich fragte einen, was das zu bedeuten habe. Er zeigte mir ganz diskret eine ziemlich hässliche Wunde und sagte, das hätten ihnen die verfluchten Serben angetan. Die sechs waren aus dem Grenzstädtchen Hatzfeld und machten sich zunutze, dass täglich um 10 Uhr ein Linienbus über die Grenze fuhr und nachmittags zurückkehrte. Die sechs Hatzfelder stiegen in einen ähnlichen Bus und starteten ein paar Minuten vor dem Linienbus in Richtung Grenzübergang. Die Grenzer merkten zu spät, dass der nahende Bus nicht das erwartete Fahrzeug war, so dass die sechs die Schranken durchbrechen konnten und nach Jugoslawien gelangten. Die Serben wollten wissen, wer den Bus gefahren hat. Doch die sechs hatten vereinbart, nichts zu verraten. Die Serben stellten den Schwaben in Aussicht, sie nach Deutschland abzuschieben, wenn sie preisgeben, wer den Bus gefahren hat. Falls sie das nicht täten, werde man sie Rumänien ausliefern. Die sechs vermuteten, dass die Serben den Fahrer, hätten sie ihn ermittelt, erschlagen hätten. Weil sie schwiegen, haben serbische Grenzer ihnen Zinkdraht oberhalb des Knöchels zwischen Elle und Speiche durch die Arme gestoßen und ihnen die Hände auf den Rücken gebunden. Nach zweiwöchigem Krankenhausaufenthalt in Temeswar wurden sie bei uns eingeliefert. Nach ein paar Tagen mussten die sechs auch zur Arbeit. Weil ich schweißen konnte, wurde mir eine neue Aufgabe zugeteilt: Ich musste kaputte Schubkarren reparieren. Nach getaner Arbeit rief mich der Offizier in seine Baracke, wir sprachen über allerhand. Die Deutschen behandelte er ziemlich freundlich. Am nächsten Tag nach dem Appell rief er die Schwaben zu sich und fragte jeden nach seinem Beruf. Danach wollte er von mir wissen, welchen von den fünfen ich als Baumeister einsetzen würde. Ich sagte, den Großen, er war tatsächlich Baumeister. Nach nicht einmal einer Woche waren alle Schwaben Vorarbeiter. Unsere Schleuser aus Reschitza waren inzwischen auch bei uns im Gefängnis. Ihnen wurde der Prozess viel später gemacht. Der Sohn wurde zu drei, der Vater zu zwei Jahren verurteilt. Sie drohten, uns nach der Entlassung umzubringen. In diesen Monaten hat es zwei Unfälle mit Todesfolge gegeben. Bei einem hat eine hohe Mauer einen Zigeuner begraben. Die Mauer war ohne Mörtel hochgezogen, aber verputzt worden, so dass niemand diese Schweinerei bemerkt hatte. Zum zweiten Unfall kam es, weil ein Graben für die Kanalisation seitlich nicht abgestützt worden waren. Er stürzte ein und verschüttete mehrere Häftlinge, von denen einer auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben ist. Auch im Winter wurde weiter gearbeitet. Lediglich, wenn der Frost Mörtel und Zement gefrieren ließ, wurde die Arbeit eingestellt. Als sich der Tag der Entlassung allmählich näherte, ließ unsere Leistung nach, der Offizier konnte sagen, was er wollte, wir blieben stur. Eines Abends hieß es, wir sollten am nächsten Tag in der Zelle bleiben, denn wir werden wahrscheinlich versetzt. In der kommenden Nacht konnte ich kaum
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