Störung. Eine Frage der Kultur | gfk 2019 #1

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CHRISTOPH WIESMAYR Eine nachhaltige Entwicklung braucht Störung Wenn wir davon ausgehen, dass unsere Gesellschaft immer noch am exponentiellen Wachstum festhält ohne die Konsequenzen für eine nächste Generation zu tragen, sich weiterhin im goldenen Käfig vor dem Fernseher bei Cola, Chips und Bier hockend die Fremde fürchtet oder mit Billigflügen sinnlos um den Erdball jettet, den Klimawandel negiert und glaubt, dass Gitterstäbe hungrige Menschen von unserem geraubten Reichtum fernhalten können. Dann, ja dann wäre es längst an der Zeit für eine neue Störkultur! Lob an die rurbane Nische / Buchten für eine Störkultur. Eine Ort-Stadtraumtheorie Die Stadt benötigt durchlässige, atmende, mit Leben durchströmte Räume. Räume im steten Austausch zwischen Innen und Außen. Keine hermetisch nach außen hin abgeschlossenen Raumhülsen. Ihre Hüllen sind weitgehend offenporig, einem Organismus gleich. Das Vorfeld und das Innere regen den (meist zu Monotonie verkommenen) Geist an, indem der Alltag wie der Blick durch ein Kaleidoskop gebrochen wird und somit durch wundersame Weise in andere oder neue Bahnen gelenkt werden kann. Es gibt zu wenige solcher Orte in der Stadt, mit ausreichendem Platzangebot, die unbürokratisch genützt werden können bzw. zum Machen, zum Verweilen oder zum Diskurs anregen. Befindet man sich an solch einem Ort, eröffnet sich ein neuer Blick auf die Dinge, die Umwelt und auf die Stadt selbst. Es ist, als stünde man ein Stück weit entfernt. Eine gewisse „gesunde“ Distanz zur Stadt - ohne ihre alltäglichen Abläufe mitsamt den sich wiederholenden Handlungssträngen. Diese Distanz eröffnet neuen Freiraum. Eine kreative, rekreative Oase, in der man Dinge neu entdecken und beobachten kann. Somit bekommt dieser Ort unbewusst eine gewisse Wertigkeit - für Kunst- und Kulturschaffende als auch für Besucher, Betrachterinnen und einfache Passanten. Rurbane Nischen sind Buchten neben der alles mit sich rei-

NACH DEN LETZTEN ZWEI SEHR ERFOLGREICHEN VERANSTALTUNGEN LADEN GFK UND SCHWEMMLAND IM SOMMER 2019 ERNEUT AUF DAS HOLLABERERANWESEN IM LINZER HAFEN UND NUTZEN DIESEN ORT FÜR KULTIVIERTE STÖRUNG. ßenden, vom Kapitalismus geprägten Hauptströmung. Wird diese Hauptströmung (Mainstream) zu dominant, lässt sie diesen Buchten keinen Platz mehr und reißt sie in die fortwährenden Wirbel des Alltags mit.

PROGRAMM How to disturbe? WORKSHOPS Was stört den Stör? VORTRAG Thomas Friedrich / Life-Sterlet (Wien) Die Störstrategen DISKURS/TALK mit Friedrich Schwarz und Christoph Wiesmayr Schubert-Interpretationen „Ode an den Erdling“ STÖRCONFERENCIERS & KONZERT fruehwirth/gorke (Graz)

Christoph Wiesmayr, Rurbanist. Architekturstudium in Graz, Gründung des Vereins Schwemmland mit Bernhard Gilli im Linzer Hafenviertel. Gründer & Verleger von „TREIB.GUT“ unabhängiges Hafenjournal. Vermittelt und forscht zwischen ruralen und urbanen Phänomenen. schwemmland.net

SA 29.JUN 16.00

GARDEN OF DISTURBIA

FEST / KONZERT / WORKSHOPS Hollaberer Hof, Estermannstr. 11, Linz pay as you wish

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