JÜDISCHE PERSPEKTIVEN AUF ANTISEMITISMUS IN THÜRINGEN Joël Ben-Yehoshua, Lisa Jacobs und Anja Thiele
Einleitung In aktuellen Debatten über Antisemitismus in Deutschland richtet sich der Blick oft auf die Täter:innen. Die öffentliche Wahrnehmung von Antisemitismus wird dominiert von polizeilichen Statistiken über antisemitische Straftaten sowie von der sozialwissenschaftlichen Erhebung von antisemitischen Einstellungen in der Bevölkerung. O hne Zweifel sind beides wichtige Instrumente, um das Ausmaß von Anti semitismus in Deutschland beschreibbar zu machen (vgl. den Beitrag von Geschke und Salheiser in diesem Band). Die Perspektiven von betroffenen Juden:Jüdinnen und anderen von Antisemitismus Betrof fenen bleiben jedoch oft außen vor. Dabei sind es gerade ihre Erfah rungen, die notwendig sind, um das Dunkelfeld antisemitischer Vor fälle in Deutschland aufzuhellen. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in Thüringen dokumentiert antisemitische Vor fälle unter- und oberhalb der Strafbarkeitsgrenze auf Grundlage von Meldungen durch Betroffene und Zeug:innen und macht auf diese Weise deren Perspektiven sichtbar. Darüber hinaus befragte RIAS Thü ringen im Zuge einer qualitativen Interviewstudie zehn Juden:Jüdinnen aus Thüringen zu ihren Erfahrungen mit Antisemitismus. Im folgen den Beitrag werden die Ergebnisse der Vorfallsdokumentation aus dem Jahr 2021 sowie E rkenntnisse aus den Interviews zusammengeführt.7
7 Beide Berichte finden sich auf www.idz-jena.de/rias-thueringen.
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